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Dorothee Brommer, Sabine Hockling et al. (Hrsg.): Faszination New Work

Rezensiert von Dr. Günther Vedder, 25.07.2019

Cover Dorothee Brommer, Sabine Hockling et al. (Hrsg.): Faszination New Work ISBN 978-3-658-24617-4

Dorothee Brommer, Sabine Hockling, Annika Leopold (Hrsg.): Faszination New Work. 50 Impulse für die neue Arbeitswelt. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (Wiesbaden) 2019. 295 Seiten. ISBN 978-3-658-24617-4. D: 32,99 EUR, A: 33,77 EUR, CH: 36,00 sFr.

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Thema

Zentrales Thema dieses Praxisbuchs ist New Work, die Organisation von Arbeit in der neuen Arbeitswelt. Der Band soll Unternehmen als Ratgeber für die erfolgreiche Transformation in Richtung einer New Work-Kultur dienen. Zu diesem Zweck gibt es diverse Anregungen für Veränderungen in den Bereichen Rekrutierung, Führung, Personalentwicklung sowie Organisationskultur.

Herausgeberinnen

Dorothee Brommer ist Inhaberin von „Brommer Consulting – Beratung die b.wegt“. Sie beschäftigt sich vor allem mit Neudenkerformaten, Netzwerten sowie Unternehmenskultur.

Sabine Hockling ist Wirtschaftsjournalistin und Sachbuchautorin. Ihre Themenbereiche sind u.a. Management und Leadership, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Zukunft der Arbeit und Arbeitsrecht.

Annika Leopold ist Inhaberin der Innovationsagentur „Die Digitalwerkstatt“ sowie Anbieterin des gleichnamigen Coworking Spaces. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Digital Marketing, Design Thinking, Business Design und Projektmanagement.

Aufbau

Das 300 Seiten umfassende Buch besteht aus 36 Einzelbeiträgen, die in sieben inhaltlichen Bereichen zusammengefasst wurden wurden. Es handelt sich um 20 Originalartikel und 16 Interviews, die mit Personen geführt wurden, die im Themenfeld New Work aktiv sind. Die Beiträge sind zwischen vier und 16 Seiten lang und qualitativ sehr unterschiedlich. Das ganze Buch wird durch diverse Sketchnotes aufgelockert.

Insgesamt waren an der Entstehung des Sammelbands 13 Impulsgeber, 22 Autoren und 16 Interviewgeber beteiligt.

Die sieben Teile des Buches tragen folgende thematische Überschriften:

  1. Suchen & Erkunden: Finden
  2. Suchen & Erkunden: Bewerben
  3. Suchen & Erkunden: Bewerten
  4. Suchen & Erkunden: Entscheiden
  5. Führen & Entwickeln: Gestalten
  6. Führen & Entwickeln: Lernen
  7. Führen & Entwickeln: Wachsen

Inhalt

Folgende Beiträge fand der Rezensent in den sieben Kapiteln besonders interessant.

Teil I: Eine Branche in der Krise – Recruiting im Gesundheitswesen als wichtigste Überlebensstrategie (Christina Hayek und Michael Teich)

Die gesamte Gesundheitsbranche leidet sehr unter dem Fachkräftemangel. In Kliniken müssen immer häufiger Stationen oder ganze Fachgebiete geschlossen werden, da die Versorgung der Patienten mit dem vorhandenen Personal nicht mehr zu leisten ist. Der Rekrutierung neuer Mitarbeiter fällt daher eine ganz besondere Bedeutung zu. In diesem Beitrag werden zwei Wege vorgestellt, wie dennoch neue Beschäftigte akquiriert werden können. Es geht zum einen um das Social Media Recruiting mit Hilfe von Facebook und zum anderen um ein International Recruiting, das in der Vergangenheit gemachte Fehler zu vermeiden versucht. Die Arbeitgeber in der Gesundheitsbranche müssen in kreative und zukunftsweisende Maßnahmen investieren, um im Wettbewerb der Personalbeschaffung mithalten zu können. Dazu bietet dieser Beitrag wichtige und detaillierte Anregungen.

Teil II: Vom Kandidaten zum Markenbotschafter – Spielregeln für ein erfolgreiches Recruiting (Annika Leopold)

Die Personalrekrutierung stellt in diversen Berufsfeldern neue Anforderungen an die dort beschäftigten Experten. Wer über knappe Kompetenzen verfügt, will umworben werden, die tatsächlichen Fakten zur Organisation hören und sich nicht mit einem allzu komplizierten Bewerbungsprozess auseinandersetzen müssen. Erwartet wird ein Begeisterungsmanagement incl. einer bedarfsorientierten Candidate Journey. Luftschlösser, schöne Fassaden sowie lange Anforderungslisten in Stellenangeboten sind zu vermeiden. Es empfiehlt sich, vorhandene Mitarbeiter als Markenbotschafter einzusetzen, die online wie offline für die Organisation werben. Die Kandidaten müssen darüber hinaus auf jenen sozialen Netzwerken angesprochen werden, auf denen sie selbst aktiv sind (Facebook, Twitter, YouTube, XING, LinkedIn). Daran sollte sich ein unbürokratischer und schneller Bewerbungsprozess anschließen.

Teil III: Echte Diversität als Geschäftsgrundlage (Sabine Hockling)

Diverse Unternehmen, die von sich selbst behaupten die Vielfalt in der Organisation aktiv zu fördern, stehen relativ schlecht da, wenn relevante Zahlen exakt erhoben werden. So sind bei Google in den USA z.B. 36,3 % der Beschäftigten Asian Americans (versus 5,8 % in der Gesamtbevölkerung) und nur 2,5 % der Beschäftigten Black Americans (versus 13.3 % in der Bevölkerung). Die Autorin plädiert vor diesem Hintergrund für das Anstreben von „echter Diversität“. Dazu sollten die Zahlen möglichst exakt erhoben werden (z.B. mit dem Diversity Culture Check) um daraus Maßnahmen für die Unternehmens- und Führungskultur ableiten zu können. Es gilt, die fest verankerten Stereotypen und Rollenklischees zu hinterfragen sowie Abstand von klassischen Arbeitsmodellen zu nehmen. Wer z.B. mehr Frauen in Führung bringen möchte, sollte stattdessen über Top-Sharing-Angebote etc. nachdenken.

Teil IV: New Work und keiner geht hin (Natalie Golob und Marion Ullrich)

Es wird oft über New Work geredet, in den Organisationen auch ein wenig damit experimentiert, aber das Buzzword führt bei vielen Führungskräften auch zur Überforderung. Sie sollen den Wandel gestalten, wissen aber selbst nicht so genau, wie sie die Mitarbeiter*innen mitnehmen können. Die Autorinnen beschreiben fünf Erfolgsfaktoren für einen individuellen Umgang mit New Work:

  1. Innere Stabilität;
  2. Bewusstsein über eigene Fähigkeiten und Ressourcen;
  3. Fähigkeit sich selbst zu führen;
  4. Fähigkeit sich zu positionieren und zu präsentieren;
  5. Vertrauen.

Und was können die Unternehmen aus New Work-Erfahrungen ableiten?

  1. Probieren geht über studieren;
  2. Akzeptiere: zwei Schritte vor und einen zurück;
  3. Verschiedene Tempi aushalten;
  4. Benötigt werden Komplizen des Wandels. Die Transformation startet nicht von selbst, sondern braucht eine Kerngruppe als Keimzelle.

Teil V: Oh social – partizipative Unternehmenskommunikation im Wandel (Daria Knauer)

Im Rahmen der Digitalisierung lösen situative und reaktive Arbeitsweisen feste Prozesse ab. Selbstorganisierte Formate bestimmen zunehmend den Arbeitsalltag. Dies gilt auch für die Unternehmenskommunikation, in deren Rahmen eine vermehrte Nutzung von Social Media die Partizipationsmöglichkeiten einzelner Stakeholder erweitert. Mit Hilfe von Methoden aus den Bereichen Design Thinking, Storytelling und Visualisierung werden dort kreative Ergebnisse angestrebt. Erzählt werden Unternehmensgeschichten (Corporate Stories), Markengeschichten (Brand Stories) und Produktgeschichten. Der Einsatz der Customer Journey Methode ist empfehlenswert, um das Nutzerverhalten anhand eines idealtypischen Anwendungsfalls zu analysieren. Anhand der Berührungspunkte (Touchpoints) des Nutzers mit dem Unternehmen lassen sich die verschiedenen Kommunikationswege genau erfassen.

Teil VI: Interview: „Soziokratie: Organisationsmodell der Zukunft?“ (Sven Latzel)

In der Soziokratie werden Rollen definiert, die durch eine offene Wahl besetzt werden und mit Verantwortlichkeiten sowie Hoheitsgebieten einhergehen. In dem so definierten Rahmen kann jeder seine Arbeit weitgehend autonom erledigen. Zur Abstimmung gibt es regelmäßige Arbeits- und Steuerungstreffen, die den aktuellen Fortschritt sowie die Zusammenarbeit reflektieren. Engagierte Mitarbeiter*innen können so viel einfacher neue Rollen übernehmen und dadurch neue Fähigkeiten erwerben, als in einem hierarchischen System. Die Organisationen werden dadurch flexibler und robuster – Entscheidungen können schneller getroffen, getestet und agil gelernt werden. In einer Soziokratie wird nicht nach Zustimmung gefragt, sondern nach begründeten Einwänden und Bedenken. Sind diese berücksichtigt, gilt der Leitsatz: Das ist gut genug für jetzt und sicher genug um es auszuprobieren.

Teil VII: Interview: „Innovationen: Irrationale Ängste besiegen“ (Mona Schnell)

Mona Schnell ist Autorin des Buches „Kill dein Kaninchen – wie du irrationale Ängste kaltstellst“, das sie gemeinsam mit Ralf Schmitt verfasst hat. Angst (z.B. vor der Digitalisierung) kann zu irrationalen Blockaden führen oder auch berechtigt sein. Im Kontext von New Work wird vielen Menschen deutlich: Es gibt immer weniger berufliche Sicherheit, klassische Arbeitsmuster werden aufgebrochen und der Zwang zum lebenslangen Lernen wird nun endgültig Realität. Auch die Akzeptanz von Fehlern (Fehlerkultur) lässt sich nicht von heute auf morgen verordnen. Diverse Beschäftigte haben wie früher Angst, wenn es darum geht, einen individuellen Fehler zuzugeben. Andererseits können Ängste natürlich auch starke Antriebsmotoren sein – sie schärfen die Sinne und regen zum beruflichen Engagement an.

Fazit

Die Beiträge zu diesem Sammelband sind im Rahmen eines Book Sprints entstanden. Im Juni 2018 nahmen sich zwei Dutzend am Thema New Work interessierte Menschen zwei Tage lang Zeit, um die Inhalte eines kompletten Buchs zu Papier zu bringen. Gemeinsame Impulsrunden und inhaltliche Diskussionen wechselten sich mit kreativen Inputs und Schreibphasen ab. Über das Tool Google Docs konnten alle gleichzeitig Texte schreiben, bearbeiten und lesen. Jeder hatte zu jeder Zeit Einblick in alles was entstand. Nach 48 Stunden waren die teilnehmenden Personen entkräftet aber glücklich und wichtige Teile des Sammelbandes lagen vor. Es dauerte danach noch ein Jahr um weitere Interviews zu führen, das Werk zu lektorieren und zu illustrieren. Der Entstehungsprozess des Bandes ist sehr innovativ und zeigt, dass Bücher nicht über Monate hinweg hinter verschlossenen Türen von wenigen Personen verfasst werden müssen. New Work funktioniert also auch im Schreibprozess, zumindest wenn es um einen solchen Sammelband geht.

Man kann das Buch als Einstieg in das New Work-Thema ohne Zweifel empfehlen. Wer keine Zeit für längere Texte hat, findet hier leicht verdauliche Informationshappen zu den unterschiedlichsten Facetten der neuen Arbeitswelt. Der Praxisbezug wird in den Texten, Interviews und Impulsen immer deutlich – insofern hält das Buch was es verspricht. Die Aufmachung mit einem Hardcover-Einband, diversen Zeichnungen und Abbildungen, vielen Zusammenfassungen sowie einem Stichwortverzeichnis trägt sehr zur Nutzerfreundlichkeit bei. Durch die relative Kürze vieler Beiträge lassen sich Teile des Buches auch gut in der Hochschulehre und Weiterbildung (z.B. im Rahmen von Gruppenarbeiten) einsetzen.

Rezension von
Dr. Günther Vedder
Institut für interdisziplinäre Arbeitswissenschaft der Leibniz Universität Hannover
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Es gibt 15 Rezensionen von Günther Vedder.

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Zitiervorschlag
Günther Vedder. Rezension vom 25.07.2019 zu: Dorothee Brommer, Sabine Hockling, Annika Leopold (Hrsg.): Faszination New Work. 50 Impulse für die neue Arbeitswelt. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH (Wiesbaden) 2019. ISBN 978-3-658-24617-4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/25736.php, Datum des Zugriffs 13.01.2025.


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