Jörg Kronauer: Der Rivale
Rezensiert von Prof. Dr. Georg Auernheimer, 13.06.2019
Jörg Kronauer: Der Rivale. Chinas Aufstieg zur Weltmacht und die Gegenwehr des Westens.
Konkret Literatur Verlag
(Hamburg) 2019.
296 Seiten.
ISBN 978-3-930786-88-6.
D: 26,00 EUR,
A: 26,80 EUR,
CH: 44,40 sFr.
Reihe: Konkret Texte .
Thema
Der Autor verdeutlicht den erstaunlichen Aufstieg des früheren Entwicklungslandes und beleuchtet auch das wirtschaftliche Engagement in Zenralasien, Afrika und Lateinamerika. Beides macht die Rivalität mit dem Westen, speziell den USA, verständlich, deren wirtschaftspolitische, geheimdienstliche und militärische Offensivstrategien den zweiten Themenstrang bilden.
Autor
Jörg Kronauer ist Sozialwissenschaftler und Publizist mit den Schwerpunkten Rechtsradikalismus und deutsche Außenpolitik. Er hat Bücher zu verschiedenen politisch „heißen“ Themen veröffentlicht (Ukrainekonflikt, Griechenlandkrise, „zweiter Kalter Krieg“).
Inhalt und Aufbau
Nach einer Vorbemerkung, in der Kronauer unter Bezugnahme auf eine Rede von George Soros Chinas Ernennung zum „Rivalen“ der USA erläutert, zeichnet er in
Kapitel 1 „Weltmacht im Werden“ Chinas Ab- und Aufstieg seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts nach. Er erinnert an die Blütezeit im 18. Jahrhundert, auf die 150 Jahre Niedergang folgten. Der Westen nutzte seine auf die Industrialisierung gestützte Überlegenheit zu wirtschaftspolitischen und militärischen Übergriffen (Ungleiche Verträge, Opiumkriege etc.). Erst der Sieg der KP setzte dem ein Ende. Die Politik der „vier Modernisierungen“ leitete dann 1978 die unvergleichliche Entwicklung zur Weltmacht ein.
Kapitel 2 „Von der Kooperation zur Konfrontation“ behandelt zunächst die Phase der Öffnung und des Aufbaus diplomatischer und wirtschaftlicher Beziehungen, speziell mit Deutschland und den USA, bis zu den ersten Abschottungsmaßnahmen der EU etc. Dann beleuchtet Kronauer die alle Kooperation immer begleitenden Destabilisierungsversuche des Westens durch die Parteinahme für ethnische Minderheiten (Tibeter, Uiguren). Auch die „strategische Ambiguität“ in der Taiwan-Frage ist Thema, generell die Politik der USA im pazifischen Raum.
Bei Kapitel 3 „Eine neue Kolonialmacht?“ kündigt bereits das Fragezeichen in der Überschrift an, dass der Verfasser gängige Urteile über Rohstoffausbeute und Land Grabbing, aber auch über die angebliche wirtschaftliche Überwältigung afrikanischer Länder mit Exporten und Krediten in Frage stellt. Er kann die Vorwürfe u.a. unter Berufung auf ein US-Institut und eine McKinsey-Studie entkräften. Schattenseiten werden dabei nicht verschwiegen.
Thema von Kapitel 4 „Neue Handelswege von und nach Beijing“ ist die Belt and Road Initiative, bekannt unter dem Namen „Neue Seidenstraße“. Behandelt werden die ungeheuren Dimensionen des Vorhabens, geschichtspolitische Vorbilder, auch Schwierigkeiten, Kritik und die Rivalität mit der EU, speziell Deutschland.
In Kapitel 5 „Kanonenboot-Diplomatie“ geht es um manifeste und latente Konflikte im südchinesischen, aber auch im ostchinesischen Meer. Ersteres ist als „Welthandelsmeer“ (184) für die Versorgung Chinas von zentraler Bedeutung. Strittig sind zahlreiche Inselketten. Oft handelt es sich um ein Erbe der Kolonialgeschichte. Der Verfasser verdeutlicht das Konfliktpotenzial durch Ansprüche der VR, der Anrainerstaaten und der USA.
Kapitel 6 hat „Wirtschafts- und andere Kriege“, unter anderem den Cyberwar, zum Thema. Der „neue Systemwettbewerb“ (250) hat nach Kronauer einen neuen Kalten Krieg mit sich gebracht, für den er zahlreiche Belege beibringt. Den Übergang zum heißen Krieg schließt er bei zunehmender wirtschaftlicher Schwäche der USA nicht aus.
Diskussion
Der Autor hat eine umfassende, ungeheuer gründliche Studie über die geopolitische Situation vorgelegt, die durch den Aufstieg der VR China und die dadurch bedingte Gefährdung der hegemonialen Stellung der USA entstanden ist. Er belegt seine Aussagen auf das gewissenhafteste, wie schon aus dem großen Anmerkungsapparat und der umfangreichen Literaturliste zu ersehen. Selbst über aufschlussreiche historische Hintergründe wird man an manchen Stellen belehrt. Kronauer verhehlt nicht seine Sympathie für die aufstrebende Wirtschaftsmacht, beschönigt aber nicht die geopolitischen Motive, verleugnet nicht Missstände und Widersprüche oder er lässt die Beurteilung offen, wenn die Datenlage unzureichend ist.
Fazit
Eine unumgängliche Lektüre für jede*n, die oder der sich mit der neuen Wirtschaftsmacht China beschäftigt.
Rezension von
Prof. Dr. Georg Auernheimer
Lehrte Erziehungswissenschaft, Schwerpunkt Interkulturelle Pädagogik, in Marburg und Köln.
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Zitiervorschlag
Georg Auernheimer. Rezension vom 13.06.2019 zu:
Jörg Kronauer: Der Rivale. Chinas Aufstieg zur Weltmacht und die Gegenwehr des Westens. Konkret Literatur Verlag
(Hamburg) 2019.
ISBN 978-3-930786-88-6.
Reihe: Konkret Texte .
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/25776.php, Datum des Zugriffs 03.12.2024.
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