Nicole Kirstein, Klaus Fröhlich-Gildhoff: Qualität in der Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern
Rezensiert von Dipl. Soz. Päd. Detlef Rüsch, 18.10.2019

Nicole Kirstein, Klaus Fröhlich-Gildhoff: Qualitätsstandards in der Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern. Handreichung für Lehrkräfte.
FEL Verlag Forschung Entwicklung Lehre
(Freiburg) 2019.
76 Seiten.
ISBN 978-3-932650-88-8.
D: 10,00 EUR,
A: 10,30 EUR.
hrsg. von Präventionsnetzwerk Ortenaukreis; Ullrich Böttinger; Klaus Fröhlich-Gildhoff.
Thema
Die Handreichung für Lehrkräfte thematisiert bei der Zusammenarbeit zwischen Eltern und Schule vor allem qualitative Standards und verweist auf eine Vielzahl von Literatur und Internetseiten. Die gut 70 Seiten starke Broschüre schließt mit einer ausführlichen Checkliste ab.
AutorIn
Die ausgebildete Erzieherin Nicole Kistein hat den Bachelor in „Pädagogik der Kindheit“ absolviert und im Anschluss den Master in Erziehungswissenschaften. Sie leitet das Praxisamt „Pädagogik der Kindheit“ an der Evangelischen Hochschule Freiburg.
Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff lehrt an der Evangelischen Hochschule Freiburg und leitet das Leitung Forschungsinstitut ZfKJ – Zentrum für Kinder- und Jugendforschung. Er ist Diplom-Psychologe, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Supervisor und Psychoanalytiker.
Entstehungshintergrund
Diese Handreichung ist von dem Präventionsnetzwerk Ortenaukreis (PNO) herausgegeben und zusammen mit der Bildungsregion Ortenau entstanden. In Arbeitsgruppen wurden viele Punkte für diese Handreichung entwickelt und als Vorstufe für ein beabsichtigtes Qualitätssiegel „Zusammenarbeit mit Eltern“ zusammengetragen.
Aufbau
Die Broschüre ist ausgesprochen klar aufgebaut und besticht durch eine durchdachte Struktur. Nach einer kurzen Beschreibung der Ausgangslage in Schulen und Elternhäusern sowie der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen werden die sechs Qualitätsmerkmale in der Zusammenarbeit mit Eltern zunächst überblicksweise beschrieben, ehe sie dann im Detail kapitelweise erläutert werden. Literaturhinweise und Verweise auf Internetlinks werden in den Kapiteln eingestreut sowie in blau unterlegten Kästen Praxisbeispiele gegeben. Eine gut zehn Seiten umfassende Auflistung der verwendeten bzw. empfohlenen Literatur befindet sich am Ende der Broschüre sowie auch eine siebenseitige Checkliste, die nach den einzelnen Mindeststandards strukturiert ist.
Inhalt
Die Broschüre beginnt mit einer knappen Beschreibung der „Ausgangslage“. Die Gestaltung künftiger Konzepte zur Zusammenarbeit mit Eltern müsse stärker berücksichtigen, dass von zunehmend belasteten und verunsicherten Eltern ausgegangen werden muss, die aufgrund der Pluralisierung der Familienformen und Lebensstile weniger Sicherheit, Stabilität und Regelmäßigkeit für Kinder zur Verfügung stellen können. Es sei von einem hohen Beratungsbedarf, einer kultursensiblen Zusammenarbeit und wachsenden Belastungen der Eltern durch Armut und im Kontext von Arbeit (-slosigkeit) auszugehen. Man müsse sich in jeder Schulform auch auf mehr heterogene Bildungsvoraussetzungen einstellen. Daher hat man sechs Qualitätsbereiche ausgemacht, welche den Lehrerinnen und Lehrern sowie allen anderen Fachkräften an Schulen Orientierung geben können.
Diese seien:
- Willkommens- und Begegnungskultur/ Schulgemeinschaft
- Vielfältige Kommunikation
- Erziehungs- und Bildungskooperation bzw. sogenannte heimbasierte Zusammenarbeit
- Elternbeteiligung und schulbasierte Zusammenarbeit
- Qualitätssicherung und Professionalisierung
- Kooperation und Vernetzung
Diese einzelnen Qualitätsbereiche werden dann einzeln erläutert und mit spezifischen Leitlinien beschrieben, ehe sie inhaltlich mit Maßnahmen und Praxisbeispielen konkretisiert werden. Bei der Literaturauswahl sticht die Vielseitigkeit sowohl jüngerer als auch bewährter Titel hervor. Die Checkliste ist unterteilt in der Bewertung des derzeitigen Standes einer Schule beim jeweiligen Qualitätsmerkmal und in der Bewertung eines entsprechenden Entwicklungsbedarfes.
Diskussion
Die Broschüre ist eine ungemein vielseitige Sammlung an weiterführenden Informationen und Literaturhinweisen sowie an Praxisbeispielen. Sie ist nicht spezifisch auf eine Schulart beschränkt, sondern gibt allgemeine Hinweise, die auf jede Schulart zutreffen können. Einzelne Punkte sind speziell eher auf Baden-Württemberg bzw. die Ortenau- Region bezogen, können aber ohne weiteres auch auf andere Regionen übertragen werden. Man erhält einen sehr guten Überblick über unterschiedliche Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Eltern und wird vor allem sensibilisiert im Hinblick auf die Heterogenität der Elternschaft. Einzelne Punkte sollten für die jeweilige Schule mit ihren spezifischen Möglichkeiten und Grenzen verändert werden. Die Entwicklung hin zu einer zunehmenden Mobilität und der entsprechenden Fluktuation in der Schüler- und Elternschaft auch während eines Schuljahres wird meines Erachtens zu wenig berücksichtigt. Die Struktur der Handreichung ermöglicht es, sich intensiver mit der Zusammenarbeit mit Eltern im Kontext Schule auseiander zu setzen
Fazit
Die Handreichung stellt ein Füllhorn an Ideen, Vorschlägen und klaren Hinweisen zur besseren Gestaltung der Kooperation zwischen den Akteuren an Schulen und den Eltern dar. Man wird stärker seine persönliche Rolle reflektieren und vor allem wieder neu motiviert, noch nicht probierte Möglichkeiten auszuschöpfen. Eine hervorragende Grundlage für Schulentwicklungsteams aber auch für Schulleitungen und Lehrerinnen und Lehrer generell, sich mit einem so bedeutsamen Thema zu befassen und ermutigt neue Wege zu beschreiten. Als Impulsgeber wird die Handreichung wertvolle Dienste leisten; was sie weniger vermag ist es, im Detail Vorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit zu machen oder auch eine gründliche wissenschaftlich- fachliche Auseinandersetzung zu bieten. Eine ausgezeichnete Lektüre für eine intensivere und strukturiertere Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen Schule und Eltern!
Rezension von
Dipl. Soz. Päd. Detlef Rüsch
Dipl.Soz.päd., systemischer Familientherapeut, Jugendsozialarbeiter an einer Mittelschule, Kinderschutzfachberater
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