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Raimund Schmid: 12 Wege zu guter Pflege

Rezensiert von Prof. Dr. sc.hum. Nina Fleischmann, 16.07.2019

Cover Raimund Schmid: 12 Wege zu guter Pflege ISBN 978-3-407-86532-8

Raimund Schmid: 12 Wege zu guter Pflege. WG, zu Hause, im Heim oder Tagespflege? Alle Betreuungsmodelle im Praxistest. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2019. 320 Seiten. ISBN 978-3-407-86532-8. D: 18,95 EUR, A: 19,50 EUR, CH: 26,80 sFr.

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Thema

Bevor es einen selbst oder eine nahe stehende Person betrifft, machen die wenigsten Menschen sich Gedanken darüber, wie man am besten pflegerisch versorgt ist, wenn es alleine nicht mehr geht. Schmid zeigt in diesem Buch zwölf Formen der Pflege auf.

Autor

Raimund Schmid ist Diplom-Volkswirt sowie ein auf Gesundheitspolitik spezialisierter Journalist und Autor für Tageszeitungen, Fachzeitschriften und Online-Portale.

Aufbau

Auf 320 Seiten verteilen sich drei Teile:

  • Teil 1 beinhaltet alles Wissenswerte rund um die Pflege und eine Bestandsaufnahme der Pflege in Deutschland,
  • Teil 2 die zwölf Pflegeformen in der Praxis
  • und Teil 3 ist mit „Was dringend geschehen muss“ überschrieben.

Inhalt

Schmid startet sein Buch mit einer aktuellen Bestandsaufnahme und liefert dazu Zahlen und Fakten: die Zahl der Pflegebedürftigen wächst, mit dem Alter nimmt die Zahl der Pflegebedürftigen deutlich zu und die meisten Menschen werden zu Hause gepflegt. Die Pflegeversicherung sei von vielen Missverständnissen geprägt wie beispielsweise, dass es keine Vollkaskoversicherung ist.

Aus seiner Sicht gehören zu den wichtigsten Themen die Vorsorge im Pflegefall, die Feststellung der Pflegebedürftigkeit, Widerspruch bei Pflegegutachten, ergänzende Pflegeformen und -angebote und weitere. Hier hat er das Anliegen, die Themen verständlich aufzubereiten, um (pflegenden) Angehörigen Basiswissen an die Hand zu geben. Die Struktur ist für alle Unterabschnitte gleich: Zunächst werden die Herausforderungen des Themas aufgezeigt, dann Aspekte, die man wissen sollte, was zu vermeiden und was zu beachten ist.

Der zweite Teil des Buches ist der Hauptteil: für die 12 vorgestellten Pflegeformen hat Schmid sich durch Hospitationen selbst ein Bild gemacht. Seine Darstellung beinhaltet zudem eine Kurzanalyse zu folgenden Punkten:

  • Was spricht dafür?
  • Was spricht dagegen?
  • Was kostet das alles?
  • Mein persönlicher Rat?

Beispielhaft werden für diese Rezension drei der zwölf Pflegeformen näher betrachtet. Der Autor hat in der Oberpfalz eine Einrichtung stationärer Altenpflege besucht. Da diese Einrichtungen als Wohneinrichtungen gelten, sind für die medizinische Versorgung niedergelassene Hausärzte zuständig. Mit diesen hat Schmid gesprochen und ihre Perspektiven eingeholt. Schmid hält die Angebote für Bewohner zum Mitmachen und aktiven Gestalten wie Singkreis oder Bastelrunde für besonders wertvoll. Er bewertet die Zahl der Betreuungsassistenten als genauso wichtig wie die Zahl der Pflegekräfte.

Ambulant betreute Wohngemeinschaften versteht der Autor als neue Lebensform für Demenzbetroffene. Wenn die Initiative von Angehörigen oder gesetzlichen Betreuern ausgeht und so eine nutzer- und weniger eine trägergesteuerte Einrichtung geschaffen wird, zeigt sich hier eine gute Alternative zu stationären Einrichtungen. Bei Angehörigen sollte hier die Bereitschaft vorhanden sein, sich in der Wohngemeinschaft zu kümmern und für alle Bewohner ansprechbar zu sein. Der Solidargedanke steht im Vordergrund. Er weist aber auch darauf hin, den Auswahlprozess frühzeitig zu starten, da es nur wenige Plätze gäbe.

Im Alter kann es häufiger vorkommen, das psychische Störungen mit beginnenden kognitiven Einschränkungen einhergehen. In Zentren für seelische Gesundheit können psychisch kranke Ältere ganzheitlich gesehen und behandelt werden. Hier braucht es weitere Kapazitäten wie psychiatrische Institutsambulanzen oder Tages(pflege)stätten für psychisch Kranke.

Schmid zeigt in Kapitel drei und vier auf, was politisch passieren müsse, um den Weg in die Pflegekatastrophe abzuwenden und was jeder selbst tun könne. In der Eigenverantwortung liegen Aspekte des gesunden Lebens, um Pflegebedürftigkeit solange wie möglich hinausschieben zu können. Die Politik sieht Schmid unter Zugzwang. In Deutschland sind die Zahlen, wieviel Personen eine Pflegekraft pro Schicht zu versorgen hat, im europäischen Vergleich am höchsten – der empfundene Zeitdruck dabei auch. Einige Maßnahmen sind bereits politisch beschlossen und angebahnt wie die Schaffung von 13.000 Stellen mit Finanzierung über die GKV oder die Erhöhung der Pflegeversicherungsbeiträge in 2019 um 0,5 %. Es bräuche aber dennoch einen Paradigmenwechsel hin zu einer tragfähigen Pflegeversicherung und besseren Absicherung von Pflege, höhere Gehälter und Tarifbindung für die Pflegeberufe, veränderte Zuständigkeiten und Verantwortung für die Pflegekräfte und Brückenbauer für Angehörige.

Das fünfte Kapitel bietet eine Linksammlung zur Ergänzung der Inhalte des Wegweisers für Pflege ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Hier finden die Leser allgemeine Portale zur Pflegebedürftigkeit, Pflegenavigatoren, Pflegeportale mit besonderer Ausrichtung (Nachbarschaftshilfe, Onlinepflegekurse) oder spezielle Infoportale für Demenz.

Diskussion

Schmid richtet sich hier vorrangig an pflegende Angehörige. Basisinformationen sind kurz, kompakt, verständlich und nach einem einheitlichen Muster dargelegt. Eine Abgrenzung zu beruflicher Pflege wird nicht (deutlich) vorgenommen. Aus der Perspektive eines Journalisten werden die Praxismodelle der Pflege dargestellt und mit seinen persönlichen Erfahrungen illustriert. Belege für Aussagen wie eine geringe Einweisungsrate in Krankenhäusern aus Pflegewohngemeinschaften als in Einrichtungen stationärer Pflege bleiben offen.

Die Wortwahl mag dem journalistischen Duktus und dem Anspruch an Laienverständlichkeit geschuldet sein, aber Ausdrücke wie „Pflegemisere, demografischer Tsunami, Pflegedesaster, tristes Schauspiel, Flickenteppich Pflegeberatung, Windel, ins Bett hieven“ schüren mehr Angst als Mut vor Pflegesituationen. Veraltete Bilder und Berufsbezeichnungen von beruflicher Pflege wie die Orientierung am Defizit werden hier ebenso zementiert wie die Vorstellung, dass Pflege nur im Kontext des SGB XI stattfindet. Die politischen Forderungen nach veränderter Kompetenz beruflich Pflegender und berufspolitischer Unterstützung als systemverändernder Komponente hingegen decken sich mit der aktuellen fachlichen Diskussion.

Fazit

Mit der Suche nach einer guten Pflege im Alter sollte man frühzeitig beginnen – am besten jetzt, appelliert Schmid an die Leser. Er will mit diesem Buch Menschen über die vielfältigen Möglichkeiten und Alternativen zu Pflege zuhause und in stationären Einrichtungen informieren und beleuchtet dafür Formen und Settings der Pflege im Kontext des SGB XI.

Rezension von
Prof. Dr. sc.hum. Nina Fleischmann
Hochschule Hannover Fakultät V - Diakonie, Gesundheit und Soziales
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Es gibt 86 Rezensionen von Nina Fleischmann.

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Zitiervorschlag
Nina Fleischmann. Rezension vom 16.07.2019 zu: Raimund Schmid: 12 Wege zu guter Pflege. WG, zu Hause, im Heim oder Tagespflege? Alle Betreuungsmodelle im Praxistest. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2019. ISBN 978-3-407-86532-8. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/25824.php, Datum des Zugriffs 15.01.2025.


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