Bernd Helmig, Silke Boenigk: Nonprofit Management
Rezensiert von Dr. Siegmund Pisarczyk, 27.03.2020

Bernd Helmig, Silke Boenigk: Nonprofit Management.
Verlag Franz Vahlen GmbH
(München) 2019.
2. Auflage.
300 Seiten.
ISBN 978-3-8006-5179-5.
D: 34,90 EUR,
A: 35,90 EUR.
Reihe: Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.
Thema
Zivilgesellschaftliches bzw. soziales Engagement sind feste Bestandteile westlicher Demokratien. Der vorliegende Titel befasst sich mit Menschenrechten, Natur- und Umweltschutz, Armutsbekämpfung, Betreuung von alten Menschen, Integrationshilfen für Migranten und Bildung für alle. Es sind Tätigkeitsfelder für Nonprofit-Organisationen (NPO) und damit automatisch Herausforderungen des Nonprofit Managements.
Autoren
- Prof. Dr. Bernd Helmig hat einen Lehrstuhl für Public und Nonprofit Management an der Universität Mannheim.
- Prof. Dr. Silke Boenigk ist Professorin für BWL an der Universität Hamburg.
Hintergrund
Mit „Blended Learning“ (eLearning-Plattform zu diesem Buch findet sich unter www.nonprofit-management.biz) bieten die Autoren ein zukunftsorientiertes Modell des integrierten Lernens von Konzepten des Nonprofit Managements (vgl. S. 3–4). Sie weisen in ihrem Werk auf die gesellschaftliche Relevanz des Nonprofit Managements hin. Profitieren können von diesem empfehlenswerten Buch u.a. Studenten der Betriebswirtschaft, Politiker und Beschäftigte im Nonprofit Management.
Die erste Auflage des erfolgreichen Buches ist bereits 2012 erschienen, ebenfalls im Vahlen Verlag. Diese 2. Auflage ist gründlich überarbeitet, z. B. wurde Kapitel 5 gekürzt und Kapitel 8 aufgelöst. Zahlreiche Tabellen und Minicases erleichtern das Verständnis der Zusammenhänge. In dieser Auflage wurden drei Themen besonders betont: erstens Empfehlungen des NACC für die Nonprofit-Lehre, zweitens sektorübergreifende Nonprofit-Problemstellungen und drittens interdisziplinäre Zugänge (vgl. S. 1). Neue Erkenntnisse beziehen sich u.a. auf die Nonprofit-Lehre, z. B. Social Media; hier spricht man von Dialogkommunikation in den sozialen Netzwerken (vgl. S. 146 ff.).
Aufbau und Inhalt
Das Werk besteht aus sieben Kapiteln. Die ersten beiden (S. 5–52) widmen sich den Grundlagen und die letzten fünf den funktionalen Besonderheiten der NPO (S. 53–199). Beeindruckend ist sowohl für die erste als auch für die zweite Auflage das ungewöhnlich umfangreiche Literaturverzeichnis (insgesamt 40 Seiten) bei Dominanz englischsprachiger Bücher.
Die Autoren geben Antworten auf die Fragen, was unter Nonprofit-Organisationen, Nonprofit Management und Nonprofit-Governance zu verstehen ist. Sie analysieren gründlich Nonprofit-Managementskonzepte, Nonprofit-Marketing, Fundraising und die Finanzierung der NPO.
Grundlagen des Nonprofit Management
Die Bezeichnung „Nonprofit-Organisationen“ meint alle Organisationen „die weder erwerbswirtschaftliche Firmen noch öffentliche Behörden der unmittelbaren Staats- und Kommunalverwaltung sind“ (S. 9). NPO gehören zum „Dritten Sektor“ neben den Sektoren Staat und Markt (Simsa/Meyer/Badelt 2013) (vgl. S. 5). Das Subsidiaritätsprinzip gilt als Übernahme der Selbstverantwortung vor staatlichem Handeln (vgl. S. 12). In der Praxis kommt dies zur Anwendung im Bereich des in Sozialem und Gesundheit angesiedelten NPO, z. B. in Verbänden der freien Wohlfahrtspflege (Caritas und Diakonie). Mit Anerkennung der Gemeinnützigkeit (§ 52 Abgabenordnung) genießen NPO steuerliche Vorteile (vgl. 14). Vereine und Stiftungen sind die typischen Vertreter der NPO; gGmbH und Genossenschaften zählen ebenfalls zum Nonprofit-Sektor (vgl. S. 16). In Deutschland gibt es kaum wissenschaftliche Fachzeitschriften zum Nonprofit- Management. Die Fachzeitschriften, z. B. Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen (ZögU) bzw. Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen (ZfgG), befassen sich lediglich mit einigen Aspekten des Nonprofit Managements (vgl. S. 21). Im englischsprachigen Ausland kann man Fachzeitschriften zum Thema Nonprofit Management bzw. Nonprofit-Marketing sogar nach Schwerpunkten auswählen. Beispiele sind „Nonprofit and Voluntary Sector Quartetly (NVSQ)“, „Nonprofit-Management and Leadership (NML)“ und „International Review on Public and Nonprofit-Marketing“ (vgl. S. 22). In den USA bieten zahlreiche Universitäten Studienprogramme im Nonprofit-Management; im Ranking stehen die Indiana University und die Syracuse University (vgl. S. 26).
Historische Entwicklung und Theorien des Nonprofit-Sektors
Die Geschichte zeigt, dass der Nonprofit-Sektor auf eine lange Tradition zurückblicken kann, und z. B. in der griechisch-römischen Antike (ca. 1400 AC bis 600 AD) bekannt war (vgl. S. 31). In Deutschland kennt man seit dem 19. Jahrhundert ein gesellschaftliches Phänomen, das man heute als wissenschaftlicher Nonprofit-Sektor bezeichnet. Gegenwärtig symbolisieren vor allem Caritas und Diakonie die freie Wohlfahrtspflege; beide befassen sich mit der Fürsorge für die Mitmenschen und orientieren sich am Vorbild Christi (vgl. S. 32).
Nonprofit-Organisationen sind von diversen Fachdisziplinen analysiert worden: Es gibt z. B. soziologische, ökonomische und politologische Theorien. Der Begriff „Theorie“ meint „sowohl ein widerspruchsfreies System von wissenschaftlichen Aussagen über eine (hypothetische) gesetzmäßige Ordnung, als auch über einzelne empirische Befunde eines bestimmten Erkenntnis- bzw. Objektbereichs (S. 38). Eine bedeutsame Theorie des Marktversagens/Staatsversagens besagt, dass der Markt/Staat nicht immer bereit ist, das Problem der „öffentlichen Güter“ zu lösen (vgl. S. 43). So entsteht das Phänomen des „Trittbrettfahrereffektes“.
Dieser Begriff besagt: „Die fehlende Bereitschaft der Individuen, einen Preis für ein öffentliches Gut zu entrichten, wird in der Ökonomie als >Trittbrettfahrerverhalten< bezeichnet. Weil es zu viele dieser >free rider< gibt, wird das öffentliche Gut der Theorie nach gar nicht erst angeboten. Weil die Marktteilnehmer nicht in der Lage sind, öffentliche Güter in ausreichendem Maße bereitzustellen (Marktversagen), springt der Staat ein. Die Individuen bringen dann über Steuern und Abgaben die Kosten für die öffentlichen Güter auf“ (S. 44). Folglich muss man feststellen, dass Streben nach Profit und ethisches Handeln von Unternehmen sich nicht ausschließen müssen (vgl. S. 46). Ungefähr seit 2000 befasst sich die Wissenschaft mit den Trends zur Kommerzialisierung und Professionalisierung der Nonprofit-Organisationen (vgl. S. 52).
Nonprofit Governance und Führung der Organisation
NPO befassen sich immer öfter mit dem Thema der Führung und Kontrolle.
Einige Spendenskandale trugen dazu bei, dass NPO mit einem enormen Imageverlust rechnen müssen (vgl. S. 53 ff.). An dieser Stelle spricht man vom Fehlen oder Versagen eines NPO-Steuerung-Instruments der Nonprofit-Governance. Darunter versteht man einen übergeordneten „ … Prinzipienkatalog zur langfristigen Steuerung einer Nonprofit-Organisation bzw. des Nonprofit-Sektors (…), in dem grundlegende Aufgaben und Verhaltensweisen des Vorstands mit dem Ziel festgehalten sind, Transparenz, Vertrauen sowie die Effizienz und Effektivität zu erhöhen“ (S. 55).
Nonprofit-Governance gilt als Minimalanforderung an gesetzliche Regelungen; es handelt sich im Wesentlichen um das Erreichen einheitlicher Führungsstandards und Verhaltensweisen der NPO (vgl. S. 58). Zahlreiche NPO haben einen eigenen Corporate Governance Kodex beschlossen, z. B. die Diakonie. In diesem Zusammenhang spielen freiwillige Basis, Selbstverpflichtung und Transparenz die Hauptrolle. Das Nonprofit Management bezieht sich auf „konkrete Ziele der Organisation“ (vgl. S. 62). „Nonprofit-Management“ meint Führung von NPO auf der Grundlage der NPO-Satzung und der Mission. Corporate Governance und Nonprofit Management sind von den Autoren integrativ konzipiert (vgl. S. 64 ff.).
Das Nonprofit Management definiert sich durch Inhalt, Ausmaß, Bezug und Segment (vgl. S. 73 ff.). Die typischen Ziele sind Transparenz, Qualität, Wirtschaftlichkeit und Kostenminimierung. In NPO sind u.a. folgende Strategien von Relevanz: Organisationsstrategien, Anspruchsgruppenstrategien, Gewinnungsstrategien, Bindungsstrategien, Rückgewinnungsstrategien, Wettbewerbsstrategien und Instrumentalstrategien (vgl. S. 78 ff.). In den Nonprofit-Analysen dieses Kapitels werden primär Mission, Vision, Leitbild, Ziele, Planung und Umsetzung diskutiert (vgl. S. 88).
Personalmanagement in Nonprofit-Organisationen
Erst seit ca. 2007 beschäftigen sich Wissenschaftler intensiver mit der Personalwirtschaftslehre in den NPO (vgl. S. 91). Darunter ist zu verstehen, für bestimmte Aufgabe das NPO-Personal zu angemessenen Kosten zu gewinnen unter Beibehaltung entsprechender Qualität (vgl. S. 93). Dieses Personal soll sich an den Werten und der Mission der NPO orientieren und danach arbeiten. Charakteristisch für Personalstrukturen in NPO sind folgende Komponenten: ehrenamtliches Leitungsorgan, z. B. Vorstand; hauptamtliches Führungsorgan, z. B. Vereinsgeschäftsführung; Ausführungsorgan, z. B. Angestellte bzw. Freiwillige (vgl. S. 95). Das strategische Personalmanagement spielt in NPO eine entscheidende Rolle, weil es zum Erfolg der Organisation beitragen soll (vgl. S. 99). So gesehen können Mitarbeiter als unverzichtbare Ressource einer NPO verstanden werden (vgl. S. 101).
Die Kommerz-Orientierung der NPO ist zwar nicht mehr aus der strategischen Ausrichtung wegzudenken; diese kann aber auch die Prioritäten in der Personalstruktur beeinflussen (vgl. S. 105). Das operative Personalmanagement in NPO lässt sich nach den Bedürfnissen und Motiven der Mitarbeitenden richten (vgl. S. 106). Unter „Employer Branding“ versteht man grundsätzlich, dass man sowohl Hauptamtliche als auch Freiwillige und Ehrenamtliche einer NPO „überzeugt“, dass diese konkrete NPO eine unverzichtbare Arbeit leistet (vgl. S. 108).
Der Freiwilligenarbeit-Begriff“ meint „ … das Geben (Spenden) von Zeit und Fähigkeiten, um Dienstleitungen zu erbringen oder Aufgaben zu erledigen, ohne dabei eine direkte finanzielle Entschädigung zu erwarten“ (S. 111).
Das Management der Freiwilligenarbeit ist jedoch nicht kostenlos. Zu den Fixkosten zählen Öffentlichkeitsarbeit, um Freiwilligen zu erreichen und einzuarbeiten und langfristig an eine NPO zu binden (vgl. 113). Um eventuelle Konflikte zwischen Hauptamtlichen und Freiwillige zu vermeiden, sollen Kompetenzen klar definiert werden (vgl. S. 119). Um Konflikte zwischen hauptamtlichem Geschäftsführer und ehrenamtlichen Vorstand zu vermeiden, müssen im Vorfeld Persönlichkeitsmerkmale beachtet werden (vgl. S. 118). Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen allen NPO-Akteuren setzt eine vertrauensvolle Kommunikation voraus.
Nonprofit-Marketing
Märkte bestimmen die Bedingungen des Marketings. Alle Akteure und Anspruchsgruppen im Nonprofit-Marketing können betriebswirtschaftlich reflektieren; das Spezifische des Nonprofit jedoch muss im Blick behalten werden. Die Spezifika äußern sich z. B. im Wettbewerb auf dem Spendenmarkt (vgl. S. 127). Der Begriff „Nonprofit-Marketing“ bedeutet „eine verbindliche Grundhaltung sowie Aktivitäten und Prozesse innerhalb einer Nonprofit-Organisation, die eine konsequente Ausrichtung aller mittelbar oder unmittelbar den 'Markt' betreffenden Entscheidungen an Bedürfnissen aller aktuellen Kunden und Stakeholder der Nonprofit-Organisation beinhaltet“ (S. 130). Die Begriffe „Nonprofit-Marketing“ und „Sozialmarketing“ sind nicht identisch. Sozialmarketing meint „den Gebrauch von Marketingtechniken mit dem Ziel, eine Zielgruppe dahingehend zu beeinflussen, dass diese freiwillig ein Verhalten akzeptiert, ablehnt, verändert oder aufgibt. Dies geschieht zum eigenen Wohl, zum Wohl für bestimmte Personengruppen oder zum Wohl der Gesellschaft als Ganzes“ (S. 132). Die Marketing-Instrumente in NPO sind komplexer und dürfen nicht mit denen kommerzieller Unternehmen gleichgesetzt werden (vgl. S. 155). Dies lässt sich damit erklären, dass die Mission einer NPO oft normativ definiert ist; dadurch sind die Wünsche der Kunden nicht immer ganz zu realisieren. Diese Entwicklung der NPO ist eine Herausforderung für Marktforschungsstudien, indem z. B. Kommunikation und Leistungsangebot Alternativen anbieten müssen.
Fundraising Management
Als Fundraising werden grundsätzlich alle Aktivitäten einer NPO verstanden, die sich in Richtung potenzieller Spender orientieren. Der Zweck dieser Aktivitäten ist „ … finanzielle und/oder sachliche Spenden zu akquirieren, ohne dass dafür eine materielle Gegenleistung erwartet wird, um die Mission der Organisation zu erfüllen“ (S. 158). Helmig/Boenigk teilen mit ihrer Fundraising-Definition die Auffassung Urselmanns (vgl. S. 158), formulieren aber eine eigene Sichtweise.
Bei ihnen rückt die Mission der NPO und nicht wie Urselmann 2018 der Ressourcenbereitsteller ins Zentrum des Fundraisings. Beide Aspekte verfolgen aber dasselbe Ziel, nämlich die Bedarfsdeckung der NPO.
Fundraising assoziiert man meist mit Spenden aus einer altruistischen Haltung heraus, mit Nächstenliebe und Selbstlosigkeit als Motiv. Die psychologischen Aspekte einer Spende wurden von James Andreoni 1989 näher erläutert und sind als Weiterentwicklung des sogenannten Altruismus-Ansatzes anzusehen. Es ist davon auszugehen, dass „Individuen deshalb spenden, weil sie selber durch den Akt des Spendens ein gutes Gefühl (einen >warm glow<) erleben“ (S. 162). Unter „Fundraising Management“ verstehen die Autoren „die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle von Aktivitäten mit dem Ziel, finanzielle oder auch sachliche Spenden zu akquirieren“ (S. 176). Erfolgreiches „Spenden-Fundraising“ verlangt hohe kommunikative Fertigkeiten, um den potenziellen Spender bzw. Förderer zu überzeugen. Hier kommt der Begriff „Relationship-Fundraising“ ins Spiel; es ist ein strategischer Ansatz zwecks eines Beziehungsaufbaus und langfristiger Beziehungspflege, um optimale Geldspenden und Zeitspenden zu erreichen (vgl. S. 169). Das Online-Fundraising z. B. bietet sich als moderne Spenden-Kommunikation an. Das persönliche „Face-to-Face“ Gespräch bei der Spendensammlung ist jedoch nach wie vor von großer Bedeutung (vgl. S. 177).
Nonprofit-Finanzmanagement und Accountability
Als „Nonprofit-Finanzmanagement“ werden bezeichnet „alle operativen sowie strategischen Tätigkeiten einer Nonprofit Organisation, die unmittelbar mit der Beschaffung, Anlage oder Rückzahlung von Geld- oder Sachvermögen aus verschiedenen Finanzierungsquellen zusammenhängen mit dem Ziel, eine sichere finanzielle Situation herbeizuführen und somit die Missionserfüllung jederzeit sicherzustellen“ (S. 179). Finanzierungsquellen von NPO belegen, wie kompliziert das Thema ist. Eine Abbildung informiert z. B. über drei Finanzierungsquellen: erstens durch selbsterwirtschaftete Einnahmen, zweitens Spendeneinnahmen durch Privatpersonen und Unternehmen und drittens öffentliche Zuwendungen (vgl. S. 180). Bei der Finanzierung der NPO liegt der Fokus auf spezifischen finanziellen Zielgrößen (vgl. S. 182). Finanzziele und Finanzstrategien in NPO kann man in vier Gruppen teilen, und zwar „Kostendeckungsstrategie“ (laufende Kosten), „Gehaltssicherungsstrategie“ (Gehälter für Hauptamtliche), „Cashflowstrategie“ (Spenden-Eingänge) und „Umfassende Finanzmanagementstrategie“ (nachhaltige Ziele sind finanziell gesichert) (vgl. S. 182–183). Nach der Erstellung des Finanzplans anfallende Zahlungen z. B. sollen für die Zukunft ein klares Bild zeigen und die Planung konkretisieren (vgl. S. 185). NPO sind verpflichtet, erwirtschaftete Gelder noch im laufenden Geschäftsjahr auszugeben (vgl. S. 190). Diese sollen in einem Rechenschaftsbericht einfließen (vgl. S. 195). In diesem Sinne spricht man von Nonprofit Accountability. Die Bezeichnung „Accountability in Nonprofit Organisationen“ meint „alle Informationen über die Aktivitäten einer Nonprofit Organisation, durch die sie direkten und indirekten Adressaten gegenüber Rechenschaft über ihr eigenes, verantwortliches Handeln ablegt, um so Transparenz herzustellen“ (S. 195). Unter Compliance wiederum ist rechtskonformes Handeln für Behörden, die freie Wirtschaft und den Nonprofit-Sektor zu verstehen. Zahlreiche Spenden-Affären wurden kriminaltechnisch aufgeklärt. NPO sollen Rechenschaft ablegen, was mit den Spenden geschah und ob sie dem deklarierten Zweck entsprechend eingesetzt wurden (vgl. S. 196).
Diskussion
Das Leitmotiv bzw. das Forschungsanliegen dieser Arbeit ist die Erstellung eines tragfähigen Konzeptes für ein erfolgreiches Nonprofit Management im 21. Jh. Es lässt sich als Wegweiser und Nachschlagewerk für Führungskräfte im Nonprofit-Bereich verwenden. NPO sind in der heutigen Gesellschaft unverzichtbar. Nachhaltiger Erfolg lässt sich nur erreichen, wenn NPO auf professionelles Nonprofit Management zurückgreifen können.
Helmig/Boenigk strukturieren ihre Arbeit nach festen Kriterien. Diese werden sowohl horizontal als auch vertikal erfasst. Zu den horizontalen Bereichen des NPO (z. B. Vereine und Stiftungen) sind folgende zu zählen: Nonprofit Management, Nonprofit-Marketing, Nonprofit Governance und Nonprofit Accontability. Zu den vertikalen Bereichen gehören z. B. Balance Scorecard, Benchmarking, Break Even Analyse, Return on Investment, Target Costing. Beide Bereiche verbinden gesellschaftliche Orientierungen und Philanthropie. Prinzipiell richtet sich das Nonprofit Management nach dem Subsidiaritätsprinzip und orientiert sich z. B. am Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts (DZI). Die zunehmende Bedeutung des Nonprofit Managements darf aber nicht überschätzt werden; an ihm haftet der irreführende Begriff des „Nonprofit“ im Sinne von „nichts erwirtschaften zu dürfen“. Zudem bewegt sich alles im Rahmen des dritten Sektors mit allen dazu gehörigen steuerlichen Einschränkungen und personalbezogenen „Minimal Standards“.
NPO befinden sich an der Schnittstelle zwischen praktizierendem Sozialstaat einerseits und „humanistischen Idealen“ im Sinne des Helfens und der Nächstenliebe andererseits. Die Geschichte des Spendens und des Stiftens ist seit der Antike bekannt, ebenso die der Spenden-Skandale. Im 19. Jahrhundert entstehen immer neue Formen der NPO, z. B. Stiftungen mit Bibliotheken (vgl. S. 36). Zahlreiche NPO kooperieren mit dem Staat, u.a. um an Zuschüsse zu gelangen, leiden aber an „funktionalem Dilettantismus“ (vgl. S. 41). Auch mit starkem Lobbying im Sinne einer Einflussnahme der NPO auf die Politik bleiben die Resultate überschaubar (vgl. S. 149). NPO genießen zahlreiche steuerliche Vorteile; jedoch mehren sich die Stimmen, die laut nach Legitimität und Transparenz rufen (vgl. S. 52). Die Begriffe Mission, Vision und Leitbildung haben die Funktion, sowohl den Mitarbeitern/Ehrenamtlichen/Freiwilligen und der Öffentlichkeit positive Inhalte und Assoziationen anhand zu geben (vgl. S. 71). „Employer Brandig“ ist ein „psychologischer Botschafter“, um Zielpersonen zu interessieren und von den integren Zielen der NPO zu überzeugen (vgl. S. 108). Es dient der Planung der Humanressourcen, um eventuell das Personalmanagement zu optimieren (vgl. S. 108 ff.). Die Entlohnung im Profit- und Nonprofit-Sektor ist nicht zu vergleichen: Im Nonprofit-Bereich bzw. NPO geht es vor allem darum, anderen zu helfen.
Das Motto „Wenig Gehalt, aber glücklich“ (S. 121) muss man relativieren: Auch hauptamtliche NPO-Manager möchten Geld verdienen, und dies sollte auch so bleiben. „Pay-for-Performance“ (S. 122) mahnt gerechte Bezahlung an. Doch im NPO-Bereich soll das Prinzip der Nächstenliebe nicht mit Tariflöhnen ausgehebelt werden: Der Heilige Martin, der seinen Mantel mit einem Bettler teilt, steht grundsätzlich für die Mission aller NPO. Stakeholder wiederum artikulieren ihre Bedürfnisse aus der „outsider-Perspektive“ mit dem Ziel, die Kundenzufriedenheit zu beachten (vgl. S. 135). Des Weiteren haben im Nonprofit-Marketing „Nonprofit-Marke“ eine große psychologische Funktion, z. B. allbekannte Marken wie „DRK“, „Brot für die Welt“ oder „Caritas“, um sich bei den NPO-Kunden zu fixieren (vgl. S. 138 ff.). Markenstrategien haben u.a. die Funktion, Leistungsempfänger dauerhaft an die NPO zu binden (Bruhn 2011) (vgl. S. 140 ff.). Es ist notwendig, die Signifikanz des Beziehungsmanagements im Nonprofit-Marketing hervorzuheben; in dieser Korrelation kann man die NPO-Beziehungen zu Anspruchsgruppen optimal gestalten (vgl. S. 150). Schließlich kann man das Cause-Related-Marketing der NPO als wichtiges Instrument einer „strategischen Marketingallianz auf Zeit mit der freien Wirtschaft“ empfehlen (vgl. S. 156). Spenden und Fundraising assoziiert man oft irrtümlicher Weise mit schnellem Geld bzw. Sachspenden; die Wirklichkeit liefert aber andere Bilder. „Geldspenden“ verbinden wir mit Leichtigkeit und Großzügigkeit, „Organspenden“ dagegen z. B. mit einem Kraftakt im Verborgenen und „stummem Dialog“. Die Fundraising-Forschung befasst sich relativ wenig mit diesem Aspekt fokussiert sich stattdessen allgemein auf die kognitiv gesteuerte Ressourcen-Sammlung, die ein hohes Maß an interdisziplinärem Wissen (betriebswirtschaftliches, psychologisches und soziologisches) erfordert.
Helmig/Boenigk berufen sich zum Thema Fundraising u.a. auf die Arbeiten Urselmann 2018; Fabisch 2013; Schiemenz 2015 (vgl. S. 160 ff.). Die angelsächsische Literatur gibt in der Fundraising-Spenden-Diskussion den Ton an. NPO dürfen Spenden sammeln, nachdem beim zuständigen Finanzamt die Gemeinnützigkeit im Sinne der Abgabenordnung (§§ 52–54) beantragt und bewilligt wurde (vgl. S. 164). Mit Fundraising des Spendens verbinden die meisten Altruismus und Nächstenliebe. Die „Crowding-out-Hypothese“ (vgl. S. 161 f.) bezeichnet einen Mechanismus, bei welchem für eine NPO Spendende erfahren, dass es bereits eine zusätzliche Hilfe im gleichen Ausmaß durch andere (z. B. Sponsoring oder Staat) erfolgte, und darum ihre Privatspende auf ein Minimum reduzieren. Interessant für die Fundraising-Theorie ist das „transaktionsorientierte Fundraising“ und „Relationship-Fundraising“ (vgl. S. 168). Ersteres richtet sich auf einzelne Spenden für einen konkreten kurzfristigen Spendenzweck (vgl. S. 168). Relationship-Fundraising wiederum konzentriert sich auf einen langfristigen Beziehungsaufbau zu den Spendern (vgl. S. 169). Die Durchführung einer Fundraisingkampagne (Haibach 2012; Urselmann 2018) (vgl. S. 171) kann entweder durch internes NPO-Fundraising oder mit Hilfe externer Fundraising-Agenturen erfolgen.
Fundraising bietet gegenwärtig zahlreiche Spenden-Akquise-Instrumente, z. B. Spendenevent, Plakate und Webseiten (vgl. S. 175). Neben Spendeneinnahmen bedienen sich NPO auch anderer Finanzierungsquellen, z. B. selbsterwirtschafteter Einnahmen und öffentlicher Zuwendungen (vgl. S. 180). Wie bereits im Kapitel 7 gesagt wurde, können NPO nicht einfach gewinnorientiert arbeiten; sie sind darauf angewiesen, eigene gemeinnützige Finanzierungswege zu gehen (vgl. S. 182). Nach Helmig/Boenigk soll das Nonprofit Management drei Aufgaben beachten: Erstellung eines Finanzplans, Rechnungslegung und Aufbau eines Finanzierungsportfolios (vgl. S. 184 ff.). Dabei ist zu beachten, dass Accountability im Sinne von Rechenschaft, Transparenz und Verpflichtungen gegenüber Stakeholdern zur Anwendung kommt (vgl. S. 195). An dieser Stelle könnten Gedanken zum strategischen Controlling der NPO-Fachdiskussion nicht schaden. Abschließend ist zu sagen, dass die Rechenschaftslegung von NPO auf freiwilliger Basis eine wertvolle Alternative ist. Dabei könnten auch mehr Impulse zu Prophylaxe-Compliance in NPO einfließen. Das Erwerben des DZI-Spendensiegels z. B. fördert Vertrauen und Seriosität im öffentlichen Image einer NPO.
Fazit
Diese sorgfältig recherchierte Studie legt großen Wert auf begriffliche Präzision auch im Kontext amerikanischer NPO-Beispiele. Die Autoren konstatieren, dass die meisten karitativen NPO zunehmend stärker ökonomisch denken und trotzdem effektiv philanthropisch handeln. „Demokratie braucht Ehrenamt“ ist die Herausforderung an alle NPO, die auf Ehrenamtliche (Amtsinhaber und Zeit-Spender als „Arbeits-Leistung“) und Freiwillige (Zeit-Spender als „Arbeits-Leistung“) angewiesen sind. Den Freiwilligen gilt die gleiche Ehre wie den Ehrenamtlichen. „Ehre sei den 23 Millionen Menschen die sich in Deutschland sozial engagieren und die leeren Kassen der NPO füllen.“ Nonprofit Management soll sich diese gesellschaftlichen Entwicklungen zu eigen machen. Nicht die Geldspende, sondern die „Zeitspende“ ist die demokratischste Form aller Spendenalternativen. In der nächste Auflage ist diese Wertigkeit zu berücksichtigen. Alle drei namentlichen Spenden-Arten, „Individual Giving“, „Corporate Giving“ und „Foundation Giving“ haben das NPO-Ziel, eine eigene NPO-Mission zu verfolgen. Es kommt auf die Qualität des Nonprofit Managements einzelner NPO an, ob sie auf dem stark umkämpften Spendenmarkt bestehen oder nicht. Die Autoren bieten dafür eine professionelle Handhabe, um NPO nachhaltig zu positionieren.
Rezension von
Dr. Siegmund Pisarczyk
Diplompädagoge & Nonprofit Manager
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Es gibt 17 Rezensionen von Siegmund Pisarczyk.
Zitiervorschlag
Siegmund Pisarczyk. Rezension vom 27.03.2020 zu:
Bernd Helmig, Silke Boenigk: Nonprofit Management. Verlag Franz Vahlen GmbH
(München) 2019. 2. Auflage.
ISBN 978-3-8006-5179-5.
Reihe: Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/25826.php, Datum des Zugriffs 28.09.2023.
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