Elmar Philipp: Multiprofessionelle Teams auf den Punkt gebracht
Rezensiert von Prof. Dr. Erich Hollenstein, 08.10.2019
Elmar Philipp: Multiprofessionelle Teams auf den Punkt gebracht.
Debus Pädagogik Verlag
(Schwalbach/Ts.) 2019.
56 Seiten.
ISBN 978-3-95414-132-6.
D: 9,80 EUR,
A: 10,10 EUR.
Reihe: Auf den Punkt gebracht - Debus Pädagogik.
Thema
Die kooperative Arbeit in multiprofessionellen Teams bekommt zusehends größere Bedeutung durch die rasant wachsende Entwicklung von Ganztagsschulen aber ebenso durch die Umstellung auf eine inklusive Schulpraxis. Eine solche Arbeitsform ist keineswegs ein Selbstläufer, sondern diese professionellen Lerngemeinschaften bedürfen vielfältiger Unterstützung wie z.B. durch die Schulleitung oder ein angemessenes Sitzungsmanagement.
Entstehungshintergrund
Die Reihe „Auf den Punkt gebracht“ bearbeitet mit hoher Dichte und gegebener Kürze relevante Themen zur Schulpraxis und Schulentwicklung.
Autor
Dr. Elmar Philipp nennt den vorliegenden Band ein Mikrobuch. Er ist freiberuflicher Berater und Fortbildner in den Themenbereichen Teamentwicklung, Change Management und Leitbildarbeit.
Aufbau
Das Mikrobuch gliedert sich nach folgenden Schwerpunkten:
- Gruppe oder Team,
- Vier Begründungen zur Teamentwicklung,
- Theorie der Gruppenreflexivität – Aufgaben- und Beziehungsorientierung,
- Vertrauen als Kernressource von Teams,
- Multiprofessionelle Teams brauchen spezifisches, berufsbezogenes Vertrauen,
- Führungsverständnis, das Vertrauen und psychologische Sicherheit ermöglicht,
- Die Rolle der Schulleitung bei der Teamentwicklung,
- Instrumente und Regeln des Sitzungsmanagements,
- Kommunikation im Team,
- Zwölf Erfolgsfaktoren der Teamentwicklung,
- Methoden zur Reflexion,
- Teamsitzungen professionell auswerten,
- Multiprofessionelle Teams weiterentwickeln – Reflexion initiieren aber Überlast vermeiden.
Inhalt
Begonnen wird mit dem Hinweis auf die unterschiedlichen Berufskulturen, die insbesondere in der Ganztagsschule zusammenarbeiten und Respekt vor den benachbarten Disziplinen ist eine Voraussetzung, um unterschiedliche Stärken zu vernetzen. Um ein Team zu entwickeln kann auf vier Begründungen verwiesen werden:
- Menschen sind auf Kooperation angelegt,
- es gibt Kooperationsnotwendigkeiten,
- Schule stellt eine solche Notwendigkeit dar,
- nicht zuletzt mit guter Kooperation Schüler*innen ein Vorbild zu geben.
Ein wichtiger Bezugsrahmen des Teamgeschehens ist eine Orientierung am Aufgabenbezug wie auch an der sozialen Reflexivität. Eine auf diesem Hintergrund gelingende Teamarbeit orientiert sich an der Kassler Pyramide:
- Zielorientierung,
- Aufgabenbewältigung,
- Zusammenhalt,
- Verantwortungsübernahme.
Unerlässlich für die Arbeit ist Vertrauen als Kernressource. Unter vertrauen versteht Philipp Wertschätzung, Integrität, Kompetenz und persönliche Rücksichtnahme. Unterschieden wird persönliches und spezifisches Vertrauen, wobei letztere Vertrauensform im Team entscheidend ist.
Um das kreative Potenzial von Teams auszuschöpfen bedarf es eines sicheren psychologischen Umfeldes. Ein Führungsstil, der ein solches Feld fördert, berücksichtigt die Beteiligung der Betroffenen, stellt gute sowie konstruktive Fragen und zeigt Wertschätzung. Das sich solchermaßen zeigende Führungsverständnis wird weiter differenziert und z.B. auf Ergebnisorientierung, Organisationsfähigkeiten und Gestaltung von Visionen hingewiesen. Schulleitungen müssen bei der Teamentwicklung auf Organisation, Fortbildung, Leitfragen zum Entwicklungsstand, Feedback und Führungsleitbild achten und diese Dimensionen fördern.
Die nachfolgenden Ausführungen richten sich auf das Sitzungsmanagement. Grundlagen werden skizziert (u.a. Ziele, Tagesordnung, to-do-Liste) und auf die Sinnhaftigkeit von Regeln verwiesen wie z.B., dass neue Mitglieder ihre Ideen zuerst einbringen dürfen und begrenzte Sprechzeiten wichtig sind. Zur professionellen Gestaltung von Sitzungen gehört ebenso eine achtsame Kommunikation, die Sprachsensibilität, Impulsdistanz und Selbstkontrolle beinhaltet. Bedeutsam sind ebenso Formen des Zuhörens. Ziel ist die Bildung eines kreativen Kernteams und dazu werden sieben Grundsätze genannt. Dazu gehört u.a. das Vorhandensein einer Vision, das persönliche Gespräch mit den anderen Professionellen, Aktivisten in die Kerngruppe zu bringen, Kommunikation mit Personen, die indirekt mit dem Thema/Problem beschäftigt sind. Sodann werden zwölf Erfolgsfaktoren zur multiprofessionellen Teamentwicklung genannt: z.B.
- klare Aufgaben- und Rollenverteilung,
- Installierung eines Feedbacks,
- Teamleitung bzw. Moderation,
- schnelle Erfolgserlebnisse,
- Selbstreflexion.
Bei den Methoden zur Reflexion im Team wird ein Diagnose-Bogen vorgestellt wie auch ein Fragebogen zur Messung des Teamgeistes. Gemessen wird u.a. wechselseitige Hilfsbereitschaft, Einschätzung der Dialogqualität, wechselseitige Information, Qualität der Entscheidungsfindung. Vergleiche und Diskussion der persönlichen Wertungen in diesem Bogen begünstigen eine positive Entwicklung der Teameffektivität.
Für die Auswertung von Teamsitzungen wird die Blitzlichtmethode empfohlen und kurz dargestellt. Zum Schluss wird auf eine Teamarbeit verwiesen, die bei der Reflexion das Augenmaß wahren muss. Dazu wird auf die Möglichkeit einer aktivierenden Gruppenarbeit verwiesen, die folgende Frageimpulse bearbeitet:
- Wie gut ist die Zusammenarbeit?
- Wo liegen Schwachpunkte?
- Was sind unsere gemeinsamen Ziele/Leitbilder?
Diskussion
Die Mikrobücher sind in dem genannten Themenbereich recht neu. Und der Begriff multiprofessionelles Team hat zurzeit Konjunktur. Dazu liefern die Ausführungen eine schnelle Übersicht über Ziele, Durchführungsmodalitäten und Rahmenbedingungen. Eine „Betriebsanleitung“ ergibt sich allerdings nicht. Akzentuiert werden im vorliegenden Mikrobuch Führung und Moderation. Etwas vernachlässigt hingegen werden notwendige Selbststeuerung und Selbstorganisation in den Teams.
Es fällt auf, dass eine ziemliche Distanz zur Praxis in Ganztagsschulen wie auch schulischen Inklusionsprozessen vorhanden ist. In diesem Bereich liegen Erfahrungs- und Entwicklungsberichte, Evaluationen und Forschungsbefunde zum Thema vor. Diese lassen sich in einem Mikrobuch zwar nicht vorstellen, ihre Nennung wäre im Sinne einer weiterführenden Vertiefung für interessierte Leser*innen jedoch sehr sinnvoll. Dann würde auch deutlich, wie multiprofessionelle Teams mit institutionellen und personellen Widerständen konfrontiert werden und damit fertig werden müssen.
Fazit
Dieses Mikrobuch ermöglichte eine schnelle Übersicht über Ziele, Durchführungsmodalitäten und Rahmenbedingungen der Arbeit in multiprofessionellen Teams. Dabei stellen gruppenspezifische Theorien und Konzepte eine wesentliche Grundlage dar. Zu diesen Grundlagen gehören u.a. Gruppenflexibilität, Vertrauen und Teamdiagnose.
Rezension von
Prof. Dr. Erich Hollenstein
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Zitiervorschlag
Erich Hollenstein. Rezension vom 08.10.2019 zu:
Elmar Philipp: Multiprofessionelle Teams auf den Punkt gebracht. Debus Pädagogik Verlag
(Schwalbach/Ts.) 2019.
ISBN 978-3-95414-132-6.
Reihe: Auf den Punkt gebracht - Debus Pädagogik.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/25863.php, Datum des Zugriffs 16.01.2025.
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