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Wilfried Hosemann, Wolfgang Geiling: Einführung in die systemische Soziale Arbeit

Rezensiert von Dipl.Soz.-Arb. Meinolf Westerkamp, 29.11.2005

Cover Wilfried Hosemann, Wolfgang Geiling: Einführung in die systemische Soziale Arbeit ISBN 978-3-7841-1586-3

Wilfried Hosemann, Wolfgang Geiling: Einführung in die systemische Soziale Arbeit. Lambertus Verlag GmbH Marketing und Vertrieb (Freiburg) 2005. 328 Seiten. ISBN 978-3-7841-1586-3. 28,00 EUR. CH: 49,00 sFr.

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Thema

Systemisch zu arbeiten ist in weiten Teilen der Sozialen Arbeit angesagt. Fragt man nach grundlegender Fachliteratur, findet man sich i.d.R. wieder im therapeutischen Bereich - auf der einen - oder im abstrakt wissenschaftlichen Bereich auf der anderen Seite. Die Autoren versuchen einen Mittelweg einzuschlagen, der einerseits Grundkenntnisse der Systemtheorie vermitteln, andererseits konkrete Hinweise zur Anwendung im beruflichen Alltag geben soll.

Das deutet auf einen Spagat hin, der auch für die Leser nicht leicht zu bewältigen ist.

Die Autoren

  • Wilfried Hosemann, Diplom-Sozialarbeiter und Diplompädagoge ist Professor für Theorien und Methoden der Sozialen Arbeit an der Universität Bamberg mit langjährigen Erfahrungen in der Beratung von Einzelnen, Paaren, Gruppen und Familien, als Supervisor und Organisationsentwickler im Sozial- und Wirtschaftsbereich.
  • Wolfgang Geiling, Diplom-Sozialpädagoge und Diplom-Pädagoge mit Fort- und Weiterbildungen u.a. in systemischer Beratung und Therapie, ist. als wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Lehrbeauftragter im Fachbereich Soziale Arbeit der Universität Bamberg tätig.

Beide bringen ihren Erfahrungen aus dem Bereich der Jugendhilfe in das Buch ein.

Inhalt

  1. In einem einführenden ersten Teil werden grundlegende Aspekte von Systemtheorie und systemischer Praxis erörtert; es geht darum das Besondere des systemischen Denkens deutlich zu machen, klarzustellen welche Systemtheorie vermittelt wird, was denn typisch für eine systemisch orientierte Vorgehensweise in der Sozialen Arbeit sein kann und welche inhaltlichen Bestimmungen sich daraus für die Soziale Arbeit ergeben
  2. Im zweiten Teil werden verbindende Elemente systemischen Denkens und Sozialer Arbeit diskutiert. Es werden systemtheoretische Grundbegriffe präsentiert. Begriffe wie Beoabachtung, Selbstreferenz/Fremdreferenz, Systembeziehungen, Zeit, Sinn, Soziale Teilhabe: Inklusion/Exklusion, um nur einige zu nennen, werden zunächst theoretisch dargeboten, anschließend wird an Beispielen veranschaulicht, was man im Rahmen der sozialen Arbeit damit anfangen kann.
  3. Im dritten Teil werden Hinweise für eine systemische Praxis vorgestellt. Unter Stichworten wie "Systemische Handlungsorientierungen", "Multiperspektivität der Soziale Arbeit" und "Systemischer Praxis zwischen Hilfe, Kontrolle und sozialer Gerechtigkeit" werden Vorschläge gemacht, wie die konkreten Handlungs- und Reflexionsmöglichkeiten in der Sozialen Arbeit durch systemtheoretische Begriffe erweitert werden können.
  4. In einem abschließenden vierten Teil werden kritische und geschichtliche Aspekte systemischen Denkens in der Sozialen Arbeit referiert, die unterschiedliche Sichtweisen deutlich machen und zum Weiterdenken anregen sollen.

Dem Text ist ein Glossar  angefügt, in dem wichtige Begriffe aus der Systemtheorie erläutert sind.

Diskussion

Die Autoren wenden sich an Leser, "die mit der Systemtheorie noch nicht vertraut sind oder noch am Anfang der Begegnung mit dieser Theorie stehen". Sie wollen sie einladen, sich mit Systemtheorie auseinanderzusetzen und deren Chancen für die Soziale Arbeit zu prüfen. Das ist natürlich ein nicht ganz einfaches Unterfangen, liegen doch zwischen den in der Systemtheorie und den im Alltag genutzten Begriffen große sprachliche Unterschiede, die deutlich zu machen sind. Leider ist die stark theoretisch orientierte Sprache dabei ein häufiges Hindernis, das auch (z.B.) durch das angefügte Glossar nur bedingt abgebaut werden kann. Auch für die Autoren ist es offensichtlich nicht leicht, zwischen den beiden Bereichen hin und her zu springen. Sie weisen bereits in der Einleitung darauf hin, dass es "eine kaum zu bewältigende Herausforderung" sei, verständlich und lesbar und zu bleiben und gleichzeitig ungewohnte Sichtweisen zu vermitteln.

Praktiker sollen keine Systemtheoritiker werden / sein. Sie sollen Systemtheoretische Erkenntnis nutzen für die Optimierung praktischer Sozialer Arbeit. Das Buch ist deshalb praktischerweise nicht "in einem Guss" lesen. Vielmehr empfiehlt sich eine eher eklektische Herangehensweise. Nach einem kursiven Überblick sollte man einzelnen Aspekte, die interessant zu sein scheinen,  herauspicken und sich mit ihnen auf neue Weise  auseinandersetzen. Dazu bieten die Autoren an verschiedenen Stellen Hinweise, einmal durch die diversen Beispiele, zum anderen durch Zusammenfassungen und konkrete Anregungen zum Weiterdenken. Zum Weiterlesen wird auf die entsprechende Literatur verwiesen.

Systemtheorie will eine neue Perspektive des Denkens, eine neue Sicht der Wirklichkeit ermöglichen mit der Hoffnung, daraus neue Handlungsalternativen zu erschließen. Dabei wird natürlich deutlich, dass vieles gar nicht so neu ist, aber die Begriffe sind neu. Und da scheint dann auch ein Problem zu liegen. Für die Entwicklung von Sozialarbeitstheorie ist die "theoretische" Sprache Verpflichtung, für Soziale Arbeit Praktizierende eher ein Hindernis.

Häufig habe ich beim Lesen den Eindruck, dass die Autoren möglichst keine Einzelaspekte der Theorie aus dem Auge verlieren wollen, immer wieder wird von der Theorie ein Bezug zur praktischen sozialen Arbeit hergestellt, aber die Theorie steht leitend im Mittelpunkt. Denkbar wäre natürlich der andere Weg, die praktische Arbeit in den Mittelpunkt zu stellen, um die Nützlichkeit von Theorie stärker deutlich zu machen.

Fazit

Insgesamt ist das Buch ein weiterer interessanter Versuch, systemisches Denken in die Soziale Arbeit einzubeziehen. Es setzt aber voraus, dass man das Buch eher als ein Handbuch nutzt, das an verschiedenen Stellen Hilfen enthält, die genutzt werden können, bekannte Situationen in neuem Licht zu interpretieren, um daraus Konsequenzen für die praktische Arbeit zu ziehen. Insofern ist es vor allem empfehlenswert für in der Sozialen Arbeit praktisch Tätige, die sich für die Entwicklung neuer Sichtweisen interessieren.

Rezension von
Dipl.Soz.-Arb. Meinolf Westerkamp
Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Sozialarbeit
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Es gibt 19 Rezensionen von Meinolf Westerkamp.

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ISSN 2190-9245