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Albert Lenz: Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken

Rezensiert von Dr. Anke Höhne, 05.05.2020

Cover Albert Lenz: Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken ISBN 978-3-8017-2816-8

Albert Lenz: Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken. Ein Gruppenprogramm zur Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2019. 133 Seiten. ISBN 978-3-8017-2816-8. 39,95 EUR. CH: 48,50 sFr.
Reihe: Therapeutische Praxis.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.
Inhaltsverzeichnis bei der DNB.

Thema

Das von Albert Lenz verfasste Buch stellt ein Gruppenprogramm für psychisch kranke und suchtkranke Eltern vor, das die Eltern dabei unterstützen soll, ihre Ressourcen zu stärken, sodass das Misshandlungsrisiko der Kinder, was bei Kindern von psychisch kranken oder suchtkranken Eltern erhöht ist, gesenkt wird.

Autor

Prof. Dr. Albert Lenz lehrte von 1994 bis 2017 als Professor für Klinische Psychologie und Sozialpsychologie an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen, Abteilung Paderborn, Fachbereich Sozialwesen. Er ist Leiter des dortigen Deutschen Instituts für Sucht- und Präventionsforschung (DISiP) und des Master-Studiengangs Suchthilfe/​Suchttherapie.

Das Buch entstand unter Mitarbeit von Anna Lena Rademaker, Lena Leffers und Christina Otto.

Entstehungshintergrund

Das Gruppenprogramm für psychisch kranke und suchtkranke Eltern ist im Rahmen des Kooperationsprojekts „Kinder schützen durch Stärkung der Eltern“ entstanden, welches vom Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V. und dem Institut für Gesundheitsforschung und Soziale Psychiatrie der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen entwickelt, implementiert und wissenschaftlich evaluiert wurde. Das Projekt wurde im Zeitraum 2014 bis 2018 durchgeführt und an 19 Standorten in Nordrhein-Westfalen, an je einem Standort in Niedersachsen und der Schweiz in Einrichtungen der Jugendhilfe und des Gesundheitswesens erprobt.

Zielgruppe

Das Buch richtet sich an Fachkräfte aus der Jugendhilfe und dem Gesundheitswesen, die mit psychisch kranken und suchtkranken Eltern arbeiten und mit Hilfe des Gruppenprogramms die Ressourcen der Eltern und deren reflexive Kompetenzen, d.h. deren Fähigkeiten zum mentalisieren, stärken wollen.

Aufbau und Inhalt

Das Buch umfasst fünf Kapitel und einen umfangreichen Anhang. Eine CD-ROM enthält die Arbeitsblätter für das Elterntraining, die im Anhang abgebildet sind.

Im ersten Kapitel „Misshandlung und Vernachlässigung – Risiko- und Schutzfaktoren“ führt der Autor in die Thematik ein und gibt einen Überblick über den Stand der Forschung zu Risiko- und Schutzfaktoren bei Kindesmisshandlung und -vernachlässigung. Es werden die unterschiedlichen Formen von Misshandlung (körperlich und emotional) und Vernachlässigung vorgestellt sowie auf sexuellen Missbrauch und häusliche Gewalt eingegangen. Der Autor thematisiert dabei das Zusammenwirken von Risiko- und Schutzfaktoren und die Merkmale von Eltern (z.B. eigene Gewalterfahrungen in der Kindheit) und Kindern, die das Auftreten elterlicher Gewalt beeinflussen. Psychisch oder suchtkranke Eltern stellen dabei eine besondere Risikogruppe für die Kindesmisshandlung dar, da sie zum einen weniger auf ein soziales Unterstützungsnetzwerk zurückgreifen können und zum anderen eine psychische Erkrankung oder Suchterkrankung häufig mit Belastungen für die Partnerschaft einhergehen, die sich auf die in der Familie lebenden Kinder negativ auswirken. Zudem sind das Einfühlungsvermögen und die Emotionsregulation aufgrund eigener negativer Erfahrungen in der Kindheit ebenfalls häufig eingeschränkt.

Kapitel 2 „Ressourcen, Schutzfaktoren und Resilienz“ bahandelt das Resilienzkonzept in seiner Bedeutung für Kinder psychisch oder suchtkranker Eltern. Als wichtige Schutzfaktoren haben sich verlässliche und Sicherheit vermittelnde soziale Beziehungen, sichere Bindungen und das Vorhandensein eines stabilen sozialen Netzwerks erwiesen. Der Autor geht in diesem Kapitel besonders auf die Mentalisierungsfähigkeit als einen zentralen Mechanismus der Resilienz ein. Mentalisieren ist die Fähigkeit, mentale Zustände bei sich und anderen Menschen zu verstehen und zu interpretieren.

Kapitel 3 stellt das Gruppenprogramm „Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken“ vor und gibt Allgemeine Hinweise zum Vorgehen. Das Gruppenprogramm hat zum Ziel, die Ressourcen der Eltern zu stärken, die das Misshandlungsrisiko für Kinder minimieren. Das Gruppenprogramm besteht aus vier Modulen (Mentalisieren, Gefühle und Umgang mit Gefühlen, Stressbewältigung, Förderung des sozialen Beziehungsnetzes), die in 12 Gruppensitzungen á zwei Stunden behandelt werden. Zielgruppe des Programms sind in erster Linie Eltern mit Kindern kleiner Kinder (bis 5 Jahre). Der Aufbau und Ablauf der Gruppensitzungen wird übersichtlich und anschaulich geschildert. Dabei geht der Autor auch auf mögliche schwierige Situationen im Gruppenprogramm ein (z.B. Weigerung an Übungen in der Gruppe teilzunehmen) und skizziert die grundlegenden Anforderungen an die professionellen Helfer, die mit psychisch erkrankten Eltern arbeiten. Auch auf die Kompetenzen auf der personalen Ebene, die die professionellen Helfer mitbringen sollten um eine tragfähige Beziehung zu psychisch erkrankten Eltern zu gestalten, wird eingegangen.

In Kapitel 4 werden Evaluationsergebnisse vorgestellt. Das Gruppenprogramm wurde in unterschiedlichen psychosozialen, pädagogischen und gesundheitsbezogenen Arbeitsfeldern erprobt und einer wissenschaftlichen Begleitevaluation unterzogen. Die Ergebnisse der Evaluation zeigen, dass die Eltern vom Programm profitieren und sie in ihrem Stress- und Belastungsmanagement gestärkt wurden. Die Elternwahrnehmung wurde von den Fachkräften bestätigt.

Im 5.Kapitel werden die vier Module des Gruppenprogramms detailliert vorgestellt. In Modul 1 (Mentalisieren) geht es darum zu lernen, andere besser zu verstehen, um in zukünftigen Stresssituationen anders reagieren zu können. Modul 2 (Gefühle und Umgang mit Gefühlen) hat zum Ziel, die Fähigkeit der Eltern zu stärken, eigene Gefühle besser wahr zu nehmen um sie v.a. auch besser regulieren zu können. Modul 3 (Stressbewältigung) will die Eltern dabei unterstützen, Belastungssituationen frühzeitig zu erkennen, Bewältigungsstrategien zu lernen um mit alltäglichen Belastungen besser umgehen zu können. Das letzte Modul 4 (Förderung des sozialen Beziehungsnetzes) will die Teilnehmenden am Gruppenprogramm dabei unterstützen, informelle Unterstützungssysteme besser für sich zu nutzen, da soziale Netzwerke eine wichtige Pufferfunktion in Krisensituationen darstellen. Für jedes Modul werden die verschiedenen Übungen detailliert vorgestellt, die im Gruppenprogramm durchgeführt werden sollen und es wird auf die verschiedenen Arbeitsblätter verwiesen, die zum Download auf der dem Buch beiliegenden CD-ROM zu finden sind. Besonders wichtige Aspekte werden in grauen Kästchen grafisch hervorgehoben.

Dem Literaturverzeichnis schließt sich ein umfangreicher Anhang an, der alle Arbeitsblätter enthält. Die dem Buch beiliegende CD-ROM enthält alle Arbeitsblätter als PDF-Datei.

Fazit

Das Buch gibt einen umfassenden und gut verständlichen Überblick über die Risiko- und Schutzfaktoren von psychisch kranken oder suchtkranken Eltern. Dabei geht das Buch anhand des Gruppenprogramms „Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken“ besonders darauf ein, wie sich die Mentalisierungsfähigkeit der Eltern entwickeln und unterstützen lässt. Als besonders gut gelungen kann die übersichtliche Einbeziehung von Forschungsergebnissen sowohl zur Thematik psychisch kranke und suchtkranke Eltern als Risikogruppe für Kindesmisshandlung als auch zum Themenblock Ressourcen, Schutzfaktoren und Resilienz bezeichnet werden. Das Gruppenprogramm wird Schritt für Schritt und gut nachvollziehbar beschrieben. Die auf der Begleit-CD-ROM mitgelieferten Arbeitsblätter im PDF-Format, die für die Durchführung des Elternprogramms notwendig sind, stellen einen gelungenen Service für künftige Anwender*innen des Gruppenprogramms zur Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung dar.

Rezension von
Dr. Anke Höhne
Dipl.-Sozialwiss., Referentin bei SUCHT.HAMBURG gGmbH, Systemische Beraterin und Familientherapeutin
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Es gibt 21 Rezensionen von Anke Höhne.


Zitiervorschlag
Anke Höhne. Rezension vom 05.05.2020 zu: Albert Lenz: Ressourcen psychisch kranker und suchtkranker Eltern stärken. Ein Gruppenprogramm zur Prävention von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2019. ISBN 978-3-8017-2816-8. Reihe: Therapeutische Praxis. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/26089.php, Datum des Zugriffs 20.09.2024.


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