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Britta Gebhard, Sebastian Möller-Dreischer et al. (Hrsg.): Frühförderung wirkt

Rezensiert von Dipl. Soz. päd. Claudia Nicolaus, 05.05.2020

Cover Britta Gebhard, Sebastian Möller-Dreischer et al. (Hrsg.): Frühförderung wirkt ISBN 978-3-17-033872-2

Britta Gebhard, Sebastian Möller-Dreischer, Andreas Seidel, Armin Sohns (Hrsg.): Frühförderung wirkt - von Anfang an. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2019. 347 Seiten. ISBN 978-3-17-033872-2. 39,00 EUR.

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Thema

Von den Herausgebern wird in das Thema wie folgt eingeführt: „Frühförderung wirksam gestalten, dies ist zentrale Aufgabe vor dem Hintergrund der individuellen Bedarfe der Familien, der interdisziplinären Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachkräften und Institutionen sowie der Finanzierung durch unterschiedliche Rehabilitationsträger“ (S. 7). In diesem Band werden unterschiedliche Themenstränge (Prinzipien) der Frühförderung beleuchtet. Dabei heißt das Motto „Bewährtes erhalten – Neues integrieren“. Das zielt auf die aktuellen Veränderungen und den damit verbundenen Herausforderungen ab. Das Herausgeberwerk ist bereits die zweite Veröffentlichung dieser Art. Das erste Werk „Frühförderung mittendrin – in Familie und Gesellschaft“ ist im gleichen Verlag erschienen und fasst die Beiträge des 18.Bundessymposium von 2015 zusammen.

HerausgeberInnen

Die HerausgeberInnen lehren an der Hochschule Nordhausen im Fachbereich Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Schwerpunkte sind:

  • Prof. Dr. Britta Gebhard Frühförderung,
  • Prof. Dr. med. Andreas Seidel Sozialpädiatrie,
  • Prof. Dr. Armin Sohns Heilpädagogik und Transdisziplinäre Frühförderung und
  • Prof. Dr. Sebastian Möller-Dreischer Inklusive Pädagogik.

Entstehungshintergrund

Unter dem Leitthema „Frühförderung wirkt – von Anfang an“ fand vom 9. bis 11.März 2017 das 19. Bundessymposium gemeinsam mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main statt. Das Bundessymposium wird aller zwei Jahre durch die Bundesvereinigung Interdisziplinäre Frühförderung (VIFF e.V.) veranstaltet. Die VIFF ist eine Vereinigung für interdisziplinäre Frühförderung die sich für die Fachkräfte aus ärztlichen, medizinisch-therapeutischen, pädagogischen, psychologischen und sozialen Arbeitsbereichen einsetzt. Diese ist auf Bundesebene und auch auf Länderebene organisiert. In bewährter Form baut auch dieser Herausgeberband auf die Beiträge des Symposiums auf.

Aufbau

Die Beiträge werden in sechs Themenfeldern mit unterschiedlicher Akzentuierung der Frühförderung zusammengestellt:

  • Teil I: Frühförderung wirkt in und mit Familien – Familienorientierung,
  • Teil II: Frühförderung wirkt im Kontext – Sozialraumorientierung und Frühe Hilfen,
  • Teil III: Frühförderung wirkt früh – Effektivität und Wissenschaft,
  • Teil IV: Frühförderung wirkt im Kontext von Vielfältigkeit – Diversitätsorientierung,
  • Teil V: Frühförderung wirkt interdisziplinär – internationale und disziplinübergreifende Perspektiven und
  • Teil VI: Frühförderung wirkt unter neuen gesetzlichen, konzeptionellen und strukturellen Rahmenbedingungen – Teilhabeorientierung.

Inhalt

Im ersten Themenfeld wird die Familienorientierung in den Fokus gerückt. Die Beiträge dazu sind inhaltlich verortet zu Themen wie:

  • Kindliche Entwicklungsrisiken – familiäre Erschöpfungszustände: Was heißt das für die Interdisziplinäre Frühförderung von Anfang an?
  • Familienorientierung! Ein empirischer Blick auf die gelebte Praxis;
  • Familienorientierte Frühförderung in Alltagsroutinen;
  • „Was machen wir eigentlich gerade“ – Diagnose-Vermittlung und Elternarbeit Verhaltensauffällige Kinder – verhaltensauffällige Eltern: zur Dekonstruktion von Verhaltensauffälligkeit;
  • Väter im Fokus – auch in der Frühförderung?!
  • Wege für Eltern einander nicht (mehr) über den Weg zu trauen – Frühförderung im Kreuzfeuer elterlicher Konflikte.

Die Vielfalt der Themen zeigt, wie umfangreich sich der Frühförderalltag gestaltet und womit sich die Fachkräfte auseinandersetzen. Die Beiträge geben in das jeweilige Feld einen kurzen Einblick und verweisen auf unterschiedliche Forschungsbeiträge zum Vertiefen der Thematik. Die Familienorientierung ist immer Schwerpunkt in der fachlichen Diskussion, weil das Thema nicht an Aktualität verliert.

Im zweiten Themenfeld wird ein noch junges Handlungsfeld in den Vordergrund gesetzt: die Frühen Hilfen. Die Beiträge gehen dabei unterschiedlichen Fragen nach. Im ersten Beitrag von Prof. Sohns und Prof. Weiß werden die Hilfesysteme Frühförderung und Frühe Hilfen vergleichend analysiert im Sinne einer Stärken-Schwächen-Analyse. Frau Klein diskutiert in ihrem Beitrag die Herausforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten von Kooperation und Netzwerkarbeit der Frühförderung im Rahmen der Frühen Hilfen. Der folgende Beitrag von Frau Bagola, Frau Prof. Behringer und Frau Beyermann fragt, ob das freiwillige Engagement in den Frühen Hilfen auch ein Modell für die Frühförderung wäre und stellt dabei unterschiedliche Formen des Freiwilligen Engagement in der Landschaft der Hilfen für Familien mit Säuglingen und Kleinkindern vor. Der abschließende Beitrag von Herrn Dr. Kratsch und Frau Dahfeld zeigt an einem konkreten Beispiel die Rolle der Frühförderung im Netzwerk der Frühen Hilfen auf. Vorgestellt wird das Präventionsmodell KinderZUKUNFT in Solingen. Hier konnte die aufgestellte These: Frühförderung wirkt – von Anfang an, in der Praxis bestätigt werden – so die AutorInnen (S116.)

Das dritte Themenfeld beschäftigt sich mit Beiträgen, die die Wirksamkeit von Maßnahmen der Frühförderung evaluieren. Es geht in den vorliegenden vier Beiträgen um Effektivität und Wissenschaft in der Frühförderung. Unumstritten ist es, dass durch Forschung verschiedene Wirkzusammenhänge aufgedeckt und erklärt werden. Der erste Beitrag beschäftigt sich mit der evidenz-basierten Praxis im Bereich der Frühförderung. Es geht dabei herauszufinden, welche Chancen und Herausforderungen die kontrollierte Einzelfallforschung im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung von Maßnahmen der Frühförderung hat. Das Autorinnenteam verdeutlicht dies an drei ausgewählten Fallbeispielen. Im zweiten Beitrag werden konkrete Ergebnisse der Heidelberger Down-Syndrom-Studie vorgestellt. Bezogen sind diese auf die Entwicklung sozial-adaptiver Kompetenzen. Der dritte Beitrag beschäftigt sich mit mentalisierungsbasierten Ansätzen in der Frühförderung und der letzte Beitrag setzt sich mit den Erfahrungen in der Beurteilung sozial-emotionaler Kompetenzen von Kleinkindern mit einer Behinderung auseinander. Die AutorInnen kommen einschlägig aus dem Wissenschaftsbereich und leisten damit einen enorm wichtigen Beitrag für die theoretische Fundierung der Frühförderung.

Das vierte Themenfeld ist überschrieben mit Frühförderung wirkt im Kontext von Vielfältigkeit – Diversitätsorientierung. Hier sind Beiträge verortet, die sich mit Migration (Heidelberger Elterntraining zur Förderung von Mehrsprachigkeit), Inklusion (Kooperationsmöglichkeiten von Kinderbetreuungseinrichtungen und Frühförderstellen mit besonderem Fokus auf das Angebot der Heilpädagogischen Fachberatung), frühe Konfrontation von Kindern mit Sexualität und mit der Förderung von Kindern mit Fluchterfahrungen beschäftigen. Das sind sehr unterschiedliche Themen ganz im Sinne von Vielfalt und Diversität.

Das fünfte Themenfeld Frühförderung wirkt interdisziplinär – internationale und disziplinübergreifende Perspektiven greift in den ersten fünf Beiträgen das aktuelle Thema der ICF-CY. Im zweiten Teil werden die internationalen Beiträge des Symposiums verortet. Sinnvoller wäre es gewesen, diese beiden Themenfelder zu trennen. Die Schnittmenge ist einzig, dass beides mit den Begriffen „international und disziplinübergreifend“ verbunden werden kann. Dennoch haben die internationalen Beiträge keinen direkten Bezug zur ICF-CY, sondern fokussieren sehr unterschiedliche Themen. In das Arbeiten mit der ICF in Frühförderung und Sozialpädiatrie führen Frau Prof. Simon und Frau Dr. Philippi ein. Gerade Frau Prof. Simon ist für Deutschland die Fachfrau, die sich sehr intensiv mit der ICF-CY auseinandersetzt und in der WHO mitarbeitet. Von ihr gibt es bereits einige Veröffentlichungen. Es folgen die Überlegungen und Konzepte zur Implementierung der ICF-CY innerhalb der bayrischen Frühförderung (Herr Wolf). Weiterhin wird in einem Beitrag der ICF-CY basierte Elternfragebogen von Frau Baden vorgestellt, wie er aus der Praxis heraus entstanden ist und von Eltern wahrgenommen wird. Prof. Pretis trägt in Kooperation mit Frau Brandt Ergebnisse zusammen, die in einer Pilotstudie gesammelt wurden, unter der Überschrift: Die ICF-CY gemeinsam mit Eltern verwenden. Auch der letzte Beitrag von Frau Prof. Simon, Frau Dr. Irmler und Frau Prof. Kindervater diskutiert Erklärungsansätze für die beschriebenen Schwierigkeiten bei der Einführung der ICF anhand der ersten Ergebnisse der Pilotstudie „ICF-Mapping“ – eine Pilotstudie der ICF als gemeinsame Sprache. Alle Ergebnisse bieten eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung und Umsetzung der ICF-CY.

Die vier internationalen Aufsätze kommen aus England, Portugal, Belgien und Norwegen. Dabei werden vor allem Fragen, wie Beziehungsarbeit und Inklusion gelingen kann, verfolgt. Übersetzt in die deutsche Sprache sind diese Aufsätze von Prof. Kühl.

Das sechste und letzte Themenfeld Frühförderung wirkt unter neuen gesetzlichen, konzeptionellen und strukturellen Rahmenbedingungen – Teilhabeorientierung – ist mit insgesamt neun Aufsätzen am umfangreichsten. Dabei handelt es sich inhaltlich um sehr unterschiedliche Schwerpunkte. Eingeführt in das Thema wir mit einem Aufsatz von Herrn Prof. Sohns und Herrn Schaumberg zum Bundesteilhabegesetz. Es geht hierbei um Einblicke in die wesentlichen Veränderungen. In den nachfolgenden Beiträgen wird oft das Thema Struktur beleuchtet wie im Konzept Kleine Wege®. Die Autorinnen verfolgen die Frage: Wie viel Struktur braucht heilpädagogisches Handeln (S. 269). Weitere Diskussionsschwerpunkte sind verschiedene Einblicke in spezifische Problematiken der Frühförderung. Inhaltlich geht es dabei um die Hörfrühförderung, Sprachförderung und das sich von Anfang an verstehen im Rahmen der Unterstützten Kommunikation (UK). Die letzten Aufsätze beschäftigen sich eher mit Kooperationsmöglichkeiten zu unterschiedlichen Netzwerkpartnern innerhalb und außerhalb der Frühförderstelle. Es ist eine bunte Mischung zum Thema Teilhabeorientierung in unterschiedlichen Settings.

Fazit

Wie das 19. Bundessymposium selbst ist das vorliegende Herausgeberwerk eine Vielfalt an unterschiedlichen Themen der Interdisziplinären Frühförderung. Sie bieten einen spannenden Input und einen Anstoß sich damit intensiver zu beschäftigen. Die Beiträge sind dabei sowohl theoriebasiert wie praxisbezogen und geben Anlass Fragen weiter zu entwickeln. Die Struktur des vorliegenden Bandes ist an die Themenblöcke des Symposiums angelehnt. Das Werk ist für Fachkräfte, Lehrende und Studierende eine Fundgrube für viele Themen, mit der sich die Interdisziplinäre Frühförderung umtreibt.

Rezension von
Dipl. Soz. päd. Claudia Nicolaus
Lehrkraft für besondere Aufgaben Hochschule Magdeburg-Stendal
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Es gibt 12 Rezensionen von Claudia Nicolaus.

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ISSN 2190-9245