Katharina Gerarts (Hrsg.): Methodenbuch Kinderrechte
Rezensiert von Prof.in Dr. Ulrike Zöller, 03.08.2020
Katharina Gerarts (Hrsg.): Methodenbuch Kinderrechte. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Kinderrechten.
Debus Pädagogik Verlag
(Schwalbach/Ts.) 2020.
96 Seiten.
ISBN 978-3-95414-137-1.
D: 12,90 EUR,
A: 13,30 EUR.
Reihe: Kinderrechte und Bildung.
Thema
Kinder- und Jugendliche im Alter von 0–18 Jahren haben über die UN-Kinderrechtskonvention vielfältige Rechte erhalten. Die in der UN-Kinderrechtskonvention festgehaltenen Schutz-, Förder- und Partizipationsrechte (triple p: protection, provision und participation) (S. 17) sind dabei miteinander verknüpft. Das Recht auf Beteiligung (Artikel 12: Berücksichtigung des Kinderwillens) ist grundlegend. „Wie sie aber zu ihrem Recht auf Beteiligung gebracht werden können, welcher besonderen Methoden es bedarf, ist oftmals unklar“ (S. 10). Im vorliegenden Herausgeberband werden daher die Methoden zur Durchführung partizipativer Prozesse mit Kindern und Jugendlichen zum Thema gemacht.
Herausgeberin
Die Herausgeberin des Bandes ist Diplom-Pädagogin und promovierte qualitative Kindheitsforscherin. Sie ist Professorin für Kindheitswissenschaften an der Evangelischen Hochschule Darmstadt. Darüber hinaus war sie von 2017 bis 2019 ehrenamtliche Beauftragte der hessischen Landesregierung für Kinder- und Jugendrechte. Sie hat für die hessische Landesregierung die hessische Kinder- und Jugendrechtecharta entwickelt und diese im Juni 2018 übergeben.
Entstehungshintergrund
Hintergrund des Bandes ist die Hessische Kinder- und Jugendrechtecharta, die sich unter der Federführung der Herausgeberin zum Ziel gesetzt hat, die Rechte von Kindern und Jugendlichen in Hessen bekannter zu machen und Wege für ihre Verwirklichung aufzuzeigen. Die Hessische Kinder- und Jugendrechtecharta ist im Juni 2018 veröffentlicht worden. Herzstück der Charta ist der partizipative Entwicklungsprozess hin zur Charta, der nicht über Kinder im Alter von 0–18 Jahren gesprochen, sondern mit ihnen die Charta verwirklicht hat. Weitere Informationen unter: soziales.hessen.de/charta. Auf Grundlage der Charta ist der vorliegende schmale Herausgeberband entstanden, der den Anspruch hat, „die Herangehensweise der Einbindung von Kindern und Jugendlichen intensiv zu beleuchten und kleinschrittig zu erklären. Damit soll die Möglichkeit eröffnet werden, ähnliche Prozesse zu initiieren“ (S. 10).
Aufbau und Inhalt
Der Herausgeberband mit knapp 90 Seiten gliedert sich in fünf Hauptkapitel. Nach einer Einführung wird in Kapitel zwei, das den Titel ‚Die UN-Kinderrechtskonvention und Kinder als Expertinnen und Experten ihrer Lebenswelten‘ trägt, kurz der historische Hintergrund hin zur UN-Kinderrechtskonvention erklärt. Die Betrachtung des Kindes als Subjekt steht dabei im Vordergrund. Die Grundlagen der UN-Kinderrechtskonvention werden anhand eines Schaubildes skizziert und die Partizipationsrechte von Kindern und Jugendlichen sowohl theoretisch als auch empirisch erläutert. Das kurze Kapitel stellt verständlich die wichtigsten Grundzüge der UN-Kinderrechtskonvention sowie die zentralen Prämissen dar.
Das dritte Kapitel ‚Kinderrechte und das „gute“ Leben: die Perspektiven von jungen Kindern in der Kindertagesstätte‘ erläutert die Ergebnisse eines Lehrforschungsprojektes an der Evangelischen Hochschule Darmstadt. Hier wird von den Studierenden des Projektes beschrieben, wie Kindern unter sechs Jahren die Möglichkeit eingeräumt werden kann, auf politische Prozesse einzuwirken. Die Erhebung mit den Kindern wurde im Rahmen eines Spieles mit dem Namen: „Was brauchst du für ein gutes Leben?“ durchgeführt.
‚Kinderrechte aus Kindersicht: Was Kindern zwischen 6 und 12 Jahren wichtig ist und Politik beachten sollte‘ (Kapitel 4) geht der Frage nach, wie ein gutes Leben für Kinder in Hessen aussehen kann und was es dafür braucht. Der Ablauf des Workshops mit Kindern aus Kinderrechteschulen in Hessen wird dargestellt. Das Kapitel endet mit den Erfahrungen der Autorinnen und einem Ausblick, wie die hessische Kinder- und Jugendhilfecharta weiter in die politischen Prozesse des Landes Hessen verankert werden können.
Kapitel 5 mit dem Titel ‚Kinderrechte als Leitlinie für die Landespolitik – Gestaltung der Beteiligung von Jugendlichen im Konsultationsprozess zur UN-Kinderrechtskonvention‘ berichtet aus der Sicht von Prozessbegleiterinnen, wie sie partizipative Workshops mit Jugendlichen im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention durchführen. Das Kapitel geht auf die heterogene Zielgruppe von Jugendlichen für diese Workshops ein und erläutert daraufhin alle Schritte von der Konzipierung, Durchführung bis zur Nachbereitung eines solchen Workshops. Interessant ist das Beteiligungsverständnis der Autorinnen, das in einem Partizipationsdreieck dargestellt wird und theoretisch mit dem Resonanzkonzept abgefedert wird. Die nachfolgende Checkliste für partizipative Workshops mit Jugendlichen ist für Fachkräfte hilfreich und regen zum Konzipieren von ähnlich gelagerten Veranstaltungen an.
Der Herausgeberband endet mit dem Kapitel 6 zu ‚Methoden zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in ihren Rechten – eine Zusammenfassung‘. In diesem Kapitel werden die vorher dargestellten Methoden in Form von Checklisten kurz dargestellt und ermuntern daher zur Umsetzung im eigenen beruflichen Kontext.
Diskussion
Der knappe Herausgeberband ist ein hilfreiches Büchlein für die Praxis in der Kinder- und Jugendhilfe sowie für alle, die mit Kindern und Jugendlichen in Bildungszusammenhängen arbeiten. Das Wie der Umsetzung von Partizipationsprozessen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen steckt tatsächlich noch in den „Kinderschuhen“. Daher ist dieser konkrete Einblick in die methodische Praxis von konkreten Erhebungen und Workshops sehr hilfreich. Der Anspruch des Herausgeberbandes, nämlich „die Herangehensweise der Einbindung von Kindern und Jugendlichen intensiv zu beleuchten und kleinschrittig zu erklären“ (S. 10) und ähnliche Prozesse zu initiieren ist im Großen und Ganzen eingelöst. Das Wörtchen ‚intensiv‘ kann die Rezensentin nicht ganz unterstreichen, da sie an dieser Stelle doch noch weiterführende Beispiele z.B. im Rahmen der Weiterbildung für Fachkräfte vermisst.
Fazit
Ein kleines spannendes Büchlein, das die Praxis für die Umsetzung von partizipativen Verfahren gut nutzen kann und zur Umsetzung ermuntert. Das kleine Format bietet den Vorteil, dass es trotz des ständigen Zeitmangels von Fachkräften zum Lesen einlädt und diese anregt, rasch mit der Umsetzung anzufangen, ohne eine lange Lektürearbeit voran zu stellen.
Rezension von
Prof.in Dr. Ulrike Zöller
Professorin für Theorie, Methodik und Empirie Sozialer Arbeit
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Es gibt 11 Rezensionen von Ulrike Zöller.
Zitiervorschlag
Ulrike Zöller. Rezension vom 03.08.2020 zu:
Katharina Gerarts (Hrsg.): Methodenbuch Kinderrechte. Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an Kinderrechten. Debus Pädagogik Verlag
(Schwalbach/Ts.) 2020.
ISBN 978-3-95414-137-1.
Reihe: Kinderrechte und Bildung.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/26458.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.
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