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Jessica Lilli Köpcke (Hrsg.): Experten in eigener Sache

Rezensiert von Prof. Dr. Raika Lätzer, 28.02.2020

Cover Jessica Lilli Köpcke (Hrsg.): Experten in eigener Sache ISBN 978-3-339-10584-4

Jessica Lilli Köpcke (Hrsg.): Experten in eigener Sache. Menschen mit Beeinträchtigung in der Ausbildung von Sonder- und Heilpädagogen. Verlag Dr. Kovač GmbH (Hamburg) 2019. 249 Seiten. ISBN 978-3-339-10584-4. D: 88,90 EUR, A: 91,40 EUR.
Schriftenreihe Sonderpädagogik in Forschung und Praxis - Band 46.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.
Inhaltsverzeichnis bei der DNB.

Thema

„Experten in eigener Sache“ beschäftigt sich – dem Untertitel – entsprechend („Menschen mit Beeinträchtigung in der Ausbildung von Sonder- und Heilpädagogen“) mit dem Einsatz von Dozent*innen mit Beeinträchtigung in der Hochschullehre. Es geht insbesondere um Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen.

Herausgeberin und AutorInnen

Die Herausgeberin Jessica Lilli Köpcke studierte Erziehungswissenschaften sowie Soziale Arbeit in Berlin und promovierte in Leipzig. Seit Oktober 2016 ist sie Professorin für Heilpädagogik und als Studiengangsleiterin an der Medical School Berlin. Sie hat ein Coaching-Institut, in dessen Rahmen sie als Seminarleiterin tätig ist.

Als AutorInnen sind neben Jessica Lilli Köpcke selbst Henriette Fischer, Eric Iffert, Jessica Jahn, Ralf Kolossa, Sarah Reichertz, Christian Schütze, Christoph Pisarz sowie Jonas Liewehr beteiligt.

Entstehungshintergrund

Jessica Lilli Köpcke hat sich bereits in ihrer Dissertation mit Menschen mit Beeinträchtigung beschäftigt. Auch ihr aktuelles Forschungsprojekt bezieht sich auf dieses Thema: Sie setzt sich mit Dozierenden mit Beeinträchtigung in den Studiengängen der Medical School Berlin und will damit die Diversität in der Hochschullehre erhöhen. Lehrende sollen dann in doppelter Funktion nicht nur als fachliche Experten eingesetzt werden, sondern auch als „Experten in eigener Sache“ für die Studierenden zur Verfügung stehen.

Aufbau

Das Buch ist in sechs Großkapitel unterteilt:

  • Nach einer Einleitung durch die Herausgeberin folgen Ausführungen der Herausgeberin („2. Menschen mit Behinderung – Experten in eigener Sache“).
  • Kapitel 3 („Der Nutzen von Experten in eigener Sache für die Hochschulausbildung aus Sicht der Experten selbst“) von Henriette Fischer, Eric Iffert, Jessica Jahn, Ralf Kolossa und Sarah Reichertz schließt mit ausführlichen Erläuterungen an.
  • Christian Schützes „Diversität in der Hochschullehre – Evaluation der Vermittlung von Lehrinhalten durch ‚Experten in eigener Sache‘“ folgt als Kapitel 4.
  • In Kapitel 5 beschäftigt sich die Herausgeberin Jessica Lilli Köpcke mit „Good-Practice-Beispiele der Einbeziehung von Experten in eigener Sache in die Qualifizierung von Sonder- und Heilpädagogen“. Jonas Liewehr untersucht in 5.4 die „Erarbeitung einer Spiel-, Sport- und Bewegungsprogramms zur Förderung gesellschaftlicher Teilhabe (Mobilität-Sozialisation) mit Blick auf eine ausgewählte Zielgruppe“. Christoph Pisarz – selbst ein Experte in eigener Sache – beleuchtet „5.5 Exkursionen mit Fallbeispielen – möglichst nah an der Praxis“.
  • Jessica Lilli Köpcke endet mit „6. Ein (persönliches) Fazit“.

Inhalt

„Experten in eigener Sache“ nimmt eine eher unübliche Perspektive auf die gesamtgesellschaftliche Leitidee einer inklusiven Gesellschaft ein und setzt sich ausführlich mit Menschen mit Beeinträchtigung im Feld der Hochschullehre auseinander. Als methodischen Forschungszugang wählen die AutorInnen die „qualitative Sozialforschung“, die „für die Einbeziehung von Adressaten dieser Fachrichtungen in das Forschungsgeschehen“ sorgt (S. 9). Jessica Lilli Köpcke führt aus, dass hierbei „Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen nicht nur befragt, sondern in den gesamten Forschungsprozess miteinbezogen“ werden. Hierdurch soll Barrierefreiheit gestärkt werden, die Zugangsmöglichkeiten zu Hochschulbildung für Menschen mit Beeinträchtigungen verbessert werden (S. 9).

Kapitel 3 („Der Nutzen von Experten in eigener Sache für die Hochschulausbildung aus Sicht der Experten selbst)“ verwendet Interviews mit den Dozierenden, um deren Einschätzung auf ihre persönliche Situation als Dozierende in Erfahrung zu bringen. Der Aufsatz enthält umfassende Materialien: Auch die Interviews sind abgedruckt, sodass beim Lesen des Aufsatzes im Nachhinein auch die originalen Aussagen in ihrem jeweiligen Kontext gelesen werden können.

Besondere Bedeutung erhält in „Experten in eigener Sache“ der Sport; in Kapitel 5 und 6 wird insbesondere davon berichtet, wie Studierende am Rollstuhlsport teilhaben konnten („5.2 Selbsterfahrung im Rollstuhlsport“, ff)

Diskussion

„Experten in eigener Sache“ beschäftigt sich mit einem Themenfeld, das wichtiger nicht sein könnte: Echte und vollendete Inklusion muss auch im akademischen Umfeld ihren Platz haben und sowohl für Studierende, als auch für Lehrende darf es keine Barrieren hinsichtlich ihrer akademischen Laufbahn geben. „Experten in eigener Sache“ ist außerdem in dieser Form sicherlich außerordentlich; bislang wurde die Inklusion in der Hochschullehre auf Seiten der Lehrenden zweifelsohne nicht eingehend genug untersucht.

Wünschenswert wäre zukünftig eine Ausweitung des Forschungsbereichs: Es könnten beispielsweise Lehrende mit Beeinträchtigungen in anderen Fächern oder mit anderen Erscheinungsformen von Beeinträchtigungen untersucht werden.

Etwas bedauerlich ist es insbesondere im Kontext von Inklusion, dass „Experten in eigener Sache“ sich beispielsweise hinsichtlich der Geschlechtervielfalt nicht sehr sensibel gibt: Zwar lässt die Herausgeberin eingangs wissen, dass männliche und weibliche Formen gleichberechtigt verwendet werden (S. 10). Beim Lesen entsteht dann aber doch der Eindruck, dass die männliche Form weit öfter zu lesen ist. Insbesondere durch die Wahl des Titels und der Kapitelüberschriften mit männlichen Substantiven wird dieser Eindruck wesentlich verstärkt.

Darüber hinaus sind in dem Buch zahlreiche orthografische Fehler zu finden, die den Lesefluss teilweise etwas beeinträchtigen.

Fazit

Ein insgesamt lesenswertes Buch zu einem unglaublich wichtigen Thema: Um die gesamtgesellschaftliche Leitidee der Inklusion umzusetzen, bedarf es einer Selbstverständlichkeit von Menschen mit Beeinträchtigung im akademischen Bereich – sowohl auf Seiten der Studierenden als auch auf Seiten der Lehrenden.

Rezension von
Prof. Dr. Raika Lätzer
Professorin für Musikpädagogik in der Sozialen Arbeit, Katholische Stiftungshochschule München
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Es gibt 17 Rezensionen von Raika Lätzer.


Zitiervorschlag
Raika Lätzer. Rezension vom 28.02.2020 zu: Jessica Lilli Köpcke (Hrsg.): Experten in eigener Sache. Menschen mit Beeinträchtigung in der Ausbildung von Sonder- und Heilpädagogen. Verlag Dr. Kovač GmbH (Hamburg) 2019. ISBN 978-3-339-10584-4. Schriftenreihe Sonderpädagogik in Forschung und Praxis - Band 46. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/26506.php, Datum des Zugriffs 26.01.2025.


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