Nivedita Prasad, Katrin Muckenfuss et al. (Hrsg.): Recht vor Gnade
Rezensiert von Prof. Dr. Eckart Riehle, 02.04.2020
Nivedita Prasad, Katrin Muckenfuss, Andreas Foitzik (Hrsg.): Recht vor Gnade. Bedeutung von Menschenrechtsentscheidungen für eine diskriminierungskritische (Soziale) Arbeit. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2019. 200 Seiten. ISBN 978-3-7799-6141-3. D: 26,95 EUR, A: 27,70 EUR, CH: 37,10 sFr.
Thema
Diskriminierung, vor allem Diskriminierung aufgrund rassistischer Zuschreibungen ist Alltag in Deutschland. Eine Vielzahl von Gesetzen auf der internationalen, europäischen und nationalen Ebene soll davor Schutz bieten. Das Buch, das sich vor allem (auch) an Sozialarbeiter*innen in der Antidiskriminierungsarbeit wendet, entfaltet auf der Grundlage ausgewählter rechtlicher Entscheidungen die Möglichkeiten, wie Menschenrechte gegenüber Diskriminierung erfolgreich zur Geltung gebracht werden können. Es geht dabei um zustehende (Menschen-)Rechte, nicht um willkürliche Gnade.
AutorInnen und HerausgeberInnen
Die 15 AutorInnen kommen weitgehend aus dem Bereich der Hochschulen, der Sozialarbeit des Rechts, genauer: der theoretischen und praktischen Antidiskriminierungsarbeit. Das gilt auch für die Herausgeber´Innen: Dr. Nivedita Prasad ist Professorin für Handlungsmethoden und genderspezifische Soziale Arbeit an der Alice Salomon Hochschule in Berlin, Katrin Muckenfuss ist Dozentin am Fachbereich Soziale Arbeit der Fachhochschule St. Gallen und Andreas Foitzik ist Geschäftsführer von adis e.V. Tübingen und Autor im Bereich der Migrationspädagogik.
Entstehungshintergrund
Die Idee zu diesem Buchprojekt entstand im Rahmen einer Fachveranstaltung des Netzwerkes Rassismuskritische Migrationspädagogik Baden Württemberg. Das Projekt wurde gefördert durch das Bundesprogramm „Demokratie leben“ in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte, der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und konnte durch weiterer Partner umgesetzt werden.
Aufbau
Das Buch von 200 Seiten informiert über 20 Menschenrechtsentscheidungen von Gerichten, deren rechtliche Grundlagen und deren Relevanz für die Soziale Arbeit (S. 34 – 118). Der Schwerpunkt liegt dabei auf Fällen rassistischer Diskriminierung. Aufgenommen wurden Entscheidungen aus verschiedenen Ländern der EU und aus verschiedenen Lebensbereichen.
Den Falldarstellungen gehen neben einem Vorwort und einem Beitrag zum Thema Empowerment, Beiträge voraus, welche in das Thema Rassismus als Menschenrechtsverletzung, in den Bereich des Diskriminierungsschutzes einführen (S. 15- 32)
Den Falldarstellungen folgen sieben Beiträge zu verschiedenen Bereichen rechtlicher Handlungsoptionen in der Antidiskriminierungsarbeit und zum Konzept strategischer Prozessführung (S. 119 – 198).
Inhalt
Die 20 Falldarstellungen sind untergliedert in den Diskriminierungsbereich rassistischer Gewalt, des Racial Profiling etwa bei der Deutschen Bahn, der Institutionellen Diskriminierung im Kontext Schule, auf dem Wohnungs- und auf dem Arbeitsmarkt, Diskriminierung durch Zugangsbarrieren zu Privatunternehmen; Assozierte Diskriminierung, und Diskriminierung etwa aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Stadtteil.
Die Falldarstellungen beginnen mit der Angabe, vor welchem Gericht der Fall jeweils verhandelt wurde, er wird dann kurz in umgangssprachlicher Form dargestellt. Die Herausgeber hatten die Fälle jeweils einem Team von Juristen vorgelegt, um die Texte so zu bearbeiten, dass sie auch für Nichtjuristen nachvollziehbar sind. Unter Angabe und Einfügung der jeweils einschlägigen rechtlichen Grundlagen etwa § 19 AGG, wird dann die Entscheidung des Gerichts wiedergegeben. Dem schließen sich zumeist Überlegungen zur Übertragbarkeit des jeweiligen Falles auf andere Fälle an und zur Relevanz der Entscheidung für die Sozialarbeit. Zumeist angefügt am Schluss der Falldarstellung finden sich Angabe zu anderen dazu in Verbindung stehenden Fälle unter Angabe der Aktenzeichen und soweit vorhanden, dazugehörende Links und weiterführende Literatur.
Wie bereits erwähnt stammen die 20 Fälle aus unterschiedlichen Ländern der Europäischen Union. oder wurden in letzter Instanz vor dem Gerichtshof der Europäischen Union verhandelt.
Buch beginnt (S. 9 – 14) mit einem Text „Das gute Recht“, in der die strategische Prozessführung als Empowerinstrument mit und in einem eher literarischen Text beschrieben wird. Er endet mit dem Satz „Nehmen wir was uns gebührt. Es ist unser gutes Recht“.
Maria Kechaja erläutert auf S. 15 ff., das Konzept des Empowerment als ein Handlungskonzept, zur individuellen und kollektiven Selbstbemächtigung von Menschen.
Nivedita Prasad führt in einem Beitrag „Mit Recht gegen Rassismus“ (S. 20 f) aufbauend auf Sozialer Arbeit als einer Menschenrechtsprofession und anknüpfend an Staub Bernasconi die rechtlichen Grundlagen der Antidiskriminierungsarbeit auf der internationalen Ebene an, den Sozialpakt und Zivilpakt und die CERD Konvention von 1969.
Sie unterscheidet dabei, was praktisch wichtig, indirekt und mittelbare Diskriminierung und weist darauf hin, dass jeder der angeführten 20 Fälle zeigt wie gut und wichtig es ist, sich gegen rassistische Diskriminierung zur Wehr zu setzen. Sie erläutert in diesem Zusammenhang auch, dass Diskriminierung zwar individuell erlebt wird, aber vielfach eine strukturelle Komponente hat, dass in institutionellen Prozessen „vielfach diskriminierende Strukturen bestehen“ (S. 22).
Petra Follmar-Otto behandelt unter dem Thema Diskriminierungsschutz und Menschenrechte die menschenrechtlichen Grundlagen des Diskriminierungsschutzes, stellt die Frage, was diskriminierungsfrei Gewährleistung der Rechte bedeutet (S. 25 ff.). Herausgestellt wir dabei, dass sich der Diskriminierungsschutz auf alle drei Verpflichtungsdimension der Menschenrechte bezieht: Menschenrechte zu achten, zu schützen und zu gewährleisten (S. 27). Unter der Fragestellung, wo sind die Menschenrechte niedergelegt führt sie die wichtigsten Menschenrechtsverträge auf, erläutert wie und von welchen Institutionen sie umgesetzt werden und geht abschließend auf das Verhältnis des in Deutschland geltenden „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes“ zum menschenrechtlichen Diskriminierungsschutz ein.
Die Autorin stellt fest, dass in der Praxis der Bezug zu den Menschenrechten noch wenig ausgebildet ist und betont, dass es wichtig ist, sich damit auseinanderzusetzen.
Niveditat Prasad stellt das Konzept der „Strategischen Prozessführung“ vor (S. 119 ff.). Es geht dabei um das Anliegen, einen Fall mit exemplarischer Bedeutung bis zur höchsten Instanz zu begleiten, um neben der individuellen Klärung des Falles für d en Betroffenen soziale oder politische Veränderungen zu erreichen.
Zu Recht spricht sie hier, in Anlehnung an Staub Bernasconi von einem Tripelmandat (S. 121), das neben dem bekannten Doppelmandat der Sozialen Arbeit, dem Mandat des Auftraggebers und des Klienten, bei menschenrechtsorientierter Sozialer Arbeit immer auch das Ziel hat, strukturelle Veränderungen zu generieren oder die Neuinterpretation von Regelungen zu erreichen.
Ausführlich wird hier die Frage erörtert, was der „ideale Fall“ für eine strategische Prozessführung ist, dass das dritte Mandat nicht im Widerspruch zum Mandat des Klienten steht und über welche Eigenschaften oder Fähigkeiten der Klient für eine strategische Prozessführung verfügen sollte. Zu berücksichtigen ist bei einer strategischen Prozessführung auch, dass der Klient über die notwendigen sozialen und psychologischen Ressourcen verfügen muss, um diesen oft sich lange hinziehenden Prozess bewältigen zu können. Nicht zuletzt die Frage der Finanzierbarkeit spielt hier eine erhebliche Rolle. Es sind also zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen, auf welche geachtet werden muss.
Die Autorin verschweigt nicht, dass das Ergebnis einer strategischen Prozessführung auch disempowernd sein kann, wenn sie etwa dazu führt, das angegriffene Gesetz zu verschärfen
Es schließt sich (S. 130 ff.) ein Gespräch der Schweizer Allianz bei strategischen Verfahren gegen Polizeirassismus gegen Racial Profiling, mit Andreas Foitzik an. Der Betroffene war von Anfang an dem Prozess beteiligt, dessen Verlauf geschildert wird, die besonderen Schwierigkeiten bei Verfahren gegen Polizeirassismus.
Maren Burkhardt erörtert (S. 144 f.) „Rechtliche Handlungsoptionen in und nach diskriminierenden Situationen.“ Da der Themenbereich der Diskriminierung verschiedene Rechtsgebiete erfasst, ist er für die Betroffenen und Unterstützenden oft unübersichtlich. Der Beitrag soll eine Einordnung rechtlicher Handlungsmöglichkeiten erleichtern.
Racial Profiling ist nach einer Entwicklung im Polizei- und Strafprozessrecht, welche verdachtsunabhängige Kontrollen ermöglicht verstärkt zu beobachten (S. 145 f). Grundsätzlich handelt es sich dabei um einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG. Ein Vorgehen dagegen wird erleichtert, kennen die Beteiligten die rechtlichen Grenzen, welche die Polizei mit Racial Profiling überschreitet. Erwähnt werden dabei die Voraussetzungen der Identitätskontrolle und welche polizeilichen Befugnisse sich daran anknüpfen können. Eingegangen wird dann auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das sich im Wesentlichen auf den Diskriminierungsschutz zwischen Privatpersonen bezieht und das in § 2 Ab. 2 auf die Diskriminierungsverbote im Sozialgesetzbuch hinweist. Dabei stehen Fragen der Beweissicherung im im Mittelpunkt, inwiefern sind Bild oder Tonaufnahmen unter Berücksichtigung des Kunsturhebergesetzes zulässig, gibt es die Möglichkeit vor Ort Namen deren Personalien der Polizei zu erfahren.
Erwähnt werden dann die Möglichkeiten einer Strafanzeige bei rassistischen Straftaten, der verwaltungsrechtlichen Klage etwa wegen rechtswidrigem Vorgehen der Polizei bei der Identitätsfeststellung, von Klagen nach dem AGG, der Dienstaufsichtsbeschwerde.
Manuel Arnegger beschäftigt sich in seinem Beitrag (156 ff.), mit der „Ombudschaft als eine Möglichkeit der Konfliktlösung jenseits rechtlicher Auseinandersetzung“. Er bezieht sich dabei auf das Modell der Ombudschaft in der Kinder-und Jugendhilfe, als eine Beratung und Vermittlung in Konflikten im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Die Ombudschaft ist dabei keine Mediation, vielmehr ein Verfahren, die einen Machtausgleich im Bereich der Hilfe zur Erziehung ermöglichen soll. Die Ombudsperson berät und informiert die gegenüber dem Jugendhilfeträger oder Träger der freien Jugendhilfe unterlegene Person, unterstützt sie durch die Aktivierung der Netzwecke der Ombudsperson. Dabei tritt die Ombudsperson zumeist nicht durch nach außen gerichtete Aktivitäten in Erscheinung, als Maßnahme des Empowerment hilft sie den Rastsuchenden ihre Konflikte selbst zu lösen.
Die Antidiskriminierungsberatung an der Schnittstelle zwischen Einzelfallhilfe und struktureller Veränderung ist das Thema eines Beitrags von Andreas Fritzi und Annita Kalpaka (S. 165). Der Beitrag informiert über das breite Ausmaß der Diskriminierung in Deutschland, demnach hat fast jeder dritte in den vergangenen zwei Jahren Diskriminierung erlebt. Etwa 60 % der Betroffenen geben an, gegen Diskriminierung etwas unternommen zu haben. Der Beitrag bezieht sich auf die Antidiskriminierungsberatung nichtstaatlicher Beratungsstellen. Vor dem Hintergrund des AGG haben sich in den letzten Jahren zunehmend Antidiskriminierungsberatungsstellen auf lokaler und regionaler Eben entwickelt. Dabei ist zwischen legitimier Differenzierung und Diskriminierung zu unterscheiden. Der Antidiskriminierungsverband Deutschland verfügt über ein Konzept der Antidiskriminierungsberatung, dazu gehört etwa auch der Horizontale Ansatz, der die Vielzahl der Diskriminierungsmerkmale im Blick hat und bei der Beratung für multidisziplinäre Teams plädiert. Antidiskriminierungsberatung ist nicht einfach Rechtsberatung, es geht hier um jede Form der Anerkennung verletzter Werte. Hervorgehoben wird, dass die Antidiskriminierungsberatung in der Regel über die Einzelfallberatung hinaus geht verwiesen wird auf ihre politische und soziale Dimension und auch auf die strategische Prozessführung.
Abschließend wird in dem Beitrag das Verhältnis von Antidiskriminierungsberatung und Sozialer Arbeit erörtert, die Notwendigkeit einer Kooperation beider Praxisfelder, zu erkunden sind demnach Kooperationsmöglichkeiten im Beratungshandeln beider Bereiche, auch um das Praxis und Expertenwissen beider Bereiche zusammenzuführen und nutzen zu können.
Katrin Muckenfuss bietet eine bedürfnistheoretische Begründung zur Bedeutung von Menschenrechten in der Sozialen Arbeit (S. 177). Sie vertritt die These, dass die Orientierung an Menschenrechten grundlegend ist für ein professionelles Handeln in der Sozialen Arbeit und orientiert sich dabei wesentlich an Staub-Bernasconi (S. 177). Die Aufgabe ist die Gestaltung und Entwicklung sozialer Systeme und Strukturen, in denen die in den Menschenrechten enthaltenen Werte entfaltet werden können. Die Orientierung an Menschenrechten erfordert nach ihrer Auffassung ein „spezifisches Professionsverständnis“ Sozialer Arbeit. Die Autorin wirft die Frage auf, warum die Orientierung an Menschenrechten so wichtig für die Soziale Arbeit ist. Die Antwort: Soziale Arbeit orientiere sich an menschlichen Bedürfnissen, die durch vielfältige Strukturen beeinträchtigt oder verhindert werden können. Daraus entstehen, so die Autorin, Bedürfnisspannungen. Dabei unterscheidet sie Bedürfnisse von Wünschen, die durch Sozialisation erworben werden und prinzipiell veränderbar sind. Illegitim sind dabei Wünsche, die auf Kosten der Bedürfnisbefriedigung anderer gehen (S. 184).
Menschrechte betrachtet sie als „existentielle Bedingung für gelingendes Leben“, sie sind für die Autorin „Ergebnis sozialer Aushandlungsprozesse“ (S. 186). Die Autorin landet damit wieder beim Konzept des Triplemandats (S. 188), das ein Mandat seitens der „Profession“ einschließt
Andres Foitzik und Elisabeth Yupanqui Werner beschließen den Band mit einem Beitrag unter dem Thema „Menschenrechtsorientierung als Trägerverantwortung“ (S. 191 ff.). Sie weisen darauf hin, dass sich aus den Beiträgen des Bandes, aus den angeführten Menschenrechtsentscheidungen die Notwendigkeit solidarischer Bündnisse, der Bereitstellung von Räumen des Empowerments ergibt.
Da die Verantwortung Soziale Arbeit nach diesen Grundsätzen zu gestalten auch bei den Trägern liegt, handelt es sich um eine Führungsaufgabe, um eine Aufgabe der Träger Sozialer Arbeit die Rahmenbedingungen zu schaffen, welche ein professionelles Handeln ermöglichen. Sie führen im Einzelnen an, welche Rahmenbedingungen zu beachten sind, etwa die Verpflichtung der Träger der Qualität professionellen Handelns einen hohen Stellenwert einzuräumen. Sie entwickeln dabei Empowerment als eine ethische Grundlage Sozialer Arbeit Diese verknüpfen sie mit dem Konzept von Powersharing als eine solidarische Haltung, Powersharing; als Konzept der Bildung von solidarischen Bündnissen.
Diskussion
Das Buch rückt ein Thema in den Vordergrund, das hohe Aktualität hat, berücksichtigt man, dass die Soziale Arbeit vielfach mit Problemen als Folge von Diskriminierungen befasst ist und dass auch in der öffentlichen Diskussion die Diskriminierung als Folge rassistischer oder ethnischer Zuschreibung ein aktuelles Thema ist. Was auffällt ist, dass bei den 20 Falldarstellungen, keine direkte Diskriminierung wegen des Geschlechts auftaucht.
Die Unterscheidung von Bedürfnissen und Wünschen bei Katrin Muckenfuss ist zwar weitgehend zutreffend, da kein Mensch mit Wünschen geboren wird, wohl aber mit Bedürfnissen. Aber können nicht auch Bedürfnisse das Ergebnis eines Sozialisationsprozesses sein?
Das Buch belegt, in welchem Ausmaß Diskriminierungen im Alltag, etwa auf dem Arbeitsmarkt oder beim Zugang zu Wohnen eine Rolle spielen und auch die Vielzahl der Merkmale, an denen Diskriminierung anknüpft. Man kann auch das Anliegen der Autoren unterstützen, dabei die Menschenrechte, welche vielfach allenfalls als Hintergrundwissen in der Sozialen Arbeit eine Rolle spielen in den Vordergrund zu rücken, was einer Position nahe liegt, die Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession versteht. Hilfreich ist auch, dass das Buch seine konzeptionellen und theoretischen Ausführungen empirisch untermauert durch 20 rechtliche Entscheidungen zu Diskriminierungen aus den verschiedensten Bereichen und verschiedenen Ländern der Europäischen Union. Diese Entscheidungen belegen, was der Titel verspricht, dass Recht vor Gnade geht. Für den Leser wäre interessant gewesen eine Beschäftigung mit der Frage, welche Menschenrechte vor deutschen Gerichten unmittelbar Rechtsansprüche beinhalten, etwa Rechte für Menschen mit Behinderung oder für Kinder und Jugendliche im Ausbildungsbereich. Damit würde auch in den Vordergrund treten, dass man nicht nur gegen etwas ist, also gegen Diskriminierung, sondern auch für etwas, für die Entfaltung des Gleichheitspotenzials der Menschenrechte. Positiv zu vermerken bleibt auch, dass keiner der Autoren den Begriff „Rasse“ verwendet, ein soziales Konstrukt, der noch Eingang in § 11 des Allgemeine Gleichbehandlungsgesetzes gefunden hat.
Fazit
Das Buch ist eine nicht nur nützliche sondern „empowernde“ Hilfe zumindest für alle jene, welche in diskriminierungssensiblen Kontexten arbeiten und manchmal daran zweifeln, dass man sich gegen Diskriminierung erfolgreich wehren kann. Es stellt nicht nur dar, dass das geht, vielmehr auch, welche Schritte dabei zu beachten sind. Dazu helfen auch die Hinweise zu vergleichbaren Fällen und zu Literatur am Ende einer jeweiligen Falldarstellung.
Rezension von
Prof. Dr. Eckart Riehle
em. Professor für öffentliches Recht und Sozialrecht an der Fachhochschule Erfurt. Rechtsanwalt, Karlsruhe
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Zitiervorschlag
Eckart Riehle. Rezension vom 02.04.2020 zu:
Nivedita Prasad, Katrin Muckenfuss, Andreas Foitzik (Hrsg.): Recht vor Gnade. Bedeutung von Menschenrechtsentscheidungen für eine diskriminierungskritische (Soziale) Arbeit. Beltz Juventa
(Weinheim und Basel) 2019.
ISBN 978-3-7799-6141-3.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/26511.php, Datum des Zugriffs 14.09.2024.
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