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Florentine Maier, Ruth Simsa: Management solidarökonomischer Unternehmen

Rezensiert von Prof. Dr. Paul Brandl, 26.03.2020

Cover Florentine Maier, Ruth Simsa: Management solidarökonomischer Unternehmen ISBN 978-3-7910-4592-4

Florentine Maier, Ruth Simsa: Management solidarökonomischer Unternehmen. Ein Leitfaden für Demokratie und Nachhaltigkeit. Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH (Stuttgart) 2019. 139 Seiten. ISBN 978-3-7910-4592-4. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR.

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Thema

In der vorliegenden Publikation wird ein aktueller Themenbereich angesprochen: solidarökonomische Unternehmen. Die Publikation wird als Leitfaden für Demokratie und Nachhaltigkeit begriffen. Die Autorinnen gehen davon aus, dass die Bedeutung des Themas zunimmt und die Methoden der solidarischen Ökonomie wie z.B. Holocrazy und Soziokratie sowie eine grundlegende Orientierung am Gemeinwohl zunehmend gefragt sein werden.

Autorinnen

Florentine Maier erforscht Einflussfaktoren auf die gesellschaftlichen Funktionen von Nonprofit-Organisationen, speziell die Auswirkungen betriebswirtschaftlicher, hybrider und alternativer Formen des Organisierens, Doktorat der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Personalmanagement und Studium der chinesischen Sprache an der WU sowie an der Dr. Sun Yat-Sen Universität in China. Ihre Schwerpunkte sind Organisationsforschung, Non-Profit-Sektor-Forschung und Alternsforschung

Ruth Simsa studierte Volkswirtschaft an der WU Wien, habilitiert für Soziologie. An der WU Wien ist sie vor allem in der NPO-Forschung tätig. Sie leitet das Institut für interdisziplinäre Nonprofit-Forschung der WU Wien und arbeitet momentan als selbstständige Management- und Organisationsberaterin. Neben systemischer Organisationsberatung bietet sie auch Führungskräftetrainings, Coachings, Vorträge und die Moderation von Großveranstaltungen an.

Aufbau

Nachhaltig und ökonomisch wirtschaften ist die eigentliche, große Überschrift des Buches. Die Autorinnen wollen Menschen, die in solidarökonomischen Unternehmen tätig sind, ein derartiges Unternehmen gründen möchten oder ein bestehendes Unternehmen in diese Richtung entwickeln wollen, Unterstützung geben. Dies entlang der Fragestellung: Wie können demokratische Organisationen, die gesellschaftlichen Nutzen stiften wollen, möglichst gut gemanagt werden.

Dazu haben die Autorinnen folgende Kapitel zusammengetragen:

  1. Grundlegendes zum solidarökonomischen Unternehmen
  2. Werte für NutzerInnen schaffen
  3. Rechtliche Gestaltungsformen vergleichen
  4. Demokratische Organisation
  5. Die Gestaltung demokratischer Meetings
  6. Demokratische Entscheidungsverfahren
  7. Leadership in demokratischen Organisationen
  8. Crowdfunding als Finanzierungsinstrument
  9. Grundsatzfragen des Rechnungswesens und des Finanzmanagements

Inhalte

In der Einleitung beleuchten die AutorInnen Grundlegendes zum solidarökonomischen Unternehmen auf wissenschaftlicher Basis: Was ist damit gemeint? Solidarisches Wirtschaften als Strategie für gesellschaftliche Veränderung? Wie wird solidarische Ökonomie begründet?

Der User Value steht dabei an der Spitze der Ausführungen, um dem/r LeserIn eine Orientierung zu bieten. Manchmal ist die Rolle der NutzerInnen nicht so klar, dafür braucht es eine klare Trennung. Das erfolgt am besten an Hand der Unternehmensmodelle: support model, Absatzgenossenschaften, employment model, kostenpflichtige Dienstleistungen, Quersubventionierung, business canvas. Zusammen mit der Gemeinwohlbilanz sind diese Instrumente geeignet, den Nutzen für die Stakeholer gut darzustellen.

Im Kapitel zu den rechtliche Gestaltungsformen gehen die AutorInnen besonders auf drei Gesellschaftsformen ein: Genossenschaft, GmbH und Verein. Dies wird besonders an Hand der Gründungskosten, Kombination der Gesellschaftsformen, den laufenden Kosten und Umwandlungen dargestellt.

Im nächsten Abschnitt wird in zwei Kapiteln auf die demokratische Organisation genauer eingegangen: Zunächst geht’s um die Theorie der demokratischen Organisation im Bereich der Designprinzipien für funktionierende Allmendengüter (Allgemeingüter), Konzept der teilweisen Organisation und Modelle der egalitären Gestaltung von Organisationen. Im zweiten Teil geht’s um Demokratie, Agilität, Solidarität und die Sehnsucht nach Patentlösungen.

Die Gestaltung demokratischer Meetings ist ein weiteres Kapitel, das mit der Rolle des Moderators beginnt und über allgemeine Regeln für erfolgreiche Meetings sowie den Phasen von Meetings – bekannt von der Moderationstechnik – geht: Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung. Den Abschluss bilden Tipps zum Verfassen eines einen demokratischen Prozess unterstützenden Protokolls.

Damit kommen – einem logischen Aufbau folgend – Entscheidungsverfahren. Zum einen sind dies diskursive Verfahren wie die Habermas'schen Diskursregeln, Konsens und Konsent, Regeln zur Wiedereröffnung von Diskussionen und letztlich Online-Tools. Zum anderen sind dies Abstimmungsverfahren wie Mehrheitsentscheide, single transferable vote und kardinale Wahlverfahren im Zuge des „systemischen Konsensierens“.

Daran anschließend folgt ein Kapitel zur Leadership in demokratischen Organisationen. Die AutorInnen stellen überzeugend dar, dass es auch in demokratischen Organisationsformen einer Führung bedarf. Es wird zunächst die geteilte Führung in Theorie und am Beispiel von sozialen Bewegungen vorgestellt. Anschließend folgen Formen der demokratisch legitimierten Führung in Form von demokratisch gewählten Führungskräften und die Bewertung von Führungskräften durch ihre MitarbeiterInnen.

Das Kapitel zum Crowdfunding als Finanzierungsinstrument beleuchtet ausgehend von den Potenzialen und Herausforderungen des Crowdfundings die Grundformen: Spendenbasiertes, vergütungsbasiertes, kreditbasiertes und eigenkapitalbasiertes Crowdfunding.

Abgeschlossen wird die Publikation mit einem Kapitel zu den Grundsatzfragen des Rechnungswesens und Finanzmanagements in solidarökonomischen Unternehmen. Ausgehend von der Frage, ob betriebliches Rechnungswesen den Kapitalismus fördert, werden dessen emanzipatorische Qualitäten angesprochen. Auch der Frage des Minimierens der Mitwirkung an kapitalismusförderlichen Dynamiken wird ebenso nachgegangen wie dem Schutz vor Kolonialisierung durch die Logik des Marktes.

Fazit

Die AutorInnen gehen von der Skepsis aus, die zwischen den Anhängern der Solidarökonomie und den gewinnorientierten Denkern zu finden ist. Sie stellen die relevanten Themenbereiche in der gebotenen Kürze vor, wobei sie bei den Werten beginnen, die auch auf die anderen Themenbereiche zu übertragen sind. Methoden aus der Moderationstechnik finden sich ebenso wie zahlreiche weitere methodische Anregungen zur Ideenfindung und Entscheidungsfindung. Auch auf das Gesellschaftsrecht und das Rechnungswesen wird eingegangen. Literaturempfehlungen und Quellenangaben bei jedem Kapitel motivieren zum selbstständigen Weiterarbeiten. Zusammenfassend gesagt bietet die Publikation einen fundierten Überblick zum solidarökonomischen Unternehmen und passt so gut zu den Diskussionen rund um die agile Organisation.

Rezension von
Prof. Dr. Paul Brandl
war Professor für Organisationsentwicklung und Prozessmanagement an der FH Oberösterreich, Department für Sozial- und Verwaltungsmanagement und ist Berater insbesondere für die prozessbasierte Optimierung und Neugestaltung von sozialen Dienstleistern
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Es gibt 123 Rezensionen von Paul Brandl.

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Zitiervorschlag
Paul Brandl. Rezension vom 26.03.2020 zu: Florentine Maier, Ruth Simsa: Management solidarökonomischer Unternehmen. Ein Leitfaden für Demokratie und Nachhaltigkeit. Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft · Steuern · Recht GmbH (Stuttgart) 2019. ISBN 978-3-7910-4592-4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/26547.php, Datum des Zugriffs 09.12.2024.


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