Ansgar Gerhardus, Tobias Munko u.a. (Hrsg.): Lehren und Lernen in den Gesundheitswissenschaften
Rezensiert von Prof. Dr. Andrea Warnke, 18.03.2020

Ansgar Gerhardus, Tobias Munko, Petra Kolip, Imke Schilling, Kerstin Schlingmann (Hrsg.): Lehren und Lernen in den Gesundheitswissenschaften. Ein Praxishandbuch. Hogrefe AG (Bern) 2019. 208 Seiten. ISBN 978-3-456-85930-9. D: 39,95 EUR, A: 41,10 EUR, CH: 48,50 sFr.
Thema
In Deutschland gibt es inzwischen mehr als 600 Studiengänge mit einem Bezug zu den Gesundheitswissenschaften. Lehren und Lernen in den Gesundheitswissenschaften zeichnet sich durch eine heterogene Studierendenschaft und einen hohen Grad an Interdisziplinarität aus. Zumeist bieten die Studiengänge sehr unterschiedliche und breit angelegte Berufsfelder und fordern in den Tätigkeiten eine hohe Komplexität in den Problem- respektive Fragestellungen. Das Buch soll einen Überblick über die Grundlagen der Hochschuldidaktik geben mit spezifischem Bezug zu Studieninhalten, Lehr-Lern-Methoden sowie Veranstaltungsformaten von Studiengängen im Kontext der Gesundheitswissenschaften.
HerausgeberInnen
Die HerausgeberInnen sind alle in Fachbereichen von Universitäten tätig, die entsprechende Studienprogramme anbieten. Die weiteren AutorInnen sind neben Wissenschaftlichen Mitarbeitenden in diesen Fachbereichen auch Studierende gesundheitsbezogener Studiengänge.
Entstehungshintergrund
Das Buch richtet sich an Lehrende, die sich mit der Gestaltung und Strukturierung von Studiengängen der Gesundheitswissenschaften beschäftigen, will Anregungen und konkrete Beispiele speziell für die Lehre in entsprechenden Studiengängen geben und fokussiert Hochschuldidaktik unter dem Blickwinkel der Anforderungen und Rahmenbedingungen gesundheitsbezogener Studiengänge.
Aufbau und Inhalt
Das Buch ist eine Herausgeberschrift mit rund 200 Seiten.
Kapitel 1 bietet eine Einführung in das Thema Lehren und Lernen in den Gesundheitswissenschaften. Fünf Leitmotive für das Buch werden formuliert – so z.B. „Orientierung an Kompetenzen, die Studierende für ihre spätere Berufstätigkeiten benötigen“ und „Zielgruppe sind Lehrende, die eine gute Lehre mit vielen anderen Aufgaben zeitlich in Einklang bringen müssen“. Zu den fünf formulierten Leitmotiven finden sich jeweils gesonderte Abschnitte in diesem ersten Kapitel. Abschnitt 1.4 beschäftigt sich bspw. mit den Herausforderungen für Lehren und Lernen in den Gesundheitswissenschaften und greift u.a. die Problematik unklarer Berufsbilder auf. Abschnitt 1.5 stellt die Sicht von Studierenden auf die universitäre Lehre da und fußt auf einer Studierendenbefragung der Fachschaft Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld. Bedarfe und Bedürfnisse der Studierenden werden dargestellt sowie der Frage nachgegangen, wie solche Befragungen sich in der Lehrentwicklung widerspiegeln.
Kapitel 2 trägt die Überschrift Lehrende und Lernende und widmet sich zunächst dem Thema Diversität in gesundheitsbezogenen Studiengängen. Diversität wird dabei sowohl in Bezug auf eine diverse Studierendenschaft als auch als Studieninhalt betrachtet. Ein weiterer Abschnitt fokussiert Barrierefreiheit in der Lehre; hier werden Anregungen gegeben, wie chronisch Kranke sowie Menschen mit Behinderungen durch eine entsprechende Didaktik integriert werden können. Rollenvorstellungen bei Lehren und Lernen werden ebenso thematisiert wie spezielle Anforderungen an die Lehre wie bspw. Mobilfunknutzung, kurzfristig abgesagte Referate und Prüfungsangst.
Kapitel 3 behandelt das Thema Kompetenzen. Ziel der Kompetenz- bzw. Outcome-Orientierung ist die Beschreibung, Vermittlung und Überprüfung konkreter Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen im Rahmen modularisierter, berufsqualifizierender Studiengänge. Das Kapitel bietet dabei zunächst einen Überblick über Kompetenzfelder (z.B. Fachkompetenz) und ihre Ausdifferenzierung (z.B. Fachsprachenkenntnisse, Gesundheitssystemkenntnisse, IT-/EDV-Kenntnisse). Es folgt eine Vertiefung auf Modulebene inklusive der Reflexion von Instrumenten im Lehr-Lern-Kontext, wie bspw. ein Syllabus – eine ausführliche Darstellung aller lehr- und lernrelevanten Inhalte, Themen und Dokumente. Abschließend werden Studienphasen in Verbindung gesetzt mit dem Kompetenzerwerb.
Kapitel 4 widmet sich der Planung und didaktischen Umsetzung von Lehrveranstaltungen. Vier Punkte werden als maßgebliche Planungspunkte herausgestellt:
- Ziel/Inhalt: Von den Zielen zu den Inhalten planen.
- Methode: Welche Lehr-/​Lernaktivitäten sind geeignet, um die Ziele zu erreichen?
- Prüfungs- und Rückmeldeformate: Wie kann das Gelernte überprüft werden?
- Zeit/Rahmenbedingungen: Was ist überhaupt möglich?
Die benannten Punkte werden dabei auf Grundlage des hochschuldidaktischen Modells des „Constructive Alignment“ bearbeitet. Aktivierende Methoden, Problemorientiertes Lernen (PoL), Planspiel, Forschendes Lernen und E-Learning sind weitere Themen des Kapitels.
Das Kapitel 5 fokussiert auf das Wissenschaftliches Arbeiten in seiner gesamten Bandbreite – vom Eingrenzen eines Themas über die Formulierung der Fragestellung und dem Recherchieren und Lesen wissenschaftlicher Texte bis hin zum Schreiben und Korrekturlesen.
Kapitel 6 stellt drei Veranstaltungsformate in der gesundheitswissenschaftliche Lehre vor: Vorlesung, Seminar und Tutorium.
Das abschließende Kapitel 7 geht der Frage nach, wie sich Feedback und Evaluation zur Qualitätsentwicklung in gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen einsetzen lassen. Dabei wird neben der Qualitätsverbesserung auf Studiengangs- auch jene auf Veranstaltungsebene dargestellt und mit praktischen Hinweisen (Lernziel- versus Dialogorientierte Evaluation sowie Mini-Feedbacks) ergänzt.
Diskussion
Das Buch wird seinem Anliegen „'Leitplanken' für Studieninhalte, Veranstaltungsformate und geeignete Lehr-Lern-Methoden dar[zu]stellen“ gerecht. In sehr komprimierter Weise werden diese „Leitplanken“ dargestellt und der Bezug zu gesundheitsbezogenen Studiengängen nie vergessen. Es ist nicht nur für Personen, die mit einer Lehrtätigkeit in gesundheitswissenschaftlichen Studiengängen beginnen bzw. erst wenig Erfahrung haben, sondern auch für Lehrende, die schon lange dabei sind, hier mag das Werk dazu dienen, sich der Spezifika dieser Studiengänge noch einmal bewusst zu werden und das eigene Handeln zu reflektieren. So wird das Buch dem Untertitel „Ein Praxishandbuch“ sehr gerecht und kann als Nachschlagewerk empfohlen werden.
Fazit
Ein gelungenes und sehr zu empfehlendes Buch, das relevante Inhalte des Lehrens und Lernens in den Gesundheitswissenschaften übersichtlich, kurz und doch „mit Tiefgang“ darstellt. Lehrende und StudiengangsplanerInnen können von dem gut lesbaren und hervorragend strukturierten Buch profitieren.
Rezension von
Prof. Dr. Andrea Warnke
Professorin für Soziale Arbeit, IU Duales Studium, Hamburg
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Zitiervorschlag
Andrea Warnke. Rezension vom 18.03.2020 zu:
Ansgar Gerhardus, Tobias Munko, Petra Kolip, Imke Schilling, Kerstin Schlingmann (Hrsg.): Lehren und Lernen in den Gesundheitswissenschaften. Ein Praxishandbuch. Hogrefe AG
(Bern) 2019.
ISBN 978-3-456-85930-9.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/26575.php, Datum des Zugriffs 20.03.2023.
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