Anna Nutz, Herbert Schubert (Hrsg.): Integrierte Sozialplanung in Landkreisen und Kommunen
Rezensiert von Prof. Dr. Isolde Heintze, 14.08.2020

Anna Nutz, Herbert Schubert (Hrsg.): Integrierte Sozialplanung in Landkreisen und Kommunen. Handbuch.
Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2020.
273 Seiten.
ISBN 978-3-555-02097-6.
D: 29,00 EUR,
A: 29,90 EUR.
Reihe: Fokus Verwaltung.
Thema
Ziel des vorliegenden Handbuches ist es, das Konzept der „Integrierten Sozialplanung“ in Landkreisen und Kommunen vorzustellen und ein umfassendes Programm an Maßnahmen und Instrumenten darzulegen sowie zu beschreiben, wie „Integrierte Sozialplanung“ in Landkreisen und Kommunen konkret umgesetzt werden kann. Dabei will diese Publikation an die bisherige Tradition anknüpfen, Handbücher zu veröffentlichen, in denen grundlegende Regeln aufgezeigt werden, wie Aufgaben der Sozialplanung vor Ort gestaltet und durchgeführt werden können. Die vorliegende Veröffentlichung zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass die Sozialplanung in Landkreisen dabei vor besonderen Herausforderungen im Vergleich zu städtischen Kommunen steht. In Landkreisen bestehen vielfältige Netzwerk- und Kommunikationsprozesse auf unterschiedlichen Ebenen und mit einer Vielzahl von Akteuren, die in Form institutionalisierter partizipativer Arrangements zu beteiligen sind. Neben den Handelnden aus der Politik besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen den Fachämtern, den Struktureinheiten und dem Controlling der Kreisverwaltung. Darüber hinaus kooperiert die Kreisverwaltung mit den kreisangehörigen Kommunen und den dort tätigen Bürgermeister*innen. Im Rahmen dieser komplexen Vernetzungsstrukturen sind auch die Träger der freien Wohlfahrtspflege, lokale Vereinigungen sowie zivilgesellschaftliche Akteure anzuführen. Diese Komplexität der Arbeits- und Kommunikationsprozesse wird im Handbuch differenziert aufgegriffen und dargestellt, welche Möglichkeiten es im Rahmen der „Integrierten Sozialplanung“ für Landkreise und Kommunen gibt, der Aufgabe gerecht zu werden, diejenigen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung zu stellen, die zur Realisierung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit erforderlich sind.
Herausgeber*innen
Anna Nutz M.A. ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Hochschule Köln (Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften, Institut für Angewandtes Management und Organisation in der Sozialen Arbeit). Forschungsthemen: Integrierte Sozialplanung in Kreisen und Kommunen, Inklusionsforschung, partizipative Lehre.
Prof. Dr. phil. Dr. rer.hort.habil. Herbert Schubert war bis 2019 Professor für Soziologie und Sozialmanagement an der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der Technischen Hochschule Köln. Er ist Inhaber von „Sozial • Raum • Management – Büro für Forschung und Beratung“ in Hannover. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Netzwerkorganisation in Kommune und Sozialwirtschaft, integrierte Sozialplanung, städtebauliche Kriminalprävention, soziale und räumliche Quartiersentwicklung.
Aufbau
Das Buch beinhaltet insgesamt 4 Kapitel der Autor*innen Anna Nutz, Herbert Schubert, Holger Spieckermann, Nicola Winterhoff und Julia Zinn. Dabei werden sowohl theoretische Überlegungen im Zusammenhang mit dem neuen Verständnis einer integrierten Sozialplanung als auch praktische Instrumentarien, wie integrierte Sozialplanung gelingen kann, miteinander verschränkt. In den einleitenden Hinweisen in das Handbuch werden ausführlich der Aufbau des Buches und verschiedene Darstellungsweisen in den einzelnen Kapiteln beschrieben und erläutert. Besonders hervorzuheben ist hierbei, dass für die Veranschaulichung der einsetzbaren Instrumente im Planungsprozess stets symbolhaft die involvierten Ebenen sowie die benötigten Ressourcen dargelegt werden. Daneben werden die Ausführungen zur konkreten Anwendung der einzelnen Instrumente mit praktischen Hinweisen, weiteren Informationen, Tippboxen und Bezugsliteratur angereichert. Jedes Kapitel schließt mit einem eigenen Literaturverzeichnis.
Inhalte
Im ersten Kapitel des Handbuches wird zunächst ein grundlegendes Verständnis der Sozialplanung dargelegt. Danach wird detailliert die historische Entwicklung der Sozialplanung in drei Entwicklungsstufen aufgezeigt. In der dritten Entwicklungsstufe findet nun der Begriff der „Integrierten Sozialplanung“ Eingang in Theorie und Praxis der Sozialplanung in den Kommunen. Damit ist vor allem gemeint, die Versäulung der Planung in den einzelnen Fachbereichen in Form nebeneinanderstehender Fachsozialpläne weitestgehend aufzugeben und diese für eine ganzheitliche Planung von Versorgungs- und Unterstützungsarrangements miteinander zu verbinden. Dabei nimmt die Sozialberichterstattung als Steuerungsinstrument einen zentralen Stellenwert einer zukunftsorientierten, themenübergreifenden und sozial-räumlichen Planung und Ausgestaltung sozialer Kommunalpolitik ein. Außerdem zeichnet sich die integrierte Perspektive der Sozialplanung auch dadurch aus, dass alle im Planungsprozess involvierten Akteure beteiligt werden und so die verschiedenen lokalen Interessensgruppen in Bezug auf die Planung und Gestaltung kommunaler Daseinsvorsorge zusammenwirken. Dieser letztgenannte Aspekt bildet die Grundlage für die sich anschließende Thematisierung der Abstimmungsprozesse zwischen den Akteuren der Verwaltung, der Politik, der freien Wohlfahrtspflege sowie der Zivilgesellschaft im Rahmen des Gegenstromprinzips.
Im zweiten Kapitel des Buches wird zunächst der Prozesszyklus zur Entwicklung einer integrierten Sozialplanung in Landkreisen nachgezeichnet. Dabei werden sämtliche Schritte, die im Rahmen der Initiierung, des Aufbaus sowie der Implementierung integrierter Sozialplanung nacheinander gegangen werden müssen, in Form einer anschaulichen Abbildung überblicksartig erläutert. Im Anschluss an die Darstellung dieses Prozesszyklus‘ folgt die Beschreibung des Kreislaufs der Sozialplanung, der eine wiederkehrende Reihenfolge von Analyse, Planungs-, Umsetzungs-, Evaluations- und Anpassungsschritten beinhaltet. Auch dies geschieht mit Hilfe einer plausiblen Abbildung.
Hauptteil des Handbuches stellt das dritte Kapitel dar. In ihm wird ein Koffer voller Instrumentarien vorgestellt, welche in den verschiedenen Phasen des Prozesszyklus‘ des Aufbaus und der Implementierung der integrierten Sozialplanung in Landkreisen je nach Bedarf eingesetzt werden können. Diese Vorstellung folgt einer einheitlichen Struktur. Für jedes Werkzeug werden die Definition, die Ziele, der Nutzen, die einzubeziehenden Ebenen, die Aufgaben in der Vorbereitung und Durchführung sowie die notwendigen Ressourcen dargelegt. Außerdem lassen sich in dieser Darstellung praktische Hinweise, weiterführende Informationen sowie Praxisbeispiele in Form von Tippboxen finden.
Im vierten und letzten Kapitel des Handbuches werden Herausforderungen und Faktoren, die zum Gelingen einer integrierten Sozialplanung in Landkreisen und Kommunen beitragen, problematisiert. Grundlage für diese Ausführungen sind die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Evaluation des Modells der integrierten, strategischen Sozialplanung“, welches von 2016 bis 2019 vom Forschungsschwerpunkt Sozial • Raum • Management der Technischen Hochschule Köln in zwei Landkreisen in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde.
Diskussion
Hervorzuheben ist, dass das Ziel des vorliegenden Handbuches, das Konzept der „Integrierten Sozialplanung“ in Landkreisen und Kommunen vorzustellen und ein umfassendes Programm an Maßnahmen und Instrumenten zu ihrer praktischen Umsetzung darzulegen, umfassend erfüllt wird. Dies gelingt durch die Verknüpfung von theoretischen Überlegungen im Zusammenhang mit dem Thema der integrierten Sozialplanung mit praktischen Anregungen und Impulsen, welche Werkzeuge wie und in welcher Form von Landkreisen und Kommunen eingesetzt werden können. Das dritte Kapitel des Buches verdeutlicht treffend, welchen Zweck und welchen Nutzen mögliche Instrumente für den Planungsprozess haben und welche Barrieren und Hindernisse mit welcher Vorgehensweise zu bewältigen sind. Als Mehrwert des Handbuches stellt sich heraus, dass sich die inhaltlichen Überlegungen sowie der Methodenkoffer ausschließlich auf die Besonderheiten der Sozialplanung in Landkreisen beziehen und damit „ausgetretene Pfade“ im Rahmen der Betrachtung sozialplanerischer Prozesse in kreisfreien Städten verlassen werden. Schließlich ist anzumerken, dass das einheitliche Schema zur Charakteristik der einzelnen Instrumente des Prozesszyklus‘ der Sozialplanung in seiner Vielschichtigkeit zur Unübersichtlichkeit führt. Diesbezüglich empfiehlt es sich, die einleitenden Hinweise in das Handbuch gewissenhaft zu lesen.
Fazit
Insgesamt bietet das Buch einen vertieften Einblick in die Prozesse der integrierten Sozialplanung in Landkreisen und Kommunen. Es eignet es sich für Lehrende, fortgeschrittene Studierende, die sich mit kommunalen Steuerungsprozessen beschäftigen und für Praktiker*innen, vor allem in Landkreisen. Es stellt jeweils problem- und praxisbezogen sowohl einen Überblick als auch eine Ergänzung und Unterstützung für die Darstellung und die Auseinandersetzung mit dem Ansatz der integrierten Sozialplanung dar. Das Buch beinhaltet zahlreiche Anregungen für den Einsatz unterschiedlicher Instrumentarien im Rahmen der Sozialplanung. Danach können Sozialplaner*innen in den Kommunen selbst entscheiden, welche Instrumente zukünftig probiert und eingesetzt werden können, um integrierte Sozialplanung je nach Arbeitsstand in der jeweiligen Kommune weiterzuentwickeln.
Rezension von
Prof. Dr. Isolde Heintze
Professur für Sozialpolitik und Soziale Arbeit an der Hochschule Mittweida, Fakultät Soziale Arbeit
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