Betina Finke: Kinder in Heimen und Pflegefamilien
Rezensiert von Dr. iur. Marcus Kreutz, 05.06.2023

Betina Finke: Kinder in Heimen und Pflegefamilien. Rechtliche Rahmenbedingungen stationärer Jugendhilfe.
Verlag C.H. Beck
(München) 2019.
163 Seiten.
ISBN 978-3-406-74441-9.
39,00 EUR.
Reihe: Soziale Arbeit in Studium und Praxis.
Thema
Die Bedeutung der Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen
Nicht nur durch die gestiegene Zahl unbegleiteter Kinder und Jugendliche im Zuge der Flüchtlingsbewegungen ist die Zahl der Inobhutnahmen dieser Personengruppe gestiegen. Insgesamt sind im Jahr 2021 47.500 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen worden. Dies stellt eine Steigerung im Vergleich zum Jahr 2020 in Höhe von 5 % dar. An diesen Zahlen ist abzulesen, dass staatliche Inobhutnahmen eine durchaus beachtliche Bedeutung haben und Kenntnisse auf diesem Rechtsgebiet für Studenten und Fachkräfte der Sozialen Arbeit nicht nur theoretische Bedeutung haben. Damit sind die auch die beiden Hauptadressatenkreise des Werkes von Finke genannt. Daneben ist es der Wunsch der Autorin, dass auch Lehrer, Ärzte, Psychologen sowie Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und Beratungsstellen von der Lektüre des Buches profitieren (S. VI).
Die Autorin
Bei Betina Finke handelt es sich um eine Volljuristin und staatlich anerkannte Diplom-Sozialarbeiterin, die an der Fachhochschule Dortmund Professorin im Fachbereich Angewandte Sozialwissenschaften ist.
Diskussion
Der Autorin gelingt es vor allem in Abschnitt E. (Das Setting einer Fremdunterbringung) die verschiedenen Themen und Aspekte, die im Falle einer Fremdunterbringung eine Rolle spielen, anschaulich und leicht verständlich darzustellen. Zu Recht weist Finke darauf hin, dass eine der größten Herausforderungen der Jugendhilfe ist, eine Balance zwischen Hilfe und Kontrolle zu finden (Rn. 95). Breiter hätten die Ausführungen der Autorin aber zu der Frage ausfallen können, wie die Verantwortlichen die Prognoseentscheidung zu handhaben ob, wenn die Frage ansteht, ob aufgrund einer Not- und Konfliktlage des Kinders oder Jugendlichen die Personensorgeberechtigten seitens des Jugendamtes nicht eingeschaltet werden (Rn. 96). Dem genannten Nutzerkreis hätten Ausführungen zu dieser Frage sicherlich weitergeholfen.
Für den juristisch vorgebildeten Leser des Buches erscheint es zumindest fremd, wenn zu lesen ist, dass die Verbindung zwischen Eltern und Kind Hoffnung erfordert (Rn. 103). Geschuldet sein dürfte dieses Vokabular dem Umstand, dass zum einen die Autorin – wie bereits oben mitgeteilt – neben ihrer Profession als Juristin auch die Ausbildung als Diplom-Sozialarbeiterin besitzt sowie der Tatsache, dass sich das Werk auch und gerade an Nichtjuristen wendet.
Zumindest merkwürdig mutet auch die Aussage an, dass ein von den leiblichen Eltern beauftragter Rechtsanwalt die einzige Person sei, die nicht den Auftrag habe, das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt seines Tuns zu stellen. Dies mag zwar in der Tat kein Bestandteil des zivilrechtlichen Pflichtenkatalogs sein, der aufgrund der Mandatierung des Rechtsanwalts durch die leiblichen Eltern begründet wird. Ein Rechtsanwalt aber, der seinen freien Beruf ernst nimmt, dürfte allein schon aus Gründen des weiterhin bestehenden Berufsethos das Wohl des Kindes bei seiner Arbeit nicht vollständig ignorieren. Im Gegenteil: Das Wohl des Kindes dürfte auch dann eine wesentliche Richtschnur für das prozessuale und sonstige Handeln des mandatierten Rechtsanwalts sein.
Fazit
Das Werk Finkes besticht durch eine systematische Durchdringung des Stoffes, eine klare Sprache sowie fundierte Wertungen, so dass die Zielgruppen des Buches großen Nutzen aus der Lektüre des Werkes ziehen können. Es ist ohne Einschränkung zu empfehlen, auch wenn hier und da eine differenziertere Betrachtung wünschenswert gewesen wäre.
Rezension von
Dr. iur. Marcus Kreutz
LL.M., Rechtsanwalt. Justiziar des Bundesverbandes Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e.V. in Köln
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Zitiervorschlag
Marcus Kreutz. Rezension vom 05.06.2023 zu:
Betina Finke: Kinder in Heimen und Pflegefamilien. Rechtliche Rahmenbedingungen stationärer Jugendhilfe. Verlag C.H. Beck
(München) 2019.
ISBN 978-3-406-74441-9.
Reihe: Soziale Arbeit in Studium und Praxis.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/26634.php, Datum des Zugriffs 03.12.2023.
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