Margit Gratz, Silke Kastner et al.: Unterstützung beim Essen und Trinken durch ehrenamtliche Hospizbegleiter
Rezensiert von Alexandra Günther, 03.02.2023

Margit Gratz, Silke Kastner, Gesine Walz: Unterstützung beim Essen und Trinken durch ehrenamtliche Hospizbegleiter. Eine Orientierungshilfe.
Kohlhammer Verlag
(Stuttgart) 2020.
81 Seiten.
ISBN 978-3-17-037515-4.
19,00 EUR.
Reihe: Umsorgen - Hospiz- und Palliativarbeit praktisch.
Thema
Essen und Trinken trägt häufig bis zuletzt zur Lebensqualität schwerstkranker, sterbender Menschen bei. Daher kann die Frage aufkommen, was ehrenamtliche HospizbegleiterInnen machen dürfen und können. Um im Einzelfall eine Unterstützung beim Essen und Trinken zu ermöglichen, gilt es vieles abzuklären. Denn dies gehört nicht zum regulären Einsatzbereich von ehrenamtlichen HospizbegleiterInnen.
Autorinnen
Dr. Margit Gratz, Dipl. Theologin, Fachkraft Palliativ Care, Kursleiterin DGP, ist Gesamtleitung des Hospizes St. Martin in Stuttgart.
Silke Kastner, Krankenpflegerin, weitergebildet in Palliativ Care und M.A. Palliativ Care Universität Bremen,arbeitet im Hospizverein Bamberg als Koordinatorin.
Dr. Gesine Walz, Fachanwältin für Medizinrecht, engagiert sich als ehrenamtliche Hospizbegleiterin in Stuttgart.
Aufbau
Das Fachbuch aus der Reihe – Umsorgen. Hospiz- und Palliativarbeit praktisch – herausgegeben vom Bayerischen Hospiz- und Palliativverband ist folgendermaßen aufgebaut:
- Fachlicher Hintergrund
- Rolle von Hospizbegleiter/​innen und Koordinator/​innen
- Schulungsbedarf
- Dokumentation
- Grundlegende Rahmenbedingungen in der Hospizeinrichtung
- Diskussion und Fazit
Inhalt
Die Autorinnen Gratz, Kastner und Walz stellen im ersten Kapitel vor, welche Bedeutung Essen und Trinken in der Hospizarbeit und Palliativ Care hat. Sie zeigen die positiven Auswirkungen für den Menschen. Je nach Blickwinkel – medizinisch/​pflegerisch, psychisch/​sozial/​spirituell – sind andere Aspekte relevant. Die Autorinnen stellen auch Probleme und Beeinträchtigungen beim Essen und Trinken vor, die andere Anforderungen an eine Unterstützung mit sich bringen. Dabei gehen die Autorinnen u.a. auf Schluckstörungen ein.
Das zweite Kapitel behandelt das Thema Grenzen und Möglichkeiten in der Unterstützung beim Essen und Trinken durch ehrenamtliche HospizbegleiterInnen. Die Ernährungssituation unterliegt der Verantwortung der Pflegefachkraft. Die Autorinnen erläutern u.a. die Voraussetzungen bei der Hospizkoordination bzw. Pflege und auch bei den Ehrenamtlichen selbst für einen solchen Einsatz. Sie analysieren die Bedarfsermittlung bzw. Auftragsklärung, Auftragserteilung und praktische Einweisung bzw. Anleitung. Zudem werden die Erfordernisse für die begleitende Beratung in der Organisation, Reflexion und fachliche Aufsicht eines solchen ehrenamtlichen Hospizeinsatzes dargestellt.
Das dritte Kapitel thematisiert den notwendigen Schulungsbedarf in folgenden Themen: fachliche Hintergründe, Handlungsmöglichkeiten in der Begleitungssituation und Organisation in der Hospizeinrichtung. Hierbei vermitteln Gratz, Kastner und Walz eine Übersicht über Ziele, Inhalte und Methoden.
Im Anschluss daran wird im vierten Kapitel das Thema Dokumentation der Unterstützung bei Essen und Trinken durch ehrenamtliche HospizbegleiterInnen behandelt. Die Autorinnen zeigen u.a., was durch die Koordinatoren bzw. medizinisch-pflegerische Fachkraft und was von den HospizbegleiterInnen in einem solchen Fall dokumentiert werden muss. Dabei erläutern sie auch versicherungsrechtliche und juristische Anforderungen an die Dokumentation. Entsprechende Vorlagen finden sich im Anhang des Buches und zusätzlich zum Download.
Im fünften Kapitel gehen die Autorinnen auf die notwendigen Rahmenbedingungen in der Hospizeinrichtung ein. Themen sind dabei u.a. die Klärung des Grundverständnisses durch Vorstand bzw. Leitung, die Entwicklung von Kommunikationsstrukturen und Anleitungen der Handlungseinsätze.
Des Weiteren erläutern Gratz, Kastner und Walz Fragen zum Versicherungsschutz und gehen auf Haftpflichtversicherung und Spezial-Straf-Rechtsschutzversicherung ein. Juristische Hintergründe wie der Begriff der Fahrlässigkeit und Schuld- und Haftung im Schadensfall werden ebenfalls behandelt.
Im sechsten Kapitel fassen die Autorinnen nochmal die Kernpunkte zusammen. Sie zeigen abschließend die Vorteile für Hospizträger auf, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Im Anhang stellen Gratz, Kastner und Walz eine Entscheidungshilfe zur Identifizierung der Handlungsgrenze, eine Arbeitshilfe für den Klärungsprozess und ein Beispiel für den Aufbau einer Informationsbroschüre für Ehrenamtliche zur Verfügung.
Diskussion
Die Autorinnen nehmen ein wichtiges Thema in den Blick. Essen und Trinken beinhaltet soziale, kulturelle, emotionale und spirituelle Aspekte. Essen und Trinken ist ein Grundbedürfnis und trägt zur Lebensqualität bei. Um eine individuelle, zugewandte Hospizbegleitung zu ermöglichen und alle Ebenen des menschlichen Daseins zu berücksichtigen, gilt es immer Lösungen für den Einzelfall zu finden. Auch wenn die Unterstützung beim Essen und Trinken durch ehrenamtliche HospizbegleiterInnen nur sehr eingeschränkt möglich ist oder auch abgelehnt wird, bringt die Auseinandersetzung mit dem Thema Klarheit in das Selbstverständnis und die Strukturen der Hospizträger.
Mit ihrem Fachbuch leisten Gratz, Kastner und Walz einen Beitrag zur Diskussion der Hospizversorgung und des Palliativ Care in Deutschland. Das Thema, die Unterstützung beim Essen und Trinken durch ehrenamtliche HospizbegleiterInnen nimmt vieles in den Blick. Die Sorge vor Haftungsfragen, rechtliche, medizinisch-pflegerische und versicherungsrechtliche Anforderungen spielen dabei ebenso eine Rolle, wie Bedarfsklärung, Kommunikations- und Organisationsstrukturen der Hospizträger. Das zeigt die Komplexität des Themas und den Bedarf an Diskussion über die hospizliche Arbeit und ehrenamtliches Engagement.
Fazit
Das Fachbuch von Gratz, Kastner und Walz ist ein engagierter, kompetenter Beitrag zur Hospizarbeit und bietet Leitungskräften, Verantwortlichen und Fachkräften aktuelles Wissen und Vorschläge, um ehrenamtlich Engagierte in der Hospizbegleitung im Einzelfall beim Essen und Trinken einbinden und als Träger eine klare Position dazu erarbeiten zu können.
Rezension von
Alexandra Günther
Sozialpädagogin und Ethikerin
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