Monika Heusinger: Lernprozesse digital unterstützen
Rezensiert von Marc-Dominique Barth, 16.09.2021

Monika Heusinger: Lernprozesse digital unterstützen. Ein Methodenbuch für den Unterricht. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2020. 160 Seiten. ISBN 978-3-407-63189-3. D: 24,95 EUR, A: 25,60 EUR, CH: 28,12 sFr.
Thema
Das vorliegende Buch versteht sich, wie der Titel bereits verrät, als ein Methodenbuch für die digitale Ausgestaltung des Unterrichts. Damit trifft es den Nerv unserer Zeit. Insbesondere im Zuge der Corona Pandemie ist die Bedeutung digitaler Lernprozesse stark in den Fokus gerückt. Das Buch fokussiert sich jedoch nicht auf Möglichkeiten des Homeschoolings, sondern beschreibt vielmehr eine Methodenvielfalt, aus der Lehrende Ideen für den eigenen Unterricht ableiten können, um digitale Lernelemente mit herkömmlichen Lehrmethoden zu verknüpfen, und somit einen Grundstein für die Förderung der Medienkompetenz der Lernenden zu legen.
Autorin
Die Autorin war als Studiendirektorin der Fächer Spanisch und Französisch am Otto-Hahn-Gymnasium in Saarbrücken tätig. Zudem war Monika Heusinger Fachleiterin für Spanisch am Staatlichen Studienseminar des Saarlandes. Dort hat sie als Verantwortliche für Mediendidaktik in der erweiterten Seminarleitung gearbeitet. Mit dem Thema des digitalen Lernens und Ausblicken auf neue Möglichkeiten und Veränderungen im Bildungssystem hat sich die Autorin auf Ihrem Blog auseinandergesetzt.
Entstehungshintergrund
Das vorliegende Buch ist aus den Erfahrungen der Autorin und ihrem Engagement für die Digitalisierung von Lernprozessen hervorgegangen. Wie Monika Heusinger selbst erwähnt, ist dabei zentral, digitale Medien nicht einfach um ihrer selbst Willen einzusetzen, sondern gezielte didaktische Konzepte für deren Einsatz zu erarbeiten. Das Buch scheint aus der Motivation entstanden zu sein, Möglichkeiten aufzuzeigen das Potenzial digitaler Medien in Schule und Unterricht sinnvoll zu nutzen, und gleichzeitig beim Leser die Begeisterung und Neugierde für digitale Lernprozesse zu wecken.
Aufbau
Die Autorin hat ihr Werk in übergeordnete Kapitel gegliedert, die jeweils mehrere Methoden und Möglichkeiten zusammenfassen. Allen Kapiteln ist gemein, dass sie zu Beginn auf die didaktischen Aspekte des jeweiligen Themas eingehen, bevor weiterführende Abhandlungen vorgenommen werden. Diese Struktur ermöglicht es, dass der Leser beim Nachschlagen schnell das Gesuchte findet. Gleichzeitig ist auch ein lineares Durcharbeiten des Buches möglich, da die einzelnen Kapitel einem roten Faden folgen. Dabei ist es Monika Heusinger eingangs wichtig, einen kurzen Überblick über das Buch und den Umgang mit dem selbigen zu geben. Anschließend gibt die Autorin einen kurzen Einblick über das Lernen in einer digitalisierten Welt. Von hier aus beginnt für den Leser die Reise durch digitale Lernmethoden beginnend beim individualisierten Lernen, über kooperatives Lernen, inklusives Lernen, gamebasiertem Lernen und immersiven Lernen bis hin zu Organisatorischen Hilfen, Förderung des Medienkompetenzerwerbs und der Weiterentwicklung der eigenen Medienkompetenz. Die einzelnen Methoden werden von der Verfasserin kurz und prägnant erläutert. Damit gleicht das vorliegende Werk einem Lexikon für digitale Lernprozesse. An vielen Stellen finden sich QR-Codes, die auf den Blog von Monika Heusinger oder auf YouTube verweisen und Beispiele der im Buch beschriebenen Methoden beinhalten. Der Blog ist zum aktuellen Zeitpunkt leider nicht mehr aufrufbar, die Autorin im vergangenen Jahr bedauerlicherweise verstorben.
Inhalt
Nach einer kurzen Einleitung, in der die Autorin die Motivation des Buches und einige Tipps für die Arbeit mit demselben vorstellt, beschreibt sie den Einfluss digitaler Medien auf unseren Alltag. Logischer Schluss daraus: Die Schule darf dazu keine Parallelwelt darstellen. Vielmehr stellt Monika Heusinger die daraus resultierende Aufgabe in den Vordergrund, die Schüler und Schülerinnen dabei zu begleiten in diesem digitalen Kontext als verantwortungsbewusste und kreativ mitwirkende Bürger in der Gesellschaft aufzutreten.
Individualisiertes/​Personalisiertes Lernen
Dieses Kapitel setzt den Schwerpunkt auf die individuellen Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler. Die Autorin geht sowohl auf die unterschiedlichen Grade der Individualisierung ein als auch auf verschiedene Prozesse dieser. Zu nennen sind insbesondere:
- Informationsrecherche
- Informationsverarbeitung
- Informationsaufbereitung
Passend dazu stellt die Autorin verschiedene Methoden vor, und geht auch beispielhaft auf Umsetzungsmöglichkeiten ein. Die/der Lernende steht dabei im Fokus, und ist verantwortlich für die eigenen Lernprozesse und die Organisation. Digitale Methoden wie etwa:
- digitale Lerntheken
- SCRUM
- Ein Online-Lerntagebuch
und viele weitere, helfen dabei. Diese werden von der Autorin in einzelnen Abschnitten vorgestellt, und mit Hinweisen für die Umsetzung versehen.
Kollaboratives/​Kooperatives Lernen
Das umfangreichste Kapitel des Buches widmet sich der Zusammenarbeit der Schülerinnen und Schüler. Die zu diesem Thema von der Autorin vorgestellte Bandbreite an Methoden ist immens. Angefangen bei der Gestaltung eines kollaborativen Schreibprozesses bis hin zu App-Entwicklung ist hier alles vertreten. Dabei nutzt Monika Heusinger die technischen Möglichkeiten digitaler Medien voll aus. Folgende Umsetzungsformate werden von ihr vorgestellt:
- Auditive Umsetzung
- Filmische Umsetzung
- Schriftliche Umsetzung in Form kollaborativen Schreibens
- Verschiedene Visualisierungen von Lerninhalten
- Virtuelle Welten
und einige weitere. Auch von ihr als „digitale Aktionen“ benannte Methoden wie Blogparaden und Co. findet der Leser/die Leserin an dieser Stelle. Zudem stellt Monika Heusinger auch Methoden vor, die auf den ersten Blick etwas skurril wirken – etwa die Aufbereitung von Lerninhalten in Form eines Online-Shops. Kurzum: Ein Kapitel in dem sich viele neue Impulse finden lassen.
Inklusives Lernen
Die im ersten Kapitel aufgegriffenen Individualisierungsmöglichkeiten werden hier noch einmal aufgegriffen und vertiefend auf verschiedene Formen der Beeinträchtigungen übertragen. Dass beim inklusiven Lernen auch die kollaborativen und kooperativen Lernprozesse Berücksichtigung finden, und wie digitale Medien dabei unterstützen, stellt die Autorin in diesem Kapitel ebenfalls vor.
Gamebasiertes und gamifiziertes Lernen
In der öffentlichen Diskussion ein immer wiederkehrendes Thema ist der negative oder positive Einfluss von Spielen auf Kinder und Jugendliche. Die Autorin widmet sich in diesem Kapitel jedoch nicht bloß herkömmlichen Computerspielen, sondern insbesondere der gezielten Nutzung von spielerischen Elementen für Lerninhalte. Egal, ob es sich dabei um die digitalisierte Schnitzeljagd oder einen Drohnenflug handelt, dieses Kapitel lädt zu einem Perspektivwechsel ein: spielerisches Lernen, ohne dabei die Förderung intrinsischer Motivation bei Schülerinnen und Schülern aus dem Auge zu verlieren.
Immersives Lernen
Die Autorin lässt den Leser/die Leserin in diesem Kapitel in virtuelle Welten eintauchen. Dabei unterscheidet sie zwischen:
- Augmented Reality
- Mixed Reality
- Virtual Reality
Für jeden dieser Punkte stellt sie eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten vor.
Organisatorische Hilfen
Dass neben den ganzen didaktischen Methoden auch die eigenen Vorbereitungen und der Arbeitsablauf digitalisiert werden können, und entsprechende Lernprozesse dadurch unterstützt werden können, beschreibt die Autorin in diesem Kapitel. Dabei geht sie unter anderem auf Aspekte wie Terminverwaltung, Notenverwaltung und Unterrichtsvorbereitungen ein und zeigt Wege wie Lehrende digitale Medien für sich selbst gut nutzen können.
Förderung des Medienkompetenzerwerbs
Das Medienkompetenz der Kern für die Nutzung digitaler Medien ist erwähnt Monika Heusinger an mehreren Stellen im Buch. In diesem Kapitel erklärt sie durch welche Möglichkeiten der Medienkompetenzerwerb von Schülerinnen und Schülern unterstützt werden kann.
Weiterentwicklung der eigenen Medienkompetenz
Da die technische Entwicklung immer weiter voranschreitet, aber auch um mit digitalen Medien zielführend zu arbeiten, ist es notwendig sich selbst mit den Veränderungen auseinanderzusetzen und sich weiterzubilden. Verschiedene Möglichkeiten dazu sind Thema dieses Kapitels.
Abschließend verfasst Monika Heusinger noch einmal das Plädoyer, dass die Nutzung digitaler Medien nicht einfach als ein sturer Ersatz für alte Strukturen funktioniert, sondern Potenzial entfaltet, wenn Lehrende damit eine Weiterentwicklung von Lernprozessen anstreben.
Diskussion
Die im Buch vorgestellten Methoden sind vielfältig und von der Autorin gut gegliedert dargestellt. Dem Leser/der Leserin wird keine Schritt- für Schritt Anleitung geliefert, die jeweilige Methode wird stattdessen mit all ihren Möglichkeiten vorgestellt. Zusätzlich nennt die Autorin einige Beispiele, die mit der besprochenen Methode im Lernprozess umgesetzt werden können. Damit bleibt Monika Heusinger ihrem eingangs erwähnten Motto treu: Digitale Medien sind eine Bereicherung für den Lernprozess, wenn diese didaktisch angepasst, und individuell auf die Bedürfnisse der Lernenden zugeschnitten werden. Somit möchte die Autorin bewusst keine vorgefertigten Anleitungen auflisten, sondern vielmehr einen Pool an Möglichkeiten aufzeigen, aus dem der Leser/die Leserin selbst die passenden Methoden für die Unterrichtsgestaltung wählen und zielgerichtet aufbereiten kann. Zur Veranschaulichung sind bei ausgewählten Methoden QR-Codes hinterlegt, die Beispiele in Form von Online-Materialien zur Verfügung stellen sollen. Ärgerlich ist, dass diese leider nicht mehr funktional sind und die QR-Codes bis auf wenige Ausnahmen ins Leere führen. Das ist vermutlich auf den tragischen Umstand zurückzuführen, dass die Autorin im letzten Jahr verstorben ist.
Fazit
Das vorliegende Buch „Lernprozesse digital unterstützen – Ein Methodenbuch für den Unterricht“ von Monika Heusinger zeichnet sich als umfangreiche Methodensammlung aus, die den Leser/die Leserin dazu motiviert, verschiedenste digitale Medien in den Unterricht zu integrieren. Zentrales Augenmerk legt die Autorin dabei auf die Förderung der Medienkompetenz und gleichzeitig auf die Weiterentwicklung der eigenen Medienkompetenz des/der Lehrenden – die sie als notwendige Basis für den erfolgreichen Digitalisierungsprozess von Lernprozessen herausstellt. Somit ist es nur schlüssig, dass sich im Buch keine detaillierte Anleitung für die Praxis findet, vielmehr stellt die Autorin einen Ideenpool zur Verfügung, der zum einen die unzähligen Nutzungsmöglichkeiten digitaler Medien für Lernprozesse darlegt, und zum anderen Anregungen und Umsetzungsmöglichkeiten vorstellt. „Lernprozesse digital unterstützen – Ein Methodenbuch für den Unterricht“ ist ein Buch für all jene, die neu in die Welt digitaler Lernprozesse einsteigen möchten und erste Grundkenntnisse erlangen, sowie Methoden kennen lernen wollen. Darüber hinaus bietet sich das Buch für all jene an, die ihren eigenen Methodenschatz für digitale Lernprozesse erweitern möchten und neue Anregungen suchen. Im Alltag dient das Werk von Monika Heusinger zudem als hilfreiches Nachschlagewerk für die Gestaltung situationsadäquater Lernsettings.
Rezension von
Marc-Dominique Barth
staatlich anerkannter Erzieher, M.A. Kindheits- und Sozialwissenschaften, Fachberatung für Kindertagesstätten
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