Johannes H. Schopp: Eltern Stärken. Dialogische Elternseminare [...]
Rezensiert von Michael Schnabel, 07.06.2005
Johannes H. Schopp: Eltern Stärken. Dialogische Elternseminare - ein Leitfaden für die Praxis.
Verlag Barbara Budrich GmbH
(Opladen, Berlin, Toronto) 2005.
270 Seiten.
ISBN 978-3-938094-01-3.
18,80 EUR.
Vorwort von Sigrid Tschöpe-Scheffler.
Seit Erstellung der Rezension ist eine neuere Auflage mit der ISBN 978-3-8474-0126-1 erschienen, auf die sich unsere Bestellmöglichkeiten beziehen.
Der Autor
Johannes H. Schopp ist Diplom Sozialarbeiter und als Referent für Elternbildung im Jugendamt Dortmund tätig. Er ist ein erfahrener Erwachsenenbildner, der sich besonders mit Fragen der Suchtprävention beschäftigt. Weiterhin betätigt er sich in der Ausbildung von Multiplikatoren in der Elternbildung.
Einführung ins Thema
Erleben wir heute eine Erziehungskatastrophe oder einen Erziehungsnotstand, wie manche Autoren beklagen? Keine Frage, für Eltern ist es nicht leichter geworden, ihre Kinder auf ein gelingendes Leben vorzubereiten. Und Möglichkeiten der Unterstützung, Hilfen und Ratschläge werden von allen Seiten angeboten. Dadurch wird die Orientierungslosigkeit oft noch größer. Eine rühmliche Ausnahme ist die Veröffentlichung von Johannes Schopp, weil sie bewusst die schnellen Hilfsangebote verwirft und Stärken der Eltern ins Zentrum der Dialogischen Elternseminare stellt.
Aufbau und Inhalt
In dieser Veröffentlichung entwirft der Autor ein taugliches Konzept zur Umsetzung seines Anliegens, das Erziehungspotential der Eltern frei zu setzen und die Erfahrungen der Eltern zum Austausch zu bringen. Die einzelnen Kapitel entfalten jeweils einen zentralen Schwerpunkt dieses Lernkonzeptes.
- Kapitel eins "Wie Eltern ihre Potentiale entdecken können" legt dar, wie es gelingen kann, bei den Eltern ihre Erziehungskompetenzen aufzudecken. Die Erfolg versprechende Technik dafür ist das geschickte Fragen, das möglichst viele Aspekte eines Anliegens entfaltet und Lösungswege bewusst macht. Dabei muss durchwegs beachtet werden: In Fragen der Erziehung gibt es keine festgeschriebenen und endgültigen Lösungen. Daher sind die Auseinandersetzungen in den Dialogischen Elternseminaren ein kontinuierlicher Diskussionsprozess.
- Im Kapitel zwei "Vom Wesen des Dialogs" werden die philosophischen Fundamente für die Dialogischen Elternseminare errichtet. Die Ausführungen sind der Philosophie Martin Bubers verpflichtet: Danach ist der Dialog mehr als nur menschliche Kommunikation, er soll zu einer echten Begegnung zwischen den Menschen führen. Aus der theoretischen Fundierung zieht der Autor praktische Folgerungen, die er in Dialogregeln vorstellt. Sie stecken den Rahmen für eine Pädagogik des Respekts ab und sind Wegweiser im Gewirr der Verhandlungsprozesse des Elternseminars.
- Kapitel drei nimmt sich des Lerngeschehens in den Dialogischen Elternseminaren an. Es werden die Prozesse und Dimensionen eines erfahrungsorientierten Lernens, das sich voll und ganz auf die Belange der Eltern einstellt, beschrieben. Um die Komplexität dieses Lerngeschehens transparent zu machen, werden die Prozesse auf folgenden fünf Ebenen dargestellt: auf der Sachebene, der Beziehungsebene, der Ebene der Selbstoffenbarung, auf der biografische Ebene und auf der Sinnebene.
- Kapitel vier formuliert die Anforderungen an den Seminarleiter. Er wird Dialogbegleiter bezeichnet und soll für die zuträglichen Rahmenbedingungen der Seminare sorgen. Die Aspekte Angst, Humor, Liebe, Macht, Ordnung und Zeit sind Kennzeichen des Dialogprozesses. Mit diesen Elementen muss der Seminarleiter kompetent umgehen können. Ein Überblick der Basiskompetenzen des Seminarleiters rundet das Kapitel ab.
- Dann folgt im Kapitel fünf die beispielhafte Umsetzung der didaktischen Prinzipien des entwickelten Lernkonzepts in der Darstellung von zwei Seminarabenden. Der Verlauf, die Methode und das Lerngeschehen werden an diesen Beispielen konkretisiert, wobei zu beachten ist, die Beschreibungen sind weit davon entfernt ein normiertes Muster vorzugeben, vielmehr handelt es sich um Momentaufnahmen, weil jedes Treffen ideenreich auf die Teilnehmer/innen eingehen soll und sich daher anders gestaltet.
- Im letzen Kapitel wird Praxismaterial dargeboten. Konkrete Vorschläge sollen den Einstieg in die Seminare erleichtern und vor allem die Prozesse des Erfahrungsaustausches in Schwung bringen und vertiefen. Die etwas sparsamen Hinweise sind wiederum nur als Impulse zu verstehen, um dem Seminarbegleiter die Suchrichtung zu verdeutlichen.
Zielgruppen
Das vorliegende Buch richtet sich ausdrücklich an Multiplikatoren der Elternbildung, insbesondere an solche Kursleiter, die den Dialog der Eltern in ihren Veranstaltungen auf den Weg bringen wollen. Viele Impulse erhalten auch alle Pädagogen/innen, die in der Elternbildung neue Wege versuchen wollen. Pädagogen/innen in der Ausbildung sollten unbedingt das Konzept des subjekt- und erfahrungsorientierten Lernens in der Elternbildung kennen lernen und Erfahrungen in dieser Methode sammeln können.
Diskussion
Der Autor entwickelte in dieser Veröffentlichung ein Konzept für Dialogische Elternseminare, das alle Anforderungen einer ausgereiften Didaktik einlöst. Wenngleich es einer außergewöhnlichen Anstrengung bedarf, eine Lernveranstaltung, die die Erfahrungen der Teilnehmer/innen zum Mittelpunkt hat, und daher dynamische und prozesshafte Abläufe beschreiben muss, ist es überzeugend gelungen, Theorie und Praxis dieses Lerngeschehens zu verbinden.
Durch den Einbezug vieler wissenschaftlicher Ansätze konnte eine zusätzliche Verdeutlichung des Anliegens erreicht werden, wie zum Beispiel durch die Philosophie Martin Bubers, die Salutogenese, die humanistische Psychologie, die konstruktivistische Erkenntnistheorie. Die Vielzahl der bemühten Konzepte birgt die Gefahr, den Durchblick eher zu verstellen, aber dem Autor ist es gelungen, die vielen Aspekte nahtlos zu verarbeiten.
Ein besonderer Pluspunkt der Veröffentlichung sind die vielen Fallbeispiele und die ausführlichen Beschreibungen einzelner Seminarphasen, weil dadurch am konkreten Beispiel das Konzept der Dialogischen Elternseminare nochmals eindrucksvoll vor Augen gestellt wird.
Fazit
Die Publikation ist allen zu empfehlen, die in der Elternbildung tätig sind und die mit Eltern in pädagogischen Institutionen zusammenarbeiten.
Rezension von
Michael Schnabel
Staatsinstitut für Frühpädagogik, München
Es gibt 45 Rezensionen von Michael Schnabel.
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Zitiervorschlag
Michael Schnabel. Rezension vom 07.06.2005 zu:
Johannes H. Schopp: Eltern Stärken. Dialogische Elternseminare - ein Leitfaden für die Praxis. Verlag Barbara Budrich GmbH
(Opladen, Berlin, Toronto) 2005.
ISBN 978-3-938094-01-3.
Vorwort von Sigrid Tschöpe-Scheffler.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/2698.php, Datum des Zugriffs 18.01.2025.
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