Jörn Hauß: Elternunterhalt
Rezensiert von Prof. Dr. jur. Dr. phil. Reinhard Joachim Wabnitz, 28.07.2020
Jörn Hauß: Elternunterhalt. Grundlagen und Strategien.
Gieseking Verlag Verlag Ernst und Werner Gieseking GmbH
(Bielefeld) 2020.
6., völlig neu bearb. Auflage.
360 Seiten.
ISBN 978-3-7694-1236-9.
D: 49,00 EUR,
A: 50,40 EUR.
Reihe: FamRZ-Buch - 21.
Thema
Der Verwandtenunterhalt stellt eines der großen Themen des Familienrechts dar. Überwiegend denkt man dabei an Unterhaltsverpflichtungen von Eltern gegenüber ihren (zumeist kleinen oder jüngeren) Kindern (Kindesunterhalt). Das Thema umfasst jedoch auch umgekehrt die Verpflichtungen von (meist nicht mehr so jungen) „Kindern“ gegenüber ihren (oft alten) Eltern (Elternunterhalt). Kindesunterhalt und Elternunterhalt sind gleichermaßen in den §§ 1601 ff. BGB geregelt, wobei jedoch der Elternunterhalt bzw. die Pflicht, solchen zu leisten, für viele betroffene Unterhaltspflichtige überraschend sein kann. Diese sind auch nicht selten verunsichert, wenn sie zum Beispiel für die stationären Pflegekosten bei ihren Eltern ganz oder teilweise aufkommen müssen. Mit Blick auf alle sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen stellt das nunmehr bereits in 6. Aufl. 2020 vorliegende, hier anzuzeigende Werk eine hervorragende Hilfestellung dar.
Autor
Autor des Werkes ist Jörn Hauß, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht in Duisburg, ein langjährig erfahrener Praktiker in diesem wichtigen Rechtsgebiet.
Entstehungshintergrund
Der Entstehungshintergrund der nunmehr 6. Auflage ist ein ganz besonderer. Denn der Elternunterhalt ist seit dem 01.01.2020 nach vollständig anderen Kriterien zu berechnen und ggf. gegenüber den Sozialhilfeträgern durchzusetzen. Der Gesetzgeber wollte nämlich aufgrund des Angehörigen-Entlastungsgesetzes vom 10.12.2019 (BGBl. I S. 2135) Kinder sozialhilfebedürftiger Eltern wirtschaftlich entlasten und nur noch einkommensstarke Personen für Sozialhilfeaufwendungen an ihre Angehörigen haften lassen. Deswegen hat der Gesetzgeber in § 94 Abs. 1a SGB XII eine Jahreseinkommensobergrenze von 100.000 Euro eingeführt. Nur bei Überschreiten dieser Grenze geht ein Unterhaltsanspruch auf den Sozialhilfeträger über, der diesen dann ggf. gegenüber dem unterhaltspflichtigen Kind durchzusetzen hat.
Aufbau
Das nach wie vor umfangreiche Werk ist wie folgt gegliedert, teilweise anders als noch in der (um ca. 80 Druckseiten umfangreicheren) 5. Auflage 2015:
- A. Notwendigerweise zu lesendes Vorwort;
- B. Grundlagen des Elternunterhalts;
- C. Das Angehörigen-Entlastungsgesetz;
- D. Elternunterhalt in der Praxis;
- E. Verteidigungsstrategien gegen Elternunterhalt;
- F. Auskunftspflichten;
- G. Verfahrensfragen;
- H. Vorsorgende Beratung der Anwaltschaft;
- I. Fälle mit Auslandsbezug;
- J. Anhang.
Inhalt
Ungewöhnlich, aber hier angebracht, ist, dass das Buch mit „A. Notwendigerweise zu lesendes Vorwort“ beginnt. Hintergrund ist das bereits genannte Angehörigen-Entlastungsgesetz, das (nach einem kurzen Teil B. über die Grundlagen des Elternunterhalts) in Teil C. ausführlich dargestellt wird.
Das bei Weitem umfangreichste Kapitel ist das Kapitel D. „Elternunterhalt in der Praxis“ mit ca. 230 Druckseiten. Schwerpunkte der Ausführungen sind:
- Bedarf des Unterhaltsberechtigten,
- Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten,
- Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes,
- Abzüge vom anzurechnenden Einkommen (mit zahlreichen Rechenbeispielen),
- Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten,
- Vermögensverwertung, Schonvermögen,
- Einkommens- und Vermögensveränderungen nach Feststellung der Unterhaltspflicht,
- Haftungsquote – horizontale Haftungsbeschränkung,
- Rückforderung von Unterhaltszahlungen,
- Weitere Belastungen der Kinder,
- Steuerliche Behandlung des Elternunterhalts sowie Vereinbarungen zum Elternunterhalt.
In der 6. Aufl. bietet der Autor auch neue Lösungsvorschläge und Argumentationslinien für die Beratungspraxis, zum Beispiel neue Berechnungswege etwa zu den Themen Konkurrierende Elternunterhaltsansprüche sowie „E. Verteidigungsstrategien gegen Elternunterhalt“ und „H. Vorsorgende Beratung der Anwaltschaft“ und beinhaltet einen neuen Teil „I. Fälle mit Auslandsbezug.“ Sehr materialreich ist Teil „J. Anhang“: Sterbetafeln, Barwerttabellen, Verrentungstabellen, Haushaltsausgaben, Aufzinsungsfaktoren zur Berechnung des Altersvorsorgevermögens, Pflegerisikofaktoren und Bewertung befristeter Nutzungsrechte.
Diskussion
Das Werk ist nach fünf Jahren seit Erscheinen der 5. Auflage nicht nur grundlegend überarbeitet worden, sondern auch auf dem aktuellen Stand des Angehörigen-Entlastungsgesetzes. Der Elternunterhaltsrechts-Experte Jörn Hauss gibt präzise Antworten und entwickelt praktikable Lösungsansätze in Hinblick auf die vielfach neuen, teilweise noch nicht geklärten Probleme. Das umfangreiche, sehr ins Detail gehende Werk mit zahlreichen Nachweisen auch der einschlägigen Judikatur und Literatur (u.a. in 826 Fußnoten!) kann allen Praktikerinnen und Praktikern des Familienrechts nur nachhaltig empfohlen werden, also insbesondere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, den Familiengerichten sowie einschlägig tätigen Fachverwaltungen insbesondere im Bereich der Sozial- und Jugendhilfehilfeträger, Trägern der freien Sozial- und Jugendhilfe, aber auch allen wissenschaftlich Interessierten und schließlich allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich mit dem in der Regel komplizierten Thema „Elternunterhalt“ befassen (müssen).
Fazit
Dem Autor, Rechtsanwalt und Fachanwalt Jörn Hauss ist es gelungen, erneut ein aktuelles und umfassend angelegtes Werk zum Thema „Elternunterhalt“ als einem wichtigen Teilgebiet des Verwandtenunterhaltsrechts nach dem BGB vorzulegen. Das Werk gibt Antworten auf alle einschlägigen, auch komplizierten Fragestellungen und ist auf dem neuesten Stand des Angehörigen-Entlastungsgesetzes, das einen Schwerpunkt der Neuauflage darstellt und aufgrund dessen seit dem 01.01.2020 Elternunterhalt grundsätzlich nur noch oberhalb einer Jahreseinkommensgrenze von 100.000 Euro zu leisten ist.
Rezension von
Prof. Dr. jur. Dr. phil. Reinhard Joachim Wabnitz
Assessor jur., Magister rer. publ., Ministerialdirektor a. D.
Er war Professor für Kinder- und Jugendhilferecht und Familienrecht an der Hochschule RheinMain, Wiesbaden. Zuvor war er u.a. Leiter der Abteilung Kinder und Jugend im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Vorsitzender der Sachverständigenkommission für den 14. Kinder- und Jugendbericht sowie Schiedsstellenvorsitzender. Er ist Autor von ca. 500 wissenschaftlichen Abhandlungen und Fachveröffentlichungen, darunter 51 Buchpublikationen, sowie Lehrbeauftragter an mehreren Hochschulen und Fachbereichen für Soziale Arbeit.
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Es gibt 8 Rezensionen von Reinhard Joachim Wabnitz.
Zitiervorschlag
Reinhard Joachim Wabnitz. Rezension vom 28.07.2020 zu:
Jörn Hauß: Elternunterhalt. Grundlagen und Strategien. Gieseking Verlag Verlag Ernst und Werner Gieseking GmbH
(Bielefeld) 2020. 6., völlig neu bearb. Auflage.
ISBN 978-3-7694-1236-9.
Reihe: FamRZ-Buch - 21.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/26990.php, Datum des Zugriffs 08.12.2024.
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