Suche nach Titel, AutorIn, RezensentIn, Verlag, ISBN/EAN, Schlagwort
socialnet Logo

Heidrun Kallies, Farrin Rezai: "Lasst uns die Welt erfinden!"

Rezensiert von Thomas Becker, 19.11.2020

Cover Heidrun Kallies, Farrin Rezai: "Lasst uns die Welt erfinden!" ISBN 978-3-948731-00-7

Heidrun Kallies, Farrin Rezai: "Lasst uns die Welt erfinden!". Migration und Interkulturalität in Systemischer Beratung. MARTA PRESS (Hamburg) 2020. 116 Seiten. ISBN 978-3-948731-00-7. D: 16,00 EUR, A: 18,00 EUR, CH: 20,00 sFr.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.
Inhaltsverzeichnis bei der DNB.

Kaufen beim socialnet Buchversand

Thema

Diese Stipendiumsschrift thematisiert die Systematische Beratung im Kontext von Migration und Interkulturalität. Im Besonderen geht es hierbei darum, die Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Menschen herauszuarbeiten und die Bereicherung durch Unterschiede zu vermitteln. Der Gesellschaft und deren Solidarität kommt hierbei eine große Rolle zu. Dies wird thematisch dargelegt.

Autorin

Farrin Rezai ist Erzieherin, Systemische Therapeutin und besitzt einen juristischen Studienabschluss. Heidrun Kallies ist Dipl. Pädagogin und Supervisorin.

Entstehungshintergrund

Farrin Rezai ist selbst als politisch Verfolgte aus dem Iran nach Deutschland gekommen und musste sich in diesem damals für sie noch fremden Land, zurechtfinden. Sie beschreibt Migration als Teil Ihrer Vergangenheit. Zudem ist Migration ein Teil ihrer beruflichen Tätigkeit. Heidrun Kallies ist in der DDR aufgewachsen und hat dort einen Staatszusammenbruch miterlebt. Sie prägten zum einen die damit einhergehenden Auswirkungen auf ein Land und die damit vielfach einhergehenden Auswirkungen auf persönliche Schicksale.

Inhalt

Die Stipendiumsschrift umfasst 116 Seiten und beinhaltet zwei Punkte vor Kapitel 1.

So ist dies zum einen „Interkulturalität – Was geht mich das an?“. Hierin wird u.a. die Entstehung des Werkes durch die Autorinnen beschrieben. Es geht bereits um eine kurze Darlegung, über die auf der Welt vorherrschenden Bedingungen und deren Auswirkung auf das Leben der Menschen. Durch eine globalisierte Welt verlieren viele Menschen ihre Lebensgrundlagen. Dies resultiert aus kriegerischen und wirtschaftlichen Inbesitznahmen und anderen Aspekten, die zur Vernichtung von Existenzgrundlagen und Vertreibung führen. Hieraus entstehen neue Herausforderungen an die Bildung von Identitäten und Flexibilität im Kontext von Interkulturalität und Migration. Systemische Beratung findet in diesem Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung statt.

Der andere Punkt, welcher vor dem 1. Kapitel kommt, geht der Frage nach, „Warum uns die Themen Migration und eine politische Haltung in sozialen Arbeitsfeldern wichtig sind“. Neben einem Zugang der beiden Autorinnen zum Thema Migration und Interkulturalität ist es den Autorinnen in ihrer Arbeit wichtig, die politischen und wirtschaftlichen Veränderungen und Herausforderungen zu berücksichtigen, mit denen die Gesellschaft konfrontiert wird.

In Kapitel 1 wird die eigentliche „Einleitung“ dargestellt. Hier wird dem Leser die gegenwärtige Situation dargelegt. So führt die Digitalisierung beispielsweise zu einem verdrehten Verhältnis der Generationen. Zudem werden die Lebensrealitäten durch die globalisierte Welt immer komplexer. Den Rahmen bildet eine kapitalistische Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Fortfolgend wird der Aufbau des Buches beschrieben.

In Kapitel 2, Systemische Leitgedanken, geht es darum, dass das systematische Handeln auf unterschiedlichen Grundsätzen beruht. Drei dieser Grundsätze wurden ausgewählt und werden in diesem Kapitel näher betrachtet. Zum einen geht es um Kooperation, welche den Leitgedanken einer gemeinsamen Konstruktion von Wirklichkeit hat. Als ressourcenorientierte Methode wird die Familienskizze aufgeführt. Diese richtet ihren Fokus auf das Aufwachsen mit anderen Familienmitgliedern. Zudem werden hier das systemische Denken und die politische Haltung in Verbindung gesetzt. In diesem Kapitel wird außerdem die Thematik der Macht angesprochen.

In Kapitel 3 geht es um Kultur und Migration. Es wird beschrieben, wie die Auseinandersetzung und das Sprechen über Kultur sich in einem Spannungsfeld von Fest- und Zuschreibungen und der Prozesshaftigkeit gesellschaftlichen Zusammenlebens bewegt. Kulturen sind einem ständigen Wandel ausgesetzt. Dennoch sind sie die Basis für ein Normkonzept. Auch geht es in diesem Kapitel um Hintergründe und vielfältige Formen bezüglich der Thematik der Migration. Trotz Chancen wird noch heute Migration als Bedrohung kommuniziert.

Migration und Kultur heißt die Überschrift von Kapitel 4. Dieses legt dar, dass sich eine Gesellschaft, welche kapitalistisch geprägt ist, über Wettbewerb definiert. Innerhalb dieser Gesellschaft, ist in Zeiten von verschärftem und globalen Wettbewerb ein ständiger Leistungswettbewerb gegeben. Dieser Umstand wirkt sich bei der Darstellung und Wahrnehmung von Migration als gesellschaftliches Phänomen aus. Deren Auswirkung auf den Solidaritätsgedanken und die Bereitschaft, sich mit Hintergründen der Migration und dessen Phänomen auseinanderzusetzen und diese zu verstehen, wird in diesem Kapitel thematisiert. Zudem wird der systemische Leitgedanke zu Migration und Kapitalismus beschrieben.

Das Kapitel 5, welches Migration als Chance zur Überschrift trägt, soll durch einen persönlichen Erfahrungsbericht von Farrin Rezai, einen Perspektivwechsel ermöglichen. Eigene Unsicherheiten und unterschiedliche Kulturen, stellen oft ein Hindernis für Verständnis da. So ist es schwierig, Gefühlswelten und Situationen von Geflüchteten zu verstehen und diese nachvollziehen zu können. Auch Geflüchtete sind von Unsicherheiten und Unterschieden betroffen. Sie sind damit oftmals auf sich alleine gestellt. Diese Unterschiede können durch eine systematische Sicht wichtige Ressourcen darstellen und bereichernd sein. Grundlegend hierfür ist es von Bedeutung, ein Verständnis dafür zu entwickeln, was Migration für die betroffenen bedeutet. 

In Kapitel 6 geht es um Gesellschaftliche Veränderungen und Systemische Therapie. In diesem Kapitel wird ein Zitat genutzt, welches besagt, dass Migration kein Fluchtproblem sei. Der Schlüssel zum Verstehen der Welt könne die Bewegung sein. Es geht um Gesellschaft, als ein umfassendes System, welches aus verschiedenen Ausdifferenzierungen hervorgeht. Die Arbeit der systemischen Therapie geschieht unter Einbeziehung sozialer Strukturen und gegenseitigen Abhängigkeiten im jeweils zu betrachtenden Kontext. Der einzelne Mensch ist Teil seines Umfelds und hat somit Anteil daran, wie sich Gesellschaft gestaltet.

Eine Schlussbetrachtung wird in Kapitel 7 zusammenfassend formuliert. Hierin wird nochmals die persönliche Verunsicherung der Menschen, mangelnde Toleranz, eine sich rasch verändernde Welt mit Wettbewerb und Leistungsdruck und dem gegenüber, die Aufgaben der Politik und der Gesellschaft dargestellt. Hier wird die Ausgangsfrage nochmals aufgegriffen.

Kapitel 8, soll den Leserinnen und Lesern praktische Tipps und Anregungen geben. Und die Praxis ist der Titel dieses Kapitels, welches das letzte Kapitel vor Kapitel 9, dem Inhaltsverzeichnis darstellt. Es thematisiert u.a. welchen persönlichen Herausforderungen Geflüchtete ausgesetzt sind und dessen Folgen. Es geht um Flucht als Ausnahmesituation und um Hindernisse in unseren Denkweisen. Des Weiteren ist hier ein Fragenkatalog zur Selbstreflexion enthalten.

Fazit

Das Werk von Heidrun Kallies und Farrin Rezai beschreibt den Status Quo der aktuellen, vorherrschenden Bedingungen bezüglich der Thematik der Migration und Interkulturalität. Beide Autorinnen haben differente eigene Erfahrungen mit der Thematik und bringen diese an den entsprechenden Stellen ein. Sie beschreiben den Wandel und die Faktoren, welche zu mangelnder Toleranz in der Gesellschaft und zu verunsicherten Menschen führen. Hieraus resultieren mangelnde Solidarität und Wahrnehmung gegenüber zugewanderten Menschen und deren Schicksalen. Es sind aber auch Ressourcen und Potenziale, welche sich durch Interkulturalität und Migration ergeben. Die Autorinnen setzen die Thematik der systemischen Beratung gezielt in den Kontext von Migration und Interkulturalität und zeigen somit deren Wichtigkeit und Möglichkeiten auf. Eine ständige Dynamik erfordert von einer Gesellschaft ein entsprechendes Miteinander und die Offenheit, Veränderungen als Chance zu sehen. Die Autorinnen haben ein bewegendes Werk verfasst, was den Nerv der Zeit bezüglich der Thematik trifft.

Rezension von
Thomas Becker
Mailformular

Es gibt 1 Rezension von Thomas Becker.

Besprochenes Werk kaufen
Sie fördern den Rezensionsdienst, wenn Sie diesen Titel – in Deutschland versandkostenfrei – über den socialnet Buchversand bestellen.


Zitiervorschlag
Thomas Becker. Rezension vom 19.11.2020 zu: Heidrun Kallies, Farrin Rezai: "Lasst uns die Welt erfinden!". Migration und Interkulturalität in Systemischer Beratung. MARTA PRESS (Hamburg) 2020. ISBN 978-3-948731-00-7. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27001.php, Datum des Zugriffs 14.10.2024.


Urheberrecht
Diese Rezension ist, wie alle anderen Inhalte bei socialnet, urheberrechtlich geschützt. Falls Sie Interesse an einer Nutzung haben, treffen Sie bitte vorher eine Vereinbarung mit uns. Gerne steht Ihnen die Redaktion der Rezensionen für weitere Fragen und Absprachen zur Verfügung.


socialnet Rezensionen durch Spenden unterstützen
Sie finden diese und andere Rezensionen für Ihre Arbeit hilfreich? Dann helfen Sie uns bitte mit einer Spende, die socialnet Rezensionen weiter auszubauen: Spenden Sie steuerlich absetzbar an unseren Partner Förderverein Fachinformation Sozialwesen e.V. mit dem Stichwort Rezensionen!

Zur Rezensionsübersicht