Rolf Arnold: Wie man lehrt, ohne zu belehren
Rezensiert von Prof. Dr. sc.hum. Nina Fleischmann, 22.12.2020

Rolf Arnold: Wie man lehrt, ohne zu belehren. 29 Regeln für eine kluge Lehre - das LENA-Modell.
Carl Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2020.
190 Seiten.
ISBN 978-3-8497-0336-3.
D: 19,95 EUR,
A: 20,60 EUR.
Reihe: Systemische Pädagogik.
Thema
„Man lernt fürs Leben“ oder „was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ sind nur zwei von vielen Sprichwörtern zum Thema Lernen, die wir alle kennen. Doch was bedeutet Lernen wirklich? Wie funktioniert Lernen und wie können Lehrkräfte das Lernen wirkungsvoll begleiten? Diesen und weiteren Fragen widmet sich dieses Buch und hat dabei den eigenen Anspruch im Titel vermerkt: „Lehren ohne zu belehren“.
Autoren
Prof. Dr. Dr. h.c. Rolf Arnold ist Seniorprofessor an der TU Kaiserslautern. Als Trainer für systemische Pädagogik und didaktische Organisationsentwicklung befasst er sich seit vielen Jahren mit dem Thema Lernen. Seine Forschungsthemen sind u.a. Ermöglichungsdidaktik und Emotionaler Konstruktivismus.
Aufbau
Auf 190 Seiten wird das vom Autor benannte LENA-Modell in 29 Regeln dargelegt. LENA steht hier für Lebendigkeit und Nachhaltigkeit. Zwei Vorworte und ein Anhang mit praktisch anwendbaren Checklisten rahmen das LENA-Modell.
Das Buch richtet sich an alle, die Lern-Lehr-Situationen gestalten: in der Schule wie auch im akademischen Kontext oder in der Erwachsenenbildung.
Inhalt
Das Lernmodell LENA stellt die Lernenden, ihre Lernprozesse und die Stärkung ihrer Selbstlernkompetenz in den Mittelpunkt. Grundlage ist die Annahme, dass das Erfahrungslernen den größten Anteil im Lernen stellt. Diese Kompetenzen bringen Menschen im (Arbeits-)Leben maßgeblich voran.
Die 29 Regeln des Lernmodells beziehen sich auf ausgewählte Fragen des Unterrichtsalltags. Die Regeln will der Autor als Fabrikation von wirksamen Wegen verstanden wissen. Sie sind vorläufig, kontextgebunden und wandelbar. Jede Regel plakatiert in prägnantem Ausdruck wie beispielsweise „Bieten Sie die Struktur und das Baumaterial für die Lernprojekte der Lernenden an“ einen Impuls zum Nachdenken und Umsetzen. Dazu werden theoretische Aspekte wie auch praktische Erfahrungen – aus Didaktikseminaren oder Erleben von Lehrpersonen – herangezogen.
Der Grundgedanke des Autors wird in den Regeln deutlich: Lernende sind die Eigentümer ihres eigenen Lernprozesses. Diese Selbstlernfähigkeit gilt es durch Anbahnung in Lehr-Lern-Situationen zu stärken und durch die Art der Lehre, in analogen wie auch digitalen Formaten, zu fordern. Hierzu werden konkrete Tools vorgeschlagen, von Gedächtnistechniken, Lesetechniken über Überprüfung des Lernverhaltens bis hin zu Lernstrukturierungen und Lernprozessreflexionen. Lernziele finden ihren Platz in den Regeln, werden aber hier zu Lernerzielen. Diese geben der Lernbewegung eine Richtung und verknüpfen sich mit den Lernprojekten der Lernenden. Der Lernprozess als Erkenntnisprozess soll konstruktiv und situativ als Aneignung und wirksames Erleben inszeniert werden. Damit wird die eigene Selbstwirksamkeit der Lernenden spürbar. Arnold vergleicht Lehrende mit Gerüstbauern und Steinbruchverwaltern: sie bieten Struktur und Baumaterial für die Lernenden an und wandeln das direkte in ein indirektes Lernen um.
Im LENA-Modell sind hierzu vier Dimensionen verortet:
- die Aneignungsdimension
- die Erlebensdimension
- die Anwendungsdimension
- die Reflexionsdimension
Der Weg zur Förderung der Selbstlernfähigkeit führt auch über die Reflexion des eigenen Lernens der Lehrenden. Dem Modell folgend soll sich hier die Haltung von einer zentralen Rolle hin zu einem Mentoring. Dem didaktischen Handeln werden hier erweiterte Dimensionen mitgegeben, die z.B. im Akronym „RAUM“ ausgedrückt wird: die Schaffung von Räumen, die Aufbereitung von Lernunterlagen, das Unterlassen überflüssiger Lehr-Inputs und die Bereitstellung und Übung von Methoden. Für die Entwicklung vom Lehren zur Lernberatung werden zahlreiche – mehr oder minder konkrete – Anregungen mitgegeben. Gleichsam die Entwicklung fachlicher wie auch persönlicher Kompetenzen im Blick zu haben benennt der Autor als „Unterricht im Stereoton“. Auch Methoden sind im LENA-Modell eingeordnet: sie sind nicht (mehr länger) nur Wege zum Ziel, sondern sie eröffnen Wege.
Diskussion
Einfach an 29 Regeln halten und Unterricht ist für alle Beteiligten perfekt? Ganz so einfach ist es dann doch nicht und das ist auch nicht der Anspruch des Autors. Er möchte, das die Lesenden Lehren und Lernen miteinander verknüpfen und Lernen stärker von den Lernenden her gedacht wird.
Hervorzuheben ist in diesem Buch über das LENA-Modell die gelungene Mischung aus (Selbst-) Reflexion, theoretischen Hintergründen, Schilderungen von Erfahrungen aus Seminaren und dem Alltag von Lehrenden. Die bildhafte Sprache ist gut lesbar. Als Hochschullehrerin habe ich mich in vielen Aspekten wiedergefunden und sogleich den „Selbstlernreflektor“ in einem Seminar mit Erstsemesterstudierenden eingesetzt.
Mit Tafeln, Tabellen, Akronymen, Merksätzen und grafischer Abgrenzung wird über den visuellen Weg auch – um beim Thema zu bleiben – das Lernen des Lesers befördert.
Fazit
„Man kann nicht nicht lernen“ wandelt der Autor ein bekanntes Zitat aus der Kommunikationstheorie ab. Das LENA-Modell bietet reichlich Anregungen für Lehrende und erweitert das didaktische Denken.
Rezension von
Prof. Dr. sc.hum. Nina Fleischmann
Hochschule Hannover Fakultät V - Diakonie, Gesundheit und Soziales
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Zitiervorschlag
Nina Fleischmann. Rezension vom 22.12.2020 zu:
Rolf Arnold: Wie man lehrt, ohne zu belehren. 29 Regeln für eine kluge Lehre - das LENA-Modell. Carl Auer Verlag GmbH
(Heidelberg) 2020.
ISBN 978-3-8497-0336-3.
Reihe: Systemische Pädagogik.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27070.php, Datum des Zugriffs 02.12.2023.
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