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Jeanette Roos, Susanna Roux: Das große Handbuch Frühe Bildung in der Kita

Rezensiert von Dr. phil. Bianca Bloch, Dipl. Päd. Nicole Dern, 08.10.2020

Cover Jeanette Roos, Susanna Roux: Das große Handbuch Frühe Bildung in der Kita ISBN 978-3-556-07350-6

Jeanette Roos, Susanna Roux: Das große Handbuch Frühe Bildung in der Kita. Wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis. Carl Link (Kronach) 2020. 688 Seiten. ISBN 978-3-556-07350-6. D: 59,95 EUR, A: 61,70 EUR.

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Thema

Das Handbuch macht es sich – wie im Untertitel deutlich wird – zur Aufgabe, einen breiten und praxisnahen Überblick über wissenschaftliche Grundlagen im Bereich der Frühen Bildung in der institutionellen Kindertagesbetreuung zu geben. Dabei geht es um wissenschaftliche Erkenntnisse, Konzepte, Methoden sowie aktuelle Themen aus verschiedenen Disziplinen (Entwicklungspsychologie, (Kindheits-)Pädagogik, Bildungswissenschaften, Soziologie etc.), die für dieses Handlungsfeld relevant sind. Die Zielgruppe des über 650-seitigen Werkes reicht von Leitungs- und Fachkräften und den zugehörigen Fachberatungen bis hin zu Lernenden und Lehrenden im Bereich Weiterbildung und Studium aus dem Feld der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung.

Herausgeberinnen

Mit Prof. Dr. Jeanette Roos und Prof. Dr. Susanna Roux (1963-2020) haben sich renommierte Vertreterinnen ihres Fachgebietes als Herausgeberinnen der Erarbeitung dieses Handbuchs angenommen. Der von Jeanette Roos verfasste Nachruf auf Susanna Roux, der Teil des Werkes ist, zeugt von einer intensiven gemeinsamen Arbeit am gemeinsamen Anliegen der Vermittlung zwischen Wissenschaft und Praxis in der Elementarpädagogik.

Aufbau

Das Handbuch geht umfassend auf das Feld der Frühen Bildung in der Kita ein und deckt mit seinen 53 Kapiteln in acht Teilen ein weites Spektrum der wissenschaftlichen Grundlagen ab.

So befasst sich Teil I in acht Kapiteln mit „Theorie und Handlungskonzepte der frühen Bildung“, Teil II nimmt in weiteren acht Kapiteln „Entwicklung und Lernen in der Kindheit“ in den Blick. Die Bildungsbereiche werden in Teil III (übergreifend, sechs Kapitel) und Teil IV (spezifisch, acht Kapitel) fokussiert. In vier Kapiteln thematisiert Teil V „Interaktionsbereiche“, bevor in Teil VI in sechs Kapiteln das umfangreiche Thema der professionellen Herausforderungen in den Fokus rückt. Anschließend befassen sich Teil VII (sieben Kapitel) mit „Leitung/Team und Professionalisierung“ und Teil VIII (sechs Kapitel) mit der „institutionellen Zusammenarbeit“. Ein Stichwortverzeichnis erleichtert zusätzlich die Suche innerhalb des Werkes.

Jedes Kapitel enthält neben einem Abstract zu Beginn dezidierte Hinweise auf weiterführende Literatur am Ende des Beitrags, die besonders für Selbstlernende sinnvolle Vertiefungsoptionen anbieten. Innerhalb der einzelnen Kapitel erleichtern Stichworte am Rand die Orientierung. Zusätzlich werden wichtige Passagen, Tipps, Exkurse oder Beispiele über einen Kasten farblich hervorgehoben. Dadurch wird eine gute Leserführung und hohe Leserfreundlichkeit erreicht.

Inhalt

Den thematischen Auftakt des Handbuchs macht Teil I mit „Theorie und Handlungskonzepte der frühen Bildung“ und legt damit eine wichtige (Verständnis-)Grundlage. Stephen Frank führt zunächst in die Begriffe Erziehung, Bildung, Betreuung und Prävention ein, indem er deren Bedeutungen und Verwendungen sowie deren theoretische Hintergründe darlegt sowie ihre Praxisbedeutung erörtert. Darauf folgt das Kapitel „Didaktische Perspektiven in der Arbeit mit null- bis dreijährigen Kindern“, in dem Susanne Viernickel für diese Altersgruppe zentrale Elemente pädagogischen Planens und Handelns vorstellt und mit Beispielen aus der Praxis unterfüttert. Anke König stellt drei internationale frühpädagogische Ansätze zur Gestaltung von Bildungs- und Lernprozessen (Pyramide-Ansatz, Substained Shared Thinking, Entwicklungspädagogik) in den Mittelpunkt ihres Beitrags, die (u.a. mit konkreten Praxisbeispielen) praktische Anregungen für den deutschen Elementarbereich geben sollen. Der zweite Beitrag von Stephen Frank befasst sich mit „Neueren pädagogischen Ansätzen“, die sich meist auf ein (sozial-)konstruktivistisches Bildungsverständnis beziehen. Hierfür werden der Situationsansatz, die Reggio-Pädagogik und die Waldpädagogik anhand des Bildes vom Kind, des Bildungsverständnisses, der Ziele und Grundsätze sowie der Rolle der Fachkraft beispielhaft vorgestellt. In „Spielen und Lernen“ definiert Bernhard Hauser zunächst das kindliche Spiel, bevor er einen Überblick über die verschiedenen Spielformen und deren Lernpotenziale gibt. Der Beitrag „Konzeptionsentwicklung“ von Andreas Koch und Rainer Werkmann befasst sich mit allen wichtigen Begrifflichkeiten, Prozessen, Aufgaben und Herausforderungen im Kontext dieser Thematik, die ein Qualitätsmerkmal von Kindertageseinrichtungen darstellt. Angelika von der Beek setzt sich mit der Bedeutung von Raum und Material in Kindertageseinrichtungen und deren bedeutsamer Rolle im Zusammenhang mit frühkindlichen Bildungsprozessen auseinander. Den Abschluss des ersten Teils bildet der Beitrag von Lieselotte Ahnert, die den Zusammenhang von Bildung(-sprozessen) und Bindung anschaulich verdeutlicht.

Teil II des Sammelbandes fokussiert auf „Entwicklung und Lernen in der Kindheit“. Henning Rosenkötter stellt verschiedene Faktoren dar, die die „Körperliche Entwicklung“ von Kindern beeinflussen können, und gibt eine Übersicht über die Meilen- sowie Grenzsteine der motorischen Entwicklung. Die „Sprachentwicklung“ steht bei Steffi Sachse im Mittelpunkt. Sie beschreibt übersichtlich die Meilensteine der kindlichen Sprachentwicklung, benennt Voraussetzungen und Bedingungen und nimmt abschließend einen Exkurs zur Mehrsprachigkeit vor. Mit der „kognitiven Entwicklung“ befassen sich Claudia Mähler und Friederike Cartschau und beschreiben neben den einzelnen Stadien der Denkentwicklung, wie diese durch angemessene Bildungs- und Lernangebote angeregt werden kann. Nils Schumacher und Joscha Kärtner vertiefen die sozial-emotionale Entwicklung, die Freundschaft und das Verhalten in der Gruppe sowie die frühe prosoziale und moralische Entwicklung als Bereiche der „Sozialen Entwicklung“ von Kindern. Die „Emotionale Entwicklung“ wird von Jeanette Roos bearbeitet und auf unterschiedlichen Ebenen (u.a. Umgang mit Emotionen, Zusammenhang mit Sprache, Rolle der Bezugspersonen) betrachtet. Die „Entwicklung der Persönlichkeit“ wird von Geburt an von Sabina Pauen dargestellt und die Möglichkeiten der Stärkung der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung durch die Kita werden beschrieben. Jan Lonnemann, Marcus Hasselhorn und Jan-Henning Ehm stellen dar, welchen Einfluss kognitive und motivational-volitionale Voraussetzungen auf das Lernen und den Lernerfolg in der frühen Kindheit haben. Abschließend befasst sich Hellgard Rauh mit den „Entwicklungs- und Sozialisationsrisiken“, die einen negativen Einfluss auf die Entwicklung eines Kindes haben können.

Die Teile III und IV des Handbuchs widmen sich ausführlich der großen und wichtigen Thematik der „Bildungsbereiche“ im Elementarbereich.

In Teil III wird das Thema zunächst übergreifend betrachtet und es werden – losgelöst von den konkreten Bildungsbereichen der Bildungs- und Erziehungspläne – relevante inhaltliche Aspekte/übergeordnete Kompetenzbereiche dargestellt. Gisela Kammermeyer und Melanie Jester befassen sich mit der „Kognitiven Bildung und Förderung“, Sarah King und Astrid Metz setzen sich mit der „Sprachbildung und Sprachförderung“ auseinander, während Regina Lamparter und Gisela Kammermeyer die „Schriftsprachliche Bildung“, Jens Holger Lorenz die „Mathematische Bildung“, Susanna Roux die „Soziale Bildung“ sowie Tanja Jungmann die „Emotionale und personale Bildung“ thematisieren.

Spezifische Bildungsbereiche werden dann im Teil IV vorgestellt. Hier werden die Themen „Medienbildung“ (Norbert Neuß), „Naturwissenschaftliche Bildung“ (Jutta Sechtig), „Ästhetische Bildung“ (Yvonne Bulander), „Musikalische Bildung“ (Stefanie Stadler Elmer), „Bildung durch Theaterspielen“ (Stefanie Jerg und Susanna Mautz), „Bildung durch Bewegung“ (Rolf Schwarz), „Gendergerechte Bildung“ (Franziska Vogt) und „Religion, Ethik, Philosophie“ (Hans-Bernhard Petermann) – sowohl einführend theoretisch als auch anschaulich praktisch – behandelt.

Teil V ist mit „Interaktionsbereiche“ überschrieben. Zunächst befasst sich Fabienne Becker-Stoll mit der Fachkraft-Kind-Beziehung, indem sie die Bedeutung derselben für die Qualität der Begleitung von Kindern herausstellt. Die Zusammenarbeit der Fachkräfte mit den Eltern nimmt Beate Vomhoff in den Blick. Alessandra Amoroso und Jeanette Roos richten unter dem Schlagwort „Inklusive Bildung“ die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung von Vielfalt innerhalb der Einrichtungen und nehmen hierbei auch über den Ansatz der Vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung konkrete Handlungsstrategien der Praxis in den Blick, bevor sich Jörg Maywald mit dem Thema „Kinderrechte und Partizipation“ auseinandersetzt.

Im folgenden Teil des Sammelbandes wird „Heterogenität im Kindesalter“ von Sabine Weinert unter dem Titel „Teil VI – Professionelle Herausforderungen“ aus einer anderen Perspektive betrachtet, bevor Jeanette Roos das „Diagnostische Handeln in Kindertageseinrichtungen im Dienste kindlicher Bildungs- und Entwicklungsprozesse“ vorstellt. Das Kapitel „Qualitätsmanagement in Kindertageseinrichtungen“ von Wolfgang Tietze geht von einem Struktur-Prozess-Modell aus, das neben der Struktur- und Prozessqualität auch die Orientierungsqualität und den Bezug zur Familie einbezieht. Das Kapitel „Migrationsbedingte Diversität in Kindertagesstätten“ (Havva Engin) führt den Blick zurück auf die gesellschaftliche Realität der Vielfalt, die auch in Kindertageseinrichtungen zu professionellen Herausforderungen führt. Die Autorin schlägt hierbei den Bogen von gesamtgesellschaftlichen Prozessen über verschiedene „bildungspolitische Antworten“ wie die Interkulturelle und die Transkulturelle Pädagogik, bis hin zu konkreten notwendigen elementarpädagogischen Fachkompetenzen. Die Kapitel „Eingewöhnung in Krippe und Kindergarten“ (Petra Völkel) und „Transition Kindergarten/​Grundschule“ (Katharina Kluczniok) schließen den sechsten Teil des Sammelbandes mit der Thematisierung der professionellen Herausforderungen beim Eintritt und Austritt des Kindes in die Kindertagesbetreuung ab.

Teil VII des Handbuchs widmet sich dem Themenkomplex „Leitung/Team und Professionalisierung“. Zunächst arbeiten Christina Schwer und Julius Kohl die Verknüpfung von „Professionalität und Haltung“ aus, indem sie die Zusammenhänge Professionalität – Haltung – Selbstkompetenzen mittels einer Persönlichkeitstheorie beleuchten. Petra Strehmel widmet sich dem „Bildungs- und Sozialmanagement als Aufgabe von Kitaleitungen“, bevor Carolin Wicker sich mit der Praxis als wichtigem Lernort auseinandersetzt, an dem der Funktion des Mentoring besondere Bedeutung zukommt („Mentoring – Anleitung von Praktikantinnen und Praktikanten am Lernort Praxis“). Mit „Multiprofessionelle Teams und Teamarbeit“ überschreibt Dörte Weltzien ihr Kapitel, welches den Fokus auf den Einfluss des Teams auf die pädagogische Qualität legt und dabei Teamstrukturen und die Möglichkeiten der Teamentwicklung aufnimmt. Thilo Schmidt vergleicht verschiedene Wege der „Ausbildung von Fachkräften“, die aktuell im Feld der Kindertagesbetreuung möglich sind. Die auch von ihm thematisierte Notwendigkeit von „Fort- und Weiterbildung“ diskutieren Anke König und Christina Buschle kritisch zwischen Anspruch und Realität. Iris Hipp-Leutnecker schließt diesen Teil des Sammelbandes mit dem Blick auf die „Fachberatung für Kindertageseinrichtungen“.

Der VIII. und letzte Teil des Handbuchs ist der „Institutionellen Zusammenarbeit“ gewidmet. Hier nimmt Klaus Sarimski sich der Thematik „Frühe Hilfen, Prävention und Kindeswohl“ an, Kirsten Fuchs-Rechlin beleuchtet das Feld der „Kindertagespflege“ und Astrid Rank rückt die „Grundschule“ in den Fokus. „Adoption und Pflegekinderwesen“ (Ina Bovenschen) wird in seiner Bedeutung auch für die Arbeit in Kitas ebenso in diesem Teil thematisiert wie die „Familienbildung“ (Tamara Schubert, Susanna Roux und Jutta Sechtig), die insbesondere im Kontext der Familienzentren eine deutliche Präsenz im Feld der Kindertagesbetreuung zeigt. Andreas Lange beschließt den letzten Teil des Handbuchs mit einem Blick auf die „Schulsozialarbeit in der Grundschule“.

Fazit

Durch die beschriebene Strukturierung (Abstracts, Stichworte an den Seitenrändern, visuelle Hervorhebungen, Stichwortverzeichnis, vertiefende Literatur) wird der Charakter eines Nachschlagewerkes für in der Praxis tätige Fach- und Leitungskräfte wie auch für Lernende und Lehrende an (Fach-) Hochschulen und im Weiterbildungssektor der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung deutlich. Das Anliegen der wissenschaftlichen Fundierung „guter“ elementarpädagogischer Praxis, das bereits im Vorwort angesprochen wird, wird auch in dieser Struktur deutlich. Hierbei schafft das Handbuch den Spagat zwischen einem verständlichen Nachschlagewerk für Studium und Praxis, aktueller wissenschaftlicher Fachliteratur und pädagogischem Praxisbezug auf besonders gelungene Weise. Für die einzelnen Themen konnte viele namhafte Expert*innen der frühen Bildung gefunden werden. Die versprochenen Bezüge zur Praxis sind in allen Teilen des Werkes klar erkennbar und tragen zur Übertragbarkeit der Inhalte bei.

Mit Kauf des Buches erhält man zusätzlich eine (kostenfreie) Online-Ausgabe des Werkes, wenn man Premium-Mitglied bei www.kita-aktuell.de ist. Diese Mitgliedschaft ist jedoch mit monatlichen Kosten verbunden. Allerdings kann die Premium-Mitgliedschaft vier Wochen gratis getestet werden. Hier wäre eine andere Regelung wünschenswert, um die Online-Ausgabe zusätzlich zum gekauften gebundenen Handbuch kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Rezension von
Dr. phil. Bianca Bloch
staatlich anerkannte Kindheitspädagogin (M.A.); langjährige wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Pädagogik der Kindheit der Justus-Liebig-Universität Gießen, aktuell in Elternzeit
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Dipl. Päd. Nicole Dern
Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Justus-Liebig-Universität Gießen
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Zitiervorschlag
Bianca Bloch, Nicole Dern. Rezension vom 08.10.2020 zu: Jeanette Roos, Susanna Roux: Das große Handbuch Frühe Bildung in der Kita. Wissenschaftliche Erkenntnisse für die Praxis. Carl Link (Kronach) 2020. ISBN 978-3-556-07350-6. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27146.php, Datum des Zugriffs 09.10.2024.


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