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Hugo Grünwald, Torsten Held et al.: Die Methoden-Matrix der Psychotherapie

Rezensiert von Dr. Wolfgang Rechtien, 04.08.2020

Cover Hugo Grünwald, Torsten Held et al.: Die Methoden-Matrix der Psychotherapie ISBN 978-3-621-28682-4

Hugo Grünwald, Torsten Held, Beatrix Horni: Die Methoden-Matrix der Psychotherapie. Systemische und verhaltenstherapeutische Techniken kombinieren. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2020. 230 Seiten. ISBN 978-3-621-28682-4. D: 39,95 EUR, A: 41,10 EUR, CH: 45,02 sFr.
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Thema

Die hier vorgestellte Methoden-Matrix soll dazu beitragen, „das Vorgehen im therapeutischen Prozess strukturierter, geplanter und sinnstiftender zu gestalten“ (S. 95).

Autoren

Professor Dr. Hugo Grünwald arbeitet am Psychologischen Institut der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZAHW).

Dr. med. Torsten Held ist im Externen Psychiatrischen Dienst in Frauenfeld, Schweiz, tätig.

Beatrix Horni, MSc, arbeitet als Psychologin in Ambulatorium und Tagesklinik für ältere Menschen des ipw Integrierte Psychiatrie Winterthur, Schweiz.

Inhalt und Aufbau

In Orientierung am Problemlöseparadigma sollen anhand verschiedener Dimensionen Ordnung, Nachvollziehbarkeit und Sinnhaftigkeit im Therapieprozess hergestellt werden. Diese Dimensionen orientieren sich an allgemeinen und spezifischen Wirkfaktoren, an Klärungs- und Bewältigungsparadigmen, an den Paradigmen Kybernetik I (Steuerungsparadigma im therapeutischen Arbeiten) und Kybernetik II (Nicht-Steuerung und Anstoßen neuer Prozesse) sowie an Setting-Kombinationen. Für die vorgeschlagene Kombination von systemischen und verhaltenstherapeutischen Techniken soll – so die Autoren – empirische Evidenz gegeben sein; begründet wird diese Kombination damit, dass „nicht für alle Ziele, die mit Patienten vereinbart werden, pragmatische systemische Methoden zu deren Erreichung zur Verfügung stehen“ (S. 13).

Das Buch enthält nach Geleitwort, Vorwort und Einleitung 5 Kapitel, ein Literatur- und Sachwortverzeichnis sowie einen Download-Code, mit dem eine PDF-Version des Buches heruntergeladen werden kann.

Kapitel 1: Grundlagen mit einer Einführung in die Methoden-Matrix. Auf drei sichtbaren Seiten eines Würfels werden Allgemeine Wirkfaktoren (Prozesshaltungen und Prozessgestaltung), Spezifische Wirkfaktoren (mit den Feldern 1 System-/​Ressourcenaktivierung; Reorganisation des Paar-/​Familiensystems, 2 System-/​Ressourcenaktivierung und Reorganisation des erweiterten Systems, 3 Förderung der Selbstwirksamkeit und 4 Förderung funktionaler Beziehungsmuster) und Prozessphasen dargestellt. Die Prozessphasen dienen dem „therapeutischenNavigieren“; aus ihrem Durchlaufen ergeben sich Hinweise auf geeignete Methoden und Vorgehensweisen.

Grünwald, Held und Horni gehen davon aus, dass die allgemeinen Wirkfaktoren die Basis für eine gelingende Psychotherapie sind, während die spezifischen Wirkfaktoren geringe Effektstärken aufweisen und zwar notwendig und wirksam, aber stark kontextabhängig sind, also durch Klientenbedürfnisse und -eigenschaften und Therapieauftrag bestimmt sind.

Im Kapitel 2 werden die Allgemeinen Wirkfaktoren spezifischer erläutert. Zu den Prozesshaltungen gehören Kundenorientierung, Transparenz, Kompetenzzuschreibung, Orientierung an Selbstorganisation, Viabilität [1] und Pragmatismus, zur Prozessgestaltung Beziehungsgestaltung, Wechseln zwischen Ressourcen- und Problemorientierung, Wertschätzung, Stabilisierung und De-Stabilisierung bestehender Muster.

Die Spezifischen Wirkfaktoren werden im folgenden Kapitel näher behandelt. Die Autoren unterscheiden zunächst Bewältigungsorientierung und Klärungsorientierung und weisen diese schwerpunktmäßig verschiedenen Therapieverfahren zu. Sie gehen auf die interpersonale Dimension – für die sie die Arbeit in Mehrpersonensettings empfehlen – und auf die intrapersonale Dimension ein. In den folgenden Abschnitten werden die o.g. Felder mit Hinweisen zu Indikation, Hauptzielen und Methoden genauer erläutert.

Die Praktische Umsetzung der Methoden-Matrix anhand von Fallbeispielen ist Gegenstand des 4. Kapitels. Ferner gibt es einen „Vorschlag für ein minimal gehaltenes Standardpaket zur Qualitätssicherung Systemischer Therapie“, an den Matrixfeldern orientierte Details zur Anwendung einzelner Methoden und Heuristiken zur Selbstsupervision anhand von Checklisten zur Realisierung der allgemeinen und spezifischen Wirkfaktoren.

Der inhaltliche Teil des Buches schließt im 5. Kapitel mit Fallbeispielen aus der therapeutischen Praxis, in denen Bezüge zu den Matrixfeldern und zu den Methoden hergestellt werden.

Fazit

Wer an einer systematischen Darlegung allgemeiner und spezifischer Wirkfaktoren und – an ein Handbuch erinnernde – Vorschläge zum Einsatz systemischer und verhaltenstherapeutischer Technik im Laufe der Psychotherapie interessiert ist, wird hier fündig. Dabei kann die optionale und kostenlose PDF-Version hilfreich sein.

Was fehlt – und das halte ich angesichts der modernen Migrationsbewegungen (womit nicht nur Flüchtlinge gemeint sind!) für erheblich – ist eine Auseinandersetzung mit den besonderen Anforderungen kulturdifferenter Konstellationen, über die in einschlägigen Diskursen intensiv gehandelt wird [2]. Kulturell bedingte Unterschiede etwa hinsichtlich der Beziehungsgestaltung – Nähe und Distanz, Privatheit und Offenheit, Individualität, Kommunikationsweisen usw. – sind relevant für allgemeine Wirkfaktoren (Prozesshaltungen und Prozessgestaltung) und für spezifische Wirkfaktoren, z.B. den Einsatz von Methoden zur Förderung funktionaler Beziehungsmuster, Genogrammarbeit usw.


[1] Hier: Anwendbarkeit zur Symptomreduktion

[2] z.B. Hegemann, Th.; Oesterreich, C. (2009). Einführung in die interkulturelle systemische Beratung und Therapie. Heidelberg: Carl-Auer-Verlag. – Ploil, E. O. (2013). Kultursensible und kulturdifferente Beratung im Ausland lebender Menschen. In Gahleitner u.a. (Hrsg). Personzentriert Beraten: alles Rogers? Weinheim, Basel: Beltz Juventa. S. 267–274. – Hoffmann, E. (2015). Interkulturelle Gesprächsführung.Wiesbaden: Springer. – Rechtien, W. (2014). Kulturelle Diversität und Realitätsdeutungen. OSC. S. 329–341.

Rezension von
Dr. Wolfgang Rechtien
Bis 2009 Vorstandsmitglied und Geschäftsführer des Kurt Lewin Institutes für Psychologie der FernUniversität sowie Ausbildungsleiter für Psychologische Psychotherapie.
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Es gibt 38 Rezensionen von Wolfgang Rechtien.

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Zitiervorschlag
Wolfgang Rechtien. Rezension vom 04.08.2020 zu: Hugo Grünwald, Torsten Held, Beatrix Horni: Die Methoden-Matrix der Psychotherapie. Systemische und verhaltenstherapeutische Techniken kombinieren. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2020. ISBN 978-3-621-28682-4. Mit E-Book inside. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27149.php, Datum des Zugriffs 13.12.2024.


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