Arist von Schlippe, Björn von Schlippe: Mehr als Unsinn
Rezensiert von Elisabeth Vanderheiden, 04.01.2021

Arist von Schlippe, Björn von Schlippe: Mehr als Unsinn. Eine kleine Erkenntnistheorie des Witzes. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2020. 136 Seiten. ISBN 978-3-525-40852-0. D: 180,00 EUR, A: 186,00 EUR.
Thema
Die beiden Brüder von Schlippe, der eine Karikaturist, der andere Psychologe und Hochschullehrer, verstehen ihr Buch als „Cartoon-Kunst-Psychologie-Buch“, das intellektuell satt machen will (7) und wollen der Erkenntnis nachgehen, was Witze witzig macht und welche Funktionsweisen sich dahinter verbergen.
Autoren
Björn von Schlippe ist seit 1992 als freier Illustrator für Werbeagenturen, Filmproduktionen und Verlage in Deutschland, England und der Schweiz tätig. Er war Dozent für Storyboard-Zeichnen an der Bildkunstakademie in Hamburg.
Prof. Dr. phil. Arist von Schlippe, Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Familientherapeut und Familienpsychologe, hat den Lehrstuhl »Führung und Dynamik von Familienunternehmen« am Wittener Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/​Herdecke inne. Er ist Lehrtherapeut für systemische Therapie, Coach und Supervisor (SG).
Aufbau
Das Buch umfasst zahlreiche Karikaturen und kurze Kapitel (teilweise weniger als eine halbe Seite lang, teilweise mehrere Seiten umfassend) zu folgenden Schwerpunkten:
- Unsinn im Kopf
- Reframing: das Spiel mit dem Rahmen
- Selbstrückbezüglichkeiten und Paradoxie
- Es könnte alles ganz anders sein
- Die Kunst der doppelten Erwartungsenttäuschung
- Absurde Kontexte
- Differenz der Erwartungen
- Wortwitze
- Paradoxe Sprachgefängnisse
- Alles wortwörtlich genommen
- Die unheimliche Überlegenheit und Metakomplementarität
Inhalt
Im Abschnitt „Unsinn im Kopf“ beschreiben die Autoren ihre Motivation für die Veröffentlichung, klären den Begriff „Unsinn“ genauer und schließen einige erkenntnistheoretische Ausführungen zu Witzen – auf sprachlicher oder zeichnerischer -Ebene an. In diesem Zusammenhang sind Rahmungen, im Sinne von Sinngebungen, sogenannter Frames, wichtig, auf die die Autoren, im Abschnitt „Reframing: das Spiel mit dem Rahmen“ hinweisen, weil so z.B. vertraute Perspektiven gebrochen und neu ausjustiert werden können.
Im sehr kurzen Abschnitt „Selbstrückbezüglichkeiten und Paradoxie“ geht es vor allem um sprachliche Paradoxien, während der Abschnitt „Es könnte alles ganz anders sein“ von Vorannahmen und Erwartungen und den Zusammenhang zu Wirklichkeitskonstruktion handelt. Das Kapitel „Die Kunst der doppelten Erwartungsenttäuschung“ setzt sich mit der Frage nach der Enttäuschung von Erwarten, die die Autoren als zentrale Kategorie zur Ordnung der Welt und sozialen Klebstoff verstehen, auseinander. Werden diese in Frage gestellt, löst dies Verunsicherung aus und die Autoren beschreiben, welche Funktion Witze diesbezüglich haben können, z.B. in intergerationellen und interkulturellen Kontexten.
„Absurde Kontexte“ werden im folgenden Abschnitt in den Blick genommen, wie sie beispielsweise über Sprache und Sprachspiele hergestellt werden können. In „Differenz der Erwartungen“ verweisen die Autoren darauf, wie insbesondere durch Cartoons solche Unterschiede und Gegensätze visualisiert werden können. „Wortwitze“ bieten die besondere Gelegenheit, Widersprüchlichkeiten unmittelbar in den gewählten Worten zum Ausdruck zu bringen, während sogenannte „Paradoxe Sprachgefängnisse“ darauf hinweisen, dass eine Person von einer anderen etwas einfordert, dass diese nur intrinsisch motiviert und somit unaufgefordert schenken kann.
Der Abschnitt „Alles wortwörtlich genommen“ handelt von Grotesken, Unangemessenheiten oder Widersprüchlichkeiten, die in Witze gefasst werden. Das Kapitel „Die unheimliche Überlegenheit und Metakomplementarität“ streift Fragen des Lachens und Witzelns im Kontext von Überlegenheiten z.B. in Bezug auf das andere Geschlecht, andere religiöse oder ethnische Gruppen.
Diskussion
Das Buch besteht vor allem aus Cartoons, ergänzt um kurze hinführende und rahmende Texte, die von einigen wenigen Sätzen zu einige Seiten reichen. Dabei ist der Untertitel des Buches „Eine kleine Erkenntnistheorie des Witzes“ durchaus ambitioniert und wird leider ebenso wie der Anspruch „intellektuell satt machen“ zu wollen nur teilweise eingelöst.
Fazit
Ein interessantes Buch für Menschen, die Cartoons mögen, gerne auch etwas deftiger und offensichtlicher und denen kurze, knappe Erläuterungen dazu reichen.
Rezension von
Elisabeth Vanderheiden
Pädagogin, Germanistin, Mediatorin; Geschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung Rheinland-Pfalz, Leitung zahlreicher Projekte im Kontext von beruflicher Qualifizierung, allgemeiner und politischer Bildung; Herausgeberin zahlreicher Publikationen zu Gender-Fragen und Qualifizierung pädagogischen Personals, Medienpädagogik und aktuellen Themen der allgemeinen berufliche und politischen Bildung
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