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Juliane Staehler: Bindung und Sozialisation während der Adoleszenz

Rezensiert von Prof. i.R. Dr. Peter Bünder, 12.11.2020

Cover Juliane Staehler: Bindung und Sozialisation während der Adoleszenz ISBN 978-3-7799-6303-5

Juliane Staehler: Bindung und Sozialisation während der Adoleszenz: Die Kombination der Bindungstheorie Bowlbys und der Sozialisationstheorie Bourdieus als theoretisches Erklärungsmodell für deviantes Verhalten von Jugendlichen. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2020. 228 Seiten. ISBN 978-3-7799-6303-5. 34,95 EUR.

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Thema

Mit Bezug auf die Bindungstheorie John Bowlbys und die Gesellschaftstheorie von Pierre Bourdieu entwickelte die Autorin im Rahmen ihrer Dissertation im Jahr 2018 ein theoretisches Modell, um für die praktische Arbeit und der Diskussion innerhalb der Fachwelt zu einem besseren Verständnis von jugendlicher Devianz zu kommen.

Autorin

Dr. Juliane Staehler ist Pädagogin und zertifizierte SAFE®-Mentorin. Ihr Arbeits- und Forschungsschwerpunkt ist die Kinder- und Jugendhilfe.

Aufbau 

Nach einem Vorwort von Prof. Dr. Liebau und einer Übersicht gebenden Einleitung gliedert sich das Buch in sieben inhaltliche Kapitel und einen Ausblick. Hinzu kommt noch ein umfangreiches Literaturverzeichnis.

  1. Einleitung
  2. Begriffsklärung
  3. Die Bindungstheorie
  4. Die Gesellschaftstheorie Bourdieus
  5. Die Zusammenführung beider Theorien im Hinblick auf die Schwerpunkte der vorliegenden Arbeit
  6. Forschungsansatz
  7. Überprüfung des theoretisch entwickelten Erklärungsmodells anhand einer Einzelfallanalyse
  8. Schlussfolgerungen dieser Arbeit

Inhalt

In ihrer Einleitung beschreibt Staehler, wie sie über ihre Berufswahl Kontakt zu Jugendlichen kam, die sich den alterstypischen strukturellen Gegebenheiten und Anforderungen entzogen haben und stattdessen einen devianten Lebensweg einschlugen. Diese Erfahrungen führten sie bei ihrer Dissertation zu der Forschungsfrage, welche bindungstheoretischen und sozioanalytischen Faktoren dazu führen, dass manche Jugendliche scheinbar nur eine Möglichkeit autonomer Handlungsfähigkeit in anomischen Strukturen und abweichendem Verhalten sehen.

Nach der Darstellung der für diese Arbeit relevanter Begriffe wie Sozialisation, Bildung, Familie als Erziehungsinstanz, Adoleszenz, Peergroup und Gesellschaftliche Anforderungen stellt die Autorin in Kapitel 3 und 4 die Theorien von Bowlby und Bourdieu vor, um dann im 5. Kapitel eine eigene Zusammenführung im Hinblick auf ihre wissenschaftliche Fragestellung vorzunehmen. Kapitel 6 thematisiert ihren qualitativen Forschungsansatz. Von den hierzu geführten Interviews wurde ein Fallbeispiel exemplarisch ausgewählt und verschriftlicht. Im 7. Kapitel nimmt Staehler mit Hilfe dieser Einzelfallanalyse eine Überprüfung des von ihr entwickelten Erklärungsmodell vor. Eine ausführliche Schlussfolgerung in Kapitel 8 schließt die Arbeit ab.

Diskussion

Die Autorin hat hier ihre Dissertation aus dem Jahr 2018 vorgelegt, die sehr engagiert ein wichtiges Thema der Jugendhilfe bearbeitet. Nach einem kurzen historischen Abriss der Bindungstheorie werden ihre Grundannahmen umfassend und verständlich vorgestellt. Dem Bindungsverhalten von Jugendlichen wird dabei ein besonders großer Raum zugesprochen. Danach wird kurz die neomarxistische Gesellschaftstheorie von Bourdieu skizziert und seine theoretischen Grundannahmen erläutert. Auf dieser Basis stellt die Autorin dann die Besonderheiten der Sozialisation, Bildung und Habitusentwicklung vor, um anschließend ihre Zusammenführung dieser beiden Theorien zu einem theoretischen Erklärungsmodell zu erklären. Einen kleinen Raum nimmt danach wohl das der Dissertation geschuldete kleine qualitative Forschungsprojekt ein, in dessen Verlauf drei Mädchen interviewt wurde. Anhand eines Fallbeispiels wird dann das eigene Erklärungsmodell einer Einzelfallanalyse unterzogen.

Die Lektüre zeigt auf, dass hier eine sehr erfahrene Praktikerin argumentiert, welcher es gut gelingt aufzuzeigen, dass neben den bindungsgenerierenden Faktoren sinnvollerweise auch die bei devianten Jugendlichen häufig gegebene unzureichende „Kapitalakkumulation“ (nach Bourdieu) von Fachkräften in den Blick genommen werden sollte. Mit Hilfe des vorgelegten Erklärungsmodells sollte es professionellen Berater*innen in den entsprechenden Arbeitsfeldern der Jugendhilfe besser möglich sein, einen tragfähigen Zugang zu devianten Jugendlichen zu erreichen. Das beschriebene Fallbeispiel eignet sich dabei sehr gut, um die jeweiligen theoretischen Aspekte der Arbeit in praktisches Tun zu transformieren.

Fazit

Dieses Buch kann – sofern bereits gewisse Erfahrungen in der Beratung und Begleitung von devianten Jugendlichen gegeben sind – für Praktiker*innen sehr empfohlen werden. Die Sprache der Autorin ist klar und ausdrucksvoll, die aus einer sicherlich langjährigen Praxis stammenden Hinweise und Empfehlungen anregend und weiterführend. Auch zum theoretischen Einstieg in diese Thematik im Rahmen von entsprechenden Studiengängen innerhalb der Sozialen Arbeit und Pädagogik ist dieses Buch sehr zu empfehlen.

Rezension von
Prof. i.R. Dr. Peter Bünder
Vormals Hochschule - University of Applied Sciences - Düsseldorf, Lehrgebiet Erziehungswissenschaft am Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften
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Es gibt 87 Rezensionen von Peter Bünder.

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Zitiervorschlag
Peter Bünder. Rezension vom 12.11.2020 zu: Juliane Staehler: Bindung und Sozialisation während der Adoleszenz: Die Kombination der Bindungstheorie Bowlbys und der Sozialisationstheorie Bourdieus als theoretisches Erklärungsmodell für deviantes Verhalten von Jugendlichen. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2020. ISBN 978-3-7799-6303-5. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27271.php, Datum des Zugriffs 24.09.2023.


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