Bernhard Schmitz, Jessica Lang et al. (Hrsg.): Psychologie der Lebenskunst
Rezensiert von Elisabeth Vanderheiden, 28.01.2021

Bernhard Schmitz, Jessica Lang, Janina Linten (Hrsg.): Psychologie der Lebenskunst. Positive Psychologie eines gelingenden Lebens - Forschungsstand und Praxishinweise. Springer International Publishing AG (Cham/Heidelberg/New York/Dordrecht/London) 2018. 207 Seiten. ISBN 978-3-662-55250-6. D: 24,99 EUR, A: 25,69 EUR, CH: 26,00 sFr.
Thema
Dieses Fachbuch fragt aus Sicht der Positiven Psychologie danach, wie sich ein gutes Leben führen lässt und wie Glück und Wohlbefinden entstehen. Lebenskunst wird dabei verstanden als ein achtsamer, reflektierter und bewusster Umgang mit sich selbst und mit dem Leben und beschreibt zugleich eine Schlüsselkompetenz und wichtige Ressource für den Umgang mit den Belastungen einer globalisierten, schnelllebigen Umwelt. Das Buch geht darauf ein, welche Komponenten das Konzept der Lebenskunst umfasst und wie die vorgestellten Forschungsergebnisse im Alltag und in Bereichen Schule und Arbeit sowie im klinischen Kontext und im Umgang mit Medien konkret zur Anwendung gelangen können.
HerausgeberInnen
Prof. Dr. Bernhard Schmitz lehrt Pädagogische Psychologie an der Technischen Universität Darmstadt. M.Sc. Jessica Lang arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Psychologie der Technischen Universität in Darmstadt. M.Sc. Janina Linten arbeitet im Bereich Abhängigkeitserkrankungen. (Verlagsangaben)
Aufbau
Die Publikation setzt folgende Schwerpunkte
- Lebenskunst – was ist das und warum ist es lohnend, sich damit zu befassen?
- Wie kann man Lebenskunst messen? Ein Fragebogen zur Lebenskunst
- Wer sind Lebenskünstler/​innen?
- Was sind essentielle Kompetenzen von Lebenskunst?
- Positive Psychologie
- Wie hängen Lebenskunst und Glück zusammen?
- Wie hängt Lebenskunst mit Persönlichkeit und anderen Konzepten der Positiven Psychologie zusammen?
- Wie zeigt sich Lebenskunst in der Kunst
- Studien, die zeigen, wie man Lebenskunst im schulischen Kontext trainieren kann
- Wie kann man Lebenskunst am Arbeitsplatz trainieren?
- Webbasierte Trainings für Lebenskunst
- Positive Psychologie und Lebenskunst im klinischen Kontext
- Übungen, mit denen man die Lebenskunst verbessern kann
- Ausblick.
Abgerundet werden diese Kapitel durch ein Literaturverzeichnis und einen Serviceteil.
Inhalt
Im ersten Kapitel wird Lebenskunst als Konzept für ein reflektiertes und selbstbestimmtes Leben eingeführt. Das Kapitel geht der Frage nach, warum es lohnenswert sein kann, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Es wird ausgeführt, was das gute Leben ausmacht und welche verwandten Ansätze existieren. Die Ursprünge und seine Komponenten, ebenso sinnvolle Unterstützungsstrategien werden erörtert.
Kapitel 2 stellt Forschungszugänge vor, mit denen sich Lebenskunst wissenschaftlich erforschen und evaluieren läßt. Dabei wird gezeigt, wie die unterschiedlichen Vorstellungen zu diesem Thema mithilfe von qualitativen Interviews systematisiert und in ein theoretisches Modell überführt werden können. Darüber hinaus werden mehrere psychologische Messinstrumente vorgestellt, die die objektivierte, individuelle Erfassung der Lebenskunst zulassen.
Kapitel 3 geht der Frage nach, wer nach allgemeinem Verständnis als ein(e) Lebenskünstler*in betrachtet wird, und stellt die Ergebnisse einer Studie von da Silva-Bettner & Stöver (2015) vor, die ihre Teilnehmenden Lebenskünstler*innen nominieren ließen. Das Kapitel diskutiert dabei, was Lebenskünstler*innen ausmachen kann, welche Strategien sie intuitiv anwenden, möglicherweise ohne je von dem Konstrukt gehört haben, und welche Eigenschaften und Fähigkeiten sie als besonders wichtig halten, um glücklich zu sein. Das Kapitel lädt außerdem zur angeleiteten Selbstreflexion, sodass Leser*innen sich dem Thema Lebenskunst aktiv nähern und eventuelle Optimierungspotenziale eruieren können.
Kapitel 4 setzt drei Schwerpunkte:
- Sinn
- Selbstreflexion
- Genuss.
In Bezug auf die Sinnthematik wird die Funktion von Sinn im Leben erörtert und die Frage diskutiert, wo Menschen Sinn finden können und wie Sinn und Lebenskunst zusammenhängen. Es werden Modelle diskutiert, ebenso Instrumente vorgestellt, wie Sinn gemessen werden kann. Abschließend wird der Einfluss von Sinn auf die psychische und physische dargelegt.
Im Anschluss wird das Thema Selbstreflexion unter besonderer Berücksichtigung empirischer Befunde erläutert und in Zusammenhang zu well being gestellt. Das Kapitel führt in die diversen Dimensionen der Selbstreflexion ein und grenzt Selbstregulation und Selbstreflexion voneinander ab.
Als dritten Schwerpunkt exploriert das Kapitel das Thema Genuss, indem zunächst die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen von Genuss vorgestellt werden. Es werden Genussregeln eingeführt, Zusammenhänge zwischen Genuss und Wohlbefinden und die Messbarkeit von Genuss diskutiert. Auch werden die Zusammenhänge zu Wohlbefinden und Sinn diskutiert.
Alle drei Unterkapitel werden von Übungen abgerundet.
Die Autor*innen verorten das Konstrukt „Lebenskunst“ in der Positiven Psychologie, auf die sie im fünften Kapitel näher eingehen. Sie berücksichtigen dabei positive Emotionen und das Flow-Konzept von Csikszentmihalyi und diskutieren Resilienz. Vertieft werden auch Achtsamkeit, Selbstregulation und Kohärenzgefühl. Die Ansätze „Orientations to Happiness (OTH)“ und „Character Strengths and Virtues“ werden ausführlicher beleuchtet. Ebenso wird das Thema Weisheit angesprochen.
Das sechste Kapitel fokussiert auf den Zusammenhang von Lebenskunst und Glück, wobei subjektives Wohlbefinden dabei ebenso untersucht wird, wie die Lebenszufriedenheit, das psychologisches Wohlbefinden, das eudaimonisches Wohlbefinden und das Konzept des authentischen Glücks. Ein zweiter großer Schwerpunkt dieses Kapitels widmet sich dem
Flourishing. Hier wird auf diverse Theoretiker Bezug genommen: Keyes, Huppert & So, Diener und seine Kollegen sowie Seligman. Abschließend werden als Antipole zu Wohlbefinden Depressivität und Ängstlichkeit erörtert.
Das siebte Kapitel fragt zum einen nach den Zusammenhängen zwischen Persönlichkeit und Lebenskunst. Die Autor*innen legen hierbei hier einen besonderen Fokus auf emotionale Kompetenz, Achtsamkeit, Selbstregulation und Kohärenzgefühl. Auf die bereits im vierten Kapitel angesprochenen Bezüge zu Orientations to Happiness (OTH) und Character Strengths and Virtues sowie Weisheit wird hier noch einmal verwiesen.
Das achte Kapitel beleuchtet den Niederschlag von Lebenskunst in der Kunst, indem drei Filme genauer untersucht werden bzw. Medienkonsum und Lebenskunst betrachtet werden.
Kapitel 9 konzentriert sich auf schulische Zusammenhänge und die Frage danach, wie Lebenskunst im schulischen Kontext trainiert werden kann.
Kapitel 10 stellt Lebenskunst und ihre Umsetzung am Arbeitsplatz in den Mittelpunkt. Dazu wird ein Training vorgestellt, das als arbeitspsychologische Weiterbildungsmahnahme konzipiert und im Rahmen einer Studie in sechs kleinen und mittelständischen Unternehmen durchgeführt wurde. Das Kapitel beschreibt die Trainingsinhalte.
Das elfte Kapitel setzt drei Schwerpunkte im Kontext webbasierter Trainings von Lebenskunst und betont hierbei drei Akzente: browser-basierte Trainings, app-basierte Angebote und webbasierte Lebenskunst -Trainingsangebote.
Das letzte theoretische Kapitel untersucht Positive Psychologie und Lebenskunst im klinischen Kontext und nimmt dabei insbesondere Positive Psychotherapie und Lebenskunstinterventionen bei Jugendlichen in den Blick.
Das letzte Kapitel umfasst eine Vielzahl von Übungen zu insgesamt 17 Themenschwerpunkten von Genuss über Gelassenheit, Selbsterkenntnis bis hin zu Sinn.
Diskussion
Die vorliegende Publikation diskutiert viele spannende Facetten des Themas Lebenskunst im Zusammenhang mit Positiver Psychologie. Die theoretischen Inputs sind mit vielerlei Übungen verbunden, die in Trainings, Therapie oder auch der Selbstreflexion genutzt werden können. Es werden auch Ansätze der Positiven Psychologie 2.0 (Paul Wong) eingebunden.
Fazit
Das Buch „Psychologie der Lebenskunst. Positive Psychologie eines gelingenden Lebens – Forschungsstand und Praxishinweise.“ ist ein empfehlenswertes Buch für Menschen, die sich für Ansätze Positiver Psychologie in Bildungsarbeit und Therapie interessieren. Es verknüpft theoretisches Wissen mit praktischen Übungen, streift unterschiedliche Anwendungsbereiche und nimmt – gerade in Zeiten wie diesen von COVID-19 beeinflussten – auch Analysen digitaler Angebote vor. Spannend und lesenswert.
Rezension von
Elisabeth Vanderheiden
Pädagogin, Germanistin, Mediatorin; Geschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung Rheinland-Pfalz, Leitung zahlreicher Projekte im Kontext von beruflicher Qualifizierung, allgemeiner und politischer Bildung; Herausgeberin zahlreicher Publikationen zu Gender-Fragen und Qualifizierung pädagogischen Personals, Medienpädagogik und aktuellen Themen der allgemeinen berufliche und politischen Bildung
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