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Frank Sowa, Christina Zitzmann (Hrsg.): Anders lehren und lernen

Rezensiert von Prof. Dr. sc.hum. Nina Fleischmann, 23.11.2020

Cover Frank Sowa, Christina Zitzmann (Hrsg.): Anders lehren und lernen ISBN 978-3-7344-1065-9

Frank Sowa, Christina Zitzmann (Hrsg.): Anders lehren und lernen. Forschendes Service Learning über Lebenswelten von Menschen in Wohnungsnot. Wochenschau Verlag (Frankfurt am Main) 2020. 140 Seiten. ISBN 978-3-7344-1065-9. D: 19,90 EUR, A: 20,50 EUR.
Reihe: Grundlagen Sozialer Arbeit.

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Thema

Vorlesungen und Seminare sind im Hochschulalltag bekannt und unterschiedlich beliebt. Doch Hochschullehre geht auch anders: Forschendes Lernen und Lernen durch soziales Engagement werden in „Anders lehren und lernen“ miteinander kombiniert. Das Buch gehört zur Reihe „Grundlagen sozialer Arbeit“ im Wochenschau Verlag.

Autoren

Frank Sowa ist Professor für Soziologie in der Sozialen Arbeit an der Technischen Hochschule Georg Simon Ohm in Nürnberg. Christina Zitzmann ist an der gleichen Hochschule Vizepräsidentin sowie Professorin für Theorien und Handlungslehre der Sozialen Arbeit. Mit weiteren zwölf Autorinnen und Autoren, u.a. Studierende der sozialen Arbeit und Partnern aus der Praxis, haben Sowa und Zitzmann als Herausgeber dieses Buch zusammengestellt.

Aufbau

Auf 213 Seiten beinhaltet das Buch in einem handlichen Format zwölf Beiträge. Hier werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt, von studentischer Feldforschung über methodische Überlegungen und den Einfluss von Tutorinnen und Tutoren und der Frage, ob sich dieser Lernansatz lohnt. Ein Abbildungs- und ein Tabellenverzeichnis erleichtern den Überblick.

Inhalt

Das Buch beschreibt drei Lehr- und Lernforschungsprojekte der Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Technischen Hochschule Nürnberg. Obdach- und Wohnungslosigkeit als Lebenswelt, aber auch als Handlungs- und Arbeitsfeld stehen thematisch im Mittelpunkt.

Zwei methodische Ansätze werden hier kombiniert. Zum einen das forschende Lernen: Hierunter werden Lehrformate eingeordnet, bei denen Studierende an Forschungsprojekten mitwirken oder diese eigenständig durchführen und damit Forschungskompetenzen erwerben. Zum anderen wird das Service Learning gezeigt: hierunter wird ein praxisorientiertes, didaktisch begleitetes Lehrkonzept verstanden, bei dem Studierende in Kooperation mit Praxispartnern außerhalb der Hochschule Projekte im sozialen und kulturellen Bereich bearbeiten. Fachliches und überfachliches Lernen werden miteinander verknüpft.

Die drei Projekte beinhalteten ein sozialwissenschaftliches Lehrforschungsprojekt, ein forschungsorientiertes Service Learning Projekt und ein handlungs- und erfahrungsorientiertes Filmprojekt. Damit werden neue Wege im Lehren und Lernen abseits von der Vermittlung von reinem Wissen gegangen: mittendrin statt nur dabei ist eine der didaktischen Grundhaltungen. Lehrende geben dem aktiven Lernen mehr Raum, um bei Studierenden den Aufbau von Handlungskompetenzen zu befördern. Konkret geht es um die Analyse der Lebenswelt und dem Alltag von obdachlosen Menschen mit qualitativen und quantitativen Methoden der Sozialforschung sowie der Untersuchung professioneller Unterstützungsangebote der Obdach- und Wohnungslosenhilfe. Gegenstand des Service Learning Projektes war ein Kochprojekt in einem Sleep In für junge obdachlose Menschen in Nürnberg.

In mehreren Beiträgen des Buches reflektieren Studierende und ihre Tutoren die gemachten Lernerfahrungen. Deutlich wird hier, wie persönliche Erwartungen der Studierenden und in Modulhandbüchern beschriebene Inhalte voneinander abweichen, sich ergänzen und eine Rahmenstruktur für die Reflexion des Lernens bilden. In großer Offenheit legen die Studierenden ihre Vorannahmen, auch Klischees und Kategorisierungen, ihre Berührungspunkte mit obdachlosen Personen und Fragen an das Thema dar. Ihrem Interesse zu selbstgewählten Fragestellungen folgend, unterstützt durch methodischen Input durch die Herausgebers dieses Buches als Lehrpersonen und im Modul erfahrene Tutoren sowie Gatekeeping durch die Einrichtungen konnten in der Datenerhebung und Datenanalyse nicht nur nachhaltige methodische Handlungskompetenz und -sicherheit erworben werden, sondern das Eintauchen in die Lebenswelt von z.B. wohnungslosen Jugendlichen hat einen sehr viel größeren Effekt für das Lernen ausgelöst als Schicksale und Biografien, mit denen man sich theoretisch beschäftigt.

Als Teil der Prüfungsleistung fassten die Studierenden ihre Ergebnisse auf wissenschaftlichen Postern zusammen und stellten diese auf einer Fachkonferenz vor. Die erworbenen Kompetenzen werden als türöffnend für weitere Module und Projekte erlebt. Die Studierenden machen Vorschläge für künftige Umsetzung dieser Lehrprojekte wie der Übersetzung des Workloads in angemessene ECTS, passende Prüfungsformen oder eine Ausweitung über zwei Semester. Sehr wertvoll wurde die Begleitung durch die Tutoren empfunden, die einen Austausch auf Augenhöhe boten, ansprechbar waren und auch inhaltlich unterstützten. Dieser Anteil an den Lehrprojekten wird in einem eigenen Beitrag dargelegt.

Zudem findet eine Bewertung des Lehr-Lernformats „Forschendes Service Learning“ statt. Zitzmann und Sowa bewerten hier ihr Vorgehen retrospektiv und blicken auf die Motivation und das echte Lernen im Sinne eines Kompetenzerwerbs. Zudem wird hier die Rolle der Lehrenden kritisch in den Blick genommen. Neue Lehrformate können Unsicherheiten auslösen, brauchen andere Prüfungsformate und einen großen Anteil an Selbstreflexion. Nicht zuletzt hat die Arbeit an dem Buch die Lehrformate nochmal vorangebracht.

Diskussion

„Anders lehren und lernen“ gibt tiefe Einblicke in drei Lehrprojekte der Sozialen Arbeit, ihre Implikationen und Herausforderungen. Neben den theoretisch-didaktischen Überlegungen fand ich die Beiträge der Studierenden und Tutorinnen und Tutoren besonders spannend, da die Sichtweise der Lernenden in didaktischen Überlegungen zwar ihren Platz hat, aber selten aus eben dieser Sichtweise selbst heraus beigetragen wird.

Fazit

Die Perspektiven der Lehrenden, der Studierenden und der Akteure der Praxis geben sehr vielfältige Einblicke in die Lebenswelt von Menschen in Wohnungsnot im Kontext sozialer Arbeit. Diese innovativen Lernansätze sind auch für andere Disziplinen geeignet, in denen für Berufe nah am Menschen ausgebildet wird.

Rezension von
Prof. Dr. sc.hum. Nina Fleischmann
Hochschule Hannover Fakultät V - Diakonie, Gesundheit und Soziales
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Es gibt 86 Rezensionen von Nina Fleischmann.

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ISSN 2190-9245