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Ludger Kolhoff, Reinhilde Beck et al. (Hrsg.): Zwischen Ökonomie und sozialer Verantwortung

Rezensiert von Prof. Dr. Karl-Heinz Boeßenecker, 10.05.2005

Cover Ludger Kolhoff, Reinhilde Beck et al. (Hrsg.): Zwischen Ökonomie und sozialer Verantwortung ISBN 978-3-937210-41-4

Ludger Kolhoff, Reinhilde Beck, Hans Dietrich Engelhardt, Marianne Hege, Jürgen Sandmann (Hrsg.): Zwischen Ökonomie und sozialer Verantwortung. Festschrift für Gotthart Schwarz zum 70ten Geburtstag. ZIEL Verlag (Augsburg) 2005. 418 Seiten. ISBN 978-3-937210-41-4. 24,80 EUR. CH: 45,00 sFr.

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Das Thema

Runde Geburtstage bieten Anlass, Personen und ihr Lebenswerk öffentlich zu würdigen. Die damit verbundenen Interessen sind nicht immer klar und eindeutig: Durchaus kann dies mit dem perfiden Versuch verbunden sein, gleichsam durch den öffentlichen Akt des zu Würdigenden sowohl Person als auch das von ihr repräsentierte Anliegen zu den Akten zu legen, zu historisieren auf jeden Fall aber deutlich zu machen, dass das "Gewesene" nicht mehr sinnstiftend für die Gestaltung des "Zukünftigen" taugt. Neben dieser subtilen ausgrenzenden Variante kann es jedoch ebenso auch um ein hierzu gegensätzlich motiviertes Anliegen gehen, das durch die öffentliche Würdigung nicht nur Anerkennung gegenüber einer Person formuliert, sondern gleichsam dazu ermutigt, die mit sich mit ihr verbindenden Positionen, Konzepte und praktischen Umsetzungen bei der Gestaltung von sozialer Arbeit durch den Erinnerungsakt wach zu halten und zu aktualisiseren. Die vorliegende Festschrift versucht dem letztgenannten Anliegen gerecht zu werden.

Die Autoren / der Hintergrund

Die Herausgeber der Festschrift sind allesamt Professoren an Sozialwesenfachbereichen der FH München sowie der FH Braunschweig/Wolfenbüttel und langjährige Weggeführten von Gotthart Schwarz.

Der Inhalt

Im Februar 2005 feierte Gotthart Schwarz seinen 70ten Geburtstag. Über viele Jahrzehnte lieferte er als engagierter und im Feld sozialer Arbeit verankerter Wissenschaftler beispielhafte Beiträge zur Ausgestaltung einer kommunalen Sozialpolitik. Sein Wirken konzentrierte sich vor allem auf den Großraum München und die dort von ihm hinterlassenen Duftmarken sind nicht zu übersehen. Frühere und aktuelle Weggefährten, Mitstreiter und Kolleginnen und Kollegen aus seinem engeren Arbeitsumfeld taten sich zusammen und produzierten eine Festschrift, die sehr unterschiedliche Annäherungen an die Person und die von Gotthart Schwarz engagiert vertretenen Themen enthält. Den vier Hauptkapiteln sind insgesamt 24 Einzelbeiträge subsumiert, ergänzt um wichtige Angaben aus Schwarzes beeindruckender "curriculum vitae". Die Hauptüberschriften sind betitelt mit:

  • Sich verändernde Rahmenbedingungen des Sozialstaates
  • Konzepte und Handlungsansätze in der Sozialen Arbeit und im Sozialmanagement
  • Einblicke in das Handlungsfeld der Sozialen Arbeit
  • Persönliche Erinnerungen an den Menschen Gotthart Schwarz

Die sich unter diesen Kapiteln findenden Einzelbeiträge sind in Diktion und Tenor sehr unterschiedlich und es ist gut, dass die Herausgeber nicht den Versuch unternommen haben, künstliche Krücken und Verbindungen herzustellen, die nur schwerlich - wenn überhaupt - hätten nachvollzogen werden können. Gerade die Themenbreite der einzelnen Beiträge lässt die Festschrift zu einem Lesebuch über unterschiedliche Entwicklungen, Auseinandersetzungen und Herausforderungen, von gelingenden und weniger geglückten Ansätzen von Sozialer Arbeit werden, die sich im zeitlichen Kontext der vergangenen 40 Jahre und der damit einhergehenden Modewellen herausbildeten.

  1. Zu den sich verändernden Rahmenbedingungen des Sozialstaats schreibt Kolhoff über den Paradigmenwechsel des bundesdeutschen Sozialstaates, Schellberg zur Balance von Markt und Politik im Sozialen, Greca zum inhaltlichen Gehalt des neuen Mythos "lokale Governance" und Schreyer zur Ausgestaltung von Sozialreformen in München.
  2. Unter dem Abschnitt Sozialmanagement finden sich die Beiträge von Wöhrle über eine notwendige und nach wie vor ausstehende theoretische Grundlegung eines sich expandierenden Sozialmanagement, von Handschuk zur Bedeutung einer interkulturell orientierten Qualitätsentwicklung im Sozialraum, von Klöck über das Spagat von Gemeinwesenarbeit zwischen Modernisierung und Marginalisierung am Beispiel München. Graf behandelt die Bedeutung systemischer Konzepte und deren Nutzen für die Soziale Arbeit, Engelhardt nimmt die Leistungen und Handlungsmodelle von Selbsthilfegruppen in den Blick, Hege behandelt das zwischen sozialpädagogischen Konzeptionen und Arbeitsfeldstrukturen bestehende Spannungsverhältnis und Beck schließlich greift die konzeptionelle Erweiterung im Verständnis von Organisationsentwicklung zum Change-Management auf.
  3. Einblicke in das Handlungsfeld Sozialer Arbeit bieten insgesamt acht Beiträge mit sehr unterschiedlichen Facetten: Schröer problematisiert die Leistungserwartungen an eine Jugendhilfe bei geringer werdenden Ressourcen, Moser befasst sich mit verwalteten Jugend(t)räumen, Schmid-Urban mit den Grenzen und Möglichkeiten einer kommunalen Armutsberichterstattung am lokalen Bespiel München. Die Entwicklung einer stadtteilbezogenen sozialen Arbeit greift Lindinger auf und fokussiert auf die Ausprägung dezentraler Bildungsarbeit reiht sich Macek in diesen Reigen ein. Resümierende Betrachtungen zur Erwachsenenbildung am Bespiel der politischen Akademie Tutzing und die sich für das Studium Soziale Arbeit neu stellenden Herausforderungen sind Beiträge von Diemer, Buttner und F‡bi‡n.
  4. Was die persönlich gehaltenen Erinnerungen betrifft, so sind die hier versammelten fünf Beiträge naturgemäß sehr biografisch angelegt und verdeutlichen die jeweilige Nähe zu Gotthart Schwarz. Auch hier wird ein Kaleidoskop sichtbar, das zum Teil 40 Jahre zurückreicht, aber ebenso auch jüngeren Datums ist.

Zielgruppen

Das Buch ist keineswegs nur für eine breite und allgemein definierte Fachöffentlichkeit interessant. Gerade in Zeiten einer sich immer stärker an scheinbar sachgesetzlichen Managementanforderungen orientierenden Sozialarbeit bietet das Buch die Chance, Denken und Handeln eines in der Sozialen Arbeit verankerten "querköpfigen" (und immer noch aktiven) Wissenschaftlers kennen zu lernen. Diese Beschäftigung ist wiederum als Reibungsfläche geeignet, sich der eigenen berufsethischen und sozialpolitischen Positionierung zu vergewissern. In diesem Sinne wäre die vorliegende Veröffentlichung ganz gewiss eine Bereicherung für jeden Seminarapparat zum Thema "Personen, die die soziale Arbeit präg(t)en".

Fazit

Was die Festschrift insgesamt auszeichnet, ist nicht nur die überfällige und nicht mehr nur lokal begrenzte Würdigung einer besonderen und die soziale Arbeit beeinflussenden Person, sondern die damit ebenfalls einhergehende Reflexion sehr unterschiedlicher Entwicklungsphasen von Sozialer Arbeit in der Bundesrepublik. Wenn auch dieser Zugang keineswegs durchgängig wissenschaftlich begründet und systematisch entfaltet ist und oftmals dem subjektiven Erfahrungshorizont der beteiligten Autoren/innen folgt, wird gerade hierdurch die Festschrift für die Frage aufschlussreich, wie in der dialektischen Beziehung zwischen Person und Organisation die Ausgestaltung sozialer Arbeit entfaltbar ist.

Rezension von
Prof. Dr. Karl-Heinz Boeßenecker
bis 2009 Leiter des FSP Wohlfahrtsverbände / Sozialwirtschaft der Hochschule Düsseldorf; Prof. am Zentrum für Planung und Organisation sozialer Dienster, Universität Siegen; Prof. für Sozialmanagement an der Hochschule des DRK Göttingen (nicht mehr bestehend!); hauptamtlicher Dekan a.D./Vizepräsident und Professor für Verwaltungs- und Organisationswissenschaften an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), Fakultät Wirtschaft und Soziales, seit 2011 im Ruhestand. Lehrbeauftragter an der Leuphana Universität Lüneburg. Nebenberuflicher Direktor am Institut für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft – IZGS - der Evangelischen Hochschule Darmstadt, www.izgs.de. Inhaber und Leiter des Instituts für sozialwissenschaftliche Politik- und Organisationsberatung – ISP – Köln
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Es gibt 13 Rezensionen von Karl-Heinz Boeßenecker.

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Zitiervorschlag
Karl-Heinz Boeßenecker. Rezension vom 10.05.2005 zu: Ludger Kolhoff, Reinhilde Beck, Hans Dietrich Engelhardt, Marianne Hege, Jürgen Sandmann (Hrsg.): Zwischen Ökonomie und sozialer Verantwortung. Festschrift für Gotthart Schwarz zum 70ten Geburtstag. ZIEL Verlag (Augsburg) 2005. ISBN 978-3-937210-41-4. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/2740.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.


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