Hartmut Häfele, Kornelia Meier-Häfele: 101 Online-Seminarmethoden
Rezensiert von Farina Eggert, 24.01.2022
Hartmut Häfele, Kornelia Meier-Häfele: 101 Online-Seminarmethoden. Methoden und Strategien für die Online- und Blended-Learning-Seminarpraxis.
managerSeminare Verlags GmbH
(Bonn) 2021.
3. Aufl. Auflage.
360 Seiten.
ISBN 978-3-95891-069-0.
D: 49,90 EUR,
A: 51,30 EUR.
Reihe: Edition Training aktuell.
Thema
Der vorliegende Band stellt einfach umzusetzende und praxiserprobte Methoden vor, die sowohl für die Online-Lehre als auch Präsenzzeiten geeignet sind. Dabei berufen sich die Autor:innen auf eigene Kenntnisse sowie Erfahrungen von Kolleg:innen. Für die Umsetzung der Methoden sei zudem kein Learning-Management-System notwendig, sondern es würden einfache Werkzeuge im Online-Bereich bereits ausreichen, um erfolgreiche Lehrveranstaltungen methodisch zu gestalten.
Autor:innen
Hartmut Häfele ist Diplom-Psychologe und absolvierte nicht nur ein Studium der Psychologie, sondern auch der medizinischen Informatik. Seit 1993 ist er in der IT- und Weiterbildungsbranche tätig und konnte durch die Durchführung zahlreicher EU-Projekte Erfahrungen rund um Distance Learning und E-Learning sammeln.
Kornelia Maier-Häfele hat Wirtschaftspädagogik studiert und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Innsbruck sowie am Curriculum Development Unit Dublin mit dem Schwerpunkt Curriculums- und Schulentwicklung. Sie ist ebenfalls seit 1993 im Bereich der Weiterbildungen tätig und konnte ebenso in zahlreichen EU-Projekten Erfahrungen zu Arbeitsorganisation, Organisationsentwicklung, Frauennetzwerken und Telearbeit sammeln.
Entstehungshintergrund
In Zeiten einer globalen Pandemie wurde wieder einmal deutlich, wie sehr Schulen und Hochschulen der Digitalisierung hinterherhängen und Ressourcen aufgrund mangelnder Kenntnisse weder gefordert noch eingesetzt werden können. Unabhängig davon wurde jedoch ebenfalls vor der Pandemie Online-Lehre vielmehr als eine Debatte rund um die technischen Möglichkeiten geführt als eine Diskussion über Didaktik und Methodik. Das führte dazu, dass Online-Lehre heute vorwiegend ein technokratisches Bild von Lehren vermittelt und statt Methodik eher digitale Tools in den Vordergrund rücken. Zweifelsfrei bleibt hierbei nicht nur die Methodenkompetenz Lehrender unberücksichtigt, sondern auch die der Studierenden und Schüler:innen sowie ihre technische Ausstattung. Der vorliegende Titel hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, einfach umzusetzende und praxiserprobte Online-Methoden zu präsentieren, die sowohl für die digitale Lehre als auch Präsenzzeiten eingesetzt werden können und für die keine umfangreiche Medienkompetenz notwendig ist.
Aufbau
Der vorliegende Titel gliedert sich in nachfolgende drei große Abschnitte:
- A: Einführung
- B: Die Werkzeuge (synchrone und asynchrone Kommunikationstools)
- C: Die Methoden der Online-Seminarpraxis
Abgerundet wird der Aufbau durch das obligatorische Literatur- und Stichwortverzeichnis sowie einen umfangreichen Abschnitt zu den Online-Ressourcen. Auch während des gesamten Buches wird immer wieder auf Online-Ressourcen in Form von Webseiten mit externen Angeboten verwiesen, die weiterführende Hinweise oder auch kostenfreie Anwendungen enthalten.
Inhalt
Zu Beginn des Bandes wird im Abschnitt A zunächst in den Gegenstand eingeführt. Hier wird erklärt, was sich hinter gängigen digitalen Fachbegriffen verbirgt, auf weitere Themen vorbereitet und der Aufbau des Buches erklärt.
Im zweiten Abschnitt B gehen die Autoren auf alle im Methodenteil verwendeten synchronen und asynchronen Kommunikationswerkzeuge ein. So erklären sie unter anderem, was sich hinter Instant-Messaging, Web-Konferenz-System, E-Mail oder auch Wiki-Web verbirgt. Die Leser:innen erhalten einen Einblick in die jeweiligen Werkzeuge und die Herausforderungen, Vorbereitungs- und Nachbereitungsschritte im Umgang mit ihnen. Darüber hinaus werden Tipps und Regeln dargestellt, um den Leser:innen den Theorie-Praxis-Transfer zu erleichtern.
Der Abschnitt C bildet nachfolgend das Herzstück des Titels. Hier werden 101 Methoden der Online-Seminarpraxis detailliert vorgestellt. Dabei haben sich die Autor:innen am Ablauf eines idealtypischen Seminars orientiert und die einzelnen Arbeitsschritte den nachfolgenden Seminarphasen zugeordnet:
- Vor Seminarbeginn
- Der Beginn eines neuen Seminars
- Die inhaltliche Arbeit
- Die Arbeit mit der Gruppe
- Reflexion/​Feedback
- Der Transfer
- Sonstige Methoden
Alle vorgestellten Methoden sind hierbei zunächst für den reinen Einsatz in Online-Seminaren konzipiert. Dennoch sei es ebenso auch möglich, einzelne Abschnitte in die Präsenz zu überführen und andere Teile für die Blended-Learning-Praxis zu verwenden.
Der Aufbau der Methoden folgt im Buch immer demselben Schema:
- Name der Methode
- Kurzbeschreibung
- Ziele
- Notwendige Tools
- Einsatzmöglichkeiten
- Gruppengröße
- Dauer
- Ablauf
- Beispiel
- Bemerkungen
- Erfahrungen
- Referenzen
Hinsichtlich der Einsatzgebiete wird darauf hingewiesen, dass wenn jeder Methode ein Einsatzgebiet zugewiesen wäre, es dennoch möglich sei, sie an einer anderen Stelle im Seminar einzusetzen. Der Kreativität wären hierbei keine Grenzen gesetzt – bei den Vorgaben handele es sich lediglich um Vorschläge.
Bei der Dauer wird nicht die reine Arbeitszeit angegeben, sondern die Dauer, die für die gesamte Methode angesetzt wird. Somit kann die Arbeitszeit nur wenige Minuten dauern, während hingegen die Methode erst nach ein paar Tagen oder Stunden erfolgreich durchgeführt wurde.
Hinsichtlich des Ablaufs werden Vorschläge gegeben, wie die Methode umgesetzt werden kann – aber nicht muss. Angefügt werden hier ab und an Screenshots, um die Arbeitspraxis praktisch zu verdeutlichen.
Im Bereich der Erfahrungen wird abschließend noch auf eigene Erfahrungsberichte eingegangen und mögliche Herausforderungen und Schwierigkeiten im Umgang mit dieser Methode werden aufgezeigt. Abgeschlossen wird die jeweilige Methode mit dem Abschnitt Referenzen, wo gegebenenfalls auf weiterführende URLs oder Literatur verwiesen wird.
Exemplarisch wird nachfolgend die Methode „Prahlen Sie mal!“ aus dem Abschnitt „Die Arbeit mit Gruppen“ vorgestellt.
Bei der Methode geht es darum, die Teilnehmer:innen dazu einzuladen, im Diskussionsforum zu einem Thema in Form eines Beitrags über maximal 300 Zeichen zu prahlen. Bei dieser Methode für Gruppen handelt es sich um eine Einzelarbeit, die innerhalb kurzer Zeit aktiv umgesetzt werden kann, aber über die gesamte Methode vermutlich mehrere Tage dauert. Die Dauer wird hierbei von den Lehrenden vorgegeben. Inhaltlich soll die Methode dazu dienen, dass die Teilnehmenden sich mit einem Thema auseinandersetzten, sich mit dem Forum vertraut machen und ein wenig Spaß in das Seminar gelangt (S. 255). Die Erfahrungen der Autor:innen zeigen, dass die Methode zunächst auf Widerstand stößt, da viele Teilnehmer:innen Startschwierigkeiten haben und ihnen nichts einfalle.
Bei den beispielhaft aufgelisteten Themen handelt es sich um Themen, welche die teilnehmende Person direkt betreffen, wie zum Beispiel „Prahlen Sie damit, welch tolle Mitarbeiter:in Sie sind!“.
Diskussion
Wie der Titel bereits verrät, handelt es sich bei diesem Buch um ein Methodenbuch mit exakt 101 (Online-)Methoden, die auch ohne technisch anspruchsvolle Ausstattung oder umfangreiche Medienkompetenz umgesetzt werden. Wer hier ein Feuerwerk ausgefeilter didaktischer Methoden erwartet, könnte enttäuscht werden. Es handelt sich viel eher um eine Sammlung von Methoden, die für die Online-Lehre eingesetzt werden können. Dazu zählen unter anderem dann auch der Einsatz von Terminplanern (S. 260), die Einrichtung von Umfragen (S. 265), Feedbackregeln (282), die Klärung persönlicher Seminarziele (S. 66) und Mutiple-Choice-Abfragen (S. 289). Auffällig dabei ist, dass mit Ausnahme jener Methoden, die auf die Unterstützung digitaler Mittel angewiesen sind, alle Methoden auch offline – also in der Präsenzlehre – angewendet werden können. So werden aufmerksame Leser:innen Methoden wie den Themenspeicher (S. 262), Lerntagebücher (S. 279), Koffer packen (S. 284), Reflexion mit Bildern (S. 287) und Punktabfrage (S. 294) bereits aus außerschulischen Bildungskontexten kennen.
Bei den Methoden für die Arbeit mit Gruppen handelt es sich zudem nicht, wie zunächst angenommen, um Gruppenmethoden, sondern eher um Methoden, die in einer Gruppe gelingen können. Das können dann auch Einzelübungen sein, an denen das Plenum im weiteren Verlauf des Seminars partizipieren kann oder einfach nur Anteil nimmt.
Insgesamt fehlen dem Methodenbuch m.E. noch didaktische Methoden für das Onlineseminar. Hier hätte man dem Titel entsprechend noch Rubriken zu Methoden mit und ohne Kamera füllen können, die ebenso zeitlos gewesen wären wie die bereits dargestellten. Aber wie die Autor:innen bereits zu Beginn verraten, sollen die Methoden auch ohne technischen Aufwand umsetzbar sein – und das sind sie zweifelsfrei eben deshalb, weil sie auch ohne „Online“ zurechtkommen. Auch hinsichtlich des Untertitels „Methoden und Strategien für die Online- und Blended-Learning-Seminarpraxis“ wären entsprechende Methoden für Blended-Learning wie beispielsweise verschiedene Formen der Tandem-Arbeit, der Chatbetreuung und Offline-Online-Buddies erwähnenswert gewesen.
Das Methodenbuch eignet sich daher vor allem für Einsteiger:innen, um einen guten Überblick über die methodischen Möglichkeiten im (Online-)Seminar zu erhalten. Für erfahrene Lehrende kann das Methodenbuch jedoch nur vereinzelt Anregungen für einzelne Seminarphasen geben und ist daher eher als Nachschlagewerk einzuordnen.
Die Autor:innen haben sich in ihrem Werk dem generischen Maskulinum verschrieben, was meinen Lesefluss erheblich einschränkte und meine Vorstellung einer modernen Online-Lehre in Gänze widersprach. Zweifelsfrei gibt es keine einheitliche Vorschreibung, wie Geschlechter in Wort und Schrift berücksichtigt werden sollten, das jedoch ausschließlich nur das männliche Geschlecht in einem Buch berücksichtigt wird, was sich u.a. auch mit Digitalität, Neuen Medien und Kommunikation beschäftigt, erscheint mir in der Tiefe der Message inkonsequent und unglaubwürdig.
Fazit
Neben der klassischen Grundlagenvermittlung über den Nutzen und Sinn von Foren, E-Mail, Wiki und Weblog, erhalten Leser:innen ein Sammelsurium unterschiedlicher Methoden im Steckbriefformat, die (auch) online angewendet werden können. Das Methodenbuch eignet sich daher vor allem für Einsteiger:innen in der (Online-)Lehre und ergänzt ggf. den vorhandenen Wissensbestand erfahrener Lehrender.
Rezension von
Farina Eggert
Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin (B.A; M.A), Systemische Beraterin (DGSF), Promovendin an der FSU Jena
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Zitiervorschlag
Farina Eggert. Rezension vom 24.01.2022 zu:
Hartmut Häfele, Kornelia Meier-Häfele: 101 Online-Seminarmethoden. Methoden und Strategien für die Online- und Blended-Learning-Seminarpraxis. managerSeminare Verlags GmbH
(Bonn) 2021. 3. Aufl. Auflage.
ISBN 978-3-95891-069-0.
Reihe: Edition Training aktuell.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27409.php, Datum des Zugriffs 04.12.2024.
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