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Reinhard Marx (Hrsg.): Ausländer- und Asylrecht

Rezensiert von Prof. Dr. Eckart Riehle, 13.04.2021

Cover Reinhard Marx (Hrsg.): Ausländer- und Asylrecht ISBN 978-3-8487-5699-5

Reinhard Marx (Hrsg.): Ausländer- und Asylrecht. Verwaltungsverfahren | Prozess. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2020. 4. Auflage. 662 Seiten. ISBN 978-3-8487-5699-5. 110,00 EUR.

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Hintergrund

Das vorliegende Werk ist kein Kommentar im klassischen Sinne, vielmehr eine praxisorientiert und fallbezogene die Kompetenz, der mit Fragen des Asyl- und Flüchtlingsrechts, des Staatsangehörigkeits- und Aufenthaltsrechts befassten Praktiker zu unterstützen und zu fördern, sie in der Kompetenz zu unterstützen, die rechtlichen Bedingungen dieser Rechtgebiete anzuwenden und sie mithilfe der Mustertexte an die Falllösung heranzuführen. Die 6 Mitautoren und Mitautorinnen sind, wie der Herausgeber selbst Rechtsanwälte bzw. Rechtsanwältinnen. Nur am Rande sei erwähnt, dass sich die Zusammensetzung der Autoren/​Autorinnen seit der letzten Auflage 2017 verändert hat.

Die vorliegende 4. Auflage berücksichtigt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz von 2019, das Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht von 2019, im Staatsangehörigkeitsrecht wurde 2019 ein neuer Verlustgrund der deutschen Staatangehörigkeit wegen Beteiligung an Kampfhandlungen terroristischer Vereinigungen im Ausland geschaffen 

Herausgeber und Autoren

Herausgeber des Werkes ist Reinhard Marx, auch bekannt durch das Handbuch Aufenthalts-, Asyl und Flüchtlingsrecht, zuletzt erschienen in der 6. Auflage 2017 im selben Verlag.

Autoren sind Susanne Giesler, Frankfurt/M., Dr. Stephan Hocks, Frankfurt/M., Sonja Hoffmeister, Frankfurt/M., Dr. Matthias Lehnert, Berlin, Berthold Münch, Heidelberg, Adela Schmidt, Frankfurt/M., und nicht zu vergessen der Herausgeber, Dr. Reinhard Marx, Frankfurt/M.

Aufbau

Das Werk ist gegliedert in 3 Teile, und in 13 Paragrafe. Die Paragrafen beziehen sich auf Regelungen des jeweiligen Gesetzes.

Teil 1 ist das Aufenthaltsrecht (45 – 302), untergliedert in die „Ersterteilung eines Aufenthaltstitels (§ 1), die Verlängerung und Verfestigung eines Aufenthaltstitels (§ 2), den Nachzug (§ 3), den Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit (§ 4), die Ausweisung und den Verlust des EU Freizügigkeitsrechts (§ 5), die Befristung des Einreise und Aufenthaltsverbots (§ 6).

Teil 2 das Einbürgerungsrecht, ist unterteilt in den Rechtsanspruch nach § 10 StAG (§ 7), die Ermessenseinbürgerung, Erwerb der Staatsangehörigkeit nach jus soli und Rücknahme § 8, und Teil 3 das Asylrecht, unterteilt nach Antrag auf Asyl § 9, Klage und Eilrechtsschutzverfahre wegen Asylanerkennung, subsidiärer Schutz § 10, Asylfolgeantrag § 11, Beweisantrag im Asylprozess § 12, den Zulassungsantrag § 13, dem schließt sich ein Stichwortverzeichnis von ca. 10 Seiten an.

Am Anfang des Werkes findet sich ein Verzeichnis der insgesamt 104 Muster, zugeordnet zu den jeweiligen Paragrafen des Buches, was die Arbeit, zieht man das Stichwortverzeichnis und die Inhaltsübersicht mit dem Buch ein stark erleichtert.

Zur Einführung in einen Bereich, Paragrafen oder ein Unterthema, wird jeweils ein Fall, also ein mehr oder weniger prototypischer Sachverhalt/​Lebenslage vorangestellt, verbunden mit einem zu klärenden rechtlichen Problem, etwa der Ablehnung eines Antrags, oder der Notwendigkeit selbst mit einem Antrag tätig zu werden.

Überblickt man die Paragrafen der 3 Teile, so wird deutlich, dass nicht nur Gesetztestexte sondern auch die Phasen der Rechtsanwendung und Rechtsdurchsetzung im gerichtlichen Verfahren behandelt werden.

Die Orientierung an einem prototypischen Fall oder Muster soll und darf den Nutzer des Buches nicht dazu verleiten, die Besonderheiten des von ihm zu bearbeitenden Falles aus dem Blick zu verlieren. Die sich anschließende Bearbeitung eines Falles, die Prüfungsreihenfolge ist gegliedert, weitgehend durch die formellen und materiellen Regelungen, welche zur Problembearbeitung aus dem Normbereich in den Blick kommen und beachtlich sind. Dazu gehören auch praktische Ratschläge, wie etwa, wann ein Beratungsgespräch unbedingt erforderlich ist oder die Akteneinsicht, und je nach Fallbereich taktische und strategische Vorschläge zur Rechtsumsetzung. Nicht zu vergessen ist, auch der Hinweis auf die Rechtsprechung und auf unterschiedliche Rechtspositionen kommt nicht zu kurz. Vielfach wird in einem Unterabschnitt auch auf Fehlerquellen/​Haftungsfallen hingewiesen, welche mit dem jeweiligen Arbeitsbereich verbunden sind.

Am Beispiel eines Falles kann die Vorgehensweise des Werkes am besten deutlich werden. Wobei aus Platzgründen eine gewisse Vereinfachung in Kauf genommen wird.

Sachverhalt: Der iranische Staatsangehörige A lebt seit 8 Jahren in Deutschland und besitzt eine Niederlassungserlaubnis. A. war schon vor seiner Ausreise aus dem Iran verheiratet und hat zwei Kinder die zwölf und dreizehn Jahre sind. Er bewohnt gemeinsam mit einem Cousin eine 56 qm. große Dreizimmerwohnung für die er 460,- EUR Miete bezahlt. Als Taxifahrer hat er einen monatlichen Nettoverdienst von 1.650 €. Der Visumsantrag der Ehefrau bei der deutschen Botschaft für sich und die Kinder zum Familiennachzug wurde abgelehnt, da die Ausländerbehörde am Wohnort von A. die erforderliche Zustimmung wegen nicht ausreichender Sicherheit des Lebensunterhalts und nicht ausreichendem Wohnraum verweigert hatte.

Vorgehensweise und Prüfungsreihenfolge:

Es empfiehlt sich sogleich eine Verpflichtungsklage beim Verwaltungsgericht gem. § 30 Abs. 1 für die Ehefrau und § 32 Abs. 2 AufenthG für die minderjährigen Kinder einzureichen. Im Klageverfahren kann Akteneinsicht genommen werden, Gründe für die Ablehnung lassen sich so feststellen. Für die Klage ist ein Muster vorhanden.

Zu prüfen ist, ob der Lebensunterhalt ohne öffentliche Mittel bestritten werden kann, dies orientiert sich an den Bedarfssätzen des SGB II. Zu prüfen ist also, ob das Einkommen von A ausreicht, den Lebensunterhalt der Familie zu decken. Das ist im vorliegenden Fall gegeben, wie in dem Muster zu Klagebegründung ausgeführt wird.

Auch von einem ausreichenden Wohnraum kann ausgegangen werden, was ebenfalls im Muster der Klagebegründung ausgeführt wird. wenn für jedes Familienmitglied über 6 Jahre 12 qm unter 6 Jahren 10 qm Wohnfläche zur Verfügung stehen. Nebenräume müssen in angemessenem Umfang zur Verfügung stehen, eine abgeschlossene Wohnung wird nicht verlang. Die Unterschreitung der Wohnfläche um 10 % ist unschädlich.

Die Krankenversicherung ist ebenfalls gesichert. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Familiennachzug liegen damit vor.

Klage und Begründung der Klage ergibt sich aus Muster 21 und 22.

Als Fehlerquellen in diesem Fall werden angeführt,

  • die Berechnung des Einkommens des Ausländeramtes ohne Berücksichtigung der Änderung der Steuerklasse durch den Nachzug des Ehepartners und der Kinder,
  • mangelnde Überprüfung der Berechnungen der Ausländerbehörde zum ausreichenden Lebensunterhalt,
  • ausschließlichen Kontakt mit der örtlichen Ausländerbehörde, obwohl diese nur eine interne Entscheidung trifft, aber Kontakt mit der beteiligten Ausländerbehörde um Vergleichsbereitschaf t zu erkunden.

Eingegangen wird noch auf das Erfordernis der Sprachkenntnisse.

Weiterführend wird der Hinweis gegeben, dass ein Familiennachzug im F alle einer sog. Scheinehe nicht zugelassen wird.

Muster 23 enthält eine Anfechtungsklage und den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, sollte wegen des Verdachts der Scheinehe die Niederlassungserlaubnis zurückgenommen werden verbunden mit einer Ausweisung wegen Scheinehe.

Auch dem schließen sich an Hinweis auf Fehlerquellen und weiterführende Hinweise.

Da der Verdacht der Scheinehe beim Familiennachzug immer wieder eine Rolle spielt, ist es hilfreich, den Umgang mit diesem Sachverhalt in diesem Zusammenhang zu behandeln.

Im 3. Teil wird ein Fall vorgestellt, wie zu verfahren ist, wenn ein traumatisierter Mandant (580), der im Herkunftsland gefoltert wurde, dies aber gegenüber dem Bundesamt in der Anhörung verschwiegen hat, um nicht wieder von diesen Erlebnissen eingeholt zu werden. Das BAFM hat den Asylantrag abgelehnt. Der Betroffene begibt sich dann in ärztliche Behandlung, in welcher die traumatische Belastungsstörung diagnostiziert wird.

Was ist zu tun? In diesem Fall wird im Klageverfahren ein Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens wegen PTBS gestellt, dabei wird genau geschildert, dass ein solcher Beweisantrag als Mindesterfordernis ein fachärztliches Attest voraussetzt, so die Rechtsprechung des BVerwG. Aus diesem Gutachten muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten fachärztlichen Gutachten darstellt (82). Auch hier wird gegenüber dieser Rechtsprechung des BVerwG, die auf einem fachärztlichen Attest besteht, auf die Fachkompetenz der Wohlfahrtsverbände verwiesen, und dass deren Leistungen zudem für den Betroffenen finanziell zu bewältigen sind.

Diskussion

Das vorliegende Werk ist kein Kommentar, jedenfalls nicht im klassischen Sinne. Aber es ist auch nicht nur ein Formularbuch, das dem Nutzer ermöglicht, für die Rechtsanwendung umfangreiche Formulierungshilfen zu erhalten. Es vereint zum einen die Vorteile einer praxisnahen an konkreten Ereignissen entwickelten Rechtsdarlegung, mit der eher einem Kommentar eigenen Diskussion offener Rechtsfragen, sodass auch Differenzen zwischen der Rspr. des BVerwG und einiger VG benannt werden etwa 548 Rn. 29, verbunden mit einer Vielzahl von Muster, welche der Nutzer für seinen eigenen Fall umgestalten kann.

Das bietet dem Nutzer damit Sicherheit für die Rechtsanwendung, in welcher er je nach dem Fallbereich durch das Werk in einen Rechtsplan, wie in einen Stadtplan mit Nebenstraßen eingeführt wird, oft verbunden mit Hinweisen zur Vorbereitung von Verhandlungen vor Gericht. Zu dem spricht viel dafür, dass die meisten Praktiker dieses Werk nicht ohne einen klassischen Kommentar im Hintergrund verwenden werden. Diese Praktiker sind damit bestens gerüstet.

Fazit

Fast schon tautologisch zu sagen, dass kein Praktiker an diesem Werk vorbeigehen sollte.

Rezension von
Prof. Dr. Eckart Riehle
em. Professor für öffentliches Recht und Sozialrecht an der Fachhochschule Erfurt. Rechtsanwalt, Karlsruhe
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Es gibt 55 Rezensionen von Eckart Riehle.

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Zitiervorschlag
Eckart Riehle. Rezension vom 13.04.2021 zu: Reinhard Marx (Hrsg.): Ausländer- und Asylrecht. Verwaltungsverfahren | Prozess. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2020. 4. Auflage. ISBN 978-3-8487-5699-5. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27530.php, Datum des Zugriffs 14.09.2024.


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