Kathrin Ganz, Jette Hausotter: Intersektionale Sozialforschung
Rezensiert von Prof. Dr. Aysun Doğmus, Dr. Veronika Kourabas, 06.09.2021

Kathrin Ganz, Jette Hausotter: Intersektionale Sozialforschung.
transcript
(Bielefeld) 2020.
153 Seiten.
ISBN 978-3-8376-4514-9.
D: 19,99 EUR,
A: 19,99 EUR,
CH: 25,30 sFr.
Reihe: Sozialtheorie.
Thema und Entstehungshintergrund
Intersektionalität als Analyseperspektive sozialer Ungleichheitsverhältnisse hat seit den späten 1990er Jahren mit der Adaption des Begriffs aus dem angloamerikanischen Raum auch in der deutschsprachigen Auseinandersetzung zunehmend Aufschwung erfahren.
Die Rechtswissenschaftlerin Kimberlé Crenshaw (1989) hat im US-amerikanischen Kontext mit dem Begriff Intersektionalität einen Analyseansatz erarbeitet, der von einem verschränkten Zusammenwirken verschiedener Differenzkategorien – v.a. Race, Class und Gender – ausgeht, die gesellschaftliches Verhältnisse strukturieren und soziale Ungleichheit produzieren. Damit machte Crenshaw aus der Perspektive eines Schwarzen Feminismus auf die strukturelle Ignoranz geschlechtertheoretischer wie antirassistischer Theoriezugänge und aktivistisch-politischer Praxis aufmerksam. Demgegenüber betonte sie die multidimensionalen Erfahrungen Schwarzer Frauen, um sie für eine entsprechende Analyse zugänglich zu machen.
Gegenwärtig finden sich intersektionale Analyseperspektiven auch mit erweiterten herrschaftsrelevanten Differenzkategorien im politischen Aktivismus und der Bildungsarbeit, der feministischen Geschlechterforschung bis hin zu den Erziehungswissenschaften. Die Etablierung des Intersektionalitätsbegriffs bewegt sich dabei in verschiedenen Spannungsfeldern, wie etwa zwischen aktivistisch-politischer Praxis und akademischer Wissensproduktion. Innerhalb der akademischen Wissensproduktion kreist die Auseinandersetzung u.a. um die Frage nach der Anzahl und Auswahl der Analyseebenen, nach der Notwendigkeit bzw. Unmöglichkeit der Bestimmung einer ‚Masterkategorie‘ und ist darüber hinaus auch durch das Spannungsfeld herrschaftskritischer Intersektionalitätsanalyse und akademischer Objektivitätsnormierungen strukturiert.
Diese Spannungsfelder werden auch in der von Kathrin Ganz und Jette Hausrotter veröffentlichten Publikation aufgegriffen und Intersektionalität als subjektorientierte und herrschaftskritische Sozialforschung elaboriert. Sie knüpfen dabei an Erfahrungen in Forschungswerkstätten an, in denen seit dem Erscheinen des Bandes „Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheit“ (Winker/​Degele 2009) die „konkreten methodischen Vorschläge […] umgesetzt und weiterentwickelt [wurden]“ (Ganz/Hausotter 2020, S. 11). Ihre Veröffentlichung verstehen sie als eine Sammlung der „gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse“ (ebd., S. 11), die sie systematisiert für die Anwendung der Intersektionalen Mehrebenenanalyse zur Verfügung stellen wollen. Über diesen Ansatz gelinge es, eine Sozialforschung zu verfolgen, in der die „Analyse von Heteronormativismen, Rassismen, Klassismen und Bodyismen“ ermöglicht und als „integraler Bestandteil von Kapitalismuskritik“ (ebd., S. 11) verstanden wird. Ihr Zugang wird folglich als Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse und darüber hinaus als „Grundlage für solidarische Koalitionen“ (ebd., S. 12) angelegt und damit auch zwei Kernanliegen des Buches prononciert: die praktische Einführung und Hilfestellung für die Arbeit mit dem Intersektionalen Mehrebenenansatz sowie die explizit gesellschaftspolitische Dimension von Forschung.
Aufbau und Inhalt
Das Buch wird mit einem Vorwort von Gabriele Winker und Nina Degele sowie einer Einleitung der Autor*innen eröffnet und gliedert sich in drei Kapitel:
- Theorie: Der Intersektionale Mehrebenenansatz
- Methodologie: Die Intersektionale Mehrebenenanalyse
- Partizipative Forschung
Zu 1. Theorie: Der Intersektionale Mehrebenenansatz
Das erste Kapitel führt in die Begriffsherkunft von Intersektionalität ein, die in der „Analyse von sozialen Praxen im Kontext von Herrschaftsverhältnissen“ verortet wird und zum Ziel hat, „zu einer emanzipatorischen Erweiterung der Handlungsfähigkeit im alltäglichen und politischen Handeln“ beizutragen (ebd., S. 15). In Abgrenzung zu Begriffen wie Heterogenität und Diversität wird Intersektionalität als explizit kritische Perspektive auf gesellschaftliche Herrschaftsverhältnisse in kapitalistisch strukturierten Gesellschaften eingeordnet. Folgende vier Referenzen bilden den theoretischen Rahmen:
- Schwarze, feministische Kritik und soziale Bewegungen: Ganz und Hausotter verweisen u.a. auf die von Sojourner Truth bereits im Jahr 1851 gestellte Frage: „Ain‘t I am Woman“ (ebd., S. 17) und die korrespondierende Forderung nach Einbezug der mehrfachdiskriminierten Lebenssituationen Schwarzer Frauen. Der Arbeit des Autor*innenkollektivs „Combahee River Collective“, das in den 1980er Jahren (ebd., S. 18) Intersektionalität als ein „interlocking systems of oppression“ (ebd., S. 20) versteht, wird neben den Arbeiten von Kimberlé Crenshaw eine zentrale Rolle für die politische Praxis und die erkenntnistheoretischen Überlegungen des Intersektionalitätsansatzes beigemessen. Für die Kontextualisierung der deutschsprachigen Debatte verweisen die Autor*innen auf Arbeiten zum Intersektionalitäts- und Interdependenzbegriff.
- Ansätze einer feministisch-materialistischen Gesellschaftstheorie: Die Autor*innen argumentieren, dass diese Zugänge „Kapitalismus nicht als ein Herrschaftsverhältnis neben anderen (z.B. neben Patriarchat und Rassismus), sondern als einen politisch-ökonomischen Gesamtzusammenhang“ (ebd., S. 25) begreifen, der soziale Ungleichheit hervorbringt. Herrschaft definieren sie als „stabile gesellschaftliche Verhältnisse, in denen verschiedene soziale Gruppen über ungleiche Handlungsmöglichkeiten und Lebenschancen verfügen“ (S. 25 f.). In Anlehnung an Winker und Degele betonen sie, dass dabei die drei zentralen Kategorien Race, Class und Gender nicht nur in materieller Hinsicht Herrschaftsverhältnisse strukturieren, sondern zugleich in symbolischer Hinsicht Einfluss auf Repräsentationen und Identitätskonstruktionen nehmen.
- Analyse von Herrschaftsverhältnissen im Kapitalismus: Mit Winker und Degele werden die „vier Strukturkategorien Klasse, Geschlecht, ‚Rasse‘ und Körper“ festgelegt sowie die sich auf der Ebene von Strukturen anzusiedelnden Herrschaftsverhältnisse „Klassismen, Heteronormativismen, Rassismen und Bodyismen“ (Ganz/Hausotter 2020, S. 32). Neben der Analyse des Zusammenwirkens von sozialen Strukturen, Institutionen, Diskursen und Interaktionen sowie individueller und kollektiver Identitäten wird durch eine deduktive Bestimmung den vier Strukturkategorien Rechnung getragen. Die Herausarbeitung der symbolischen Repräsentationen und Identitätskonstruktionen auf der Ebene der Subjektkonstruktionen erfolgt durch eine induktive Vorgehensweise.
- Subjektorientierte Forschungsperspektive und -praxis: Die Autor*innen elaborieren hierfür den zentralen Begriff der Subjektkonstruktion, den sie praxeologisch verorten, sodass über die soziale Herstellung von Subjekten in Aushandlung mit Normen, Leitbildern und Identitätskonstruktionen in intersektional geprägten Herrschaftsverhältnissen die „Zusammenhänge zwischen persönlichen Erfahrungen, gesellschaftlichen Verhältnissen sowie kollektiven Praxen“ (Ganz/Hausotter 2020, S. 40) analysiert werden können. Dabei wird das Subjekt nicht nur als Ort der Unterwerfung unter diese Verhältnisse verstanden, sondern in Anlehnung an die Kritische Psychologie zugleich als Ort der Handlungsfähigkeit, die es gleichermaßen empirisch zu rekonstruieren gilt.
Zu 2. Methodologie: Die Intersektionale Mehrebenenanalyse
Das zweite Kapitel fokussiert in neun Unterkapiteln die konkrete methodische Arbeit mit der Intersektionalen Mehrebenenanalyse, die darauf zielt „zu untersuchen, wie sich in spezifischen Kontexten jeweils auf komplexe Weise miteinander verwobene Herrschaftsverhältnisse in den sozialen Positionierungen unterschiedlicher Menschen widerspiegeln und wie deren soziale Praxen und Lebenschancen dadurch beeinflusst werden“ (ebd., S. 53). Ausgehend von einer konsequenten Subjektforschung ist der empirische Zugang zu sozialen Praktiken zentral. In den ersten vier Unterkapiteln erfolgen relevante Auseinandersetzungen in qualitativen Forschungsprozessen. Neben einem zusammenfassenden Überblick zur Intersektionalen Mehrebenenanalyse werden Hinweise zum zeitlichen Rahmen von Forschungsarbeiten und zur Klärung des eigenen Zugangs (Erkenntnisinteresse, Fragestellung(en), Feldzugang) gegeben. Dabei werden systematische Bezüge zur Intersektionalen Mehrebenenanalyse vorgenommen (ebd., S. 57 f.). Ebenso werden konkrete Beispiele für mögliche Fragestellungen angeboten sowie über die von Leslie McCall (2005) vorgenommene Unterscheidung von intrakategorialen, interkategorialen und antikategorialen Ansätzen mögliche Forschungsperspektiven aufgeschlüsselt (Ganz/Hausotter 2020, S. 61 f.). Ein besonderer Aufmerksamkeitsfokus liegt auf der Datenerhebung, für die das narrative und das problemzentrierte Interview als geeignete Erhebungsinstrumente dargestellt werden. Dennoch wird auch die Gruppendiskussion im Hinblick auf Einsatzmöglichkeiten bei Realgruppen diskutiert (ebd., S. 77). Darüber hinaus erfolgen Hinweise zu Interviewfragen, zum Sample, zur Transkription und zu Memos, sowie zum komplexen Anspruch, Reifizierungen bei der Interviewdurchführung zu vermeiden.
Die folgenden fünf Unterkapitel widmen sich der konkreten Intersektionalen Mehrebenanalyse, die in der Wechselseitigkeit induktiver und deduktiver Vorgehensweisen erfolgt. Die Subjektorientierung impliziert, dass zunächst induktiv in Form von Auswertungen der Einzelfälle gearbeitet wird (ebd., S. 48) und diese sukzessive deduktiv verdichtet und mit gesellschaftskritischen Theoriezugängen verknüpft werden (ebd., S. 47). Die Unterkapitel beschreiben ausführlich die analytische Vorgehensweise, mit der in den ersten Schritten Subjektkonstruktionen herausgearbeitet und Kodierungen auf den drei Materialisierungsebenen (Identitätskonstruktionen, symbolische Repräsentationen, soziale Strukturen) vorgenommen, validiert und über eine induktive Typenbildung und deduktive Verdichtung verglichen und verallgemeinert werden. Dabei nehmen die Autor*innen eine Unterscheidung von Subjekt- und Identitätskonstruktionen vor. Während Letztere auf Aussagen auf der Identitätsebene Bezug nehmen, verweisen Subjektkonstruktionen auf die Wechselwirkung der drei Ebenen. Mit den folgenden Schritten wird dargelegt, wie mit der Zusammenführung der induktiven und deduktiven Erkenntnisse soziale Strukturen und symbolische Repräsentationen (ebd., S. 107) fokussiert und der „gesellschaftliche Rahmen“ herausgearbeitet wird, „in dem die Subjektkonstitutionen artikuliert wurden“ (ebd.). Abschließend wird die Analyse der Handlungsfähigkeit relevant gesetzt, die Fragen nach der Anpassung an Lebensbedingungen impliziert, sowie nach der Widersetzung oder Stärkung von Normen und sozialen Strukturen.
Zu 3. Partizipative Forschung
Im dritten Kapitel begründen die Autor*innen mit dieser Analyse auch die Relevanz partizipativer Forschung. Intersektionale Sozialforschung soll dadurch transformative Prozesse unterstützen und sowohl die Kritik an Herrschaftsverhältnissen als auch einen Beitrag zu ihrer Überwindung leisten. Ganz und Hausotter verorten ihren Ansatz in der Verbindung wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse mit „politischen Kämpfen von mehrfach marginalisierten Menschen für soziale Gerechtigkeit und politische Teilhabe“ (ebd., S. 119). Diese beschreiben sie als eine Verortung, die „im hegemonialen Wissenschaftssystem ein randständiges Unterfangen“ (ebd.) darstellt. Vor diesem Hintergrund widmen sie sich in fünf Unterkapiteln den methodologischen Prämissen und der Konzeption partizipativer Forschung sowie der gemeinsamen Datenerhebung und Auswertung, dem Transfer und der Transformation mit dem Ziel der erweiterten Handlungsfähigkeit im Hinblick auf hierarchische Machstrukturen und Ressourcenzugänge im Wissenschaftssystem. Das Grundsatzprinzip ist hierbei, den „Erkenntnisstandpunkt des Subjekts“ (ebd., S. 122) in die Erkenntnisgewinnung einzubeziehen. Die Partizipation sieht dabei die Mitgestaltung der Beforschten in allen Forschungsphasen vor, sodass sich für Forschende die Aufgabe der Vermittlung wissenschaftlicher Konzepte und Methodenkompetenz ergibt, wie auch die kommunikative Validierung von Zwischenergebnissen. Thematisiert wird insbesondere das – auch ressourcenbedingte – Machtgefälle innerhalb der partizipativen Forschungspraxis, die es zu besprechen und zu reflektieren gilt.
Diskussion
Mit ihrem Buch knüpfen Kathrin Ganz und Jette Hausotter an die Intersektionale Mehrebenenanalyse von Winker und Degele (2009) an und nehmen ausgehend von der theoretisch-empirischen Verknüpfung der Mikro-, Meso- und Makroebene gesellschaftlicher Ungleichheitsverhältnisse eine systematische Weiterentwicklung vor. Zentral ist die Einführung der Subjektorientierung mit methodologischen Prämissen partizipativer Forschung, die sich in dem zweifachen Anspruch – Analyse von Herrschaftsverhältnissen und Unterstützung subjektorientierter Widersetzungs- und Transformationsprozesse – verdichten. Mit der theoretisierten Einführung der Subjektkonstruktion gelingt es dabei, die analytische Verknüpfung der drei Ebenen zu präzisieren und darüber auch eine Schnittstelle zur Unterstützung von Transformationsprozessen zu identifizieren. Ebenso nehmen Ganz und Hausotter in zweierlei Hinsicht einen wichtigen Einsatz vor: Es erfolgt eine produktive Fusion identitätspolitischer und strukturfokussierter Perspektiven, die oftmals einseitig fokussiert oder gar gegeneinander ausgespielt werden. Ebenso wird eine konsequent herrschaftskritische Verortung der Intersektionalen Mehrebenenanalyse vorgenommen. Diese Verortung ist nicht nur im Zusammenhang des hegemonialen Wissenschaftssystems relevant, sondern auch im Hinblick auf Tendenzen bei der Verwendung des Intersektionalitätsbegriffs, das ihm innenwohnende herrschaftskritische Analyse- und Handlungspotenzial auszublenden und in bestehende – möglicherweise herrschaftssichernde – Diskurse zu übersetzen.
Darüber hinaus stellt die explizite Einbettung in die Sozialforschung eine zentrale Weiterentwicklung dar. Für die Umsetzung einer Intersektionalen Mehrebenenanalyse integrieren Ganz und Hausotter detailliert Arbeitsschritte qualitativer Forschung. So werden sie auch ihrem Anspruch gerecht, Interessent*innen mit verschiedenen disziplinären Verortungen sowie Forschungserfahrungen und Forschungskontexten einen ganzheitlichen sowie machtsensiblen Zugang zu Umsetzungsoptionen Intersektionaler Mehrebenenanalysen zu ermöglichen. Dies gelingt auch über die systematische Bezugnahme auf Anwendungs- und Forschungsbeispiele.
Gleichzeitig laden die theoretisch-methodologischen und forschungspraktischen Eindeutigkeiten des Buches zu kontroversen Diskussionen ein. Erwähnenswert sind etwa Diskussionen um die kapitalismusorientierte Metakategorie bei gleichzeitiger Ablösungsmöglichkeit von der intersektionalen Verortung in rassismuskritisch-feministischen Konstellationen sowie Diskussionen um (De-)Konstruktion und den Spannungsfeldern kategorienorientierter Forschungspraxis im Hinblick auf die Reproduktion herrschaftssichernder Wissensproduktionen. In dieser Gemengelage wäre es auch produktiv, über angemessene Erhebungs- und Auswertungsstrategien nachzudenken. Schließlich kann der von ihnen vertretene Anspruch der partizipativen Forschung mit ihrem Hinweis auf das Machtgefälle zwischen Forscher*innen und Beforschten weiter diskutiert werden, denn, wie sie selbst den Abschluss des Buches pointieren, reicht die Reflexion des Gefälles nicht aus und bedarf Interventionen mit dem Ziel, Macht und Ressourcen nicht nur, aber auch innerhalb des Wissenschaftssystems zu teilen.
Fazit
Mit ihrem Buch dokumentieren Ganz und Hausotter aktuelle intersektionale Debatten um theoretische, methodologische und forschungspraktische Ansätze einer herrschaftskritischen, partizipativen und subjektorientierten Forschungspraxis. Darüber hinaus gelingt es ihnen, Leser*innen mit unterschiedlichen Vorerfahrungen und Forschungsvorhaben aus unterschiedlichen Disziplinen in kompakter und zugänglicher Weise einen Überblick über den Intersektionalitätsansatz sowie seinen forschungspraktischen Einsatz zu vermitteln. Die Autor*innen bieten so nicht nur einen einführenden Überblick, sondern zugleich ein ‚Arbeitshandbuch‘. Im Hinblick auf die Intersektion privilegierender und deprivilegierender Involviertheiten in Herrschaftsverhältnisse wäre es zugleich lohnenswert, die Mehrstimmigkeit und mitunter kontrovers geführten Auseinandersetzungen u.a. im Hinblick auf ‚Masterkategorien‘ und der Genese intersektionaler Analyseperspektiven stärker abzubilden. Dennoch stellt die Publikation eine wichtige Weiterentwicklung für die forschungspraktische Analyse im deutschsprachigen Raum dar und verbindet anwendungsbezogene Hinweise mit der kritischen Reflexion der Machtwirkung akademischer Wissensproduktion. Damit lässt sich die Publikation auch als eine Form des wissenschaftspolitischen Einsatzes im hegemonialen Wissenschaftssystem verstehen, die zugleich eine fundierte Perspektive auf Möglichkeiten einer machtsensiblen Intervention und Destabilisierung von Herrschaftsmechanismen bietet.
Zitierte Literatur
Crenshaw, Kimberlé (1989): Demarginalizing the Intersection of Race and Sex. Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine, in: The University of Chicago Legal Forum 140, S. 139–167.
McCall, Leslie (2005): The Complexity of Intersectionality, in: Signs 30, S. 1771–1800. DOI: 10.1086/426800.
Winker, Gabriele/​Degele, Nina (2009): Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten, Bielefeld: transcript.
Rezension von
Prof. Dr. Aysun Doğmus
Dipl. Soziologin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Postdoc) am Arbeitsbereich Erziehungswissenschaft insbesondere interkulturelle und vergleichende Bildungsforschung an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
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Dr. Veronika Kourabas
Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe „Migrationspädagogik und Rassismuskritik“ an der Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld.
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