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Miriam Deubner-Böhme, Uta Deppe-Schmitz: Ressourcen­aktivierung

Rezensiert von Dr. phil. Gernot Hahn, 30.11.2020

Miriam Deubner-Böhme, Uta Deppe-Schmitz: Ressourcenaktivierung in Psychotherapie, Coaching und Beratung. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2020. 48 Seiten. ISBN 978-3-8017-3067-3. 16,95 EUR. CH: 21,90 sFr.
Ein Fragenfächer.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.
Inhaltsverzeichnis bei der DNB.

Thema

Der Hogrefe-Verlag veröffentlicht, so wie andere Fachverlage die ebenfalls didaktisch gestaltetes Material in Form von Kartensets, Poster oder Impulskarten publizieren seit 2017 komprimierte Fragenfächer im handlichen Taschenformat und erschließt durch die Formulierung zentraler Fragen für den Therapiealltag unterschiedliche Wissensgebiete aus den Bereichen Therapie, Beratung und Coaching.

Der vorliegende Fächer „Ressourcenaktivierung in Psychotherapie, Coaching und Beratung“ gründet auf der umfassenden Publikation der beiden Autorinnen „Auf die Ressourcen kommt es an. Praxis der Ressourcenorientierung“ (https://www.socialnet.de/rezensionen/​23917.php) aus dem Jahr 2016 und enthält 210 ressourcenaktivierende Fragen, „die so formuliert sind, dass sie Klienten direkt im Gespräch gestellt werden können“ (Umschlagtext). Der Fragenfächer soll, wie die anderen Publikationen aus dieser Reihe zur Vorbereitung von Beratungs- und Therapiegesprächen genutzt werden. Die Fragenfächer haben ein sehr handliches Format (ca. 7 x 15 cm), sind doppelseitig bedruckt. Auf jeder Seite finden sich sechs Fragen, welche durch farbige Gestaltung der Überschriften leicht aufgefunden werden.

Autorinnen

Dr. Uta Deppe-Schmitz und Dr. Miriam Deubner-Böhme arbeiten beide als Psychologische Psychotherapeutinnen in eigener Praxis in Berlin.

Aufbau und Inhalt

Die schmale, in Fächerform gebundene Publikation ist neben einer Einleitung in Karten zum Ressourcenblick des Therapeuten/​Coachs und der KlientInnen, sowie zu unterschiedlichen Ressourcenbereichen und unterschiedlichen Beratungs- und Therapiephasen gegliedert.

Einleitung

„Ressourcenaktivierung macht gesund und zufrieden!“, diesem Motiv folgend werden auf acht Kartenseiten knapp die theoretischen Grundlagen der Ressourcenorientierung und -aktivierung dargestellt: was sind Ressourcen, welche psychischen und physischen Bedürfnisse werden durch Ressourcenaktivierung erfüllt, Hinweise zur Subjektbezogenheit, sowie Hinweise zu verschütteten (in der Biografie früher bestehenden) Ressourcen und deren Reaktivierung. Knappe methodische Hinweise finden sich zum Transfer der Ressourcenarbeit aus Therapie/​Beratung in den Alltag und zur Gestaltung des Gesprächsbeginns und des Therapieabschlusses

Fragenfächer

Die folgenden 34 Fächer beinhalten ressourcenerschließende Fragen zu den Bereichen Ressourcenperspektive (Fokus des/der TherapeutIn, Fokus der PatientInnen, Fokus auf die eigene Ressourcenlage), Fragen zur körperlichen Ressourcenlage (Ernährung, Bewegung, Atmung/​Sauerstoff, Erholung, Schlaf), zu den psychischen Ressourcen (Wohlbefinden, Bindung, Orientierung und Kontrolle, Selbstwert), Fragen die zur Aktivierung eines positiven Körpergefühls und positiver Gefühle dienen, ressourcenfördernde Fragen zu den Bereichen soziale Kontakte (Familie, Partnerschaft, Freunde, Ressourceneinschätzung durch externe Personen) und zu den Lebensbereichen Arbeit/​Beruf, Freizeit, Lebenslauf/​Biografie. Die letzten drei Fragenbereiche gehen auf Verlaufsphasen in Beratung, Coaching und Therapie ein: Ressourcenaktivierung außerhalb des professionellen Gesprächssettings im Alltag, Ressourcentechniken zur Gestaltung der Anfangssequenzen von Gesprächen und zu deren Abschluss, sowie zum Abschluss von Beratungs- bzw. Therapieeinheiten (z.B. durch weiterführende ressourcenerschließende Aufgaben/​Fragen, Alltagstransfer, Evaluation und Selbstmanagement).

Die in den einzelnen Bereichen und Abschnitten enthaltenen Fragen stellen in gewisser Hinsicht das „best of“ ressourcenorientierter Gesprächsführung dar. Sie adressieren

  • globale Aspekte („Was schätzen Sie an Ihrer Patientin?“),
  • konkrete Themen („Wie oft in der Woche gelingt es Ihnen, sich auf das Essen zu konzentrieren und nichts nebenbei zu machen?“),
  • soziale Ressourcen („Welche angenehmen Begegnungen hatten Sie heute und in der letzten Woche?“) und
  • Selbstwirksamkeitsaspekte („In welchen Lebensbereichen haben Sie momentan den Eindruck, dass Sie Ihr Leben aktiv gestalten?“).

Aktivierende Fragen zielen auf

  • frühere positive Bewältigungserfahrungen („Was konnten Sie gut, selbst in einer Zeit, die für sie sehr herausfordernd war?“),
  • soziale Zusammenhänge („Warum sind andere Menschen gerne mit Ihnen zusammen?“) und
  • unterschiedliche Beratungsphasen („Was konnten Sie in der letzten Woche für sich tun? Was war heute im Gespräch für Sie hilfreich? Welche Ressourcen sind Ihnen im heutigen Gespräch bewusst geworden? Wie können Sie diese im Alltag erkennen und aktivieren?“).

Je nach konkretem Gesprächsanlass und -thema dienen die Karten zur Vorbereitung des nächsten Gesprächskontakts, entweder um einzelne Fragen konkret zu formulieren oder die damit zusammenhängenden Aspekte und Ressourcenebenen zu analysieren und methodisch zu erfassen.

Zielgruppe des Fächers

PsychotherapeutInnen, Coaches, BeraterInnen, PsychiaterInnen, SupervisorInnen, TrainerInnen in Praxis und Ausbildung.

Diskussion

Ressourcenorientierung (in Beratung, Coaching, Therapie) ist der Bezug auf die theoretischen Grundlagen (Wissen), die methodische Anwendung (Technik) und der grundsätzlich auf Ressourcen gerichtete Blick (Haltung). Miriam Deubner-Böhme und Uta Deppe-Schmitz vertreten sei Jahren eine ressourcenorientierte psychosoziale Praxis, die auf Förderung und Entwicklung setzt und an der Selbstbefähigung von KlientInnen und PatientInnen ansetzt. Der Ansatz findet breite Anwendung in der Praxis, die Wirksamkeit ressourcenfördernder Maßnahmen wurde immer wieder belegt. Das vorgelegte Kartenmaterial mit seinen 210 ressourcenorientierten Fragen zielt auf die Anwendung von Wissen, vermittelt konkrete Technik und ist als handliches Therapiematerial auch Symbol für eine ressourcenorientierte Haltung.

Manche der Fragen orientieren sich eng an der Alltagssprache, wodurch sie -wo passend- unmittelbar eingesetzt werden können, andere Fragen wirken durch die Art der Formulierung deutlich elaboriert, was den breiten Einsatz für weniger strukturierte Gesprächspartner erschweren dürfte (z.B. „Wenn Sie ein Problem durch eine Ressourcenbrille betrachten, was können Sie entdecken?“, „Wie gut schaffen Sie es, von Ihnen weniger geschätzte Aspekte Ihrer eigenen Person [z.B. bezüglich Ihres Aussehens, Eigenschaften oder Fähigkeiten] wohlwollend anzunehmen?“), bzw. eine umfassende Hinführung und Erschließung benötigen. Was der Fragenfächer nicht ersetzen kann, ist eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit Theorie und Methodik der Ressourcenorientierung, auf deren Grundlage dann ressourcenorientierte Fragestellungen entwickelt bzw. angewendet werden können. Im Einleitungskapitel findet sich dazu allerdings kein Hinweis, ebenso fehlen die Diskussion um „Risiken und Nebenwirkungen“, oder Hinweise auf besondere Therapiesituationen wie z.B. die Arbeit im Zwangskontext, oder die Konfrontation mit akuten Krisensituationen, welche immer ein Abwägen zwischen stärker intervenierenden Maßnahmen und Ressourcenförderung bedürfen. Was das Durchblättern des Fächers auf jeden Fall hinterlässt ist die Schärfung des eigenen Ressourcenblicks. Die Aufteilung in unterschiedliche Gesprächsebenen und Beratungs-/​Therapieanlässe erlaubt eine rasche Orientierung und ermöglicht eine innere Fokussierung und damit die Entwicklung einer konsequent ressourcenorientierten Haltung

Fazit

Der Fragenfächer zur Ressourcenaktivierung in Psychotherapie, Coaching und Beratung ist ein handlicher Impulsgeber, der ermöglicht das Potenzial ressourcenerschließender Fragen in den Beratungsalltag zu integrieren. Die enthaltenen 210 Fragen geben vor allem Berufseinsteigern vielfältige Anregungen und Strategien, zusammen mit dem von den Autorinnen vorgelegten Fachbuch „Auf die Ressourcen kommt es an. Praxis der Ressourcenorientierung“ ein gutes Handwerkszeug für die Praxis.

Rezension von
Dr. phil. Gernot Hahn
Diplom Sozialpädagoge (Univ.), Diplom Sozialtherapeut
Leiter der Forensischen Ambulanz der Klinik für Forensische Psychiatrie Erlangen
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Es gibt 177 Rezensionen von Gernot Hahn.


Zitiervorschlag
Gernot Hahn. Rezension vom 30.11.2020 zu: Miriam Deubner-Böhme, Uta Deppe-Schmitz: Ressourcenaktivierung in Psychotherapie, Coaching und Beratung. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2020. ISBN 978-3-8017-3067-3. Ein Fragenfächer. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27550.php, Datum des Zugriffs 20.09.2024.


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