Karl Werner Wagner, Gerold Patzak: Performance excellence - der Praxisleitfaden zum effektiven Prozessmanagement
Rezensiert von Prof. Dr. Paul Brandl, 27.01.2021

Karl Werner Wagner, Gerold Patzak: Performance excellence - der Praxisleitfaden zum effektiven Prozessmanagement. Hanser Verlag (München) 2020. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. 462 Seiten. ISBN 978-3-446-45741-6. D: 59,00 EUR, A: 60,70 EUR.
Autoren
Karl W. Wagner studierte Maschinenbau an der TU Wien und war Assistent am Institut für Betriebswissenschaften sowie Lektor an verschiedenen Hochschulen. Als Geschäftsführer der PROCON-Unternehmensberatung (www.procon.at) ist er seit 1996 tätig und seit 2003 ist er Vorstand der Gesellschaft für Prozessmanagement und Beirat der Projektmanagement Austria. Mehrere Publikationen im Bereich des Projektmanagements sowie des Prozess- und Qualitätsmanagements.
Gerold Patzak ist Universitätsprofessor für Systemtechnik und Organisation an der TU Wien sowie Leiter der Abteilung Systemtechnik und Methodologie, Gründungsmitglied der AFQM, Juror für den AQA sowie Assessor für die Personenzertifizierung zum International Project Manager; mehrere Publikationen insbesondere im Bereich des Projektmanagements.
Thema und Zielsetzung
Die Autoren kommen beide aus dem Technik-Bereich. Gerade dieser Zugang macht sie interessant für sozialwirtschaftliche Unternehmen, in dem es gilt die Erkenntnisse auf den Dienstleistungsbereich umzulegen. Die sozialen Dienstleister kommen vermehrt unter ökonomischen Druck durch stagnierende Budgets und haben es mit steigenden Ansprüchen der KlientInnen zu tun – und das bei bereits jetzt oft sehr spartanischer bis veralteter Ausstattung. Ein Fortschreiben der Aktivitäten der Vergangenheit auf die Zukunft bei Input und Output vermag keine größeren Fortschritte mehr zu bringen, es bedarf also eines Umdenken der Führung, aber auch der MitarbeiterInnen. Die Ausrichtung der Prozesse auf die KundInnen legt eine Unterstützung durch organisatorische, logistische Veränderungen und das konsequente Nutzen von Entwicklungen im Bereich der IT-Ausstattung nahe. Der Zugang über das Geschäftsprozessmanagement trägt zum Sichtbarmachen von Handlungsspielräumen bei. Es gilt diese Verbesserungspotenziale sichtbar zu machen und im Rahmen von Change Management Projekten zu Heben. Damit erhalten sowohl Führungskräfte und Schlüsselkräfte in der Sozialwirtschaft als auch Lehrende und Studierende im Bereich des Sozialmanagements und der Sozialwirtschaft eine Grundlage für den Weg zu exzellenter Performance.
Inhaltlicher Überblick
Am Beginn des Buches stehen die Einordnung der Prozesse in die Unternehmensführung sowie der Einstieg in das Prozessmanagement über das Erkennen und Verstehen der Prozesse sowie deren Einordnung in eine Prozesslandkarte. Einher geht das Umdenken von einer funktionalen zu einer prozessorientierten Organisation. Auch der Nutzen dieser Veränderung zur Prozessorganisation wird besprochen. Daran schließt sich das nächste Kapitel an, in dem es in Phase 1 gilt, eine Prozesslandkarte zu erstellen, in dem Prozesse und Teilprozesse definiert werden und Eingang in das betriebliche Modell der Prozesslandkarte finden. Dazu wird in einem weiteren Kapitel die zentrale Gedankenfolie: Der Prozesslebenszyklus mit seinen vier Phasen, die Einordnung in ein Modell eines Managementsystems sowie die Rollen im Prozessmanagement. Dem Modell des Prozesslebenszyklus folgend stellen die Autoren das Analysieren und Konzipieren von Prozessen (Phase 2 des Prozesslebenszyklus) dar. Sehr anschaulich wird dabei das Identifizieren und Abgrenzen von Prozessen, das Analysieren und visualisieren bis hin zur Darstellung der Verbesserungspotenziale dargestellt. Viele Beispiele und Schaubilder erleichtern dabei dem/r LeserIn das Erarbeiten der Prozesse. Anschließend wird die Phase 3 des Prozesslebenszyklus dargestellt: das Betreiben, Steuern, Optimieren sowie Reporting von Prozessen. Auch die agile Organisation wird hier pragmatisch angesprochen. Motiviert wird der/die LeserIn für das weitere Vertiefen in das Prozessmanagement durch das Angebot von weiterführender Literatur jeweils am Ende der Kapitel. Das strategische Managen von Prozessen über das Instrument einer Balanced Scorecard schließt den Prozesslebenszyklus als Phase 4 „Überwachen der Gesamtprozessleistung“ ab.
Im nächsten Kapitel wird der Leser unter dem Titel „Wertstromorientiertes Prozessmanagement“ in die neun Perspektiven recht praxisorientiert eingeführt:
- Prozessstruktur festlegen
- Produkt- und Informationsfluss aufnehmen
- Verschwendung identifizieren
- Zeitlinie aufnehmen
- Qualitätsdefizite identifizieren
- Kapazitäten abgleichen
- Risiko bewerten
- Kosten erheben
- Verbesserungspotenziale festhalten
Daraus kann dann eine Sammlung von Verbesserungspotenzialen für das jeweilige Unternehmen generiert werden. Herausragend sind die vielen visuell leicht erfassbaren Übersichten, Formulare und Beispiele, die ein relativ einfaches Umlegen auf die eigene Situation auch von sozialen Dienstleistern begünstigen.
Nun gilt es im nächsten Kapitel die Prozesse zum Leben zu erwecken und dauerhaft zu betreiben. Dazu braucht es neben den Menschen in der Arbeitsgruppe der Leitung und Führung von Teams, das Konfliktmanagement, die Kreativität und eine entsprechende Organisationskultur. Organisationsänderungen sind damit im Anschluss als weiterführendes Kapitel angeschlossen, wobei die Entwicklungstreiber an oberster Stelle stehen, gefolgt von förderlichen Einstellungen zur Veränderung, der Bewältigung von Widerständen bis hin zum Veränderungsmanagement mittels Projektmanagement. Ausführlich gehen die Autoren auf Instrumente ein, die zum exzellenten Unternehmen führen: Integriertes Management vom Leitbild über die Strategie zum Prozess, System-Scans als Standortbestimmung, Referenzmodelle als unternehmensübergreifende Norm, Zertifizierung als Endpunkt von systematischer, kontinuierlicher Verbesserung, Bewertungsmethoden, Standards zur Schnittstellenanalyse und Prozesskostenrechnung als Entscheidungshilfe. Damit wird auch der Weg zu einem unternehmensübergreifenden Qualitätsmanagement eröffnet.
Den Abschluss bilden Fallbeispiele zu mehreren Unternehmensbeispielen – ein Edelstahlproduzent, eine Privatklinik, ein Entsorgungsbetrieb in der Öffentlichen Verwaltung, eine Bank sowie abschließend eine Prägestätte.
Diskussion
Insgesamt ist dies ein sehr empfehlenswertes Buch, das für jede Führungskraft und jede/n EntscheidungsträgerIn nicht nur in sozialwirtschaftlichen Unternehmen eine Pflichtlektüre darstellt. Auch für die Lehrenden und Studierenden im Bereich des Sozialmanagements erscheint das Buch grundlegend und richtungweisend, auch wenn der Dienstleistungsbereich stärker fokussiert werden könnte – dies auch mangels alternativer Publikationen fokussiert auf soziale Dienstleister. Der Aufbau vom Prozesslebenszyklus (Erstellen einer Prozesslandkarte, Optimieren und Betreiben von Prozessen, Berichten und strategisch ausrichten) über die Kompetenzen zum Betreiben der Prozesse über das Konfliktmanagement bis hin zur Kreativität beim kontinuierlichen Verbessern) ist gut gewählt. Auch die folgenden Kapitel vom Change Management bis zu den Instrumenten für eine exzellente Performance liefern die gute Grundlagen. Neben dem Wissen um das Prozessmanagement braucht es auch noch viel Geduld und Beharrlichkeit bei der Umsetzung von Change-Projekten – auch und gerade in der Sozialwirtschaft. Es gilt die MitarbeiterInnen beim für sie neuen Thema „Prozessmanagement“ mitzunehmen.
Fazit
Wenn Führungskräfte aus der Sozialwirtschaft nach Wegen suchen, die ihren sozialen Dienstleister erfolgreich in die Zukunft zu führen können, dann ist diese Publikation ein Muss. Prozessorganisation ist auf den Kunden ausgerichtet, ermöglicht so wenig wie möglich Verschwendung, kann die Leistungserstellung und Distribution nachhaltig gestalten und auch die agile Organisation integrieren. Ein Umlegen auf die Dienstleistungsorganisation ist somit möglich und daher anzuraten. Am Ende des Tages führt die Umsetzung der Inhalte der Publikation auch zu neuen, an die Bedürfnisse der KundInnen angepassten Dienstleistungen. Auch für Lehrende und StudentInnen stellt dies Publikation eine Erweiterung der Wissensbasis für die Zukunft dar.
Rezension von
Prof. Dr. Paul Brandl
war Professor für Organisationsentwicklung und Prozessmanagement an der FH Oberösterreich, Department für Sozial- und Verwaltungsmanagement und ist Berater insbesondere für die prozessbasierte Optimierung und Neugestaltung von sozialen Dienstleistern
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