Benedikt Sturzenhecker, Thomas Glaw et al.: Gesellschaftliches Engagement von Benachteiligten fördern – Band 3
Rezensiert von Julia Gerodetti, Manuel Fuchs, 22.12.2020
Benedikt Sturzenhecker, Thomas Glaw, Moritz Schwerthelm: Gesellschaftliches Engagement von Benachteiligten fördern – Band 3. Kooperativ in der Kommune demokratisches Engagement von Kindern und Jugendlichen ermöglichen. Verlag Bertelsmann Stiftung (Gütersloh) 2020. 384 Seiten. ISBN 978-3-86793-904-1. D: 25,00 EUR, A: 25,70 EUR, CH: 27,50 sFr.
Thema und Entstehungshintergrund
Kindern und Jugendlichen mit sozialer Benachteiligung wird immer wieder unterstellt, dass diese kaum Interesse zur Übernahme von Verantwortung und gesellschaftlichem Engagement haben. Als Gegenposition könnte dagegengehalten werden, dass Kinder und Jugendliche sehr wohl dazu bereit sind und die gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen wesentlich eher davon abhängt, ob Kinder und Jugendliche ausreichend frei zugängliche und niederschwellige Räume und Gelegenheiten finden, in welchen sie eigene Themen und Interessen entdecken, äußern und aushandeln können. Ein spezifischer Ort, an welchem Kinder und Jugendliche genau dies erproben können, sind Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Die Offene Kinder- und Jugendarbeit hat einen gesetzlichen Auftrag jungen Menschen vielfältige Gelegenheiten zu eröffnen, welche Kinder und Jugendliche zur Selbstbestimmung befähigen, zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und sozialem Engagement anregen. Doch wie lässt sich dieser Auftrag in der Alltagspraxispraxis Offener Kinder- und Jugendarbeit ganz konkret umsetzen? Und aus welchen Gründen ist dies von ganz zentraler Bedeutung?
Das Projekt (und die dazugehörige dreibändige Publikationsreihe) „Gesellschaftliches Engagement von Benachteiligten fördern (GEBe)“, das von der Bertelsmann Stiftung im Rahmen des Projekts „jungbewegt“ gefördert und unter der wissenschaftlichen Leitung von Professor Dr. Benedikt Sturzenhecker umgesetzt wurde, knüpft an diesen Fragen an.
In Band 1 und 2 wurden konzeptionelle und methodische Wege aufgezeigt, wie Fachkräfte der Offenen Kinder- und Jugendarbeit lebensweltliche Themen zum Anlass von Partizipation und demokratischer Mitbestimmung in Einrichtungen der Offenen Kinder und Jugendarbeit machen können. Dabei wurden sowohl theoretische Begründungszusammenhänge und Argumentationsgrundlagen als auch ganz konkrete Handlungsweisen und Methoden für die Alltagspraxis zur Verfügung gestellt, damit die Selbstbestimmung und die Entwicklung gesellschaftlichen Engagements von Kindern und Jugendlichen gezielt gefördert werden kann.
Der in diesem Beitrag rezensierte Band 3 knüpft an den ersten beiden Bänden an, erweitert mit dem Projekt „Kooperativ in der Kommune: Demokratisches Engagement von Kindern und Jugendlichen fördern (KoKoDe)“ jedoch den Blick auf die Kommune als demokratisches Handlungsfeld, das es von den verschiedenen Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe kooperativ zu eröffnen gilt. Dies geschieht indem aufgezeigt wird, wie Akteure in einem Sozialraum unter Nutzung des GEBe-Ansatzes gemeinsam und einrichtungsübergreifend demokratisches Engagement von Kindern und Jugendlichen stärken können. Dazu wurde im Rahmen des Explorationsprojekts KoKoDe mit dem Nachbarschaftsheim Berlin-Schöneberg erprobt, wie der GEBe-Ansatz, der sich zunächst auf die Demokratiebildung innerhalb einer Einrichtung beschränkte, auch für die Förderung gesellschaftlich-demokratischen Handelns außerhalb der Einrichtungen eingesetzt und weiterentwickelt werden könnte. Wobei der Fokus dieses Projektes sich nicht mehr ausschliesslich auf benachteiligte Kinder und Jugendliche richtet, sondern sich mit allen jungen Menschen in Sozialraum befasst.
AutorInnen
Herausgeber der dreibändigen Publikation, in welchen die Ergebnisse des Projekts aufgearbeitet und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden ist Benedikt Sturzenhecker. Benedikt Sturzenhecker, Dr. phil., Dipl.-Päd., ist Professor für Sozialpädagogik und außerschulische Bildung an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg. Seine Arbeits- und Themenschwerpunkte liegen in den Bereichen Offene Kinder- und Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, Demokratiebildung in der Kinder- und Jugendhilfe, ästhetische Bildung in der Jugendarbeit sowie Eltern-Kind-Zentren. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen in diesen Themenfeldern.
Mitherausgeber des dritten Bandes sind Thomas Glaw und Moritz Schwerthelm.
Thomas Glaw M.A. Soziale Arbeit, ist Erzieher und Leiter der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe beim Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin und freiberuflicher Referent mit den Schwerpunkten Partizipation in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, Organisationsentwicklung, Sozialraumorientierung, Institutionelle Netzwerkarbeit, Eröffnung demokratischen Engagements in der Kommune.
Moritz Schwerthelm M.A. Erziehungs- und Bildungswissenschaft, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich „Sozialpädagogik/außerschulische Kinder- und Jugendbildung“ an der Fakultät für Erziehungswissenschaften der Universität Hamburg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind: Offene Kinder- und Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit, demokratische Partizipation und Demokratiebildung von Kindern und Jugendlichen in der Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere in der Kinder- und Jugendarbeit.
Zu den weiteren Mitautorinnen und Mitautoren einzelner Beiträge des Bandes gehören: Marco Althaus (Prof. Dr., Dipl.-Pol.), Jenka Doris Bühler (Diplom-Pädagogin), Anja Henatsch (Diplom-Sozialpädagogin), Werner Lindner (Diplom-Sozialarbeiter, Diplom-Pädagoge, Dr. phil), Stephan Maykus (Prof. Dr. phil. habil. Diplom-Sozialpädagoge), Alicia Picker (M.A. Erziehungs- und Bildungswissenschaften), Melanie Plösser (Prof. Dr. phil. Diplom-Pädagogin), Herbert Schubert (Prof. Dr. phil. Dr. rer. hort. habil, Sozial- und Raumwissenschaftler), Annalena Uhlenbrock (B.A. Erziehungs- und Bildungswissenschaften), Nina Vormelchert (Kindheitspädagogin B.A. und Erzieherin)
Aufbau und Inhalt
Die Publikation gliedert sich in zwei Teile:
- Teil A: „Kooperativ in der Kommune: Demokratisches Engagement von Kindern und Jugendlichen fördern (KoKoDe)“ – Methodisches Konzept, Modellprojekt, Evaluation für Träger und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe.
- Teil B: Ideen zur Weiterentwicklung von GEBe und KoKoDe
In Teil A liefern die Autorinnen und Autoren in unterschiedlichen Beiträgen einerseits Begründungen, beschreiben das methodische Konzept und stellen konkrete Prozesserfahrungen zum Modellprojekt „Kooperativ in der Kommune: Demokratisches Engagement von Kindern und Jugendlichen (KoKoDe)“ vor.
Im ersten Beitrag erläutert Benedikt Sturzenhecker zunächst ausgehend von der GEBe-Methode, die konzeptionellen Eckpunkte des KoKoDe-Modells. Im Weiteren werden die methodischen Grundideen von KoKoDe vorgestellt. Abschliessend liefert der Autor eine Begründung, weshalb dieses Modell sowohl für die Demokratiebildung von Kindern und Jugendlichen in der Kinder- und Jugendhilfe als auch in der Kommune von Bedeutung ist.
Thomas Glaw befasst sich im nächsten Beitrag mit den Zielen und den konkreten methodischen Schritten und reflektiert die Erfahrungen bei der praktischen Umsetzung der KoKoDe-Methoden im Rahmen des Explorationsprojektes mit dem Nachbarschaftsheim Berlin-Schöneberg.
Im darauffolgenden Beitrag beschreibt Nina Vormelchert wie sie als Koordinatorin die Prozesserfahrungen mit der KoKoDe-Methode auf Basis der Umsetzung eines konkreten Projektes mit unterschiedlichen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in einem spezifischen Stadtteil erlebt hat.
Im vierten Beitrag stellt Benedikt Sturzenhecker bezugnehmend auf die Arbeitsprinzipien und Schritte des KoKoDe-Ansatzes verschiedene Methoden und Arbeitsweisen zusammen, die im besagten Explorationsprojekt erprobt und verbessert wurden und Fachkräften sehr konkrete Hilfestellungen und Anregungen für die eigene Arbeit geben sollen.
Im Zentrum des nächsten Beitrages steht die Qualifizierung von Fachkräften, die mit dem KoKoDe-Ansatz arbeiteten, im Zentrum. Moritz Schwerthelm erläutert dazu, welche Ziele angestrebt und welche Vorgehensweise (Multiplikatorinnen- und Multiplikatorenschulung) bei der Qualifizierung der Fachkräfte eingesetzt wurde und wie diese von Seiten der Fachkräfte beurteilt wurden.
Die Probleme, Herausforderungen und Erfolge, die die Fachkräfte bei der Umsetzung der GEBe-Methode erlebten, wurden im Rahmen von drei Evaluationsprojekten von Benedikt Sturzenhecker mit Studierenden der Universität Hamburg erfragt. Die Ergebnisse dieser Befragungen, als auch die daraus resultierenden Anregungen zur Weiterentwicklung des Ansatzes sind in einem weiteren Beitrag von Benedikt Sturzenhecker beschrieben.
Das letzte Unterkapitel des Teils der Publikation befasst sich mit einer konzeptionellen Rahmung resp. mit einer eigenständigen theoretischen Begründungsperspektive, die Stephan Maykus als Experte für Bildungslandschaften vornimmt. Er führt aus, welche Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten KoKoDe für die Gestaltung einer demokratischen Bildungslandschaft von allen bietet und welchen „(sozial-)pädagogischen Sinnhorizont“ dies für Bildungslandschaften ergibt.
In Teil B der Publikation werden Bezüge und Beiträge zum aktuellen fachwissenschaftlichen Diskurs hergestellt, indem unterschiedliche Autorinnen und Autoren zu Wort kommen, um die Ideen und Methoden, die dem Modellprojekt zugrunde liegen zu vertiefen und um weitere Dimensionen (z.B. des politischen Handelns) zu ergänzen.
Werner Lindner führt zunächst in die Dimension des politischen Handelns der Fachkräfte und Einrichtungen ein, indem er sich für eine „Re-Politisierung“ des sozialpädagogischen Handelns stark macht und einige ausgewählte Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe im Zusammenhang mit der Einmischung in die kommunale Kinder- und Jugendpolitik beschreibt und begründet.
In einem zweiten Beitrag liefert Marco Althaus Grundlagen zum Thema Politikberatung und regt dazu an, über den Kern der Lobbyarbeit als Politikberatung und das nötige Selbstverständnis nachzudenken. Ebenfalls beschreibt er, wie Fachpersonen konkret die kommunale Jugendpolitik beraten und beeinflussen können.
Der Beitrag von Herbert Schubert geht der Frage nach, mit welchen Netzwerkstrategien in der kommunalen Jugendpolitik die Aufwachsbedingungen von Kindern und Jugendlichen verbessert werden können und liefert konkrete methodische Hinweise zur Identifizierung und Gestaltung dieser Netzwerke.
Auf das Thema Differenz und Ungleichheit im Kontext von Prozessen demokratischer Teilnahme und Teilhabe gehen Melanie Plößer und Benedikt Sturzenhecker ein. Sie zeigen das Spannungsfeld zwischen dem demokratischen Gleichheitsanspruches und den realen Ungleichheitsverhältnissen auf. Im Anschluss stellen sie konkrete Reflexionsfragen, die eine an Demokratiebildung orientierte Sozialpädagogik bei der kritischen Selbstreflexion und produktiven Bearbeitung dieses Spannungsfeldes unterstützen kann.
Daran anschließend stellt Benedikt Sturzenhecker in einem weiteren Beitrag konkrete methodische Arbeitsweisen und Orientierungen in der Kinder- und Jugendhilfe im Umgang mit Ungleichheiten vor.
Die letzten drei Beiträge des Bandes beschäftigen sich mit Erfahrungen mit der GEBe-Methode und vertiefen dabei einzelne Aspekte.
Jenka Doris Bühler und Anja Henatsch zeigen in ihrem Beitrag praxisnah auf, welche Verbindungen es zwischen der Methode der gewaltfreien Kommunikation und einer gelingenden Umsetzung der GEBe-Methode gibt. Anhand konkreter Beispiele veranschaulichen sie ein Zusammenwirken dieser beiden Methoden und begründen damit, weshalb eine Kombination ebendieser sinnvoll und wirkungsvoll ist.
Alicia Picker beschäftigt sich mit der GEBe-Methode aus Sicht der erfahrungsbasierten Lerntheorien und beleuchtet und reflektiert aus dieser Perspektive die Lernprozesse der pädagogischen Fachkräfte im Umgang mit der GEBe-Methode und welche Chancen und Risiken sich dabei ergeben.
Im letzten Beitrag der Publikation zeigt Annalena Uhlenbrock basierend auf Daten eines Interviews auf, welche Rolle die Jugendpflege eines Landkreises bei der Förderung der GEBe-Methode einnehmen kann und wie dadurch die Reflexion aber auch Haltungs- und Handlungsveränderungen bei Fachkräften entstehen und bewirkt werden können.
Diskussion
Die dreibändige Publikation ist vom Leitgedanken getragen, dass es (benachteiligten) Kindern und Jugendlichen nicht an Formen der Selbstbestimmung und am Willen zur gesellschaftlichen Mitverantwortung und zum sozialen Engagement fehlt. Vielmehr wird von einem Mangel adäquater Orte und Gelegenheiten für Kinder und Jugendliche ausgegangen, an welchen sie Formen der Selbstbestimmung, gesellschaftliche Mitverantwortung und soziales Engagement entlang für sie relevanten Themen entwickeln und erproben können. Während in den ersten beiden Bänden (Querverweis erster Band: https://www.socialnet.de/rezensionen/19601.php; Querverweis zweiter Band: https://www.socialnet.de/rezensionen/19602.php) diese Orte und Gelegenheiten auf einzelne Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe begrenzt sind, öffnet der hier rezensierte dritte Band den Blick auf die Kommune als demokratisches Handlungsfeld.
Mit diesem erweiterten Blickwinkel gelingt es den verschiedenen Autorinnen und Autoren das Thema des Demokratischen Engagements von Kindern und Jugendlichen auch für eine erweiterte Leserschaft aus unterschiedlichen Handlungsfeldern zu öffnen. So werden in diesem dritten Band Fachkräfte aller Felder der Kinder- und Jugendhilfe (z.B. Kitas, Offene Kinder- und Jugendarbeit, Ganztagesbetreuung, Schulsozialarbeit, Jugendkulturarbeit, Familienbildung oder auch die Stadtteilarbeit) und deren Träger adressiert und selbst für Institutionen des Schul- und Bildungssystems können diese fachlichen Impulse spannend sein.
Andererseits wird durch diese Perspektivenerweiterung die Kommune als demokratisches Handlungsfeld überhaupt erst empirisch-explorativ und theoretisch in den Blick genommen, wodurch eine Grundlage geschaffen wird, diesen Themenbereich im Fachdiskurs einzuordnen und zu diskutieren. Das Besondere an der hier eingenommenen Perspektive ist, dass die Kommune als demokratische Handlungsfeld vor allem kooperativ in den Blick genommen wird. Dadurch wird ein erweiterter Partizipationsauftrag der Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sichtbar, der über die Förderung von demokratischen Engagements und Partizipation innerhalb einzelner Einrichtungen hinaus geht. Vielmehr wird gefordert, dass die einzelnen Einrichtungen und Träger sich einrichtungsübergreifend für demokratisches Engagement von Kindern und Jugendlichen einsetzen sollen und dies in kooperativer Form tun sollen. Konkret geht bei dieser Form der Förderung des demokratischen Engagements darum, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, wie sie ihre Themen und Anliegen in die kommunale Öffentlichkeit einbringen und sich an Diskussionen, Entscheidungen als auch an der anschließenden Umsetzung aktiv beteiligen können. Dadurch schließt diese Publikation auch an aktuelle Diskurse und Konzepte wie beispielsweise der Sozialraumorientierung oder der Bildungslandschaften an und diskutiert den „Partizipationsauftrag“ in der Kinder- und Jugendhilfe folglich in einem erweiterten, institutionsübergreifenden Kontext.
Im hier rezensierten dritten Band zeigen die Autorinnen und Autoren in eindrücklicher Weise auf, wie Fachpersonen die Forderung, dass Kinder und Jugendliche als Subjekte und Bürgerinnen und Bürger des gesellschaftlichen Lebens zu sehen sind und dieses mitbestimmen und mitgestalten sollten, ganz konkret unterstützen können. Die Themen und Perspektiven der Kinder und Jugendlichen werden ins Zentrum gestellt, wodurch Machtverhältnisse neu geordnet und reflektiert werden müssen. Durch die Darstellung von konkreten Arbeitsweisen und den Beschreibungen der Erfahrungen und Vorgehensweisen im Rahmen eines Explorationsprojektes wie auch durch die Beiträge zum aktuellen fachwissenschaftlichen Diskurs im zweiten Teil des Buches, gelingt dem Band der anspruchsvolle Spagat einerseits sowohl konkrete Hilfestellungen für die Handlungspraxis zu bieten und andererseits die Komplexität des Themenbereiches angemessen im fachwissenschaftlichen Diskurs zu reflektieren. Damit leistet auch dieser dritte Band durch seine mehrperspektivische Herangehensweise einen äußerst wertvollen Beitrag zu diesem wichtigen Thema „gesellschaftliches Engagement von Kindern und Jugendlichen fördern“.
Fazit
Der dritte Band „Gesellschaftliches Engagement von Benachteiligten“ nimmt die Kommune als demokratisches Handlungsfeld in den Blick und richtet sich an Fachpersonen aus unterschiedlichen Handlungsfeldern der Kinder- und Jugendhilfe. Er zeigt unter Bezugnahme auf Erfahrungen im Rahmen eines Explorationsprojekts, wie Akteure der Kinder- und Jugendhilfe in einer Kommune unter Nutzung des GEBe-Ansatzes gemeinsam und einrichtungsübergreifend demokratisches Engagement von Kindern und Jugendlichen fördern können. Durch die Perspektivenerweiterung auf die Kommune als demokratisches Handlungsfeld ergibt sich für die Fachpersonen ein erweiterter „Partizipationsauftrag“ in der Kinder- und Jugendhilfe, den es einrichtungsübergreifend umzusetzen gilt. Die Publikation unterstützt die Fachpersonen diesen Partizipationsauftrag in kooperativen Settings wahrzunehmen und lädt dazu ein, diesen diskursiv auszuhandeln und gemeinsam umzusetzen und zu reflektieren. Hervorzuheben ist, dass neben verschiedenen Beiträgen zu methodischen Grundideen, konzeptionellen Eckpunkten und Arbeitsprinzipien des GEBe-Ansatzes aber vor allem die praktische Umsetzung reflektiert und Herausforderungen, Probleme und Erfolgsfaktoren sehr anschaulich herausgearbeitet werden.
Für den Diskurs besonders hilfreich sind die kritisch reflektierten Erfahrungen im Rahmen der Praxiserprobung des GEBe-Ansatzes und der KoKoDe Methodik und der Idee sowohl Autor*innen und Autoren aus Wissenschaft als auch aus der Praxis zu Wort kommen zu lassen. Förderlich sind auch die verständliche Sprache, konkrete Beispiele aus der Praxis und die illustrative Aufbereitung von Inhalten. Auf diese Weise eröffnet auch der dritte Band einer breiten Leserschaft wissenschaftlich fundierte Reflexionen und Einordnungen als auch praxiserprobte Impulse, Methoden und Instrumente, die einen wertvollen Beitrag leisten können in der eigenen Kommune alltagerprobte Prozesse der Demokratiebildung von Kindern und Jugendlichen in Gang zu setzen und längerfristig zu verankern.
Darüber hinaus werden Bezüge und Beiträge zum aktuellen fachwissenschaftlichen Diskurs hergestellt (z.B. Bildungslandschaften) und der vorgestellte Methodenansatz um Dimensionen wie beispielsweise des politischen Handelns erweitert oder im Kontext weiterer Perspektiven (z.B. Differenz und Ungleichheitsfragen) diskutiert. Dieser Spagat zwischen konkreten Hilfestellungen für die Alltagspraxis und Anschlussfähigkeit an eine fachwissenschaftliche Diskussion des Themenbereiches ist der Herausgeberschaft, bzw. den Autorinnen und Autoren aus Wissenschaft und Praxis auch in diesem dritten Themenband sehr gut gelungen und ermutigt die Leserschaft das demokratische Engagement von Kindern und Jugendlichen künftig noch stärker, systematischer und prozessorientierter und alltagsnäher zu fördern
Rezension von
Julia Gerodetti
M.A. Soziale Arbeit, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz, www.fhnw.ch.
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Manuel Fuchs
M.A.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut Kinder- und Jugendhilfe, Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz
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Zitiervorschlag
Julia Gerodetti, Manuel Fuchs. Rezension vom 22.12.2020 zu:
Benedikt Sturzenhecker, Thomas Glaw, Moritz Schwerthelm: Gesellschaftliches Engagement von Benachteiligten fördern – Band 3. Kooperativ in der Kommune demokratisches Engagement von Kindern und Jugendlichen ermöglichen. Verlag Bertelsmann Stiftung
(Gütersloh) 2020.
ISBN 978-3-86793-904-1.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27613.php, Datum des Zugriffs 09.12.2024.
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