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Thomas Röhrßen, Dietmar Stephan: Leadership Performance Krankenhaus

Rezensiert von Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch, 05.05.2021

Cover Thomas Röhrßen, Dietmar Stephan: Leadership Performance Krankenhaus ISBN 978-3-95466-564-8

Thomas Röhrßen, Dietmar Stephan: Leadership Performance Krankenhaus. Die Praxis der Führung für Ärztinnen und Ärzte. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (Berlin) 2020. 200 Seiten. ISBN 978-3-95466-564-8. D: 49,95 EUR, A: 51,45 EUR, CH: 60,00 sFr.

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Thema

Das Buch hat das Thema Führen. Da die Autoren die These voranstellen, dass man Führen lernen kann, ist man gespannt auf die Darstellung. Röhrßen und Stephan wollen „Basisstrategien“ und „Mastertools“ der Klinikführung darstellen. Das weckt das Interesse bei der Leserin bzw. dem Leser.

Röhrßen und Stephan weisen darauf hin: Führungskompetenz steht nach wie vor nicht im Curriculum des Medizinstudiums. Immerhin wächst die Erkenntnis, dass auch ein Krankenhaus ein Unternehmen mit komplexen Management- und Führungsaufgaben ist. Aber Führen kann man lernen. Erfolgreiche Führung bedarf persönlicher und fachlicher Skills und Tools.

Dieses Buch wendet sich an Chefärztinnen/Chefärzte sowie Oberärztinnen/Oberärzte, die sich auf neue Führungspositionen vorbereiten wollen, die neu auf dem Chefsessel angekommen sind und auch an Klinikchefs, die nach langjähriger Führungserfahrung ihr Führungs-Know-how auf den aktuellen Stand bringen wollen.

Leadership-Performance integriert die wichtigsten aktuellen Erkenntnisse des strategischen, marketingbezogenen, organisatorischen, führungsmethodischen und teambezogenen Klinikmanagements in einem integrierten Ansatz. Führungskräfte müssen sich nicht von der Fülle und Unübersichtlichkeit von fragmentieren Ansätzen, Methoden und Instrumenten überfluten lassen.

Mit einem klar definierten Kanon von wesentlichen Basisstrategien und Mastertools der Klinikführung, die in diesem Buch vermittelt werden. Wer diesen Kanon beherrscht, wird erfolgreich sein, so die Ankündigung.

Die implizite Botschaft dieses Buchs ist neben der Wissensvermittlung aber auch, dass man die Leadership mit Leidenschaft leben kann. Die Messlatte liegt nun ziemlich hoch!

Folgende Ankündigung enthält der Klappentext:

  • Führungswissen und Werkzeuge aus der Praxis für die Praxis
  • Strategie, Marketing, Organisation, Führung und Team
  • Leadership mit Leidenschaft

Autoren

Thomas Röhrßen ist Dipl.-Psychologe, Psychotherapeut und Managementcoach. Als Inhaber einer Unternehmensberatung führt er seit 30 Jahren Projekte zur Strategie- und Strukturentwicklung sowie zum klinischen Prozessmanagement in Hospitalgruppen, Krankenhäusern und medizinischen Fachabteilungen durch. Auf der Grundlage einer eigens entwickelten Führungskonzeption ist er spezialisiert auf Führungsberatungen, Qualifizierungsprojekte und Coaching für Leitende Ärzte.

Dietmar Stephan ist Facharzt für Chirurgie, Leiter des Zentrums für Minimal-invasive Viszeralchirurgie und Roboter-Chirurgie an einem Akutkrankenhaus sowie Gastprofessor der Saitama Medical University/​Japan. Er hat als Inhaber und Geschäftsführer über viele Jahre einen Klinikverbund geleitet. Er führt seit über 20 Jahren Projekte im Bereich der medizinischen Strukturanalyse und strategischen Positionierung von Krankenhäusern und medizinischen Fachabteilungen durch.

Entstehungshintergrund

Die Autoren Röhrßen und Stephan geben ihre Erfahrung aus dreißig Jahren der Beratung und Qualifizierung von leitenden Ärztinnen/Ärzten weiter: Führungswissen und Werkzeuge aus der Praxis für die Praxis, die in Strategieklausuren, Leadership-Seminaren, Führungsberatungen und Coachings vermittelt wurden.

Inhalt

Zunächst stellen die Autoren Röhrßen und Stephan in einer kurzen Einleitung den Hintergrund und das Ziel des Buches dar. Kliniken stehen im Wettbewerb, wirtschaftliches Handeln und Erfolg stellt sich nur mit einer professionellen Führung ein. Neben der hohen Fachkompetenz fordern sie für die Leitung „Leadership Performance“ und unternehmerisches Profil. Hierunter verstehen sie ein schlüssiges und durchdachtes Führungskonzept, wie es Röhrßen und Stephan im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit ausgearbeitet haben. Die entwickelten „Basisstrategien“ und „Mastertools“ sind die Bestandteile eines solchen Konzeptes.

Sie versprechen: „Wer diesen Kanon beherrscht, kann seinen Erfolg kaum verhindern“. Zudem wollen sie eine „Leidenschaft für Leadership“ vermitteln.

Kapitel 1 lautet Die Klinik erfolgreich im Markt positionieren!

Es enthält Unterabschnitte zu

  • Zielvereinbarungen und „Business Intelligence Führen“ mit den richtigen Zahlen!
  • 3-Step-Strategic Check, SWOT- und Portfolio-Analyse

Für Ärzte und Ärztinnen sind Zielvereinbarungen für die medizinischen Leistungen wichtig. Röhrßen und Stephan raten, diese Vereinbarungen zu quantifizieren, um die Ziele späte überprüfen zu können. In Anlage 1 haben sie einen Vorschlag beigefügt, welche Daten konkret für die strategische Entscheidung und operative Steuerung verwendet werden sollten. Diese Daten lassen sich in folgende Bereiche gliedern:

  • Medizinökonomische Grunddaten der Klinik
  • Marktrelevante Daten der Klinik
  • Allgemeine Marktentwicklung
  • Leistungsdaten aus den Interventionsbereichen der Klinik nach Monaten, Quartalen, Halbjahren und Jahren
  • Leistungsdaten aus der zentralen Notfallversorgung der Klinik nach Monaten, Quartalen, Halbjahren und Jahren

Leitende Ärzte und Ärztinnen müssen zum strategischen Gesprächspartner für die Geschäftsführung werden. Die Autoren stellen übliche Instrumente des strategischen Managements dar (Quick-Step-Strategic Check, SWOT- und Portfolio-Analyse). Sie erläutern drei Typen an strategischen Strategien nach Henry Minzberg (S. 8) und stellen eine Molekularstrategie in Auswertung einer Stanford-Rede von Steve Jobs (2005) vor. Dies erläutern sie am praktischen Beispiel eines Zentrums für Altersmedizin (S. 9). Der 3-Step-Strategic Check prüft, ob emergente Strategien (im Sinne Minzbergs) vorhanden sind, neue Verbindungen mit der Molekularstrategie gefunden werden können und wie Zukunftschancen aus Innovationen gefunden werden können. Der Check wird auf den S. 10 und 11 ausführlich dargestellt, gefolgt von den üblichen Instrumenten der SWOT- und Portfolio-Analyse.

Kapitel 2 hat die Überschrift: Der Chefarzt als Marke – profilscharfes Personal Branding.

Die Unterabschnitte widmen sich folgenden Themen:

  • Wozu braucht die Medizin Menschen als Marken?
  • Markenpsychologie für Leitende Ärztinnen
  • Die persönliche Marke mit Personal Branding gestalten

In diesem Kapitel wird das aus dem Marketing stammende Konzept der Markenbildung auf die Person der leitenden Ärzte übertragen. Auf S. 20 ist ein Schnelltest und auf S. 21 ein Praxisbeispiel hierzu angeführt.

Kapitel 3 widmet sich dem Networking. Der Untertitel heißt „Erfolgreich vernetzt im ambulanten Markt“.

Die Unterabschnitte lassen sich wie folgt auflisten:

  • Die Psychologie von Patienten- und Einweiserentscheidungen
  • Mit ABC-Analyse Einweisergruppen segmentieren
  • Push und Pull-Strategie, Interfusion und Networking
  • Fallbezogene Kommunikation pflegen

Kap. 3 betrachtet die Einweiserentscheidung aus psychologischer Sicht. Röhrßen und Stephan raten zur ABC-Analyse und der Netzwerk-Strategie. Auf S. 31 f geben sie hierzu ein ausführliches Beispiel wieder. Zusätzlich empfehlen sie eine fallbezogene Kommunikation, die sie mit einem Schnelltest erläutern (S. 34): Wie und wann soll mit dem Einweiser telefonisch kommuniziert werden.

Kapitel 4 lautet: Von der Chefkultur zum agilen Team – Klinikorganisation im Wandel.

Die vier Unterabschnitte sind wie folgt überschrieben:

  • Die Evolution der Krankenhausorganisation in den letzten 30 Jahren
  • Die neue Rolle der Oberärzt*innen in der Klinikführung
  • Klinisches Prozessmanagement ist Chefsache
  • TeamProzessPerformance (TPP)

In diesem vierten Kapitel stellen Röhrßen und Stephan zunächst den dramatischen Wandel in der Organisation der Kliniken dar. Vom traditionellen „personenzentrierten“ Krankenhaus mit charismatischem Chefarzt geht es über eine stärkere Delegation und ein Management by Objektives über zum prozessorientierten Krankenhaus. Heute sei das „postmoderne“ Krankenhaus mit einer hybriden Organisation und agilen Teams gefragt (S. 35 ff.). Dazu gehört eine stärkere Dezentralisierung, sich selbst steuernde Teams und die Befähigung der Mitarbeiter (Empowerment). Die Autoren gehen auf die neue Rolle der Oberärzte in der Klinik ein und empfehlen eine genaue Beschreibung der Aufbauorganisation und der Aufgaben. Abb. 6 auf S. 40 zeigt ein Führungsmodell mit vier Bereichsleitungen. In Anlage 2 wird ein Beispiel für ein Aufgabenprofil wiedergegeben. Neben der Aufbau- hat die Ablauforganisation (das Prozessmanagement) in den letzten Jahren eine große Bedeutung erfahren. Röhrßen und Stephan erläutern für die zentrale Notaufnahme ein typisches Beispiel (Ishikawa-Diagramm), in dem die Ursachen und Wirkungen in ihrem prozesshaften Zusammenhang dargestellt werden (S. 42 f.).

Darüber hinausgehen sie auf neuralgische Prozesse (sog. Triggerprozesse) ein. Für agiles Management kann die sog. TeamProzessPerformance mit ihren Achsen Sinnstiftung, Teamagilität und Prozesserfolg eingesetzt werden. Ein Praxisbeispiel findet sich auf den S. 47 ff. Hier übernehmen die Teammitglieder eine größere Zahl an Verantwortung und Entscheidungen als im traditionellen hierarchisch geordneten Krankenhaus.

Kapitel 5 widmet sich der Personalentwicklung mit PEP – von Anfang an, ein Leben lang.

Es enthält folgende Unterabschnitte

  • Personalentwicklung mit PEP (Personal-Entwicklungs-Phasen)
  • Suchen, Binden und Fördern im Generationenwandel
  • Bewerber-Profiling mit Personas
  • Klinik-Employer-Branding
  • Klinik-Recruiting-Strategien
  • Talentmanagementmit Big Five+ und Anforderungsprofilen
  • Personalauswahlprozess
  • Personalentwicklungsgespräche

Röhrßen und Stephan empfehlen aus ihrer langfristigen Erfahrung eine Personalentwicklung nach dem Personal-Entwicklungs-Phasen-Modell (PEP= Personal-Entwicklungs-Phasen). Dieses Modell wurde von den Autoren aus eigenen Projekten im Bereich Personalentwicklung und Führungsqualifizierung entwickelt. Es begleitet die Führungskraft von der Einstellung, der Entwicklung bis hin zum Kündigen von Mitarbeitern.

Auf den S. 56 ff stellen sie die verschiedenen Generationen, die heute am Arbeitsmarkt anzutreffen, sind dar. Aus den unterschiedlichen Typen ergeben sich unterschiedliche Notwendigkeiten in der Ansprache und Personalentwicklung. Für das Klinik-Employer-Branding stellen sie auf S. 60 ff eine Checkliste und auf S. 63 einen Quick-Check für die Netzwerkanalyse für das „Active Sourcing“ dar.

Auf S. 65 f wird ein ebenfalls selbst entwickeltes „BigFive+“Modell dargestellt, das bei der Suche, Auswahl, Förderung und Beurteilung von Mitarbeitertalenten helfen soll. Das Modell enthält fünf Kompetenzen (Führung, Fachlichkeit, Methoden und Organisation, unternehmerische Strategie und soziale Kompetenz.

Den Personalauswahlprozess stellen Röhrßen und Stephan anhand einer „Dramaturgie“ eines Bewerbertages dar.

Das Kapitel endet mit einer kurzen Darstellung der Inhalte und Vorgehensweise bei Personalentwicklungsgespräche.

Kapitel 6 geht auf Motivationale und neuropsychologische Grundlagen evidenzbasierter Führung ein.

Die Unterabschnitte lauten:

  • Menschenbild und Motivation
  • Rubikon-Modell und Emotional Boosting
  • Individuelle Motivstrukturanalyse als Grundlage von Führung
  • Verantwortungsdiffusion und Verantwortungskultur im Krankenhaus
  • Emotionale Intelligenz und neuropsychologische Führung

In diesem Kapitel stellen Röhrßen und Stephan motivationale, neuropsychologische und psychologische Grundlagen der Führung in Kliniken dar. Denn: „wenn wir nicht wissen, was uns und unsere Mitarbeitenden im Leben, in der Welt und in der Klinik umtreibt, können wir sie nicht effizient führen“ (S. 80). Zu den einzelnen Konzepten werden Praxisbeispiele und Quick-Checks dargestellt.

Leadership Performance soll helfen, eine umfassenden Verantwortungskultur aufzubauen (S. 96 ff). Dafür schlagen die Autoren ein „Five-Step-Decision-Making-Modell“ vor. Strukturen sollen nach dem AKVH-Prinzip aufgebaut werden (S. 100). Anschließend gehen die Autoren auf das Konzept der emotionalen Intelligenz ein.

Kapitel 7 lautet Psychologisch-fundierte Führung in der klinischen Praxis.

Unterabschnitte sind

  • Der Leadership Performance Navigator
  • Selbstmanagement – sich selbst steuern und führen mit dem ABC·-Modell
  • Modus-Change: Den Modus diagnostizieren und beeinflussen
  • Stimmiger Selbstausdruck und klare Selbstaussagen
  • Die Führungsbeziehung gestalten
  • Feedback geben
  • Ziele setzen, fordern und fördern

Kap. 7 stellt das Leadership-Performance-Modell dar. Der sog. Leadership Performance Navigator hat einen Kern und acht Dimensionen:

  • im Kern steht (1) das persönliche Selbstmanagement der Führungskraft, das zentralen Einfluss auf die Performance in allen anderen Dimensionen hat.

Die weiteren Dimensionen beschreiben jeweils psychologisch fundierte Führungsprozesse und Interventionen, die in bestimmen Phasen eines Mitarbeitergesprächs zur Anwendung kommen können.

  • Modus Change: Muss ich den inneren Zustand des Gegenübers verändern, bevor ich gezielt führen kann
  • Selbstausdruck: Sollte ich mich jetzt erst einmal persönlich positionieren?
  • Beziehung: Muss ich noch eine Störung in der Führungsbeziehung bearbeiten, um das Vertrauen und die Akzeptanz zu verbessern?
  • Feedback: Ist jetzt eine systematische Rückmeldung angesagt?
  • Zielverankerung: Ziele sollen nicht einfach nur vorgegeben werden. Im Übrigen stellen die Autoren verschiedene Zieltypen vor und geben Hinweise zum adäquaten Anpassen.
  • Förderung: Wie kann ich aufbauend auf dem Feedback ein Ziel formulieren und gut verankern (Zielverankerung)? Welche Unterstützungsmaßnahmen sind sinnvoll?
  • Kontrolle und Konsequenz: Wie kann ich nach gravierenden oder wiederholten Abweichungen klare Konsequenzen ziehen? Gefragt wird auch, ob die gesteckten Ziele wirklich realistisch sind.

Zu jeder Dimension wird auf den S. 108–148 ein eigener Unterabschnitt mit ausführlichen Erläuterungen angefügt. Dabei werden Praxisbeispiele mit Hinweisen für die Anwendung und Quick-Checks beschrieben. Kap. 7 ist eines der Hauptkapitel dieses Buches.

Kapitel 8 hat als Thema: Kritik, Konfrontation und Trennung

Die Unterabschnitte dieses Kapitels sind überschrieben mit:

  • Der Circle of Change
  • Die Weisungs-, Kritik- und Mahnstufen

Mit Hilfe eines sog. „Circle of Change“ soll es dem Leser ermöglicht werden, in den aktuell herausfordernden Zeiten mit knappem Personal und begrenzten Ressourcen erfolgreich zu führen. Der Circle of Change nutzt die im Veränderungsmanagement bekannten Stufen, die es zu besteigen gilt, um einen Wandel erfolgreich umzusetzen:

  • Problemeinsicht und Selbstverantwortung (Erkennen und Annehmen)
  • Vertieftes Verständnis und Ursachenanalyse (Ursachen und Hintergründe verstehen)
  • Änderungsmotivation (Wollen)
  • Änderungspotenzial und -kompetenz (Können)
  • Umfeldakzeptanz (Dürfen)

Für die festgestellten Defizite der Mitarbeitenden, die einer Veränderung entgegenstehen, gibt es drei Grundhaltungen: Change it. Accept it or finish it (S. 151 f).

Um bei kritischen Abweichungen ein faires, konsequentes und transparenten Vorgehen zu sichern, schlagen Röhrßen und Stephan acht Weisungs-, Kritik- und Mahnstufen vor:

  • Anweisung/​Anleitung
  • Korrektur
  • Kritik mit Analyse
  • Mängelrüge
  • Konfrontation
  • Ermahnung
  • Abmahnung und schließlich ggfs.
  • Trennung.

Das letzte Kapitel 9 geht auf die Teamdynamik, Besprechungen und Konfliktmoderation ein.

Das Thema ist wichtig, wie der einleitende Satz der beiden Autoren zeigt: „Wer die Struktur eines Teams nicht erkennt und die Dynamik eines Teams nicht für sich nutzt, kann dieses Potenzial nicht wecken und wird im freien Spiel der Kräfte noch manche Überraschung erleben.“ Die Unterabschnitte dieses letzten Kapitels lauten:

  • Differenzialdiagnose der Gruppendynamik und Managementrollen
  • Differenzialdiagnose der Persönlichkeitsstrukturen im Team
  • Team-Mapping
  • Konfliktdiagnose und Konfliktmanagement
  • Besprechungen strukturieren und moderieren
  • Konfliktmoderation im Team und in Besprechungen

Mit der Differenzialdiagnose kann die Führungskraft die Beziehungen im Team und zum Klinikumfeld erkennen. Röhrßen und Stephan bieten auf den Seiten 157–159 Beschreibungen für die Rollen an, die in einem Team vorkommen können. Auf den Seiten 160 f werden die Managementrollen im Team beschrieben. Diese beiden Sichtweisen sind der Blick von außen. Dieser Blick ist um eine Betrachtung von innen zu ergänzen: dies geschieht im Rahmen der Differenzialdiagnose der Persönlichkeitsstrukturen. Dieses Modell wendet fünf Dimensionen an:

  • Intraversion vs. Extraversion
  • Emotionale Labilität vs. Stabilität
  • Offenheit für Neues vs. Traditionalismus
  • Soziale Verträglichkeit vs. Selbstbezogenheit
  • Gewissenhaftigkeit vs. Nachlässigkeit

Auf den S. 163 ff. werden die jeweiligen Ausprägungen beschrieben. Zusammen ergeben diese Einteilungen die Möglichkeit für ein psychodynamisches Modell.

Das Team-Mapping erlaubt eine grafisch gestützte Beschreibung des Teams und seiner Mitglieder. Es kann die Bedeutung einer Person zum Team, die Nähe verschiedener Mitglieder zueinander und die Persönlichkeits- und Konfliktstrukturen abgebildet werden. Auf S. 169 ist ein erläuterndes Beispiel wiedergegeben.

Da Konflikte in einem Team die Qualität der Patientenversorgung negativ beeinflussen, ist die Erörterung und möglichst Beseitigung von Konflikten ein weiteres Thema für die Klinikleitung. Mit einem Quick-Check werden die Ebenen eines Konflikts (S. 171) und die Eskalationsstufen (S. 172 f) erörtert. Ein abschließendes Beispiel erörtert, wie wertvoll eine solche Analyse sein kann (S. 173 f).

Ein weiterer Inhalt dieses Kapitels sind Besprechungen und ihre Strukturierung und Moderation. Wichtig ist, das Ziel (Zweck und die Funktion) einer Besprechung genau festzulegen sowie die Teilnehmerstruktur, das Was und das Wie zu klären. Die Moderation erstreckt sich auf die Vorbereitung und den Ablauf und schließlich die Dokumentation und Nachbereitung.

Auf den S. 180 ff werden Tipps für die Moderation von Konflikten gegeben. Röhrßen und Stephan präsentieren den Ansatz zur Konfliktbewältigung von Rosenberg (S. 181 f) und die sog. 4-B-Methode. (S. 182 f). Die Ausführungen schließen mit einem Praxisbeispiel (S. 184 f)

Das Buch schließt mit einem halbseitigen Schlusswort in Kap. 10.

Es folgen

  • Anlagen (A1 Business Intelligence mit Kennzahlensystemen, A2 Aufgabenprofil, A3 Personalentwicklungsboden, A4 ABC-Analyse und A5 SMART-Zielplanung)
  • Ein Literaturverzeichnis über zwei Seiten
  • Eine Darstellung der Vita der Autoren

Diskussion

Die letzten Tage hat mich dies Buch beschäftigt, das das aktuelle Managementwissen für klinisches ärztliches Personal zusammenfasst und auf knapp 190 Seiten präsentiert. Das Versprechen aus dem Klappentext lautete: Wer den Kanon der hier dargestellten Basisstrategien und Mastertools beherrscht, „kann seinen Erfolg kaum verhindern“. Zudem wollen Röhrßen und Stephan eine „Leidenschaft für Leadership“ vermitteln.

Die Managementtheorie, wie sie die Krankenhausbetriebswirtschaftslehre in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, wird von Röhrßen und Stephan nach Ansicht des Rezensenten „auf der Höhe der Zeit“ dargestellt. Die klassische Betriebswirtschaftslehre wird um (neuro)psychologische und motivationale Erkenntnisse ergänzt. Die inhaltlichen Ausführungen sind mitunter auf hoch abstraktem Niveau. Die englischen Begriffe scheinen unumgänglich zu sein, stören aber zumindest den Rezensenten nicht unwesentlich. Bestimmt verbirgt sich hinter manchem Konzept eine genaue Bedeutung, die man nicht verständlicher ausdrücken kann. In einigen Fällen bleiben sie aber inhaltsleere Schlagworte.

Kap. 6 und 7 bieten einen ausführlichen Überblick über diese Ansätze. Die anschließenden Kapitel 8 und 9 sind weniger theoretisch ausgerichtet, dürften aber für die Praxis die unmittelbarsten Anwendungen bereitstellen. Die Themen Kritik, Konfrontation, Teams und Konfliktmoderation sind absolut lesenswert.

In vielen Kapiteln stellen Röhrßen und Stephan selbst entwickelte Konzepte dar, das macht den Reiz des Buches aus. Wer einen Managementkurs bei den Autoren bucht, kann das Buch als Skript und Nachschlagewerk gut benutzen.

Die bzw. der unbedarfte Leser*in wird jedoch Mühe haben, sich in die eigene Gedankenwelt und Begrifflichkeiten einzulesen. Ohne betriebswirtschaftliche Vorkenntnisse bzw. ohne Erläuterungen durch die beiden Autoren z.B. im Rahmen eines Seminars sind die Ausführungen in den theoretischen Kapiteln nur bedingt nachzuvollziehen.

Insofern kann das Buch der Zielgruppe der leitendenden Ärztinnen und Ärzten in Kliniken nur eingeschränkt zur Lektüre empfohlen werden.

Die Wahl des Buchtitels „Leadership Performance Krankenhaus“ deutet auf die englischen Schlagworte hin, nur im Untertitel „Die Praxis der Führung für Ärztinnen und Ärzte“ wird der Inhalt des Buchs – jedenfalls für den Rezensenten – erkennbar. Insofern wird das Buch nur einen eingeschränkten Leserkreis finden, nämlich solche Leserinnen und Leser, die sich von den englischen Begriffen nicht abschrecken lassen. Dabei vermag der Rezensent nicht auszuschließen, dass die Führung in der betrieblichen Praxis nach der Lektüre der 186 Seiten tatsächlich verbessert wird. Auf die Breite der Kliniken im deutschsprachigen Raum dürfte dies jedoch nicht der Fall sein!

Fazit

Das Buch fasst das Wissen und die Erfahrungen der Autoren aus langjährigen Beratungen und Schulungen von Ärztinnen und Ärzten in Kliniken dar. Die Ausführungen zum Management entsprechen nach Einschätzung des Rezensenten dem aktuellen Diskussionsstand.

Ob sich allerdings betriebswirtschaftlich nicht vorgebildeten Klinikärztinnen und -ärzte auf die stark englisch geprägten Begriffe einlassen werden, muss kritisch hinterfragt werden. Der Titel „Leadership Performance Krankenhaus“ lässt allerdings von Anfang an keinen Zweifel daran, dass die aktuellen, englisch geprägten Konzepte dargestellt werden. Insofern ist der potentielle Leser vorgewarnt.

Positiv zu werten sind die vielen Praxisbeispiele und Checklisten, die bei der Umsetzung des Konzeptes helfen dürften.

Rezension von
Prof. Dr. Friedrich Vogelbusch
Spezialist für Wirtschaftsprüfung und Beratung von Sozialunternehmen
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Es gibt 113 Rezensionen von Friedrich Vogelbusch.

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Zitiervorschlag
Friedrich Vogelbusch. Rezension vom 05.05.2021 zu: Thomas Röhrßen, Dietmar Stephan: Leadership Performance Krankenhaus. Die Praxis der Führung für Ärztinnen und Ärzte. MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (Berlin) 2020. ISBN 978-3-95466-564-8. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27663.php, Datum des Zugriffs 15.11.2024.


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