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Tilo Schabert: Von der Natur der Politik und ihren Formen

Rezensiert von Dr. Harald Schmidt, 27.04.2021

Cover Tilo Schabert: Von der Natur der Politik und ihren Formen ISBN 978-3-428-15847-8

Tilo Schabert: Von der Natur der Politik und ihren Formen. Kleine Schriften. Duncker & Humblot GmbH (Berlin) 2020. 450 Seiten. ISBN 978-3-428-15847-8. D: 79,90 EUR, A: 82,20 EUR.
Reihe: Beiträge zur Politischen Wissenschaft - 197, hrsg. v. Frank-Lothar Kroll.

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Thema

Der besprochene Band widmet sich nicht einem konkret zu benennenden Thema. Stattdessen handelt es sich um eine Kompilation von sogenannten „kleinen Schriften“, welche der Politikwissenschaftler Thilo Schabert im Verlauf von fünf Jahrzehnten zwischen 1978 und 2015 in ganz unterschiedlichen Medien – Tagungsbänden, Festschriften, Tageszeitungen, etc. – veröffentlichte. Der Bogen spannt sich von politischer Theorie und Philosophie über die Gedankenwelten Eric Voegelins, die USA und Frankreich bis hin zu persönlichen Betrachtungen.

Der Autor

Tilo Schabert blickt auf eine an Abwechslungen reiche Laufbahn zurück. Er habilitierte sich an der Ruhr-Universität Bochum und emeritierte als Professor für Politikwissenschaft 2008 an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Als Gastprofessor lehrte und forschte er an einer Reihe europäischer und außereuropäischer Universitäten. Doch er wirkt auch aus der akademischen Welt heraus als Filmemacher, Autor von Zeitungsbeiträgen und praktischer Politiker.

Entstehungshintergrund

Frank-Lothar Kroll kompilierte die Beiträge zum 197. Band der „Beiträge zur Politischen Wissenschaft“.

Aufbau

Der Band umfasst auf 450 Seiten neben dem Vorwort des Autors 35 Beiträge, welche der Herausgeber in sieben Abteilungen gliedert, ein Namenverzeichnis und ein Sachverzeichnis. Jedem Artikel wird eine Fußnote mit den Informationen zum ersten Erscheinen vorangestellt. Einige Beiträge wurden für die Wiederveröffentlichung ins Deutsche (rück-)übersetzt; alle vom Autor, Tilo Schabert, selbst überarbeitet bzw. durchgesehen. Auf eine Anpassung an die gültige Rechtschreibung wurde ebenso verzichtet wie auf „gender-gerechte“ Formen.

Inhalt

Aufgrund der Vielzahl der Artikel – es handelt sich um 35 mitunter solitäre Aufsätze – muss sich eine, jeden einzelnen berücksichtigende inhaltliche Diskussion im unendlichen Detail verstricken. Daher kann hier nur exemplarisch auf ausgesuchte Blüten des bunten Straußes hingewiesen werden.

Teil I

Den Auftakt macht ein erster Teil, welcher fünf Artikel zur „Politische(n) Theorie“ zusammenfasst. Erstmals 1982 erschien ein beeindruckender und zeitloser Beitrag zum Problem, Begründungen politischer Ordnung zu begründen (S. 13–21). Ebenso immerwährend aktuell: „Das Projekt Demokratie. Die Freiheit und ihre Verfassung“ (S. 39–44) aus dem Jahr 2005.

Teil II

Im zweiten Teil unter der Überschrift „Politische Philosophie und Ideengeschichte“ erfrischt „Chaos und Kosmos: eine Kongruenz“ (S. 81–84) aus dem Jahr 2010 in besonderem Maße. Liest man „Eine patriotische Rede über den europäischen Körper“ (S. 97–103), so glaubt man, dass diese Bestandsaufnahme und das Verfassungsplädoyer ebenso gut heute und nicht bereits vor zwanzig Jahren formuliert hätte werden können. Nicht nur aufgrund der alle anderen Artikel in diesem Band übertreffenden Länge ragt „Das Paradis in der Politik. Ein Kapitel negativer Kosmologie“ (S. 105–158) als ein ebenso gelehrter wie ganzheitlicher Anlauf auf die magisch-schöpferische Natur des Menschen heraus.

Teil III

Im dritten Teil werden „Eric Voegelin – Leben und Werk“ vorgestellt. Aus jedem der drei hier versammelten Aufsätze atmet die Verbundenheit des Autors mit seinem akademischen Lehrer. Besonders deutlich wird das in der Hommage an „Die Vorlesungen von Eric Voegelin an der Universität München im Sommersemester 1964 'Hitler und die Deutschen'“ (S. 225–228). Deutlich tiefer taucht der Leser in die Gedankenwelt Voegelins vermittels des Beitrags „Zu einer Brücke zwischen Wirklichkeit und Bewusstsein hin: Die Sprache Eric Voegelins“ (S. 209–224).

Teil IV

Im vierten Teil befassen sich die Beiträge mit „Atlantische(n) Brückenschläge(n)“. Hier sei im Besonderen auf den Beitrag verwiesen, welcher 1984 in der Süddeutschen Zeitung erschien, um der geneigten Leserschaft unter dem Titel „Die Freiheit im Labyrinth. Amerikanische Wahlkämpfe sind chaotisch und schöpferisch zugleich“ (S. 249–255) Einblicke in und Verständnis für die Besonderheiten der us-amerikanischen Präsidentschaftswahlen zu verschaffen. Beinahe 40 Jahre später schmunzelt man angesichts der aktuellen Entwicklungen beim transatlantischen Partner.

Teil V

Der fünfte Teil vermittelt „Französische Perspektiven“ und bietet dem geneigten Leser eine Variante des Habilitationsvortrages „Ansätze zu einer Phänomenologie der politischen Parteien in Frankreich“ (S. 273–296) aus dem Jahr 1978 an. Deutlich mehr Aktualität weist der Appell „Von einer gewissen Leichtfertigkeit in den deutsch-französischen Beziehungen“ (S. 339–341) auf.

Teil VI

Der sechste Teil widmet sich einer Person der Zeitgeschichte: „Francois Mitterand – Politik und Persönlichkeit“ fasst fünf Artikel zusammen, von denen zwei im besprochenen Band zum ersten Mal veröffentlicht werden. Es handelt sich um Aufzeichnungen zu bzw. aus Gesprächen, welche der Autor in den 1990er Jahren selbst mit dem französischen Staatslenker führen konnte (S. 392–410).

Teil VII

Bei den im siebten Teil gesammelten „Begegnungen und Bilder(n)“ handelt es sich um teils sehr persönliche Betrachtungen und Auseinandersetzungen mit einzelnen Persönlichkeiten oder Gegebenheiten.

Diskussion

Eine Diskussion über 35 solitäre Artikel lässt sich im Rahmen dieser Rezension kaum sinnvoll führen. Also könnte man sich darauf verlegen, einzelne, vielleicht kritische Fragen zu stellen. Diese könnten sich darauf beziehen, ob die Beiträge sinnvoll oder passend in die sieben Teile des Bandes eingeordnet wurden, ob ein berechtigtes Interesse an einer Wiederveröffentlichung von bis zu 43 Jahre alten Aufsätzen besteht, welcher akademische Mehrwert einem solchen Band entspringt, wieso die Welt der Wissenschaft diesen 197. Band der Beiträge zur Politischen Wissenschaft benötigt. Doch welchen informationellen Mehrwert bedeutete die Diskussion dieser Fragen? Stattdessen möchte der Rezensent eine sehr triviale Frage an Stelle der oben angedeuteten setzen: Wieso sollte jemand – eine Leserin oder ein Leser – die in diesem Band veröffentlichten Artikel sich zu Gemüte führen? Die persönliche Antwort des Rezensenten lautet: Weil es sich lohnt!

Fazit

Dem Herausgeber gebührt ein Kompliment für die geleistete Fleißarbeit und dem Autor hohe Achtung für inspirierende Texte aus fünf Jahrzehnten. Derart bunte Sträuße, unaufdringliche Gelehrtheit und wirklich tiefe Gedanken sind rar in der politikwissenschaftlichen Diskussion.

Rezension von
Dr. Harald Schmidt
M.A.
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Es gibt 10 Rezensionen von Harald Schmidt.

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Zitiervorschlag
Harald Schmidt. Rezension vom 27.04.2021 zu: Tilo Schabert: Von der Natur der Politik und ihren Formen. Kleine Schriften. Duncker & Humblot GmbH (Berlin) 2020. ISBN 978-3-428-15847-8. Reihe: Beiträge zur Politischen Wissenschaft - 197, hrsg. v. Frank-Lothar Kroll. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27666.php, Datum des Zugriffs 26.09.2023.


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