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Leokadia Brüderl: Positive und negative Schemata

Rezensiert von Dr. Winfried Leisgang, 03.05.2021

Cover Leokadia Brüderl: Positive und negative Schemata

Leokadia Brüderl: Positive und negative Schemata, 75 Therapiekarten. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2020. 75 Seiten.
Lehr- oder Lernkartenset. EAN 401-917210036-0.

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Autorin

Frau Dr. Leokadia Brüderl ist psychologische Psychotherapeutin und Kinder- und Jugendpsychotherapeutin in eigener Praxis, sowie zertifizierte Supervisorin für Schematatherapie.

Aufbau

Der Inhalt der Kassette umfasst ein Anleitungsheft mit 18 Seiten und 75 Bildkarten.

Inhalt

Das Heft stellt zu Beginn die Frage, ob es überhaupt noch ein Kartenset zur Schematatherapie braucht, da doch schon einiges dazu am Markt ist, das diese Therapieform unterstützt. Das Besondere dieses Sets besteht darin, dass sowohl maladaptive als auch adaptive Schemata innerhalb der Therapie ein wesentliches Element für das Verständnis von Störungen und interpersonellen Problemen bilden. Dieses Grundverständnis zieht sich durch die Arbeit mit den 75 Karten.

Kapitel 2: Was ist Schematherapie?

Die Schematherapie bietet „ein integratives, psychotherapeutisches Behandlungskonzept für komplexe und tiefgreifende Störungsbilder“ und „es werden klassische Techniken der Verhaltenstherapie mit erlebnisorientierten und emotionsaktivierenden Interventionen kombiniert“ (S. 4).

Negative Schemata bilden sich dann, wenn emotionale Grundbedürfnisse von wichtigen Menschen im Umfeld nicht unterstützend beantwortet werden. Diese werden in fünf Bedürfniskategorien zusammengefasst:

  1. Abgetrenntheit und Ablehnung,
  2. Autonomie und Leistungsbeeinträchtigung,
  3. Beeinträchtigung im Umgang mit Begrenzungen,
  4. Übertriebene Außenorientierung und Fremdbezogenheit,
  5. Übertriebene Wachsamkeit und Gehemmtheit (S. 5).

Diese Verhaltensmuster zeigen sich später in belastenden Lebenssituationen als Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten, weil automatisiert gehandelt wird. In der Therapie geht es um einen Ausstieg „aus alten Lebensfallen“ (S. 5). Die Patient*innen werden befähigt und gestärkt, ihr eigenes Erleben zu reflektieren und eine neue Selbstregulation aufzubauen (S. 5).

Kapitel 3 Entwicklung der 75 Therapiekarten

Die Karten unterstützen das therapeutische Arbeiten. Für die Entwicklung der Karten nutzte die Autorin ihre langjährigen Erfahrungen im therapeutischen Arbeiten auch mit Kindern und Jugendlichen. Sie ermöglichen eine therapeutische Bearbeitung der Handlungsmuster der Patient*innen.

Kapitel 4 Beschreibung des Kartensets

Das Modul 1 umfasst 15 Karten, die einen Einblick in die Schemata-Therapie vermitteln. Dadurch wird es möglich, den Patient*innen Informationen an die Hand zu geben. Die Rückseite der Karten mit den Bildern hilft, den Inhalt assoziativ zu verankern.

Modul 2 beinhaltet 37 Karten. Den Einstieg bringt eine Übersicht mit 18 negativen, maladaptiven Schemata. Im Fokus der Erläuterungen stehen die typischen Beziehungserfahrungen. Diese nutzen die oben genannten Beziehungskategorien. Mit der Übersicht erhält man somit eine Synopse des negativen Verhaltens zur Bedürfnisbefriedigung. Damit auch Kinder und Jugendliche leichter erreicht werden können, sind die Karten mit Fotos von Kindern hinterlegt. Die Erwachsenen haben die Möglichkeit, „eine Brücke zu ihren eigenen biografischen Erfahrungen bei der Ausbildung von negativen Schemata“ (S. 9) herzustellen. Unsere negativen Reaktionen sind gesteuert von verletzbaren Anteilen, die nicht angemessen wahrgenommen und entsprechend getröstet werden. Die Karten ermöglichen, diese Automatismen aufzuzeigen und zu begrenzen.

Modul 3 startet ebenfalls mit einer Übersicht, diesmal mit den positiven, adaptiven Schemata. Es umfasst 19 Karten. Die Arbeit mit den einzelnen Bedürfniskategorien wird durch farbliche Zuordnungen erleichtert. Damit weiß man stets, mit welchem Bedürfnis man sich gerade beschäftigt.

Modul 4 begnügt sich mit vier Karten, die es ermöglichen individuelle Modi zu erarbeiten. Auf diese Weise können ganz spezielle individuelle Konfliktsituationen strukturiert analysiert und dargestellt werden. Im letzten Schritt lässt sich damit ein Modus-Modell darstellen, das sowohl die negativen wie auch die positiven Schemataaktivierungen deutlich macht.

Kapitel 5 Anwendungsmöglichkeiten

Dieses Kapitel stellt noch einmal die Vorteile des Arbeitens mit den Therapiekarten vor. Sie unterstützen die Selbstreflexion im Hinblick auf negative wie auch positive Handlungsschemata. Mit den Karten und Fotos können assoziativ „abstrakte Gedanken, Gefühle- und Verhaltensmuster“ (S. 10) erlebbar und im Gedächtnis verankert werden. Dieser Prozess der Psychoedukation beschäftigt sich zunächst mit den negativen Schemata und den damit verbundenen Belastungssituationen. Dabei werden grundlegende Bedürfnisse erfasst, die bisher keine Beachtung fanden. Mit dieser Arbeit und dessen Ergebnis kann der Patient auch zwischen den Therapiestunden weiter arbeiten. Der nächste Schritt stellt das Erfassen der emotionalen Stärke dar, die die Resilienz einer Patientin ausmacht. Auf diese Weise kann über den Umgang mit emotionalen Grundbedürfnissen in der Herkunftsfamilie gesprochen werden. Und schließlich können zum Abschluss individuelle Modus-Skizzen bearbeitet und erstellt werden. Beim Zugriff auf negative Schemata wird häufig ein Schemaschmerz ausgelöst. Der Weg vom kranken Erwachsenen zum gesunden Erwachsenen im therapeutischen Begleiten ist sprachlich gar nicht so einfach zu fassen. Der Begriff des gesunden Erwachsenen wird eher abgelehnt, weil er deutlich macht, dass man kranke Anteile zurücklassen muss. Die Autorin schlägt daher den Begriff Regulationsinstanz vor, um den Übergang von negativen Handlungsschemata in positive zu beschreiben.

Im Schlussteil des Kapitels beschäftigt sie sich noch einmal ausführlich mit dem Erarbeiten und Erstellen von individuellen Modus-Landkarten. Sie benennt dabei die vier Phasen, den Auslösern negativer Schemataaktivierungen, dem Einordnen des aktuellen Erlebens, dem Modellieren und Stärken der Regulationsinstanz und mit dem Erarbeiten möglicher adaptiver Handlungsschemata und dem Umsetzen neuer Muster im Alltag (S. 12).

Den Abschluss bildet ein kurzer Überblick zu den Inhalten der 75 Karten.

Diskussion

Ähnlich wie bei den Karten zum Selbstwert (siehe www.socialnet.de/rezensionen/​27670.php) kommt im Begleitheft die theoretische Vertiefung zu kurz. Dies ist hier ebenfalls dem zur Verfügung stehendem Platz geschuldet. Will man die Karten sinnvoll in der Begleitung von Klienten einsetzen, kommt man um weitere Literaturrecherche nicht herum.

Die 75 Karten selbst können gut für die Arbeit verwendet werden. Sie sind nachvollziehbar beschrieben und auch die verwendeten Fotos unterstützen die Wahrnehmung und die Erkenntnis bei den betroffenen Menschen. Besonders hilfreich ist die farbliche Unterscheidung der Bedürfniskategorien. Damit ist man auch als Therapeut immer sicher, welche Ebene gerade Thema ist.

Fazit

Das Kartenset ist allen zu empfehlen (Psychologen, Sozialpädagogen), die mit der genannten Zielgruppe arbeiten, die sich einen weiteren Zugang zum rein kognitiven Bearbeiten von Schemata wünschen und die bereits über Vorkenntnisse verfügen.

Rezension von
Dr. Winfried Leisgang
Dipl. Soz.-Päd., Master of Social Work (M.S.W.)
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ISSN 2190-9245