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Angela Rauch, Silke Tophoven (Hrsg.): Integration in den Arbeitsmarkt

Rezensiert von Prof. Dr. phil. Barbara Wedler, 10.03.2022

Cover Angela Rauch, Silke Tophoven (Hrsg.): Integration in den Arbeitsmarkt ISBN 978-3-17-035725-9

Angela Rauch, Silke Tophoven (Hrsg.): Integration in den Arbeitsmarkt. Teilhabe von Menschen mit Förder- und Unterstützungsbedarf. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2020. 257 Seiten. ISBN 978-3-17-035725-9. 29,00 EUR.
Reihe: Grundwissen soziale Arbeit - Band 36.

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Thema

In diesem Fachbuch wird der Focus auf die wenig beachtete Gruppe der Menschen gelegt, die nur schwer in Arbeit zu vermitteln sind. Wie dank gezielter Teilhabeförderung dieser Problematik entgegengewirkt werden kann, erläutern die Autor*innen in den einzelnen Beiträgen.

Herausgeberinnen

Die Autorinnen und Autoren setzen sich im Forschungskontext entweder im Bereich von Hochschulen bzw. im Rahmen ihrer Tätigkeiten im IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung) mit der Teilhabe von Menschen mit Förder- und Unterstützungsbedarf auseinander.

Als Mitherausgeberin legt A. Rauch (wissenschaftliche Mitarbeiterin im IAB) ihren Forschungsschwerpunkt u.a. auf die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit einer Schwerbehinderung sowie die berufliche Rehabilitation. Prof.*in S. Tophoven (ebenfalls Herausgeberin) vertritt an der HS Düsseldorf das Gebiet Sozialpolitik und spezialisierte sich u.a. auch auf Themen wie „Arbeit und Gesundheit“ und „berufliche Rehabilitation“.

Entstehungshintergrund

Dieses Buch ist Teil der Reihe „Grundwissen Soziale Arbeit“, in der Studierende lernzielorientiert und in überschaubarem Volumen Wissen zu ausgewählten Themen der Sozialen Arbeit vermittelt wird.

Inhalt

Im Vorwort begründet Prof. Dr. U. Bieker die Notwendigkeit der Buchreihe “Grundwissen Soziale Arbeit”, setzt diese in Bezug zum Bologna-Prozess und ordnet beides in den Lernort “Arbeitszimmer” ein.

Rauch und Tophoven schreiben Zu diesem Buch u.a. einführende Worte und geben Hinweise zur Nutzung des Buches und danken allen Mitwirkenden.

Im 1. Kapitel werden einige Grundlagen zur Arbeitsmarktpolitik und gesetzliche Grundlagen der Beschäftigungsförderung erklärt. Basierend auf dem Recht auf Arbeit zeigen Wuppinger/​Rauch die Dynamik des Arbeitsmarktes. Verwiesen wird auf die unterschiedlichen Zielgruppen und die gesetzliche Verankerung.

Die Integration von Menschen mit Behinderungen im Arbeitsleben (Kapitel 2) stellt zwar eine “zentrale sozialpolitische Aufgabe und in Deutschland differenziert gesetzlich geregelt.” (S. 42) dar, doch, so weisen die Autorinnen nach, profitieren Menschen mit einer Schwerbehinderung weniger von einer guten Arbeitsmarktlage.

Im 3. Kapitel stehen Junge Menschen mit Behinderungen im Focus. Nachdem Tophoven auf die Bedingungen des Übergangs von der Schule in die Berufsausbildung detailliert eingeht, wird der rechtliche Rahmen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erläutert. Und obwohl zahlreiche geförderte Maßnahmen zur Ersteingliederung genutzt werden könnten, bleibt im Fazit, dass Jugendliche sowie junge Erwachsene mit geistigen und/oder psychischen Behinderungen noch immer bevorzugt in die WfbM eingegliedert werden. Diesen Kreislauf zu durchbrechen erfordert verstärkt betriebliche Ausbildungswege zu absolvieren, so das Fazit.

Tophoven/​Reims und Rauch setzen sich im 4. Kapitel mit Beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen für Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Behinderungen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt auseinander. Obwohl die Autorinnen die positiven Entwicklungsmöglichkeiten nach einer beruflichen Rehabilitation nachweisen, bleiben wesentliche Fragen offen. So nimmt die Gruppe der Personen mit multimorbiden Einschränkungen zu, es fehlen großflächig wirksame Konzepte für die berufliche Widereingliederung für Menschen mit einer psychischen Erkrankung und weiterhin existieren Schnittstellenprobleme zwischen den diversen SGB`s und den Kostenträgern für die berufliche Rehabilitation.

In Kapitel 5 wird das NEET (Not in Employment, Education, or Training) –Konzept näher vorgestellt und kritisch diskutiert. Gedacht für junge Menschen mit Schwierigkeiten im Übergang zum Erwerbsleben, bietet NEET eine Alternative zur Arbeitslosigkeit. Die Autorin betont in diesem Prozess die Bedeutung der Bildung. Wobei Bildung sich in diesem Fall an den generellen gesellschaftlichen Erwartungen an Bildungsstandards orientiert. Zukunftsweisend plädiert Schels für flexiblere Konzepte, die sich mehr an den Lebenswelten der Zielgruppe orientieren.

Anders gelagerte Problemlagen ergeben sich mitunter unter der Alternde [n] Erwerbsbevölkerung in Kapitel 6. Auf der Basis von Daten zeigen die Autorinnen die schwierige Situation der Zielgruppe, die Arbeitslosigkeit zu verlassen bzw. adäquate Beschäftigungsverhältnisse zu finden. Vorschläge zur Arbeitsplatzerhaltung bzw. Erhaltung der Arbeitsfähigkeit sind nicht nur realistisch sondern reihen sich auch in die bereits jetzt schon vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten ein.

Die noch immer geschlechtsspezifischen Ungleichheiten markieren ebenfalls Die Arbeitsmarktsituation von Frauen im Kapitel 7. Besonders dramatisch stellt sich die Situation von Müttern dar. Drasch/Götz und Diener setzen sich sowohl mit der Gleichberechtigung der Geschlechter auf der Ebene der Erwerbstätigkeit sowie mit Erwerbsverläufen von Frauen und Müttern auseinander.

Burkert und Garloff stellen im Kapitel 8, [Den] Arbeitserfolg von Migranten und Migrantinnen und Geflüchteten: Ergebnisse, Gründe und Wege zur Überwindung der Benachteiligung dar. Basierend auf dieverse theoretische Ansätze, z.Bsp. aus der Volkswirtschaftslehre, zur Integration sowie Datenquellen, u.a. dem Ausländerzentralregister, der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA), werden Unterschiede bei der Arbeitsmarktintegration von MigrantInnen und Geflüchteten, auch in der 2. Generation, gegenüber Einheimischen (Garloff bezieht sich auf Personen ohne Migrationshintergrund) sichtbar. Die sich daraus ergebenden Erkenntnisse werden in Bezug zur Analyse der staatlichen Fördermaßnahmen gesetzt, woraus Burkert/ Garloff Wege aus der Benachteiligung entwickln. Und diese Wege werden aufgeschlüsselt auf MigrantInnen der ersten und der zweiten Generation. Die AutorIn schliessen mit dem Appell an die Politik, zu einem differenzierten Bild bzgl. der Thematik “Integration” in der Öffentlichkeit beizutragen.

Einer kritischen Würdigung werden im 9. Kapitel die Beratungs- und Vermittlungsaktivitäten von Fachkräften der Arbeitsverwaltung unterzogen. Innerhalb dieses Prozesses müssen die Angestellten sowohl den arbeitsmarktpolitischen wie auch sozialpolitischen Auftrag an die BA erfüllen. Zusätzlich unterliegt die BA seit der Hartz-Reformen privatwirtschaftlichen Mangementmethoden und es wurden dezentrale Führungs- und Organisationsstrukturen aufgebaut. In all diesen Anforderungen sollen MitarbeiterInnen ziel- und ergebnisorientiert agieren. In diesen komplexen Prozessen kommt den Vermittlungsfachkräften eine neuralgische Position zu. Wie diese ausgefüllt und gestaltet werden kann, welche bürokratischen Hürden es dabei gibt und wie durch die Beachtung der jeweiligen situativen Interaktionsordnung der Beratungs- und Vermittlungserfolg erhöht werden kann, arbeiten Sowa und Staples detailliert heraus. Bedeutsam sind die kritschen Betrachtungen zum des Status “Arbeitssuchende”.

Vor dem Hintergrund, dass trotz rückläufiger Arbeitslosenzahlen eine gewisse Gruppe von Menschen faktisch aus dem Erwerbsleben ausgeschlossen bleibt, untersucht Lobato die Effekte der geförderten Beschäftigung auf die Gruppe der Langzeitarbeitslosen. Im Focus steht das Instrument des Beschäftigungszuschusses. Bei der Frage: Geförderte Erwerbsteilhabe statt Langzeitarbeitslosigkeit kommt der Autor im Kapitel 10 zum Schluss, dass die geförderte Beschäftigung grundsätzlich tragfähig ist. Dieser Ansatz reduziert Ausgrenzungsrisiken unter der Beachtung von teilhabefördernden Bedingungen.

Obwohl Arbeit von hoher Bedeutung für Menschen ist, finden sich Langzeitarbeitslose mit psychischen Erkrankungen gehäuft im SGB-II Leistungsbereich. Kupka und Posch (Kapitel 11) favorisieren die unterstützte Betreuung und entwickeln daraus Empfhelungen, wie die Situation dieser Gruppe der Leistungsbeziehenden im SGB II verbessert werden kann.

Hirseland/​Kerschbaumer gehen im 12. Kapitel der Frage nach: Wege aus Langzeitarbeitslosigkeit und Hartz-IV Bezug- was sich aus Folgegeschichten lernen lässt. Als Lösungsansätze schlagen die Autoren (Einzel)fallbezogene Beratungskonzepte, die verstärkte Förderung der sozialen Teilhabe sowie den Ausbau entsprechender Strukturen im Gemeinwesen vor. Insbesondere die Arbeit von SozialarbeiterInnen an den Schnittstellen u.a. zu den potentiell Arbeitssuchenden, den potentiellen Arbeitgebern sowie als Coach in der Begleitung der Einstiegsphase in die Erwerbstätigkeit werden als wichtiges Potenzial auf dem Weg von der Langzeitarbeitslosigkeit in die Erwerbstätigkeit herausgearbeitet.

Aufbauend auf Kapitel 12 setzt sich Freier im 13. Kapitel mit der Sozialen Arbeit in der Beschäftigungsförderung auseinander. Die Autorin stellt Maßnahmen zur sozialen Aktivierung (MSA) vor, die sozialintegrative Effekte haben und sich an der Lebenssituation, der Persönlichkeit und den Sozialkompetenzen der jeweiligen Personen orientieren. Im Prozess zwischen Kontrollstrukturen der MSA und den Entfaltungsmöglichkeiten kommt SozialerbeiterInnen eine Schlüsselstellung zu.

Die inhaltliche Auseinandersetzung wird mit dem Abkürzungsverzeichnis sowie einer Kurzvorstellung der Autorinnen und Autoren abgerundet.

Diskussion

Im Focus aller Beiträge stehen Aspekte der Beschäftigungsförderung. Die AutorInnen betrachten ausgesprochen sensibel die verschiedenen, vulnerablen Zielgruppen für die entsprechende Arbeitsmarktintegration. Trotz unterschiedlicher Blickrichtungen zeichnen sich die Artikel durch einen einheitlichen Aufbau aus. Vorangestellt wird jeweils der Lerninhalt. Definitionen/​theoretische Grundlagen werden stets grau hinterlegt. Fallbeispiele und aktuelle Daten ergänzen die einzelnen Kapitel. Das im 1. Kapitel gelegte Grundlagenwissen zur Arbeitsmarktpolitik und dessen Instrumenten bietet die Basis um unterschiedliche Settings, verschiedene Zielgruppen sowie die weiteren beteiligte Akteure differenziert zu betrachten (z.B. in der BA – Bundesagentur für Arbeit). Dank der akribisch aufbereiteten Fakten zur Gesetzgebung, den entsprechenden Personengruppen, den Möglichkeiten zur Beschäftigungsförderung können RezipientInnen reflektieren, transferieren und mit der eigenen Realität abgleichen. Besonders das Herausarbeiten der fachlichen Bedeutung von Sozialer Arbeit in diesen Integrationsprozessen erweitert PraktikerInnen den Blick und regt zur intensiveren Zusammenarbeit von BA mit den Trägern geeigneter Maßnahmen an. Doch trotz zahlreicher Anregungen für die Beschäftigungsförderung bleiben Grenzen, seien sie struktureller oder individueller Natur. Diese Grenzen weiterhin aufzuweichen bleibt der Auftrag für die Zukunft.

Fazit

Dieses Buch bietet mehr als die Buchreihe „Soziale Arbeit Grundwissen“ verspricht. Die Buchbeiträge sind ein (wissenschaftliches) Geschenk an PraktikerInnen, die sich direkt oder indirekt im Bereich der beruflichen Teilhabeförderung bewegen. Theoriebezogen, basierend auf Studien und stets an der Praxis orientiert wird Studierenden, PraktikerInnen und allen Interessierten Wissen zur Arbeitsmarktintegration vulnerabler Gruppen vermittelt. Das konsequente Suchen und Finden von Lösungen in diesem Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit verbindet die wissenschaftliche Neugier mit Erkenntnisgewinn und großer Freude beim Lesen. Dieses Buch ist ein muss im weiten Feld der Beschäftigungsförderung.

Rezension von
Prof. Dr. phil. Barbara Wedler
Professur für klinische Sozialarbeit und Gesundheitswissenschaften
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Es gibt 81 Rezensionen von Barbara Wedler.

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ISSN 2190-9245