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Eike Johanne Wübker: Die Relevanz der Traumapädagogik für die stationäre Erziehungshilfe

Rezensiert von Mag.a Barbara Neudecker, 22.04.2021

Cover Eike Johanne Wübker: Die Relevanz der Traumapädagogik für die stationäre Erziehungshilfe ISBN 978-3-7799-6354-7

Eike Johanne Wübker: Die Relevanz der Traumapädagogik für die stationäre Erziehungshilfe. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2020. 96 Seiten. ISBN 978-3-7799-6354-7. D: 19,95 EUR, A: 20,60 EUR.

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Thematischer Hintergrund

Traumatisierte und lebensgeschichtlich schwer belastete Kinder und Jugendliche stellen eine Herausforderung an pädagogische Fachkräfte in unterschiedlichen Handlungsfeldern dar. Die Traumapädagogik beschäftigt sich mit der Frage, wie Erkenntnisse aus der Psychotraumatologie dazu genützt werden können, um angemessene pädagogische Zugänge für diese Heranwachsenden zu entwickeln.

Autorin

Die Autorin ist Sozialpädagogin/​Sozialarbeiterin sowie Traumapädagogin und Traumazentrierte Fachberaterin.

Inhalt

Einleitend wird ausgeführt, dass die Arbeit darauf abzielt, die Frage nach der Relevanz der Traumapädagogik für Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung zu beantworten. Im ersten Abschnitt des Buches werden Grundlagen der Psychotraumatologie (Definitionen, unterschiedliche Formen von Traumatisierung, Risiko- und Resilienzfaktoren, Fragen der Diagnostik) in Hinblick auf die Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen zusammengefasst. Darauf folgen in einer Art Exkurs Anmerkungen zu den Rahmenbedingungen der stationären Erziehungshilfe, bevor spezifische traumapädagogische Grundsätze, Konzepte und Haltungen dargestellt werden. Im vierten Kapitel werden traumapädagogische Überlegungen auf das Handlungsfeld der stationären Erziehungshilfe bezogen. Angeschnitten werden Themen wie die Förderung der Entwicklung einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit, die Partizipation von Eltern und Kind, die Rückführung in die Herkunftsfamilie oder strukturelle Anforderungen an Einrichtungen, die nach einem traumapädagogischen Ansatz arbeiten wollen.

Diskussion

Trotz zahlreicher Neuerscheinungen ist das Interesse an traumapädagogischer Fachliteratur seit mehreren Jahren unverändert hoch, vor allem im Bereich der Arbeit mit fremdplatzierten Kindern und Jugendlichen. Der Erkenntnisgewinn durch dieses Buch bleibt allerdings gering. Dies liegt weniger am schlanken Umfang des Werks (mit rund 80 Seiten Text) als vielmehr daran, dass es sich wie eine universitäre Abschlussarbeit liest. Die Grundlagen der Traumapädagogik werden übersichtlich und kompakt zusammengefasst, die einschlägige Fachliteratur wird rezipiert, doch darüber hinaus finden sich keine neuen Informationen oder eigenständige Gedanken. Zur Arbeit mit belasteten Kindern in der stationären Kinder- und Jugendhilfe liegen bereits umfassende Arbeiten vor wie etwa jene von Lang et al. (2013) oder Gahleitner (2017). Wie in einer Abschlussarbeit liest sich auch die der Arbeit zugrundeliegende Forschungsfrage: „Welche Relevanz kann die Traumapädagogik für die Einrichtungen der stationären Hilfen zur Erziehung haben?“ Wer allerdings erhofft, diese Frage in methodisch angemessener Weise beantwortet zu bekommen, wird enttäuscht, da weder Kriterien für die Überprüfung von Relevanz aufgestellt werden noch eine empirische Vorgehensweise zur Beantwortung der Frage gewählt wird. So bleibt die – bereits als bekannt vorauszusetzende – Schlussfolgerung, dass aus Psychotraumatologie und Traumapädagogik wichtige Beiträge für das Verstehen von und den Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die traumatische Beziehungserfahrungen gemacht haben, abgeleitet werden können. Dass dem Verlag auch – hoffentlich so nicht gemeinte – Aussagen durchrutschen wie etwa jene, dass zur Qualitätssicherung in traumapädagogischen Einrichtungen „eine gezielte Enttabuisierung von Gewalt“ gehöre (S. 80), macht das Buch leider auch nicht überzeugender.

Fazit

Das Werk bietet eine komprimierte Zusammenfassung traumapädagogischer Grundlagen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der stationären Erziehungshilfe. Wer sich einen ersten, oberflächlichen Eindruck verschaffen möchte, wie ein traumasensibler Zugang in diesem Handlungsfeld aussehen kann, ist mit diesem Buch gut bedient, wer einen vertieften Einblick mit Praxisbeispielen und Anregungen zur konkreten Umsetzung sucht, wird eher auf die im Buch zitierte Originalliteratur zurückgreifen.

Literatur

Gahleitner, S. B. (2017): Das pädagogisch-therapeutische Milieu in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Trauma- und Beziehungsarbeit in stationären Einrichtungen. Köln: Psychiatrie-Verlag

Lang. B. et al. (2013): Traumapädagogische Standards in der Stationären Kinder- und Jugendhilfe. Eine Praxis- und Orientierungshilfe der BAG Traumapädagogik. Weinheim und Basel: Beltz Juventa

Rezension von
Mag.a Barbara Neudecker
MA, Psychotherapeutin (IP) und psychoanalytisch-pädagogische Erziehungsberaterin, Leiterin der Fachstelle für Prozessbegleitung für Kinder und Jugendliche in Wien, Lehrbeauftragte an den Universitäten Wien und Innsbruck, eigene Praxis
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Es gibt 19 Rezensionen von Barbara Neudecker.

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Zitiervorschlag
Barbara Neudecker. Rezension vom 22.04.2021 zu: Eike Johanne Wübker: Die Relevanz der Traumapädagogik für die stationäre Erziehungshilfe. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2020. ISBN 978-3-7799-6354-7. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/27750.php, Datum des Zugriffs 12.09.2024.


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