Julia Gebrande: Soziale Arbeit nach traumatischen Erfahrungen
Rezensiert von Conny Martina Bredereck, 23.03.2022

Julia Gebrande: Soziale Arbeit nach traumatischen Erfahrungen. Grundkenntnisse für den Umgang mit traumatisierten Menschen. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2021. 230 Seiten. ISBN 978-3-8487-6412-9. 23,00 EUR.
Thema
Das Kompendium richtet sich an Fachkräfte, die mit traumatisierten Menschen arbeiten und soll einen Überblick über verschiedene Ansätze geben sowie Forschungs-, Theorie- und Praxiswissen miteinander verzahnen.
AutorIn
Julia Gebrande ist an der Hochschule Esslingen Professorin für Soziale Arbeit im Gesundheitswesen. Nach dem Studium zur Diplom-Sozialarbeiterin/-pädagogin arbeitete sie u.a. mehrere Jahre als Fachberaterin bei Wildwasser Esslingen e.V. und absolvierte eine Zusatzausbildung als Fachberaterin für Psychotraumatologie. Zu ihren Fachgebieten zählen Soziale Arbeit im Gesundheitswesen, klinische Sozialarbeit und Traumapädagogik mit dem Schwerpunkt auf sexualisierte Gewalt.
Aufbau und Inhalt
Das Buch gliedert sich in 15 Module, die thematisch den vier Hauptgliederungspunkten
- Selbstsorge,
- theoretischen Grundlagen der Psychotraumatologie,
- Konzepte der Sozialen Arbeit nach traumatischen Erfahrungen und
- stabilisierende Methoden der Traumaberatung und Traumapädagogik
zugeordnet sind. Ziel ist es, Fachkräften, Studierenden, Betroffenen und Angehörigen einen Überblick zu dem aktuellen Fachwissen zu gebe, zu sensibilisieren, neue Perspektiven zu ermöglichen und Handlungsalternativen zu erweitern.
Teil 1 – Selbstfürsorge (Modul 1)
Der 1. Teil ist identisch mit Modul 1 und widmet sich der Selbstfürsorge. Noch bevor in das Thema Traumatisierung eingestiegen wird, betont die Autorin die vorbereitende Auseinandersetzung mit sekundärer Traumatisierung und Erschöpfungszuständen. Da das Thema bei vielen Menschen Verunsicherung, emotionale Reaktionen und intensive Gefühle hervorbringt (S. 17), braucht es das Wissen um Möglichkeiten, diese Belastungen im Rahmen verschiedener Konzepte zu kompensieren. Nach einer Begriffsklärung und einem kurzen Verweis auf verschiedene Konzepte der Selbstfürsorge zur psychischen und physischen Gesundheit verweist die Autorin auf die Risiken, denen Fachkräfte ausgesetzt sind, die immer wieder von den erlebten Verletzungen ihrer KlientInnen erfahren. Vor allem in einer Profession, in der Empathie, Engagement und Interesse die Ausgangbasis für eine tragfähige Arbeitsbeziehung sind, braucht es auf institutioneller, individueller und interpersoneller Ebene angemessene Unterstützungs- und Präventionsstrategien (S. 20). Anhand verschiedener Reflexionsfragen können Fachkräfte ihre individuelle Sorge für sich überprüfen.
Der Teil 2 - Grundlagen der Psychotraumatologie (Modul 2 bis 5)
Im 2. Modul werden die Begriffe belastende Situationen, Traumatisierung und Trauma diskutiert und voneinander abgegrenzt. Nach einem Exkurs in die ICD und Verweise auf Judith Hermann, Andreas Maercker sowie Gottfried Fischer & Peter Riedesser zur Klärung von Trauma und Traumatisierung wird festgehalten, dass es sich bei einer Traumatisierung um einen Prozess handelt, der traumatische Situation(en) einhergehend mit Gefühlen von (Todes-)Angst, Ohnmacht, Hilflosigkeit und Panik vorrausetzt (S. 34). Für die Klassifikation der Traumata wird zwischen einmaligen, klar umgrenzten vs. sich wiederholenden und mehrfach auftretenden Ereignissen, die entweder durch zwischenmenschliche Gewalt oder durch akzidentelle Ereignisse wie Naturkatastrophen unterschieden. Im Fall einer traumatischen Situation und der damit einhergehenden Überflutung von Stress, Angst und ggf. Schmerzen (S. 37) kann das Notfallprogramm der Seele eingeschaltet werden. Da in der Wahrnehmung der betroffenen Personen weder Kampf noch Flucht möglich sind, wird das Überleben durch innere Betäubung/Lähmung oder Fragmentierung abgesichert und sich so von dem Ereignis distanziert. Dieser Schutzmechanismus führt zu einer unzusammenhängenden Wahrnehmung und Erinnerung an das Erlebte.
Das 3. Modul widmet sich den Folgen von Traumatisierungen. Zu den Symptomen der klassischen Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als Bewältigungsstrategie zur Verarbeitung der außerordentlichen Situationen gehören Intrusionen, Vermeidung sowie Übererregbarkeit (S. 43 ff.). Zusätzlich Symptome wie Störungen der Affektregulation, der Selbstwahrnehmung und der Beziehungsgestaltung werden in der komplexen PTBS zusammengefasst. Bei Kindern können sich Intrusionen im posttraumatischen Spiel oder unspezifischen Alpträumen zeigen, Vermeidung kann die Spielfähigkeit einschränken oder zum Verlust bereits erworbener Kompetenzen führen. Die Vielzahl der möglichen Traumafolgen im Kindesalter können sich in den unterschiedlichen Entwicklungsstufen auf unterschiedliche Weise wie Bindungsstörungen, Regulationsstörungen, Störungen des Sozialverhaltens etc. zeigen. Neben dem Alter beeinflusst auch das Geschlecht Bewältigungsstrategien. Beispielsweise kompensieren Männer Traumafolgen eher über Leistung und Kontrolle und tabuisieren ihre eigenen Ohnmachtserfahrungen. Frauen hingegen neigen zu Care-Tätigkeiten für andere und sogenannten Opferkarrieren. Um diesen Dynamiken entgegenzuwirken schlägt Wilma Weiß (2021) vor, in geschützten Räumen mit den Betroffenen zu arbeiten.
In der Bewältigung von Traumata im Modul 4 setzt die Autorin den Fokus nicht auf „Heilung“, da dieses Versprechen nicht eingehalten werden könnte. Vielmehr ginge es darum, der „… Hilflosigkeit zu entkommen und wieder Kontrolle über sein Erleben zurückzugewinnen“ (S. 56). Neben der sequentiellen Traumatisierung wird auch das Thema Resilienz aufgegriffen und ein Überblick zu verschiedenen Risiko- und Schutzfaktoren gegeben, um dann einen inhaltlichen Überblick zu den Phasen der Traumabewältigung zu geben: Stabilisierung, Konfrontation bzw. Exposition und Integration. Im Rahmen der Sozialen Arbeit wird zwar „… nicht traumatherapeutisch im Sinnen einer Konfrontation, Durcharbeitung und Integration der traumatischen Erfahrungen (…) [gehandelt], aber sie kann informieren, motivieren, eine Traumatherapie vorbereiten, ergänzen oder im Nachhinein eine Umsetzung in den Alltag begleiten“ (S. 65). Damit wird der Sozialen Arbeit eine elementare Schlüsselrolle zugeschrieben, da sie die betroffenen Menschen im Alltag begleitet und ihre Interessen vertritt.
Das 5. Modul fokussiert verschiedene Impulse in der Auseinandersetzung mit Trauma. Anhand eines Fallbeispiels werden politische Dimensionen, Anerkennungsmechanismen und Probleme im Rahmen der Diagnostik sowie der Selbstverantwortung/​-optimierung aufgegriffen. Wichtig sei es, Fragen der Anerkennung, Diagnostik, Behandlung, Bewältigung etc. kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren, um so der Gefahr einer chronifizierten Pathologisierung traumatisierter Menschen entgegenzuwirken und Wege für die Aufarbeitung geschehenen Unrechts zu entwickeln. Ein Beispiel dafür ist die Arbeit der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die seit 2016 verschiedene Themenkomplexe und Institutionen in den Blick nimmt und so einen Beitrag zur Enttabuisierung sexualisierter Gewalt leistet (Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, o.J.).
Der Teil 3 – Konzepte der Sozialen Arbeit nach traumatischen Erfahrungen
Im 6. Modul werden verschiedene Handlungsfelder und die damit verknüpften Versorgungsstrukturen vorgestellt, die aus der Sozialen Arbeit heraus entwickelt wurden. Die Klinische Sozialarbeit als Teilgebiet der Sozialen Arbeit zur psychosozialen Versorgung mit eigenen Handlungsansätzen, Konzepten und Methoden ergänzt durch die kritische ambitionierte Soziale Arbeit, um einer vorschnellen Pathologisierung entgegenzuwirken, leistet im Rahmen der Sozialen Arbeit einen Beitrag zur Unterstützung und Begleitung von traumatisierten Menschen. Um Fachkräfte der Sozialen Arbeit in ihrem Arbeitsalltag im Umgang mit traumatisierten Menschen zu unterstützen, wurde die Zusatzqualifikation „Traumapädagogik und Traumazentrierte Fachberatung“ eingeführt. Reformpädagogische, heilpädagogische, psychoanalytische und emanzipatorische Konzepte werden zur Implementierung eines pädagogisch-therapeutischen Milieus und Erhöhung einer Traumasensibilität verknüpft. Ursprünglich vor allem für die stationäre Kinder- und Jugendhilfe entwickelt, finden diese Konzepte Anwendung in Bildungsstätten, in Kranken- und Pflegeeinrichtungen, in Kindertagesstätten etc.
Im Zentrum der traumasensiblen Arbeit – Modul 7 – steht eine professionelle Beziehungsgestaltung, die eine Auseinandersetzung mit der Bindungstheorie erfordert. In diesem Zusammenhang werden neben einer Begriffsklärung das Konzept der Feinfühligkeit, die unterschiedlichen Bindungstypen und Bindungsstörungen nach Traumatisierungen vorgestellt. In einem pädagogisch-therapeutischen Milieu (Gahleitner, 2021) sollen junge Menschen korrigierende Bindungserfahrungen machen können und in ihren Bewältigungsversuchen unterstützt werden. Um die hilfreichen Beziehungen in diesem heilsamen Umfeld nicht zu gefährden, braucht es eine aktive Auseinandersetzung der Fachkräfte mit Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomenen. Dafür werden verschiedene Begrifflichkeiten geklärt, voneinander abgegrenzt und Handlungsempfehlungen zur Verfügung gestellt.
Modul 8 richtet den Blick auf institutionelle Strukturen. Um traumatisierten Menschen einen sicheren Ort bereitstellen zu können, braucht es im pädagogischen Alltag konzeptionell verankerte Verlässlichkeit, Berechenbarkeit, Transparenz und klare Strukturen zur Vermeidung von Retraumatisierung. Entsprechende institutionelle Rahmenbedingungen und notwendige Qualitätsentwicklungsprozesse sind im Positionspapier der BAG TP detaillierter ausformuliert (BAG TP, 2011). Ziel ist es u.a., über einen äußeren Rahmen eine innere Sicherheit zu ermöglichen. Über die Entwicklung von Schutzkonzepten und Beschwerdestellen außerhalb der Institutionen können Einrichtungen Bedingungen schaffen, die das Risiko erneuter (sexualisierter) Gewalt u.a. in der Kinder- und Jugendhilfe verringern.
Dem im Modul 9 vertieften Konzept der Selbstermächtigung liegen die Grundideen von Empowerment und Power-Sharing zugrunde, die an dieser Stelle kritisch diskutiert werden. Über den Prozess der Selbstermächtigung sollen sich traumatisierte Menschen aus der Ohnmacht befreien, um wieder zu aktiv handelnden Subjekten ihres Lebens zu werden, indem sie für sich sorgen, auf ihre Umgebung wirken und ihr Umfeld gestalten. Ein Grundelement der Selbstermächtigung ist das Konzept des guten Grundes. Es wird davon ausgegangen, dass jegliche Verhaltensweisen als Überlebensstrategie entwickelt wurden. Auf dieser Grundlage können traumatisierte Menschen gemeinsam mit anderen Betroffenen und den sie begleitenden Fachkräften ihr auf dem ersten Blick scheinbar destruktives Verhalten reflektieren, verstehen und Handlungsalternativen entwickeln (S. 138). Ein bedeutsames Element in diesem Prozess ist die respektvolle, akzeptierende und unterstützende Haltung aller Fachkräfte. Transparenz und Partizipation unterstützen Betroffene in ihrer Selbstwirksamkeit und lassen mehr Kontrolle über ihr Leben zu. Sie können die durch TäterInnen strategisch eingesetzte Tabuisierung, Scham und Isolation verlassen und erhalten Stärkung durch die Solidarität anderer traumatisierter Menschen.
Der Teil 4 – Stabilisierende Methoden der Traumaberatung und Traumapädagogik
Im 10. Modul wird das Konzept der Psychoedukation als Entlastung für traumatisierte Menschen vorgestellt. Betroffene und Angehörige erhalten fundiertes Fachwissen, um Symptome und Folgen zu verstehen und so einen Umgang mit den Belastungen zu finden. Sie erhalten für das Erlebte und Unaussprechliche eine Sprache zurück und verstehen, dass ihre mit dem Trauma verbundenen Reaktionen normal sind (Normalisierung). Hilfreich sind dabei Worte, Bilder und Metaphern, die dem Alter sowie dem persönlichen und beruflichen Hintergrund der Person entsprechen.
Der Umgang mit den eigenen Gefühlen steht im Mittelpunkt des 11. Moduls. „Das Ziel […] nach traumatischen Erfahrungen muss […] darin liegen, Empfindungen, Gefühle und Vernunft (wieder) miteinander in Einklang zu bringen – sie spüren, fühlen, denken und ausdrücken zu können.“ (S. 163). Im folgenden Verlauf werden die Entwicklung von Emotionen im Sozialisationsprozess erklärt. Aus Selbstschutz blockieren traumatisierte Menschen ihre Emotionen zum einen, weil sie in der Vergangenheit keine Beachtung erfahren haben oder übergangen wurden, zum anderen, weil ihre Grenzen wiederholt missachtet wurden. Um die traumatischen Erfahrungen überwinden zu können, brauchen die Emotionen Raum. Verschiedene Übungen und kreative Ansätze sollen den Zugang zu den eigenen Empfindungen und Emotionen ermöglichen, um Auslöser für das aktuelle Befinden zu finden und emotionale Erlebnisinhalte verbalisieren zu können (S. 168 f).
Modul 12 setzt den Fokus auf Hilfen zur Selbstregulation als ein wichtiges Ziel in der Stabilisierungsphase. Vor allem nach traumatischen Situationen ist diese Fähigkeit häufig eingeschränkt. Verfügt eine Person über die Fähigkeit eigene Gefühlszustände zu regulieren, steht ihr eine gesunde Möglichkeit zur Verfügung, in belastenden Situationen Stress abzubauen. Führt der Stress zu einer Überlastung bzw. soll in einer traumatischen Situation das Überleben gesichert werden, schützen Dissoziationen Körper und Psyche. Durch eine Veränderung des Bewusstseinszustandes werden Gefühle und Empfindungen gedämpft, um die traumatische Situation auszuhalten. Diese automatisierte Bewältigungsstrategie kann in alltäglichen Situationen unkontrolliert, unwillkürlich und unangepasst auftreten und den Alltag der traumatisierten Personen erheblich einschränken. Ziel der Sozialen Arbeit ist es über verschiedene Übungen, diese Dissoziationen zu unterbrechen und die Person zu unterstützen, wieder im Hier und Jetzt anzukommen und zu verankern.
Zur Sensibilisierung und Förderung der Signale des Körpers im Modul 13 wird auf die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche verwiesen. Neben Erläuterungen, wie sich traumatische Erfahrungen in Körper und Geist einschreiben und mit welchen Reaktionen dieser Prozess verbunden ist, werden verschiedene Körperübungen vorgestellt. Durch (abgesprochene) Berührungen können Sicherheit und Geborgenheit vermittelt werden, Atemübungen können beruhigend wirken, progressive Muskelentspannung kann zu einer Schärfung der Körperwahrnehmung führen.
Im Modul 14 steht die Ressourcenorientierung und -aktivierung als Haltung und Gesprächs- bzw. Beratungstechnik entsprechend der Salutogenese im Mittelpunkt. Der Zugang zu den eigenen Ressourcen soll traumatisierte Menschen unterstützen ihre individuellen Kraftquellen zu entdecken, zu aktivieren und zur Bewältigung zu nutzen, um einen Gegenpol zu den traumatischen Erfahrungen und den damit verbundenen Ohnmachtsgefühlen zu setzen.
Abschließend stellt das 15. Modul die Arbeit mit Imaginationen und Phantasiebilder als „… älteste und mächtigste Heilquelle in der Geschichte der Medizin …“ (S. 211) vor. Über die Macht der Bilder sollen innere Bewusstseinszustände beeinflusst und neue Kraft, Zuversicht, Ausdauer etc. geschöpft werden. Eine Anleitung soll den Einsatz von Imaginationen erleichtern, um sie im Einzelkontakt oder in der Arbeit mit Gruppen umsetzen zu können.
Diskussion
Die Autorin stellt in dem Kompendium verschiedene Theoriestränge, Konzepte und aktuelle Diskurse der Psychotraumatologie sowie der Traumaberatung und -pädagogik vor. Das in der Einleitung formulierte Ziel, ein Übersichtswerk zu erstellen, das Fachkräfte, Studierende und Betroffene informiert und sensibilisiert, wird in jedem Fall erreicht. Aufgebaut in verschiedenen Modulen, folgt das Buch einem inhaltlich logischen Aufbau und einer nachvollziehbaren Struktur. Sensibel steigt die Autorin mit dem Kapitel und Modul 1 zur Selbstfürsorge ein und bereitet die Lesenden auf die kommenden Themen vor. Dem folgen theoretische Grundlagen und Konzepte, um abschließend verschiedene Methoden zur Stabilisierung vorzustellen. Alle Ausführungen sind unterlegt mit Praxis- und Fallbeispielen, weiterführender Literatur und vertiefenden oder veranschaulichenden Übungen.
Hervorzuheben ist auch, dass die Autorin neben der prägnanten Vorstellung der vielen unterschiedlichen Diskursstränge einzelne Themenfelder auch kritisch reflektiert. Beispielsweise positioniert sie sich sehr klar zu aktuellen Entwicklungen im Bereich Empowerment. Sie hält fest, dass der Begriff in den letzten Jahren inflationär und unscharf genutzt und so seine ursprüngliche politische Relevanz außer Acht gelassen und für einen neoliberalen Leistungsgedanken missbraucht wurde.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Publikation von Julia Gebrande zwar nicht in die Tiefe geht – das ist bei der Vielfalt an Themen gar nicht möglich und entspricht auch nicht ihrem Anspruch – aber dafür einen komplexen, ausführlichen und breiten Überblick sowie ausreichende Verweise gibt, um im Anschluss eigenständig einzelne Bereiche zu vertiefen.
Fazit
Dieses Buch gibt einen fachlich fundierten und dichten Überblick, der neben den theoretischen Grundlagen durch Fallbeispiele, Übungen und zusätzliche Literaturhinweise den Raum öffnet, das Thema Trauma in der Sozialen Arbeit zu vertiefen und in die eigene Praxis zu übertragen. In diesem gebündelten Nachschlagewerk werden die wichtigsten Diskurse, Konzepte und VertreterInnen zu den jeweiligen Themenfeldern vorgestellt, sodass vor allem Personen, die sich neu in diesem Feld bewegen, eine Orientierung erhalten. Die Anschaffung dieses in sich stimmigen und überaus gelungenen Werks lohnt sich in jedem Fall.
Literatur
Bundesarbeitsgemeinschaft Traumapädagogik (BAG-TP) (2011). Standards für traumapädagogische Konzepte in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Ein Positionspapier der BAG Traumapädagogik. Online: https://fachverband-traumapaedagogik.org/standards.html [03.11.2021].
Gahleitner, S. B. (2021). Das pädagogisch-therapeutische Milieu in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Trauma- und Beziehungsarbeit in stationären Einrichtungen. Psychiatrie Verlag.
Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs (o.J.). Online: https://www.aufarbeitungskommission.de/[12.01.2022]
Weiß, W. (2021). Philipp such sein Ich. Zum pädagogischen Umgang mit Traumata in den Erziehungshilfen. 9. Auflage. Beltz Juventa.
Rezension von
Conny Martina Bredereck
Sozialarbeiterin/-pädagogin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humanistischen Hochschule Berlin (HHB), Schwerpunkte: Jugend- und Schulsozialarbeit, Traumapädagogik und Biografiearbeit, Freie Dozentin und Supervisorin (DGSv)
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