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Karsten Speck: Schulsozialarbeit

Rezensiert von Dr. Torsten Mergen, 06.01.2021

Cover Karsten Speck: Schulsozialarbeit ISBN 978-3-8252-5294-6

Karsten Speck: Schulsozialarbeit. Eine Einführung. UTB (Stuttgart) 2020. 4. Auflage. 215 Seiten. ISBN 978-3-8252-5294-6. D: 21,99 EUR, A: 22,70 EUR, CH: 29,50 sFr.
Reihe: UTB - 2929. Soziale Arbeit, Pädagogik.

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Thema

Mit der Ausweitung von Angeboten zur Schulsozialarbeit in allen Schulformen in Deutschland und der Integration von Modulen zur schulbezogenen Jugendsozialarbeit in entsprechenden Studiengängen ist die Nachfrage nach einem kompakten und soliden Überblick über die Entwicklung der Schulsozialarbeit gestiegen. Für diese Nachfrage nach einer thematischen Einführung in das Feld der Schulsozialarbeit bietet das in zwölf Kapitel gegliederte Standardwerk einen materialreichen und forschungsorientierten Einstieg.

Autor

Prof. Dr. Karsten Speck, Jahrgang 1973, lehrt und forscht als Professor an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Institut für Pädagogik sowie Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik) mit Schwerpunkt Forschungsmethoden in den Erziehungs- und Bildungswissenschaften. Aktuelle Arbeitsgebiete sind die Bereiche multiprofessionelle Kooperation, Schulabsentismus sowie Kooperation von Jugendhilfe mit Schule bzw. Schulsozialarbeit.

Entstehungshintergrund

Der Band basiert auf dem 2007 erstmals erschienenen Buch mit gleichem Titel, das 2009 in überarbeiteter und 2014 in dritter und erweiterter Auflage vorgelegt wurde. Die vierte Auflage ist inhalts- und seitenidentisch mit der dritten Auflage.

Aufbau und Inhalt

Nach einem kompakten „Vorwort zur 3. Auflage“ ist der Band in folgende Kapitel gegliedert:

  1. Historische Entwicklung der Schulsozialarbeit
  2. Aktueller Stand der Schulsozialarbeit
  3. Begriffsklärung und Definition zur Schulsozialarbeit
  4. Begründungen, Ziele und Zielgruppen von Schulsozialarbeit
  5. Rechtsgrundlagen, Förderpolitik und Finanzierung der Schulsozialarbeit
  6. Angebote, methodisches Handeln und Handlungsprinzipien von Schulsozialarbeit
  7. Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit
  8. Kooperation zwischen LehrerInnen und SchulsozialarbeiterInnen
  9. Ergebnisse und Wirkungen von Schulsozialarbeit
  10. Qualitätsentwicklung und Selbstevaluation in der Schulsozialarbeit
  11. Ausbildung, Curriculum und Fortbildung in der Schulsozialarbeit
  12. Aktuelle Herausforderungen

Daran schließt sich ein umfangreicher Anhang mit diversen Materialien und Hinweisen an:

  • Prüfungsfragen
  • Adressen zur Schulsozialarbeit
  • Ausgewählte Vernetzungsseiten auf Länderebene
  • Ausgewählte Organisationen in Deutschland, der Schweiz und Österreich
  • Landesarbeitsgemeinschaften
  • Literatur
  • Sachregister

Im Vorwort thematisiert Karsten Speck die Zielsetzung des Bandes: Der Autor verfolge das Ziel, „eine allgemeinverständliche und komprimierte Einführung in die Schulsozialarbeit zu geben“ (S. 9). Dabei sei der Band mehrfachadressiert, indem er sowohl für thematische Neulinge – wie Studierende oder BerufsanfängerInnen – als auch für Fachleute systematisches Wissen zur Verfügung stelle. Zu Besonderheiten der vierten Auflage werden keine Informationen genannt.

Das erste Kapitel ist der historischen Entwicklung der Schulsozialarbeit gewidmet. In dieser historischen Skizze werden Schritte der Etablierung (etwa die Schulkinderfürsorge um 1900), die konzeptionellen Einflüsse der amerikanischen „School Social Work“ und die Praxis in Deutschland seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart geschildert. Der Autor sieht als wesentlichen Grund für die Expansion dieses Praxisfeldes den „Versuch, die negativen Folgen gesellschaftlicher Transformations- und Veränderungsprozesse für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu kompensieren“ (S. 14).

Im zweiten Kapitel richtet Speck den Fokus auf den aktuellen Stand der Schulsozialarbeit, wozu er zunächst die aktuelle fachliche und fachpolitische Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung von fachpolitischen Stellungnahmen und Empfehlungen von Fachverbänden sowie staatlichen Kinder- und Jugendberichten darstellt. Sodann wird die quantitative Verbreitung der Schulsozialarbeit analysiert: In differenzierter und datengesättigter Form wird ausführlich sowohl ein deutschlandweiter als auch bundesländerspezifischer Überblick mit Stand 2014 gegeben; hinzu treten Hinweise zu entsprechenden Entwicklungstendenzen in Österreich, Liechtenstein und der Schweiz. Das Fazit für 2014 lautet: „Zusammenfassend betrachtet expandierte die Schulsozialarbeit im deutschsprachigen Raum in relativ kurzer Zeit.“ (S. 34)

Daran schließt sich im dritten Kapitel eine „Begriffserklärung und Definition zur Schulsozialarbeit“ – so die Kapitelüberschrift – an. Dies sei erforderlich, da nur auf diese Weise eine „notwendige Profilschärfung und Institutionalisierung des Arbeitsfeldes“ (S. 45) erreicht werden könne. Bis in die 2000er Jahre habe eine Begriffsvielfalt und Unschärfe des Arbeitsfeldes bestanden, wohingegen es durch eine einheitliche Terminologie – Speck plädiert nachdrücklich für die zukünftig einheitliche Verwendung des Begriffs „Schulsozialarbeit“ – zu einer Klärung des Tätigkeitsprofils und der Zuständigkeiten kommen könne.

Das vierte Kapitel stellt sodann Begründungen, Ziele und Zielgruppen der Schulsozialarbeit dar. Ausgehend von der Beobachtung, dass entsprechende Tätigkeiten „an der Schnittstelle von Jugendhilfe und Schule“ (S. 46) angesiedelt sind, wird vor dem Hintergrund veränderter und teils defizitärer Sozialisationsbedingungen von Kindern und Jugendlichen in der globalisierten Gesellschaft alltagspraktisch, sozialisations- und modernisierungstheoretisch, bildungstheoretisch respektive schultheoretisch sowie transformationstheoretisch und professionstheoretisch hergeleitet, welche erhebliche Relevanz der Schulsozialarbeit zukommt. Aus dieser Multiperspektivität der Begründungsmuster folgt, dass nicht nur Kinder und Jugendliche eine relevante, zu erreichende Zielgruppe bilden, sondern ebenso die Lehrkräfte und die Elternschaft.

Im fünften Kapitel werden kompakt die Rechtsgrundlagen und die teilweise prekären Finanzierungs- und Förderbedingungen geschildert. Auch hier zeigt sich ein Stand des Jahres 2014, neuere Entwicklungen in den Bundesländern werden nicht berücksichtigt. Als grundsätzliche Herausforderungen gelten die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule, ferner die unklare rechtliche Legitimation im Kinder- und Jugendhilfegesetz. Specks Vorschlag einer Novellierung des entsprechenden Paragrafen 13 zielt auch auf eine stabile rechtliche Begründung und eine darauf basierende bessere finanzielle Absicherung der Schulsozialarbeit ab, was ausführlich erläutert wird.

Das sechste Kapitel fokussiert die Heterogenität der Angebote der Schulsozialarbeit, das methodische Handeln und die grundlegenden Arbeitsprinzipien in der Praxis. Nach einer differenzierten Auswertung der Forschungsergebnisse (und Handreichungen von staatlicher und Trägerseite) einerseits und mit hohem Bewusstsein für die vielfältigen Ansprüche an die Fachkräfte für Schulsozialarbeit andererseits konstatiert Speck: „Grundlegend erscheint daher die Erkenntnis, dass die SchulsozialarbeiterInnen ihre Aktivitäten und Maßnahmen wirkungsorientiert planen und reflektieren müssen, aber gleichzeitig in Kauf nehmen müssen, dass diese nicht vollständig standardisierbar sind“ (S. 87). 

Im folgenden siebten Kapitel werden wesentliche Rahmenbedingungen der Schulsozialarbeit kenntnisreich dargestellt. Die Qualifikation des Personals, die Stärken und Schwächen verschiedener Trägermodelle (etwa in Form schulischer Trägerschaft, Trägerschaft des örtlichen Jugendamtes oder in Form freier Träger der Jugendhilfe) werden erläutert und kritisch in Form einer Schwächen-Stärken-Analyse beurteilt.

Das achte Kapitel vertieft die personale Dimension der Schulsozialarbeit, indem auf die Herausforderungen und Chancen der Kooperation zwischen Lehrkräften und Fachkräften für Schulsozialarbeit eingegangen wird. Hierzu referiert der Wissenschaftler zunächst relevante empirische Befunde und vergleicht vorherrschende Kooperationsmodelle. Als Ergebnis konstatiert er, „dass die Kooperation zwischen LehrerInnen und SozialarbeiterInnen keinesfalls immer auf einer gleichberechtigten und partnerschaftlichen Ebene stattfindet“ (S. 115). Den Gründen für diesen Befund wird ausführlich nachgegangen und Lösungsansätze für gelingende Kooperation herausgearbeitet. Ansatzpunkte seien etwa mehr Partnerschaftlichkeit, der Ausgleich berufskultureller Differenzen im diskursiven Aushandlungsprozess oder das Gespräch und die Vereinbarung wechselseitiger Kooperationserwartungen.

Wesentlich und durch die konzise Darstellung beeindruckend ist der Überblick zu den Ergebnissen und Wirkungen von Schulsozialarbeit im neunten Kapitel. Hier kann Karsten Speck seine Expertise als empirisch Forschender durch eine Zusammenführung zahlreicher Studienergebnisse demonstrieren. Auf der Basis empirischer Untersuchungen weist er nach, dass „ein breites Spektrum an verschieden gut belegten und zum Teil widersprüchlichen Einzelbefunden zu Wirkungen und Wirkungszusammenhängen in der Schulsozialarbeit“ (S. 132) bestehen. Diese komplexe Datenlage führt ihn dazu, ein von ihm entwickeltes Wirkungsmodell vorzustellen, welches die vielfältigen Wirkungspotenziale und Zusammenhänge verdeutlicht.

Das zehnte Kapitel setzt diese empirische Ausrichtung durch die Betrachtung der Qualitätsentwicklung und Selbstevaluation in der Schulsozialarbeit fort. Nach einer kompakten Übersicht zur Genese der entsprechenden wissenschaftlichen bzw. öffentlichen Debatten referiert er den Stand seit Anfang der 2000er Jahre und geht im Überblick auf Verfahren und Instrumente der Qualitätsentwicklung ein.

Im elften Kapitel wird die Situation der Aus- und Fortbildung in der Schulsozialarbeit sowie die Palette entsprechender Fortbildungsmöglichkeiten als Teil eines Professionalisierungsprozesses beleuchtet. Abgerundet wird dieses Kapitel durch die Vorstellung der „Bestandteile eines Kerncurriculums zur Schulsozialarbeit“ (S. 154) für die Ausbildung künftiger Fachkräfte.

Mit der Überschrift „Aktuelle Herausforderungen“ wird die Zielsetzung des zwölften Kapitels anmoderiert. Speck stellt Potenziale der Entwicklung des Arbeitsfeldes vor und erläutert fünf konkrete Entwicklungsbereiche, worunter etwa die bessere finanzielle Absicherung der Schulsozialarbeit, die systematische Qualitätsentwicklung oder die Optimierung der Kooperation im Ganztagsschulbereich subsumiert werden. Ferner geht er auf mögliche Perspektiven der wissenschaftlichen Forschung ein und benennt relevante Desiderata.

Der umfangreiche Anhang steigert den Wert des Bandes als Einführungswerk in Lehrkontexten u.a. durch umfangreiche Prüfungsfragen zum Selbststudium oder ein 30-seitiges Literaturverzeichnis.

Diskussion

Die Schwäche der vierten Auflage liegt sicherlich in der Aktualität, da die Entwicklung im Bereich der Schulsozialarbeit in den einzelnen Bundesländern im zurückliegenden Jahrfünft rasch vorangeschritten ist: Multiprofessionelle Teams, rechtliche Verankerungen in der Landesgesetzgebung, die Ausweitung von Studienangeboten bis hin zu neuen Internetangeboten sollen als Stichpunkte genügen, um mögliche Aktualisierungsfelder zu verdeutlichen. Der Einführungsband von Karsten Speck beeindruckt weiterhin mit einer Materialfülle, einer fachlich fundierten Darstellung und einem konzisen Überblick über die Forschung. Jedoch ist dies alles auf dem Stand vor 2015, was den Informationswert des Bandes – gerade für Studierende und Einsteiger in die Thematik – etwas schmälert. Hier müsste eine eventuell angedachte fünfte Auflage in wenigen Jahren ansetzen, um auch zukünftig einen zeitgemäßen Eindruck des Arbeitsfeldes vermitteln zu können.

Fazit

Die vierte Auflage des Buches „Schulsozialarbeit. Eine Einführung“ bietet einen fachlich fundierten und sehr materialreichen Überblick über die Situation und die Aufgabengebiete der Schulsozialarbeit im deutschsprachigen Raum. Der Band ist erkennbar didaktisch angelegt und stellt durch Angebote wie Prüfungsfragen zu jedem Kapitel oder Übersichtstabellen zu wesentlichen Teilfragen der Schulsozialarbeit eine solide Prüfungsvorbereitung für entsprechende Studiengänge (etwa Bildungswissenschaft oder Sozialarbeit) dar. Jedoch bleiben die Angaben, Daten und vor allem die Literaturbasis des Einführungswerks auf dem Stand von 2014, was an einigen Stellen der Darstellung zu einer erkennbaren Überarbeitungs- und Aktualisierungserfordernis führt, um der Zielsetzung eines hohen Informationswerts als Lehrbuch für Ausbildung und Studium weiterhin gerecht werden zu können.

Rezension von
Dr. Torsten Mergen
Universität des Saarlandes, Fachrichtung 4.1
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Es gibt 43 Rezensionen von Torsten Mergen.

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ISSN 2190-9245