Marion Fleige, Julia Gassner et al.: Kulturelle Erwachsenenbildung
Rezensiert von Dr. Jutta Pauschenwein, 20.08.2021

Marion Fleige, Julia Gassner, Mareike Schams: Kulturelle Erwachsenenbildung. Bedeutung, Planung und Umsetzung.
wbv
(Bielefeld) 2020.
214 Seiten.
ISBN 978-3-7639-1207-0.
D: 34,90 EUR,
A: 35,90 EUR.
Reihe: Perspektive Praxis.
Thema
Dieses Buch bietet eine Auseinandersetzung mit dem Begriff „Kulturelle Erwachsenenbildung“ auf theoretischer und praktischer Basis.
Autorinnen
Marion Fleige leitet am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung, Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen, den Arbeitsbereich zur Programmforschung und Programmplanung. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Analysen zu Programmen/Planungshandeln, Lernkulturen und Institutionalformen in der Erwachsenenbildung und Weiterbildung.
Julia Gassner arbeitet als Bildungsmanagerin beim Volkshochschulverband Baden-Württemberg. Sie verantwortet den Programmbereich Kultur – Gestalten sowie die Querschnittsaufgabe Lehren und Lernen mit digitalen Medien und Qualitätsentwicklung.
Mareike Schams arbeitet als Fachreferentin für Kultur, Gesellschaft, Erwachsenenpädagogische Qualifizierung, Mitarbeiterfortbildung und Marketing/Öffentlichkeitsarbeit beim Verband der Volkshochschulen von Rhein-land-Pfalz e.V.
Aufbau
Das Buch enthält Vorbemerkungen, eine Einleitung und sechs inhaltliche Teile. Es schließt mit einem Kapitel zur Literatur sowie einer kurzen Zusammenfassung:
- Konzeptionelle Grundlagen der Kulturellen Erwachsenenbildung
- Verbände und Vertretungen der Kulturellen Erwachsenenbildung und deren Konzeptionen
- Der Bereich im Spiegel aktueller Forschungs- und Praxis-Entwicklungsprojekte
- Darstellungsraster für Kulturelle Erwachsenenbildung
- Wissensinseln und Handlungsformen in der Kulturellen Erwachsenenbildung
- Handlungsempfehlungen für eine professionelle Praxis in der Kulturellen Erwachsenenbildung
Inhalt
In der Vorbemerkung hält Richard Stang fest, dass sich die Kulturelle Erwachsenenbildung der standardisierten Vermessung von Bildungsprozessen entzieht.
Die Herausgeberinnen sehen in der Einleitung Kulturelle Bildung als einen Kernbereich der öffentlich geförderten Erwachsenenbildung und Weiterbildung neben vielen anderen Bereichen, die von beruflichen Bildungsthemen und Gesundheitsbildung über Angebote zur Persönlichkeitsbildung bis zu Möglichkeiten der Erlernung von Fremdsprachen reichen. Privat-kommerzielle Anbieter und betriebliche Weiterbildungsorganisationen ergänzen das öffentlich geförderte Angebot. Zielgruppe des Buchs sind Akteurinnen und Akteure in Einrichtungen der Kulturellen Erwachsenenbildung.
Teil 1 mit dem Titel Konzeptionelle Grundlagen der Kulturellen Erwachsenenbildung führt in das Thema ein. Die Arbeitsdefinition für den Begriff „Kulturelle Erwachsenenbildung“ umfasst die Aktivierung der Fähigkeiten Wahrzunehmen und Sich Auszudrücken, die Förderung individueller Perspektiven auf sich und die Welt sowie die Reflexion von kulturellen Erscheinungsformen. 2016 hatte der Bereich der Kulturellen Erwachsenenbildung einen Anteil von fast 15 % am Gesamtangebot öffentlich geförderter Träger (laut der Verbundstatistik). Aus einer Analyse der Teilnehmer*innen im Jahr 2015 zeigte sich, dass zwei Drittel der Erwachsenenbevölkerung mit Schulabschluss kulturelle Bildungsangebote annehmen, wobei Frauen in der Überzahl sind. Die didaktische und theoretisch rückgebundene Strukturierung der Angebote ist in Portalen zur Kulturellen Bildung abgebildet, wobei zwischen systematisch-rezeptiven, selbsttätig-kreativen und verstehend-kommunikativen Portalen unterschieden wird. Aktuelle Herausforderungen in der Kulturellen Bildung sind vielfältig und umfassen etwa den Anspruch Inter- und Transkulturelle Bildung als Teilaspekt Kultureller Bildung zu etablieren, oder sich lokalen Communities gegenüber zu öffnen, und auf jeden Fall Digitalisierung auf unterschiedlichen Ebenen einzuführen.
Teil 2 präsentiert Verbände und Vertretungen der Kulturellen Erwachsenenbildung und deren Konzeptionen, wobei Verbände aus dem Bereich der öffentlich geförderten Erwachsenenbildung und Weiterbildung sowie weitere Vertretungen und Unterstützungsstrukturen angeführt sind. Des Weiteren wird in diesem Teil auf den inhaltlichen Rahmen für Kulturelle Bildung aus der Perspektive der öffentlich geförderten Träger eingegangen.
Teil 3 widmet sich Praxis-Entwicklungsprojekten, Forschungsprojekten und Programmanalysen. Praxis-Entwicklungsprojekten ermöglichen es, innovative Konzepte auszuprobieren, die später in den Regelbetrieb übergehen sollen. Kurz angeführt sind eine Programmschiene zur Förderung bildungsbenachteiligter Kinder und Jugendlicher und das Projekt „Erweiterte Lernwelten“ zur Digitalisierung. Bei den dargestellten Forschungsprojekten geht es einerseits wieder um Digitalisierung bezogen auf Programmstrukturen und Programmplanungshandeln, andererseits um die berufliche Weiterbildung von Kunst- und Kulturschaffenden. Programmanalysen stellen eine ausgewählte Sicht auf den weit verzweigten Bereich der Kulturellen Erwachsenenbildung und die unterschiedlichen Arten von Trägern, Institutionen und Anbietern dar. Programmarchive bilden dafür eine wichtige Grundlage. Beispiele illustrieren die Festlegung geeigneter Kategorien sowie Entwicklungslinien aufeinander aufbauender Programmanalysen oder die Analyse ausgewählter Programmsegmente.
Teil 4 präsentiert einen für das Buch entwickelten Darstellungsraster für Kulturelle Erwachsenenbildung, welcher mit Beispielen aus der öffentlich geförderten Erwachsenenbildung gefüllt wird. Dieser Raster macht Angebote und Didaktik sichtbar und kann die Basis für Reflexion und Weiterentwicklung bilden. Er beinhaltet 16 Felder, darunter sechs organisatorische (wie Anbieter/in, Finanzierung, …), vier mit Informationen zum Rahmen (Format, Umfang, Anforderungen, Ressourcen) und sechs inhaltlich-reflektive (Titel, Kurzbeschreibung, Methoden, Gelingensfaktoren, Herausforderungen, Besonderheiten). Durch die Anwendung des Rasters geben ausgewählte Beispiele einen exemplarischen Einblick in die aktuelle Praxis der Kulturellen Erwachsenenbildung.
Teil 5 ermöglicht die Auseinandersetzung mit Wissensinseln und Handlungsformen in der Kulturellen Erwachsenenbildung. Wissensinseln der Planung nach von Gieseke umfassen die Entwicklung eines Programmbereichs sowie die konkrete Planung eines Halbjahres- oder Jahresprogramms. Wissensinseln enthalten die Bereiche der Themenfindung und -setzung, der Analyse von Bedarfen und Bedürfnissen, der Auslegung des Bereichs insgesamt, Ansprache und Gewinnung von Teilnehmer*innen, Auswahl der Kursleiter*innen, sowie Qualitätssicherung.
Teil 6 bietet Handlungsempfehlungen für eine professionelle Praxis in der Kulturellen Erwachsenenbildung. Praxisnah werden die strategische Auswahl von Kursleitenden, die Verfassung eines Ankündigungstextes, das Potenzial von Kooperationen mit anderen Institutionen und die Kursevaluation erläutert. Beispiele und Checklisten unterstützen Anwender*innen beim Einsatz. Inhalte der Didaktik und Überlegungen zu Lerngruppe Lernmethoden schließen diesen Teil ab.
Diskussion
Ziel des Buchs ist die Unterstützung der Akteur*innen und Forscher*innen der Kulturellen Erwachsenenbildung, wobei der Schwerpunkt auf dem Planungshandeln und der Angebotsentwicklung liegt. Diese umfassende Darstellung enthält viele Aufzählungen und organisatorische Hinweise sowie Beispiele. Für Leser*innen, die wie die Rezensentin nicht aus dem Fachgebiet sind und keinen Einblick in den deutschen Markt haben, ist die Vielfalt an Anbietern verwirrend und die Schwerpunktsetzung, etwa die ausführliche Darstellung der Programmanalysen, manchmal überraschend. Zusammenfassungen am Ende jedes Teils hätten eventuell mehr Klarheit geschaffen.
Für die Zielgruppe bietet das Buch eine theoretisch fundierte Arbeitshilfe und einen detaillierten Überblick über das Feld der Kulturellen Erwachsenenbildung. Ausgewählte Beispiele geben einen exemplarischen Einblick in die aktuelle Praxis, Schemata wie ein Darstellungsraster für Angebote oder das Modell der Wissensinseln in der Programmplanung können in der Praxis unterstützen.
Fazit
Dieses Buch bietet einen umfassenden Einblick in die Kulturelle Erwachsenenbildung aus theoretischer, organisatorischer und praktischer Perspektive. Je nach Bedarf können sich die Lesenden mit den Grundlagen, den Verbänden und Vertretungen in Deutschland, der Forschung, und der Angebots(weiter)entwicklung auseinandersetzen. Definitionen, Lektüretipps, Beispiele, Tabellen und Grafiken unterstützen die im Gebiet Arbeitenden.
Rezension von
Dr. Jutta Pauschenwein
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