Constantin Hruschka (Hrsg.): Genfer Flüchtlingskonvention
Rezensiert von Prof. Dr. Eckart Riehle, 23.02.2023

Constantin Hruschka (Hrsg.): Genfer Flüchtlingskonvention. Handkommentar. Nomos Verlagsgesellschaft (Baden-Baden) 2021. 500 Seiten. ISBN 978-3-8487-5562-2. 128,00 EUR.
Inhalt
Der Handkommentar erschließt das gesamte Recht der Flüchtlingskonvention. Die internationale Diskussion und Rechtsprechung zum Flüchtlingsbegriff, zum Refoulment und zur Rechtsstellung von Flüchtlingen werden auf dem aktuellen Stand aufgearbeitet. Fundiert macht der Kommentar deutlich, welcher Standard durch die GFK vorgegeben ist und welche möglichen Widersprüche sich zwischen GFK, dem Unionsrecht und dem nationalen Recht von Deutschland, Österreich und der Schweiz ergeben können. Insbesondere stellt er sich gegen die Tendenz, die in der GFK verankerten Mindest- als Höchststandards anzusehen.
Autoren und Autorinnen
An dem Kommentar haben 14 Bearbeiter und Bearbeiterinnen mitgewirkt, weitgehend aus dem Hochschulbereich, aber auch aus Ämtern und Verwaltungseinrichtungen. Der Herausgeber, Dr. Hruschka arbeitet am Max-Plank-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören das Asyl- und das Migrationsrecht.
Entstehungshintergrund
Dem Vorwort kann man entnehmen, dass dies einerseits der 70. Geburtstag der GFK vom Juli 1951 war, ein wirklich guter Anlass, zum andern eine Entwicklung, innerhalb der EU, die Rechte von Flüchtlingen spätestens seit 2016 auf das völkerrechtliche Minimum zu reduzieren und Flüchtlinge „als im Grundsatz ausreisepflichtige Personen“ zu konstruieren.
Das Flüchtlingsrecht befindet sich in einem permanenten Wandel. Diese rechtliche Entwicklung spiegelt auch die sich verändernde Umwelt im globalen Maßstab wieder. Also höchste Zeit für einen deutschsprachigen Kommentar, der damit ja auch das menschenrechtliche Wurzelwerkt des nationalen Asylrechts lebendig macht und in den Vordergrund stellt.
In der Einleitung wird als Ziel der Kommentierung angegeben, neben der allgemeinen Kommentierung der GFK, einen Schwerpunkt auf die Umsetzung in den drei großen deutschsprachigen Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz zu legen. Solche Länderteile finden sich aber nicht bei allen Einzelartikel (Rn 24–25). Länderteile werden immer angeführt, wenn sich aus der Natur der Bestimmung ein Umsetzungsspielraum für eine nationale Umsetzung ergibt (Rn 28).
In der Präambel wird zu Beginn geschildert, in welcher Weltsituation die GFK verabschiedet wurde, dass damals wie heute eine Bedürfnis bestand, die Situation von Personen zu regeln, welche nicht von einem Staat geschützt werden, also Flüchtlinge und staatenlose Personen.
Die Entstehungsgeschichte der GFK muss zwingend vor dem Hintergrund des zweiten Weltkrieges und den Bildern der Konzentrationslager verstanden werden, nicht anders als die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes. Damit verbunden war die Erkenntnis, dass frühere Flüchtlingskonventionen ihre Schutzfunktion nicht wahrnehmen konnten, dass es notwendig war, ein neues und breit angelegtes Schutzsystem zu schaffen, in einer „bipolaren Welt des Kalten Krieges“. In dieser Lesart ist die GFK „auch als menschenrechtliches Kampfinstrument des Westens gegen den Osten zu verstehen“ (Rn.5). Der Einleitung dient diese Entstehungsgeschichte der GFK zur Erklärung, warum in der europäischen Tradition Flüchtlingsschutz vor allem „als Schutz für Leib und Leben“ verstanden wird, während in der amerikanischen Dimension der Aspekt des Ansiedelns mit einer dauerhaften Bleibeperspektive vorherrscht. Die regionalen Unterschiede beim Flüchtlingsschutz, auch mit Blick auf Asien und Afrika, eine wichtige Lesehilfe, betont die Einleitung.
Diese historischen Erklärungen in der Einleitung sind für den Herausgeber auch ein Faktor „für die europäische Schlüssellochperspektive“, auf den Flüchtlingsschutz, mit der Betonung auf dem Verbot des Refoulment (Rn 7). Daraus erklärt sich auch, dass geplant war, eine Konvention zu verabschieden, welche den Schutz beider Personengruppen beinhaltet, der Flüchtlinge und der Staatenlosen. Diskutiert wurde, ob beide Beiche getrennt voneinander behandelt werden sollen oder gemeinsam. Im Vordergrund stand dann zunächst die Flüchtlingskonvention, welche drei Jahre vor dem Staatenlosenübereinkommen verabschiedet wurde. Ziel war eine möglichst rasche und praktische Verteilung von Flüchtlingen in Europa.
Der nächste rechtliche Schritt war dann die Resolution der UN-Generalversammlung von 1950, welche die Satzung des UNHCR zum Inhalt hatte. Erste Außenbüros des UNHCR wurden bereits 1951 in Deutschland und Österreich eröffnet. Mit der Verabschiedung der GFK vom 28.7.1951 erhielt der UNHCR seine jetzige rechtliche Grundlage. ES wurde damit auch geklärt, dass die Aufgabe des Flüchtlingsschutzes, was auch kontrovers war, eine nationale sein sollte.
Die Frage nach der Relevanz der GFK heute beantwortet die Präambel mit Blick auf die weltweite Zahl der registrierten Asylsuchende und Flüchtlingen. Die Bestimmungen der GFK sind self executing, d.h., unmittelbar anwendbar, die aber zugleich oft als Mindeststandard dienen, welche durch die völkerrechtliche Entwicklungen überholt wurden.
Die Präambel enthält 6 leitende Erwägungen:
Die erste bezieht sich auf die Satzung der Vereinten Nationen und die Allgemeine Erklärung der Menschen rechte, die bestätigen, dass Menschen ohne Unterschied die Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen sollen.
Die zweite Erwägung betont, dass die Organisation der Vereinten Nationen zum Ausdruck bringt, dass sie bemüht ist, den Flüchtlingen im größtmöglichen Umfang, die Ausübung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu sichern.
In der dritten Erwägungen wird zum Ausdruck gebracht, dass es wünschenswert ist, frühere rechtliche Regelungen zum Flüchtlingsschutz durch eine neue Vereinbarung erweitern.
In der vierten Erwägung wird klargestellt, dass eine befriedigende Lösung des Flüchtlingsproblems ohne internationale Zusammenarbeit nicht erreicht werden kann und in der 5. Erwägung wird der Wunsch formuliert, dass alle Staaten daran mitwirken, dass die internationale Lösung des Flüchtlingsproblems nicht zu zwischenstaatlichen Spannungen führen wird. Dem fügt sich abschließend die Erwägung und Hoffnung an, dass die Staaten mit dem hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge zusammen arbeiten und dass in diesem Sinne die GFK verabschiedet wurde. In dieser Erwägung wurde die Rolle des UNHCR angesprochen, dem die Aufgab obliegt, die Umsetzung der GFK zu überwachen.
Der Kommentar versucht, wie bereits wähnt, die Flüchtlingskonvention für den deutschsprachigen Raum erfahrbar zu machen. Die Kommentierung der GFK wird deshalb durch ihre Umsetzung in Deutschland, Österreich und der Schweiz praxisgeleitet ergänzt.
Aufbau
Der Handkommentar erörtert die 46 Artikel der GFK jeweils Artikel für Artikel. Den einzelnen Kommentierungen sind zu allen Normen jeweils die Übersetzungen der drei Länder vorangestellt. Diese Vorgehensweise wählte der Kommentar, da die Sprachfassungen teilweise erheblich voneinander abweichen, da zu ist zu berücksichtigen ist, dass keine der drei Sprachfassungen authentisch ist, sondern nur die englische und die französischen Fassung für die grammatikalisch Auslegung herangezogen werden dürfen (32). Der Kommentar muss daher die Schwierigkeit bewältigen, dass ein authentischer Konventionstext in zwei Sprachen vorliegt, die nicht in allen Fällen übereinstimmen.
Der Kommentierung der einzelnen Artikel, welche keineswegs in der formalen Gestaltung einheitlich ist, folgt nach einer kurzen Einleitung oder nach Darstellung der Funktion, des Kontext und der Bedeutung der Bestimmung, vielfach die Darstellung der Überschneidung mit anderen Normen, die Einzelerläuterung zum Artikel, dessen Bewertung und je nach Artikel ein Landesteil.
Inhalt
Die GFK wird zu Recht als Magna Charta des Flüchtlingsschutzes bezeichnet. Die Kommentierung rückt den immer wieder kontroversen Flüchtlingsbegriff in den Vordergrund (Art. 1), sowie das nicht weniger kontroverse Refoulmentverbot, das gerade innerhalb der EU vielfach missachtet wird (Art. 33). Damit rückt Art. 1 der zentrale Artikel der Konvention in den Vordergrund mit einem inhärenten Zusammenhang mit zu allen Artikel der GFK, die auf Einzelpersonen anwendbar sind.
Auf europäischer Ebene ist die Flüchtlingsdef. der GFK im Primärrecht verankert (Art. 78 Abs. 1 AEUV; Vertrag über die Arbeitsweise der EU).
Flüchtlinge sind Personen, deren Schutzanspruch in einem gerichtlichen Verfahren überprüft wurde und denen der Status als Flüchtling nah § 1 der GFK zuerkannt wird.
Die GFK wurde am 28.7.51 von der UNO Generalversammlung verabschiedet und ist bis jetzt von ca. 150 Staaten in das nationale Recht übernommen worden.
Das Ziel der GFK ist, was sich auch als Lektüreleitlinie durch den Kommentar verwenden lässt,
- zum einen die Ausgestaltung eines einheitlichen Flüchtlingsbegriffes
- den Rechtsanspruch auf Non Refoulment
- die Festlegung politischer und sozialer Rechtspositionen der Flüchtlinge.
Der Flüchtlingsbegriff, den die Autoren als „Herzstücke“ der Konvention verstehen, der in Art. 1 GFK festgelegt wird, umfasst fünf Tatbestandselemente.
- sich außerhalb des Herkunftsstaates befinden;
- Drohende Gefahr verfolgt zu werden;
- Abwesenheit staatlichen Schutzes durch den Heimatstaat;
- Anknüpfung an einen Konventionsgrund;
- Begründete Furcht verfolgt zu werden. Rn 37.
Die Flüchtlingseigenschaft ist deklaratorischer nichtkonstitutiver Art. d.h., wer die Tatbestandsmerkmale des Art. 1 Flüchtlingseigenschaft erfüllt, ist ab diesem Zeitpunkt Flüchtling, und hat das Recht so behandelt zu werden.
Erfordert ist dabei eine einheitliche Auslegung Rn 2, entsprechen der Konvention der „one true Meaning“, welche andererseits für die sozialen und politischen Elemente in der Entwicklung des Flüchtlingsbegriffes offen sein muss (QRL Qualifiktionsrichtlinie). Das gilt etwa auch für die Frage und Situation der Umwelt- oder Klimaflüchtlingen, deren Fluchtgrund zumeist von uns verursacht wurde.
Themen des Sozialen finden sich in Artikel 21 zum Wohnungswesen, in Art 22 zur öffentlichen Erziehung, in Art. 23 zur öffentlichen Fürsorge, zu Mindestsicherungssystemen und in Art 24für Fälle der Verwirklichung eines sozialen Risikos.
Die Prüfung der Flüchtlingseigenschaft, wird in der Kommentierung in einem zweistufigen Verfahren beschrieben. Liegen die Voraussetzungen des Flüchtlingsbegriffes vor, wird In einem zweiten Schritt geprüft, ob einer der Ausschlussgründe nach Art. 1 Buchstabe B- F. vorliegt. Dabei ist zwischen der Flüchtlingseigenschaft, welche auf der GFK beruht und dem Asylstatus, der in Deutschland im nationalen Recht liegt, zu unterscheiden.
Die Gefahr verfolgt zu werden, muss nach dem Kommentar verstanden werden als eine „schwere Menschenrechtsverletzung, gegen die kein staatlicher Schutz besteht“ (Rn.4). Ob Verfolgung vorliegt bestimmt sich auch nach subjektiven Kriterien, nach der Wirkung der objektiv festzustellenden Menschenrechtsverletzung auf die individuell betroffenen Personen. Subjektive und objektive Faktoren ergänzen sich dabei (Rn 53). Je höher das verletzte Menschenrecht, desto geringer die Anforderungen an subjektive Elemente.
Flüchtling ist aber nur, wer den staatlichen Schutz nicht in Anspruch nehmen kann. Es kommt dabei auf zwei Elemente an, einerseits die Schutzwilligkeit des Staates, anderseits auf seine Fähigkeit, Schutz bieten zu können. Dazu gehört, die Möglichkeit, Zugang zum Schutz zu haben muss möglich, und seine Inanspruchnahme muss zumutbar sein.
Das ist nicht der Fall, wenn sich der Betroffene im Fall einer Strafanzeige der Gefahr weiterer Verfolgungsmaßnahmen aussetzen würde (Rn 68).
Unter einem internen Schutz wird verstanden, wenn es im Herkunftsland Landesteile gibt, in denen die Person verfolgungssicher und der Staat schutzfähig ist.
Die GFK führt 5 Gründe an, an welchen die Gefahr verfolgt zu werden anknüpft, Flüchtling ist damit, wer aus einem dieser Gründe in der Gefahr lebt verfolgt zu werden.
- Das ist der Begriff der Rasse und Nationalität, der sich auf die Abstammung bezieht. Nationalität als Zugehörigkeit zu einer ethnischen, zu einer kulturellen Gruppe.
- Der Konventionsgrund der religiösen Verfolgung stellt auf den Glauben ab, dabei ist der Konventionsgrund nicht auf anerkannte Religionen beschränkt. Da der Begriff der Religion weit auszulegen ist, ist im Wesentlichen nicht die religiöse Überzeugung maßgeblich, vielmehr die Frage der Intensität des Eingriffs, ob „ein hinreichend schwere Verfolgungshandlung droht“( 88).
- Ein weiterer Anknüpfungspunkt ist die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Nach Ansicht der Autoren ist dabei der „ protected characteristics approach“ überzeugend, der die Gruppe durch diskriminierungsrechtlich verpönte Eigenschaft definiert, (94) nicht wie ein alternativer Ansatz durch das Vorhandensein eines menschenrechtlich geschützten unverzichtbaren Merkmales. Der vom EGH propagierte kumulative Ansatz stelle, so die Autoren, eine unzulässige Einengung der völkerrechtlichen Flüchtlingsdefinition dar.
- Unter den Anknüpfungspunkt Politische Überzeugung, fallen alle Handlungen, die mit der Erhaltung und Gestaltung des Staates und des Gemeinschaftswesens zusammenfallen.
- Flüchtling ist nur, wer wegen eines Konventionsgrundes der Gefahr ausgesetzt ist, verfolgt zu werden. Das fordert unvermeidlich eine Prognoseentscheidung ein, ob der betroffenen Person bei Rückkehr die Gefahr der Verfolgung droht.Dabei hat die Schutzsuchende Person, praktisch wichtig und vielfach missachtet als Flüchtling zu gelten, bis feststeht, dass sie kein Flüchtling ist (111). Es ist Aufgabe der Amtsermittlungspflicht, so zutreffend die Kommentierung, der Behörden und Gerichte, dies zu klären.
Art. 1 Buchstabe B – F führen wie erwähnt Gründe an, warum eine Person die nach den Bestimmungen des Buchstabens A als Flüchtling gilt, sich darauf nicht berufen kann.
Das sind nach Buchstabe C Personen, die aufgehört haben ein Flüchtling zu sein, die sich freiwillig etwa wieder unter den Schutz des Heimatlandes gestellt haben, oder aufgrund der Beendigung der fluchtbegründenden Umstände.
So kann nach Buchstabe F die Bestimmungen der GFK nicht auf Personen angewendet werden, „die bestimmte schwerwiegende Verbrechen begangen haben“. Damit sind Personen von der Flüchtlingseigenschaft ausgeschlossen, die ein Verbreche gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbreche gegen die Menschlichkeit begangen haben.(166)
Art 31legt fest und bildet zusammen mit dem Gebot des Non-Refoulment den Kern des internationalen Flüchtlingsrecht, um fluchtsuchenden Personen, die Flucht wirksam zu ermöglichen, und ermöglicht so, den Zugang zu Staaten mit effektiven Schutzsystemen, indem keine Peron welche die Flüchtlingseigenschaft hat bestraft werden kann, wegen illegaler Einreise oder illegalem Aufenthalt. Das gilt für Konventionsflüchtlinge, aber auch für Asylsuchende während des laufenden Feststellungsverfahrens. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Einreise alleine oder mit Hilfe von Schleppern erfolgte. (9). Dabei enthält Art. 31 ein Bestrafungsverbot nur für Flüchtlinge, „die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, indem ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne von Art. 1 bedroht waren“. Kontrovers ist damit die Frage, wie das Unmittelbarkeitskriterium zu verstehen und anzuwenden ist.
Für den Kommentar spielt nach der Rspr. des BVerfG, hierbei die Frage der Aufenthaltslänge in einem Drittstaat, die Gründe für den Aufenthalt bzw. für den Abbruch des Aufenthalts eine Rolle (28).
Die unrechtmäßige Einreise umfasst auch den Vorgang des illegalen Grenzübertritts. Nach überzeugender Auffassung sind davon nicht nur erfolgreiche Einreisevorgänge umfasst, vielmehr auch solche, in denen die einreisende Personen von staatlichen Organen an der Einreise gehindert wird, etwa bei Kontrollen außerhalb des eigenen Staatsgebiete, wobei die physische Präsenz der Person im Hoheitsgebiet des Staates vorausgesetzt wird.
Art. 31 Abs. 2 ermächtigt die Vertragsstaaten, bei Flüchtlinge, die unrechtmäßig eingereist sind, Maßnahmen zur Beschränkung ihrer Bewegungsfreiheit zu erlasen (59). Dabei müssen diese Beschränkungen jedoch als notwendig erachtet werden. Zu beachten sind auch die Vorgaben der EMRK, deren Art. 5 das Recht auf persönliche Freiheit schützt wobei beurteilt werden muss, ob eine Maßnahme eine Freiheitsentziehung oder lediglich eine freiheitbeschränkende Maßnahme darstellt, bei der Art. 5 nicht einschlägig ist
Art. 32 regelt di Ausweisung der Flüchtlinge, die sich rechtmäßig aufhalten und sieht vor „dass eine solche aus Gründen der Staatssicherheit oder der öffentlichen Ordnung erfolgen kann“ (1). So soll Flüchtlingen, die sich rechtmäßig aufhalten eine höhere Aufenthaltssicherheit gegeben werden, als durch das Refoulmentverbot des Art. 33 vermittelt.
Art. 33 umfasst das flüchtlingsrelevante Refoulmentverbot. Es umfasst das Verbot, einen Flüchtling an einen Ort zurückzuschicken, an dem er oder sie Verfolgung befürchtet. Ein Mindestmaß des völkerrechtlichen Flüchtlingsschutzes. Es gilt jedoch, wie sich aus Ab. 2 ergibt, nicht absolut.
Bei dem Refoulmentverbot handelt sich um eine Norm des Völkergewohnheitsrechts, ob es sich dabei um eine zwingende Norm des Völkerrechtshandelt ist umstritten( 2).
Auch menschenrechtliche Verträge, wie etwa der IPbpR enthalten Refoulmentverbote, so enthält etwa die UN- Antifolterkonvention nach Art. 3 ein Refoulmentverbot, wenn die Gefahr droht, dass die betroffene Person dort gefoltert werden kann.
Das Refoulmentverbot spielt eine erheliche Bedeutung in der EMRK. Abgeleitet aus Art. 3 EMRK. Art 33 GFK umfasst alle Personen, die Flüchtlinge nach Art 1 A sind, unabhängig von der Rechtmäßigkeit ihre Aufenthaltes (44). Art 33 verbietet nicht nur die Überführung in das Herkunftsland, sondern auch in jeden Staat, in welchem die Person verfolgt werden kann.
Eine Rückweisung ist auch verboten, wenn sie die Gefahr einer Kettenabschiebung mit sich bringt. Dabei muss die drohende Verfolgung an flüchtlingsrelevante Gründe anknüpfen.
Diskussion
Wer Adressat des Handkommentars von 900 Seiten ist, bei einem Gesetz von 38 Artikel, lässt der Kommentar offen. Aber sicherlich wird man dazu die mit dem Asyl- und Flüchtlingsrecht professionell befassten Juristen, Anwälte und Anwältinnen und weitere Rechtsberater nennen dürfen, für welche die Landesteile wertvolle Hinweise geben. Etwa bei Art. 33 zu § 60 Abs. 5 AufenthaltG, der auf die EMRK verweist. 5 Kommentierungen besticht in der Regel durch die Markierung kontroverser Positionen, Meinungen zu den einzelnen Artikel, machen deutlich welche Interpretationsbreite teilweise gegeben ist und beziehen zumeist auch klare Positionen. Das ist erfrischend und hilfreich zugleich.
Den einzelnen Artikel sind vielfach umfangreiche Literaturlisten beigefügt, und umfangreiche Hinweise auf Rspr, bei Art. 1 sind dies 498 Fußnoten, bei Art. 33 279.
Art. 19 – 22 enthält ein Literaturverzeichnis, welches für den gesamten Handkommentar gilt. Die Kommentierung fügt den je einzelnen Artikel in der Regel in die Verbindung seines juristischen Netzes ein, d.h. in seine Verbindung zu anderen Regelungen der GFK und insbesondere in seine Verbindung zu an anderen menschrechtlich relevanten Rechtskomplexen.
Mit dem Hinweis auf die „europäische Schlüssellochperspektive“, wird auch der Blick auf die vielfältigen internationalen und regionalen Unterschiede für den Leser, wie den Rezesenten produktiv eröffnet. Jede einzelne Kommentierung ergibt einen grundlegenden Einblick in die Gestaltung der GFK, auch wenn die vielfältigen Querverweise vernachlässigt werden.
Gerade wegen seiner grundlegenden Bedeutung auch als Einführung in die GFK, und als Hinführung zu ihrer Anwendung wäre es wünschenswert, den Gebrauchswert jedenfalls für die Nutzer welche nicht professionelle Juristen sind zu verstärken. Das wäre möglich etwa durch vielfältigere Beispiel zu einzelnen Regelungen, aber auch durch Muster und Schaubilder, etwa zu Art. 1, 23. 24 und 33. Aber man beachte, kein Kommentar kann perfekt sein. Aber nützlich und hilfreich ist der Kommentar in jedem Fall und wir damit jedem nahegelegt, der in diesem Bereich arbeitet. Geduld und Engagement wird vorausgesetzt.
Fazit
Diese 1. Auflage einer Kommentierung der GFK in deutscher Sprache, ist eine erhebliche und wichtige Hilfe für jeden, der in diesem Rechtsbereich in welcher Funktion auch immer arbeitet. Er zieht jeden in Bann, der in der Kommentierung erkennt, in welchem Maße das nationale Deutsche Flüchtlingsrecht und auch jenes der EU, in der GFK seine historischen Wurzeln und seine menschenrechtliche und Bedeutung hat.
Rezension von
Prof. Dr. Eckart Riehle
em. Professor für öffentliches Recht und Sozialrecht an der Fachhochschule Erfurt. Rechtsanwalt, Karlsruhe
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