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Oliver Lauxen: Unterstützung pflegender Angehöriger

Rezensiert von Prof. Dr. habil. Gisela Thiele, 23.04.2021

Cover Oliver Lauxen: Unterstützung pflegender Angehöriger ISBN 978-3-86321-545-3

Oliver Lauxen: Unterstützung pflegender Angehöriger durch ambulante Pflegekräfte. Professionelles und bedarfsgerechtes Handeln. Mabuse-Verlag GmbH (Frankfurt am Main) 2021. 172 Seiten. ISBN 978-3-86321-545-3. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 37,50 sFr.
Reihe: Mabuse-Verlag Wissenschaft - 122 .

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Thema und Autor

Pflegekräfte in ambulanten Diensten tragen zur Stabilisierung häuslicher Pflegearrangements bei. Dabei interagieren sie mit pflegenden Angehörigen, die oftmals selbst gesundheitlich beeinträchtigt sind. Oliver Lauxen untersucht, inwieweit es Pflegekräften gelingt, Unterstützungsbedarfe der pflegenden Angehörigen im Einzelfall zu erkennen und geeignete Hilfe zu leisten. Er arbeitet auf Grundlage von Interviews mit Pflegekräften unterschiedliche Rollenverständnisse heraus und beschreibt die Breite und Bedarfsgerechtigkeit ihres Handlungsrepertoires sowie die Wissensquellen, auf die sie sich stützen.

Der Autor des Fachbuches ist, Oliver Lauxen, Altenpfleger und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Die vorliegende Publikation beruht auf einer Promotion des Autors an der Privaten Universität Witten/​Herdecke und ist professionssoziologisch angelegt.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist nach einer Einleitung in sechs weitere Kapitel mit Unterkapiteln in unterschiedlicher Länge gegliedert.

In der „Einleitung“ werden das Anliegen der Publikation und die Inhalte der folgenden Kapitel kurz umrissen. Die Arbeit im Pflegedreieck mit Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen sei eine Besonderheit der ambulanten Pflege.

Das erste Kapitel ist mit „Hintergrund und Problemstellung“ überschrieben. Einer Studie zufolge würden ca. 7 % der erwachsenen Bevölkerung einen pflegebedürftigen Angehörigen in ihrer Häuslichkeit pflegen. Zu zwei Drittel sind es Frauen im Alter von 50 bis 70 Jahren, wobei die Mehrzahl die Pflege nicht allein, sondern mit einem ambulanten Pflegedienst und informeller Unterstützung diese Aufgabe übernimmt. Pflegekräfte würden bei pflegenden Angehörigen eine Überforderung mit der Versorgung wahrnehmen, 55 % hätten psychische und 39 % körperliche Probleme (S. 17).

Im zweiten Kapitel „Theoretischer Bezugsrahmen“ werden drei theoretische Stränge miteinander verbunden – die Strukturlogik professionellen Handelns nach Oevermann, das Lebensweltkonzept und das Trajektory-Work-Modell nach Corbin & Strauss. Bei Letzterem werde das Bewältigungshandeln als lebensweltlich orientiert betrachtet und das Pflegearrangement sei auf das durch Krankheit irritierte und bedrohte Leben und nicht primär auf die Krankheit ausgerichtet. Die übergeordnete Fragestellung der Dissertation sei: In welcher Weise kombinieren Pflegekräfte in der ambulanten Pflege pflegewissenschaftliches Pflegewissen und hermeneutisches Fallverstehen in Interaktionen mit pflegenden Angehörigen?

Das dritte Kapitel ist dem „Methodisches Vorgehen“ gewidmet. Es wurde die Methode des problemzentrierten Interviews gewählt, in denen die Pflegekräfte ihre Interaktionen beschreiben und reflektieren sollten. Die Auswahl der interviewten Pflegekräfte sollte möglichst heterogen sein was das Alter, das Geschlecht oder die Berufserfahrung sowie die Qualifikation betrifft. Am Anfang der Befragung stand eine Fallvignette, die vom Auftraggeber der Studie entwickelt wurde, die vorgelesen wurde. Das Gleiche erfolgte in einer zweiten Interviewwelle mit einem noch problematischeren Fall. Das Datenmaterial wurde nach Mayring ausgewertet.

Das weitaus umfangreichste Kapitel ist das Vierte „Ergebnisse der empirischen Untersuchung“, das 60 Seiten umfasst. Aus dem Datenmaterial ließen sich drei unterschiedliche Rollendefinitionen in Beziehung zu pflegenden Angehörigen ableiten.

  1. Eine rein patientenorientierte mit der fast ausschließlichen Fokussierung auf die Pflegebedürftigen,
  2. eine patientenorientierte mit systematischer Perspektive, in der die Angehörigen eine Rolle spielen und
  3. eine patientenorientierte Rollendefinition mit erweiterter Perspektive, die zwischen den beiden anderen Rollendefinitionen angesiedelt sind.

Mit Auszügen der Interviewten werden diese drei Typen in ihren Interaktionen herausgearbeitet.

Es folgt ein weiteres Kapitel zur „Diskussion und Einordnung der Ergebnisse“. Es wurden 19 Pflegekräfte in zwei Interviewwellen dazu befragt, wie sie ihre Rolle in Bezug auf pflegende Angehörige definieren, über welches Handlungsrepertoire sie verfügen und auf welche Wissensquellen sie dabei zurückgreifen. Ein wichtiges Ergebnis ist, dass sie nicht auf pflegewissenschaftliches Regelwissen zurückgreifen, sie werten dieses direkt ab. Danach werden die drei Typen genauer charakterisiert und deren Aussagen werden inhaltlich interpretiert.

Diskussion

Es ist eine Dissertation, die nach dem normalen methodischen Regelwerk verfasst wurde, was die Validität und den Feldzugang betrifft. Der theoretische Tiefgang ist zumindest fragwürdig, auch was die doch sehr begrenzte zentrale Fragestellung betrifft und es gibt eklatante methodische Probleme bei der Bewältigung der Arbeit.

So werden die drei genannten Typen einfach genannt, ohne dass die Kategorisierungen der Auswertung des Datenmaterials genannt werden. Auch sind die Mehrfachfragen, die der Interviewer den Befragten stellt, nicht zulässig, denn auf eine Frage kann nur eine Antwort erfolgen. Ein Beispiel auf Seite 83 soll das verdeutlichen. Woher wissen Sie, dass es diesen Bedarf gibt nach Entlastung oder dass pflegende Angehörige häufig überfordert sind? Und die Gefahr dann, woher wissen Sie das? Haben Sie das irgendwie gelernt? Auf solche verwirrenden Fragen kann es nur diffuse und keine zielgerichteten Antworten geben.

Die drei theoretischen Stränge, die der Arbeit als theoretische Grundlage dienen, sind oberflächlich ausgearbeitet und spielen bei der Auswertung der Daten eine nur geringe bis gar keine Rolle.

Fazit

Die Interviewausschnitte sind - trotz der beschriebenen Mängel - interessant und lesenswert und geben auch teilweise recht gute Verallgemeinerungen zur Thematik. Wer sich in das Feld der ambulanten Pflege mit ihren sehr unterschiedlichen Anforderungen einführen lassen will, dürfte das als lohnende Lektüre empfinden.

Rezension von
Prof. Dr. habil. Gisela Thiele
Hochschule Zittau/Görlitz (FH)
Berufungsgebiete Soziologie, Empirische Sozialforschung und Gerontologie
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Zitiervorschlag
Gisela Thiele. Rezension vom 23.04.2021 zu: Oliver Lauxen: Unterstützung pflegender Angehöriger durch ambulante Pflegekräfte. Professionelles und bedarfsgerechtes Handeln. Mabuse-Verlag GmbH (Frankfurt am Main) 2021. ISBN 978-3-86321-545-3. Reihe: Mabuse-Verlag Wissenschaft - 122 . In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28075.php, Datum des Zugriffs 09.12.2024.


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