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Hans-Walter Kranert, Roland Stein: Berufliche Bildung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung

Rezensiert von Dipl. Soz.-Päd. (FH) Mathias Stübinger, 17.09.2021

Cover Hans-Walter Kranert, Roland Stein: Berufliche Bildung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung ISBN 978-3-7639-6251-8

Hans-Walter Kranert, Roland Stein: Berufliche Bildung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Evaluation der harmonisierten Bildungsrahmenpläne. wbv (Bielefeld) 2021. ISBN 978-3-7639-6251-8. 44,90 EUR.
Reihe: Teilhabe an Beruf und Arbeit.

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Thema

Das bundesweit hochdifferenziert ausgebaute, vielschichtige System der Werkstätten für Menschen mit Behinderung besteht aktuell aus knapp 700 Hauptwerkstäten mit etwa 3000 unterschiedlichen Betriebsstätten; derzeit werden in Werkstätten etwa 30.000 Beschäftigte im Berufsbildungsbereich ausgebildet und ca. 270.000 Beschäftige im Arbeitsbereich in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und Aufgabenbereichen eingesetzt; knapp 20.000 Menschen im nicht sozialversicherten Förderbereich beschäftigt (vgl. https://www.bagwfbm.de/page/24).

Im fachlichen Diskurs um Fragen der Inklusion von Menschen mit Behinderung und die nicht zuletzt im Grundgesetz verankerten Menschenrechte – Selbstbestimmung, Gleichbehandlung, Antidiskriminierung usw. – geraten Werkstätten für Menschen mit Behinderung immer wieder in den Fokus teils harscher Kritik (vgl. z.B. den aktuellen – von Heinrich Greving und Ulrich Scheibner herausgegebenen – Sammelband zur Sonderwelt und Subkultur der Werkstätten für behinderte Menschen); in ihrem gemeinsamen Beitrag bemängeln die beiden Herausgeber u.a. dass diese Einrichtungen eben gerade nicht primär „für“ die Adressatinnen und Adressaten gestaltet sind, sondern eher die Zielperspektiven verfolgt werden, Menschen mit Behinderung arbeitsmarktpolitisch zu separieren, Benachteiligungen der Betroffenen zu verschleiern und/oder über die besondere Finanzierungsstruktur der Werkstätten gewinnbringende ökonomische, soziale und werbemäßige Vorteile zu erreichen (vgl. Greving/​Scheibner 2021: S. 65 ff. und S. 74 ff.).

Ungeachtet der selbstverständlich in aller Offenheit zu führenden Diskussion um die bestehenden (und sicherlich an vielen Stellen zu reformierenden) Strukturen sollte nicht vergessen werden, dass Werkstätten – wenn auch in einem besonderen Setting – Menschen mit Behinderung eben durchaus einen Zugang zu vielschichtigen Beschäftigungsmöglichkeiten im Arbeitsleben ermöglichen und somit auch das Recht auf berufliche Bildung für diese spezifische Zielgruppe einlösen (vgl. S. 12).

Zum Aufgabenspektrum von Werkstätten für Menschen mit Behinderung gehört – neben dem Angebot individualisierter Beschäftigungsmöglichkeiten – eben gerade auch der klare Bildungsauftrag gegenüber den Adressatinnen und Adressaten; Umsetzung erfährt dieser zielgerichtete Bildungsauftrag u.a. durch die systematisierte Entwicklung so genannter „harmonisierter“ Bildungsrahmenpläne.

Die vorliegende Publikation stellt ein erstes, umfassendes Forschungsprojekt zur Bedeutung solcher harmonisierten Bildungsrahmenpläne für berufliche Bildungsprozesse in Werkstätten für Menschen mit Behinderung vor; gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung untersuchen die beteiligten Wissenschaftler gemeinsam mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für Menschen mit Behinderung e.V. (BAG WfbM) Perspektiven der beruflichen Qualifizierung von Menschen mit Behinderung; es wird – so die Autorinnen und Autoren – dabei versucht, einen möglichst umfassenden Bogen um dieses junge Feld der Beruflichen Bildung in Werkstätten zu spannen (S. 12).

Der Forschungsbericht erscheint als zweiter Band der Schriftenreihe „Teilhabe an Beruf und Arbeit“ bei wbv Media GmbH & Co. KG, Bielefeld.

Autoren und Autorin:

Hans-Walter Kranert lehrt als Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Sonderpädagogik V am der Julius-Maximilian-Universität Würzburg; die Arbeits- und Forschungsschwerpunkte des Diplom-Pädagogen/​Sonderschullehrers werden im Text vor allen Dingen in den Bereichen Arbeit und Beruf bei Behinderungen und Benachteiligungen angegeben.

Prof. Dr. Roland Stein lehrt an der Julius-Maximilian-Universität Würzburg und befasst sich – neben den Kontexten Arbeit und Beruf bei Menschen mit Behinderung – mit der Theoriebildung zu Verhaltensstörungen, der sonderpädagogischen Beratung oder der kulturellen Bildung benachteiligter Personengruppen.

Anna Riedl verfügt über einen Masterabschluss in Sonderpädagogik und ist aktuell als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt; sie ist ebenfalls am Lehrstuhl für Sonderpädagogik V an der Universität Würzburg tätig.

Aufbau und Inhalt

Nach einem kurzen Vorwort und einem Abstract der vorliegenden Publikation skizzieren die Verfasser:innen in Kontext einer kompakten Einleitung die – sich aus den zentralen Aufgabe der Werkstätten für Menschen mit Behinderung abzuleitende – Relevanz des Thema’s und den Aufbau des folgenden Forschungsberichtes.

In – erneut sehr knapp gehaltenen Ausführungen – beschreiben die Autor:innen im 2. Kapitel: Bildungsrahmenpläne in Werkstätten; hier werden organisatorische Aspekte der beruflichen Bildung für Menschen mit Behinderung ebenso thematisiert, wie die Einbindung der Leistungsträger, der Teilnehmenden und/oder der entsprechenden Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung.

Im Folgenden wird Das Projekt „Evaluation harmonisierter Bildungsrahmenpläne“ kurz anhand der Projektziele und der Projektumsetzung eingeführt; als wesentliche Zielperspektive der BAG WfbM wird die Förderung einer Individualisierung und Personenzentrierung Beruflicher Bildung benannt; die Vergleichbarkeit, Vereinheitlichung und Systematisierung von Bildungsleistungen in Werkstätten soll erhöht werden und ggf. schon vorhandene Standards der (dualen) Berufsausbildung und die Anschlussfähigkeit an den Arbeitsbereich der Werkstätten und/oder den allgemeinen Arbeitsmarkt gestärkt werden; als Hauptziel der wissenschaftlichen Begleitung des Forschungsvorhabens gilt es herauszustellen, wie individualisierte Berufliche Bildung anhand der harmonisierten Bildungsrahmenpläne auch tatsächlich umgesetzt wird; dies soll in entsprechende Handlungsempfehlungen für die Praxis überführt werden (vgl. S. 23).

Das 4. Kapitel ist dem Evaluationsdesign des Forschungsprojektes gewidmet; im Kern der sowohl formativen wie auch summativen Evaluation werden vier zentrale Forschungsfragen bearbeitet (vgl. S. 30):

  1. Welches Verständnis von beruflicher Bildung findet sich in Werkstätten?
  2. Welchen spezifischen Zielgruppen stellt sich der Berufsbildungsbereich der Werkstätten mithilfe eines individualisierten Bildungsangebotes auf der Grundlage harmonisierter Bildungsrahmenpläne?
  3. Welche strukturellen und prozessorientierten Rahmenbedingungen hält der Berufsbildungsbereich in Werkstätten vor, um ein individualisiertes und zielgerichtetes Lernen von Menschen mit Behinderung zu ermöglichen?
  4. Welche individuellen Bildungsverläufe bzw. Bildungsergebnisse können aufgrund eines Qualifizierungsangebotes auf der Grundlage von harmonisierten Bildungsrahmenplänen bei den teilnehmenden Menschen mit Behinderung identifiziert werden?

Nachvollziehbar beschreiben die Autor:innen die Gesamtstruktur des Untersuchungsdesigns (Evaluationsphasen/​Methodik und Vorgehen der wissenschaftlichen Begleitung/​Evaluationsinstrumente etc.); zur Analyse der beruflichen Bildungsprozesse wird ein grundlegendes Rahmenmodell skizziert und herangezogen, auf das im Weiteren stets zum Abschluss bestimmter Themenfelder Bezug genommen wird; als Untersuchungssample zur Datenerhebung werden 20 Werkstätten für Menschen mit Behinderung ausgewählt sowie eine Vergleichsgruppe von fünf weiteren Einrichtungen herangezogen; je Standort wurden ca. 20 Menschen mit Behinderung aus mindestens zwei Berufsfeldern in die Evaluation eingebunden; nicht zuletzt die vielen beteiligten Organisationen und Beschäftigten verdeutlichen den Umfang und die Bedeutung der durchgeführten Untersuchung für die BAG WfbM und die Forschenden.

Das zentrale 5. Kapitel gibt einen detailreichen, umfassend aufbereiteten Einblick in Forschungsstand und Evaluationsergebnisse; die entsprechenden Unterkapitel/​Themenfelder der Evaluation sind stets unterteilt in die Darstellung von

  • Forschungsstand (jeweils in Form kompakter Einführungen)
  • Evaluationsergebnisse
  • Einordnung in das Rahmenmodell

Berufliche Bildung (Kapitel 5.1) untersucht neben – dem Bereich einer Berufsausbildung – die vielschichtigen Perspektiven, wie Menschen dabei unterstützt und begleitet werden können, sich selbstständig und ganzheitlich mit sich selbst und der Welt auseinander zu setzen; sich Wissen anzueignen und entsprechend Lebenswelten zu gestalten; in Werkstätten soll dieser Zielperspektive vor allen Dingen im Berufsbildungsbereich Rechnung getragen werden, wo im Kontext eines breit angelegten Bildungskonzepts die personale Entwicklung der Beschäftigten gefördert und berufliche und lebenspraktische Tätigkeiten planmäßig für den Arbeitsbereich aber eben auch den allgemeinen Arbeitsmarkt unterstützt werden.

Zielgruppe – Individualisierung und Binnendifferenzierung (Kapitel 5.2) befasst sich mit der Identifikation der Zielgruppe und der Bewertung der heterogenen Bedürfnisse des zugangsberechtigten Personenkreises zum Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung; neben der unverändert großen Gruppe der Menschen mit geistiger Behinderung werden dabei zunehmend Menschen mit psychischer Erkrankung/​Behinderung als Personenkreis der Bildungsangebote identifiziert.

Bildungsrahmenpläne und Berufliche Bildung (Kapitel 5.3) ist dem Vergleich von Maßnahmen der Einrichtungen gewidmet, die (schon) harmonisierte Bildungspläne – im Sinne der BAG WfbM – anwenden und/oder (eigene) lokale Programme nutzen; insbesondere steht die Frage im Fokus, inwieweit die harmonisierten Bildungspläne hier eine stärkere Orientierung an der „Regel“-Ausbildung des allgemeinen Arbeitsmarktes ermöglicht.

Bildungsrahmenpläne – strukturelle und prozessorientierte Rahmenbedingungen (Kapitel 5.4) vermittelt die Evaluation der strukturellen, gegenständlichen und verfahrenstechnischen, personellen Einflussfaktoren auf Bildungsangebot von Werkstätten; das Forschungsinteresse gilt hier sowohl dem Bildungspersonal (mit seinen unterschiedlichen Kompetenzprofilen), unterschiedlichen Bildungsmodellen wie auch Fragestellungen des Lehrens und Lernens.

Bildungs- und Entwicklungsverläufe (Kapitel 5.5) skizziert – aus verschiedenen Blickwinkeln und über entsprechende Fallstudien – die Perspektive der Beschäftigten hinsichtlich ihres individuellen Bildungserfolges; ein spezielles Interesse gilt der Darstellung von Bildungsergebnissen in Form entsprechender Zertifikate.

Zu allen Themenfeldern des 5. Kapitels werden – wie geschrieben – neben sehr kompakt aufbereiteten theoretischen Impulsen umfassende Darstellungen der Untersuchungs-/​Evaluationsergebnisse (auch über Auszüge aus den geführten Interviews) vorgenommen; durch die sorgfältig editierte Aufbereitung der Ergebnisse/​Erkenntnisse entsteht ein guter Eindruck von Umfang/​Detailliertheit aber auch den gegeben Begrenzungen im Forschungsvorhaben; bewusst kurz gehaltene Zwischenfazit erleichtern einen schnellen Zugang zu einzelnen Aspekten bzw. Erkenntnissen der Untersuchung; die jeweils die Kapitel abschließende Einordnung in das von den Autor:innen entwickelte Rahmenmodell ist teilweise doch sehr kompakt skizziert.

Im Kapitel Diskussion und Empfehlungen bemühen sich die Verfasser:innen, die zentralen Erkenntnisse zusammenfassend und bewertend in Bezug zu den vier handlungsleitenden Forschungsfragen zu setzen; Hans-Walter Kranert, Roland Stein, Anna Riedl sehen hier in den Werkstätten ein breites Bildungsverständnis verankert und erleben die notwendige Individualisierung von Bildungsangeboten nachvollziehbarerweise als Herausforderung; trotz zunehmender Heterogenität der Zielgruppe scheinen harmonisierte Bildungsrahmenpläne positive Lernerfahrungen zu ermöglichen; im Kontext struktureller und prozessorientierter Rahmenbedingungen betrachten die handelnden/​beteiligten Akteure die vorgenommene/​angestrebte Harmonisierung von Bildungsrahmenplänen durchaus als ambivalentes Spannungsfeld zwischen klarer Orientierungsfunktion und den sich ergebenden, teils erheblichen Adaptionsprozessen für die berufliche Bildung in Werkstätten; im Kontext der Bildungsergebnisse bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an Bildungsangeboten bleiben die Ergebnisse der Studie doch ein wenig unspezifisch (was sicherlich auch einer nachvollziehbaren Limitation der Forschung geschuldet ist).

Als Handlungsempfehlungen für die Praxis der beruflichen Bildung werden abschließend sechs Aspekte benannt (vgl. S. 245 f.):

Harmonisierte Bildungsrahmenpläne sollten

  1. weiter inhaltlich und konzeptionell vorangebracht werden,
  2. in ihren unterschiedlichen Funktionen wahrgenommen werden,
  3. in der Umsetzung mit (sonder-)pädagogischen Konzepten verbunden werden,
  4. mit Bildungsmodellen verknüpft sein,
  5. didaktisch und methodisch fundiert sein und
  6. dadurch den gesamten Bildungsgang „Berufsbildungsbereich der WfbM“ weiterentwickeln helfen.

Im Fazit wiederholen und betonen die Autor:innen der Studie, dass in der Entwicklung und Umsetzung harmonisierter Bildungsrahmenpläne zumindest in Teilen die Chance besteht, dass berufliche Bildungsprozesse in Werkstätten für Menschen mit Behinderung professionalisiert werden; dass durch die angestrebten Standardisierungen und notwendigen organisatorischen Weiterentwicklungen der Einrichtungen eine Anker- und Lotsenfunktion erfüllt wird und vor allen Dingen, dass für die Menschen mit Behinderung neue Perspektiven der beruflichen Teilhabe eröffnet werden (vgl. S. 259 f.).

Ein über 150 Seiten starker – forschungsmethodischer – Anhang dokumentiert die große Sorgfalt der Verfasser:innen bei der Entwicklung eigener Fragebögen oder dem Einsatz standardisierter Verfahren der empirischen Sozialforschung.

Diskussion

Die Kritik an Werkstätten für Menschen mit Behinderung mag in vielen Bereichen eine gewisse Berechtigung haben; eine radikale Abschaffung der vielschichtigen organisatorischen Strukturen dieser Einrichtungen erscheint im Sinne der Inklusion von Menschen mit Behinderung auf den ersten Blick dringend geboten; gerade das Beispiel Großbritanniens zeigt hier aber auch, welche Irrungen mit dieser Forderung verknüpft sein können, sind doch dort nach der Abschaffung der letzten Behindertenwerkstätten im Jahr 2013 die Hälfte der früheren Beschäftigten arbeitslos, was Teilhabe und Bildungsperspektiven radikal vermindert (vgl. hierzu z.B. https://www.sueddeutsche.de/karriere/​arbeiten-mit-handicap-verhindern-werkstaetten-fuer-behinderte-die-inklusion-1.3656556-2).

Sinnvoller als die Abschaffung der Werkstätten erscheint somit vielleicht doch eher ein zielgerichteter Reformprozess und eine (Rück-)Besinnung der Organisationen auf ihren – ja auch im Gesetz verankerten – Bildungsauftrag; die Harmonisierung von Bildungsrahmenplänen, das Bemühen um Ausbildungsstandards und eine Zertifizierung von Ausbildungskontexten könnte dabei ein zentraler Baustein für eine zukunftsweisende, Teilhabe ermöglichende und Inklusion berücksichtigende pädagogische Arbeit der Werkstätten sein.

Die vorliegende Publikation dokumentiert die – ja auch durch die BAG WfbM selbst initiierten – Bemühungen, Bildungsangebote von Werkstätten zu professionalisieren und zu individualisieren; sicher sind harmonisierte Bildungsrahmenpläne nur ein erster Schritt der Organisationsentwicklung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung; gerade durch die wissenschaftliche Begleitung/​Forschung der Autor:innen dieser Studie können aber möglicherweise wichtige weitere Impulse entstehen.

Fazit

Die vorliegende Publikation enthält – wie aufgezeigt – die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Evaluation harmonisierter Bildungsrahmenpläne in der Beruflichen Bildung von Werkstätten für behinderte Menschen“; dem Charakter eines Forschungsberichtes geschuldet nehmen Aspekte der Methodik der empirischen Sozialforschung – wie die kritische Darstellung und vielschichtige Reflexion von Untersuchungs-/​Evaluationsergebnissen – einen großen Raum ein.

An manchen Stellen wäre es hilfreich – neben der sehr sorgfältigen Darstellung des fundierten wissenschaftlichen Arbeitens und der Bewertung von qualitativen und quantitativen Erkenntnissen – doch noch mehr und tiefergehende theoretische Fundierungen zur beruflichen Bildung von Menschen mit Behinderung zu erhalten; eine gewisse Kenntnis der Organisationsform: Werkstatt für Menschen mit Behinderung und insbesondere des Berufsbildungsbereiches erscheint für die Lektüre dieses Buches daher erforderlich.

Gerade die qualitativen Aussagen der befragten Menschen mit Behinderung geben hier aber – zum Ausgleich – einen interessanten, so vielleicht noch zu wenig dargestellten/​untersuchten Einblick in die Lebenswelten von Werkstattbeschäftigten; auch die Dilemmata der beruflichen Bildung in Werkstätten – im Kontext einer Sonderstruktur und der Anbindung an den allgemeinen Arbeitsmarkt – werden durchaus sichtbar gemacht.

Insgesamt betrachtet ist diese Publikation empfehlenswert für (Bildungs-)Forschende, die die betrachteten Themenfelder weitergehenden und/oder tiefergehenden theoretischen Analysen unterziehen wollen (was als Forschungsbedarf aus dieser Studie ja auch abgleitet wird); Verantwortliche in Werkstätten für Menschen mit Behinderung (Werkstattleitung und/oder pädagogisches Fachpersonal) können ggf. vertiefte, qualitative Einblicke in die Lebenswelten und Zielperspektiven der Zielgruppe Menschen mit Behinderung gewinnen; ggf. kann das bestimmte Prozesse der Organisationsentwicklung initiieren helfen und der Idee der harmonisierten Bildungsrahmenpläne eine größere Aufmerksamkeit geben; unter Umständen können die dargestellten Einblicke in die – teilweise ja sehr vielschichtige – Bildungsarbeit von Werkstätten mit Behinderung auch den Diskussionsprozess um die Sinnhaftigkeit von Werkstätten im Hinblick auf das Paradigma der Inklusion mache ideologisch zugespitzte Schärfe nehmen.

Quellen

Greving Heinrich/​Scheibner, Ulrich (Hrsg.) (2021). „Werkstätten für behinderte Menschen – Sonderwelt und Subkultur behindern Inklusion.“ – Stuttgart

https://www.bagwfbm.de/page/24 (Datum des Zugriffs: 31.08.2021)

https://www.sueddeutsche.de/karriere/​arbeiten-mit-handicap-verhindern-werkstaetten-fuer-behinderte-die-inklusion-1.3656556-2 (Datum des Zugriffs: 31.08.2021)

Rezension von
Dipl. Soz.-Päd. (FH) Mathias Stübinger
Diplom-Sozialpädagoge (FH) Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Hochschule Coburg, Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit, u.a. in tätig in den Lehrgebieten: Sozialmanagement / Organisationslehre / Methodisches Handeln in der Sozialen Arbeit / Praxisanleitung und Soziale Arbeit für Menschen mit Behinderung.
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Es gibt 34 Rezensionen von Mathias Stübinger.

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ISSN 2190-9245