Armin Nassehi: Muster
Rezensiert von Christoph Schnabel, 13.05.2022

Armin Nassehi: Muster. Theorie der digitalen Gesellschaft. Verlag C.H. Beck (München) 2021. 352 Seiten. ISBN 978-3-406-76786-9. 16,00 EUR.
Thema
Das Werk von Armin Nassehi befasst sich mit den Voraussetzungen in unsere Gesellschaft, welche die gegenwärtigen Digitalisierungen ermöglichen. Die Argumente von Nassehi beschreiben nicht nur die Auswirkungen der gegenwärtigen Digitalität, sondern befassen sich mit den Bedingungen, welche die Digitalisierung so erfolgreich und durchdringend macht.
Autor
Armin Nassehi ist Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der Ludwig-Maximilian-Universität München und seit 2012 Herausgeber der Kulturzeitschrift „Kursbuch“. Neben zahlreichen Auszeichnungen für seine wegweisenden Beiträge und Forschungsarbeiten erhielt er 2021 den Schader-Preis.
Aufbau
Das Buch ist neun Kapitel untergliedert und baut in den einzelnen Kapiteln die Argumentation auf und aus, welche die technischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge darstellen, welche die Digitalisierung erfolgreich und durchdringend machen. Umspannt wird das Werk durch eine Einleitung und ein prägnantes Sachregister.
Inhalt
Nassehi führt an, dass die Beispiele für Digitalisierung hinreichend bekannt sind. So gibt es zahlreiche Beschreibungen, wie Navigationssysteme, Streamingdienste von Musik und Filmen den modernen Alltag begleiten. Auch im Hinblick auf die Zukunft der Arbeit werden nach Einschätzung von Nassehi oftmals die Chancen und Risiken der Digitalisierung betrachtet, die Frage nach dem Warum der Digitalisierung und warum dies so schnell geht, jedoch oftmals vernachlässigt.
Zentral für Nassehi ist die Erkenntnis, dass die Digitalisierung der Gegenwärt und in seiner Entwicklung, sich nicht nur an seinen Folgen, sondern an seinen Ursachen verstehen lässt.
Zwei Argumente für die erfolgreiche Ausprägung der Digitalisierung können hierbei in den Vordergrund gestellt werden. Erstens besteht eine hohe Gleichzeitigkeit von Ereignissen und eine sich damit ergebende Komplexität. Diese kann durch digitale Techniken abgebildet, erfasst und verwertbar gemacht werden. Zweitens bestehen in der modernen Gesellschaft Muster, welche gleichermaßen in einer digitalen Abbildung erkennbar und verwertbar werden. Die Digitalisierung als Technik erfüllt, so wie viele anderen technischen Anwendungen zuvor, die bereits bestehenden Bedürfnisse.
Diskussion
Nassehi gelingt es eine neue Dimension in die Debatte einzubringen und die Grundlagen für prägenden Veränderungen der Digitalisierung darzulegen. Die Argumentation geht dabei über eine Erklärung der gegenwärtigen Erfolgsbedingungen für eine rasche Ausprägung der Digitalisierung hinaus und stellt eine Theorie hierfür dar. Zentral ist hier, dass die Digitalisierung Muster erkennbar und verwertbar macht, welche bereits bestehen aber durch die nun technischen Möglichkeiten zugänglichen sind. Nassehi legt mit diesem Werk eine deskriptive Grundlage. Inwieweit diese Theorie eine weitreichende Bedeutung entfalten kann, wird von der weiteren empirischen Überprüfung abhängen.
Fazit
Das Buch wurde im Jahr 2019 finalisiert und berücksichtigt daher noch nicht die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Wobei die Leitthesen von Nassehi in ihrer Bedeutung nicht geringer, sondern eher an Gewicht gewonnen haben.
Das Buch ist anspruchsvoll aber auch ohne weitere Kenntnisse soziologischer Theorien nachvollziehbar. Auch wenn es sich nicht unbedingt um eine neue Theorie im klassischen Sinne handeln mag, so sind die Argumente eine aufschlussreiche Ergänzung, um die Erfolgsbedingungen der gegenwärtigen digitalen Entwicklungen nachvollziehen zu können.
Rezension von
Christoph Schnabel
Unternehmensberater
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