A. Jobes: Suizidalität im Fokus
Rezensiert von Prof. Ulrich Paetzold, 28.02.2022

A. Jobes: Suizidalität im Fokus. Der CAMS-Ansatz für eine Behandlung auf Augenhöhe.
Psychiatrie Verlag GmbH
(Köln) 2021.
352 Seiten.
ISBN 978-3-88414-929-4.
D: 40,00 EUR,
A: 41,20 EUR.
Reihe: Psychosoziale Arbeitshilfen. In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783966051286.
Thema
CAMS (Collaborative Assessment and Management of Suicidality) ist ein Ansatz für das ambulante und stationäre Setting bei der Behandlung von suizidalen Menschen. Die Wirksamkeit ist durch zahlreiche Studien überzeugend belegt.
Autor
David A. Jobes ist Professor für Psychologie an der Catholic University of America und zuständig für die Psychotherapieausbildung. Seit über 30 Jahren beschäftigt er sich mit Suizidforschung und hat zahlreiche Aufsätze und Bücher dazu veröffentlicht.
Aufbau
In den ersten beiden Abschnitten wird der CAMS Ansatz mit seiner Philosophie und als therapeutischer Rahmen und die Suizidstatusform als wesentliches Instrument dieses Ansatzes vorgestellt. Die weiteren Abschnitte widmen sich der weiteren Arbeit mit CAMS: wie kann der Ansatz implementiert werden, wie wird eine Risikoeinschätzung vorgenommen und die weitere Behandlungsplanung durchgeführt, es wird die Arbeit in den weiteren Verlaufssitzungen konkret beschrieben und wie der Abschluss gestaltet wird. Im letzten Abschnitt werden zukünftige Entwicklungen skizziert und Schlussfolgerungen gezogen. Ein umfangreicher Anhang enthält für die einzelnen Sitzungen die Arbeitsblätter zur Suizidstatusform.
Inhalt
Die zentralen Merkmale von CAMS bestimmen den Verlauf der Behandlung und werden zu Beginn in den Fokus gerückt. Suizidalität und nicht die psychische Erkrankung steht im Zentrum der (möglichst ambulanten) Behandlung, Stabilisierungsplanung anstelle von Non-Suizidverträgen, Mitgefühl und enge Zusammenarbeit mit dem suizidalen Menschen sind für eine erfolgreiche Behandlung wesentlich. CAMS ist so konzipiert, dass Therapeuten und Therapeutinnen darin gestärkt werden ihre Patientinnen und Patienten zu stärken. Dabei ist CAMS keine neue Psychotherapie, sondern ein flexibler, schulunabhängiger, therapeutischer Rahmen mit dem Fokus Suizidalität. Das zentrale Arbeitsinstrument, die Suizidstatusform, wird zu Beginn vorgestellt. Dieses vielseitige Instrument fördert den Dialog, ermöglicht die Risikoeinschätzung des Suizidrisikos, es bestimmt die Planung der Behandlung und ermöglicht Verlaufsbeurteilungen. Seit der Erstveröffentlichung wurde dieses Instrument weiterentwickelt.
In der ersten Basisbeurteilung werden die Stärke von psychischem Schmerz, von Druck bzw. Stress, von innerer Unruhe, von Hoffnungslosigkeit und Selbstachtung erfasst, um so das Suizidrisiko einschätzen zu können und eine Planung der Behandlung zu ermöglichen. Diese konkrete Beschreibung der Durchführung wird ergänzt durch Forschungsstudien zu CAMS. Anschließend werden die einzelnen Schritte genau beschrieben, wie CAMS in die Arbeit eingeführt werden kann und wie konkret eine Risikoeinschätzung durch CAMS gelingt. Diese Risikoeinschätzung unterstreicht die empathische und kooperative Ausrichtung dieses Ansatzes. Gemeinsam wird anschließend ein suizidspezifischer Behandlungsplan erstellt, der verschiedene Kernelemente aufweist, u.a. Empathie für den Suizidwunsch oder eine konkrete Zeitplanung. Dieser Behandlungsplan enthält einen Stabilisierungsplan, mit dem Ziel, aktuelle Krisen besser zu bewältigen und so suizidales Verhalten zu verhindern oder zumindest aufzuschieben. In den nachfolgenden Sitzungen (Verlaufssitzungen) wird stets die Risikoeinschätzung überprüft und so der Behandlungsplan aktualisiert. Den Abschluss der Behandlung bilden die Thematisierung der Nachsorge und die Prävention von Rückfällen.
Diskussion
Das Buch und damit der CAMS Ansatz überzeugen aus verschiedenen Gründen. Da der Autor seine berufliche Identität gleichermaßen als Therapeut und auch als Wissenschaftler sieht, stellt der Ansatz ein empirisch belegtes Vorgehen bei suizidalem Verhalten in unterschiedlichen Settings (ambulantes Setting, Beratungsstellen, gemeindepsychiatrische Zentren, Notdienste etc.), in unterschiedlichen Kulturen und durch verschiedene Berufsgruppen dar. Man merkt dem Buch an jeder Stelle die fundierte Beschäftigung mit wissenschaftlicher Forschung zum Thema Suizid und die reichhaltige therapeutische Erfahrung des Autors an, der dazu ermutigt, die bestmögliche therapeutische Beziehung aufzubauen und die Motivation und Autonomie von Patientinnen und Patienten zu stärken. Dabei hat der Autor auch stets die Bedürfnisse von Therapeutinnen und Therapeuten im Blick, damit diese die bestmögliche Behandlung anbieten können und so Hoffnung bei Patientinnen und Patienten schaffen können. Man kann den drei Übersetzerinnen nur dankbar sein, dass sie dieses wertvolle und hilfreiche Buch ins Deutsche übersetzt haben.
Fazit
Das Buch ist eine wertvolle und sinnvolle Arbeitshilfe für alle Therapeutinnen und Therapeuten unterschiedlichster Professionen und Fachrichtungen, die regelmäßig im Arbeitsalltag mit Suizidalität konfrontiert werden. Sehr gut nutzbar ist diese psychosoziale Arbeitshilfe auch in verschiedenen Ausbildungen.
Rezension von
Prof. Ulrich Paetzold
Professor für Psychologie an der Hochschule Lausitz, Fachbereich Sozialwesen in Cottbus. Neben interkulturellen Fragen sind Schwerpunkte in der Lehre: sexueller Missbrauch, Klinische Psychologie, Beratung. Zusatzqualifikationen: Approbation zum Psychologischen Psychotherapeuten sowie verschiedene kognitive Therapieverfahren.
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Es gibt 51 Rezensionen von Ulrich Paetzold.
Zitiervorschlag
Ulrich Paetzold. Rezension vom 28.02.2022 zu:
A. Jobes: Suizidalität im Fokus. Der CAMS-Ansatz für eine Behandlung auf Augenhöhe. Psychiatrie Verlag GmbH
(Köln) 2021.
ISBN 978-3-88414-929-4.
Reihe: Psychosoziale Arbeitshilfen. In Beziehung stehende Ressource: ISBN: 9783966051286.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28234.php, Datum des Zugriffs 31.05.2023.
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