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Bärbel Husmann, Bernd Abesser: Religiöse Feiern in der Schule

Rezensiert von Prof. Dr. Antje Roggenkamp, 15.08.2023

Cover Bärbel Husmann, Bernd Abesser: Religiöse Feiern in der Schule ISBN 978-3-7727-1544-0

Bärbel Husmann, Bernd Abesser: Religiöse Feiern in der Schule. Theorie und Praxis für religiös heterogene Situationen. Klett-Kallmeyer (Hannover) 2021. ISBN 978-3-7727-1544-0. D: 19,95 EUR, A: 19,95 EUR.

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Thema

Das Buch befasst sich mit religiösen Feiern in der Schule. Das Thema gewinnt angesichts des zunehmenden Schwundes kirchlich gebundener Schülerinnen und Schülern an Relevanz. Schulen – insbesondere Schulleitungen und -kollegien – sollen durch theoretische Klärungen und praktische Anregungen ermutigt werden, an Stelle herkömmlicher (Schul-) Gottesdienste religiöse Feiern anzubieten. 

Autor:innen

Die Autorin und der Autor arbeiteten am Religionspädagogischen Institut in Loccum bevor sie in den Schul- bzw. Kirchendienst zurückkehrten. Bärbel Husmann war stellvertretende Schulleiterin an einem Gymnasium in der Nähe von Hamburg, sie unterrichtete ev. Religion und Chemie. Bernd Abesser arbeitete als lutherischer Pfarrer in einer benachbarten Kirchengemeinde. Die Autorin ist reformierte Theologin. Bärbel Husmann und Bernd Abesser bringen in ihr Buch langjährige eigene Erfahrungen ein, die sie vor dem Hintergrund des Loccumer Intermezzo mit Theorie und praktischen Vorschlägen unterlegen.

Entstehungshintergrund

Die Autorin und der Autor reflektieren in ihrem Buch auf das Problem der Schulgottesdienste, das sich ihnen als deren schleichende Transformation in der norddeutschen Schul- und Gemeindepraxis imponierte. Sie fokussieren die damit verbundenen Herausforderungen und stellen exemplarische Lösungen vor.

Aufbau

Das Buch gliedert sich in Klärungen im Vorfeld (11-23), Handwerkszeug mit Beispielen (24-67) sowie Ausgearbeitete „Religiöse Feiern für alle“ (68-90). Weitere Materialien werden über ein Downloadverzeichnis sowie einen entsprechenden Code zur Verfügung gestellt.

Inhalt

Das erste Kapitel (11-23) differenziert zwischen Zeiten und Anlässen, Orten, Schülerinnen und Schülern, Formen, Elementen einer Feier sowie Akteurinnen und Akteuren. Während die Zeiten konkrete Ereignisse im (Schul-)Jahresverlauf fokussieren, werden die Anlässe i.d.R. in die Lebenswelt zurückgespiegelt: Was geschieht mit einem Schüler oder einer Schülerin bei einer Entlassungsfeier, die das (Klassen-)Ziel nicht erreichen konnte (13)? Das Autorenteam plädiert dafür, keine monoreligiös beanspruchten Räume wie etwa Kirchen oder Moscheen aufzusuchen, sondern einen Andersort wie etwa eine Turnhalle für die Feier zu wählen. Mit Blick auf die Schülerinnen und Schüler werden verschiedene (nicht-) religiöse Mehrheits- bzw. Minderheitskontexte angesprochen (14-16). Die Religiöse Feier für alle wird vor dem Hintergrund verschiedener Typen (Liturgische Konferenz) von multi- und interreligiösen Feiern definiert (17). Mit Michael Meyer-Blanck werden drei verschiedene Teile (Hineinkommen, Erinnern-Vergegenwärtigen-Reflektieren, Herausgehen) vorausgesetzt (19). Mit Blick auf die Akteurinnen ist die Schulleitung einzubeziehen (22).

Im zweiten Kapitel (24-67) finden sich Eröffnungen, Lesungen, Spielszenen, Ansprachen, Gebete, Musik und Abschiede. Eröffnungen tragen dem besonderen Anlass Rechnung, sind aber grundsätzlich von einer gewissen Autorität der sprechenden Personen getragen (27). Lesungen sind geübte Vorträge (29), sie können auch Grundlage von Ansprachen werden. Spielszenen werden demgegenüber tendenziell von Schülerinnen und Schülern eingebracht, sie sind reflektiert vorzubereiten (43). Ansprachen sollten nicht vorgelesen werden, sie sind vielmehr vorzutragen (46). Bei Gebeten im multireligiösen Kontext handele es sich um eine heikle Angelegenheit (56). Das Autorentam empfiehlt Lieder, mit dem es gute Erfahrungen gemacht hat, verweist aber darauf, dass der Gemeindegesang etwas typisch Christliches ist (61). Die Frage des Segens wird in den Religionen verschieden beantwortet (63).

Das dritte Kapitel (68-90) stellt einige (Muster-)Ansprachen mit religiösen Rahmungen bereit:

  • Religiöse Feier zur Einschulung, 
  • Politisches Mittagsgebet zum 9. November, 
  • Religiöse Feiern vor den Weihnachtsferien, 
  • Religiöse Feiern im Klassenverband am Schuljahresende, 
  • Religiöse Feier zur Schulentlassung, 
  • Religiöse Trauerfeier im Klassenverband. 

Bei der Einschulung sollte darauf geachtet werden, dass es insbesondere beim Agieren der Schulleitung nicht zu einer Rollenvermischung kommt (68). Das politische Mittagsgebet adaptiert Dorothee Sölles politisches Nachtgebet (71). Weihnachten ist hauptsächlich auch als ein kulturelles Fest verankert (73). Die Verabschiedung eines Kindes, das den Klassenverband verlässt, steht im Zentrum der Feiern am Schuljahresende (79). Die Segenshandlung am Schuljahresende ist optional zu gestalten (81). Religiöse Trauerfeiern sollten zeitlich (Stille Phase) und räumlich (Veränderung der Sitzordnung) bewusst gestaltet sein (87-90).

Diskussion

Der erste Abschnitt befasst sich mit Rahmenbedingungen, Stolpersteinen und Akteuren und bringt geschickt Aspekte zur Sprache, die sich auf einen regionalspezifischen Rahmen beziehen oder beziehen könnten. Der zweite Teil gibt – nachdem jeweils die Bedeutung des i.w.S. liturgischen Elements aufgerufen ist – eine Reihe von Tipps, die gewährleisten sollen, dass der entsprechende Baustein professionell ausgeführt wird. Der dritte Teil führt bei den verschiedenen Anlässen jeweils in das konkrete Setting ein. Er bietet für die religiöse Feier einen roten Faden an, der an die Liturgie des evangelischen Gottesdienstes oder einer entsprechenden Kasualie angelehnt ist. Hinweise auf Integrationsmöglichkeiten von Konfessionslosen liegen in nennenswertem Maß insbesondere im dritten Teil vor. Die Beteiligung von Angehörigen nicht-christlicher Religionen ist zwar im ersten Teil angedacht ((6),13, 16), im weiteren Verlauf werden nicht-christliche, vornehmlich muslimische Perspektiven aber nicht integriert, sondern kommen allenfalls am Rande zur Sprache.

Fazit

Das multi- und interreligiös ambitionierte Buch bietet eine Reihe an originellen Überlegungen und Ideen sowie etliche ganz praktische Handreichungen für die von dem Autorenteam sogenannten Religiösen Feiern in der Schule. Bärbel Husmann und Bernd Abesser haben aus evangelischer Perspektive eine hervorragende Basis für die Weiterentwicklung des Formats in der Schule gelegt. Die Einführung in das erweiterte Thema der religiösen Feiern in der Schule ist Schulleitungen und interessierten -kollegien als (Pflicht-)Lektüre zu empfehlen.

Rezension von
Prof. Dr. Antje Roggenkamp
Seminar für Praktische Theologie und Religionspädagogik, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
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Es gibt 11 Rezensionen von Antje Roggenkamp.

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Zitiervorschlag
Antje Roggenkamp. Rezension vom 15.08.2023 zu: Bärbel Husmann, Bernd Abesser: Religiöse Feiern in der Schule. Theorie und Praxis für religiös heterogene Situationen. Klett-Kallmeyer (Hannover) 2021. ISBN 978-3-7727-1544-0. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/28326.php, Datum des Zugriffs 11.09.2024.


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