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Christiane Bakhit, Hermann Staats: Supervision in Gruppen

Rezensiert von Prof. (i.R.) Dr. Hans-Jürgen Balz, 15.03.2023

Cover Christiane Bakhit, Hermann Staats: Supervision in Gruppen ISBN 978-3-17-033483-0

Christiane Bakhit, Hermann Staats: Supervision in Gruppen. Gemeinsam lernen und erkennen. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2021. 159 Seiten. ISBN 978-3-17-033483-0. 29,00 EUR.
Reihe: Supervision im Dialog.

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Thema

Um Gruppensupervision professionell zu gestalten, gilt es einen Blick auf die Entstehungskontexte der ihr zugrundeliegenden Gruppenforschung zu nehmen, die Spezifik von Gruppenprozessen im Unterschied zum Einzelsetting zu betrachten und daraus Schlussfolgerungen für die Gestaltung von Gruppensupervisionsprozessen zu ziehen.

Die psychoanalytisch geprägte Supervision stellt seit Anbeginn der Psychotherapieausbildung einen grundlegenden Bestandteil zur Reflexion der professionellen Rolle, der biografischen Quellen des Helfer*innenhandelns und der Beziehungsgestaltung zwischen Supervisor*in und Supervisand*in dar.

Auch die Gruppenforschung hat eine lange Tradition im Kontext der psychoanalytischen Theoriebildung und trug wesentlich zum Verständnis von Gruppenprozessen, von konstruktiven und destruktiven Dynamiken bei. Dazu gehören die Übertragung und Gegenübertragung, die Regression, Rivalität, Selbstzweifel, Scham, um nur einige Prozesse beispielhaft zu nennen. Dieses Wissen wollen Christina Bakhit und Hermann Staats systematisch zusammentragen, dabei die Spezifik des psychoanalytischen Ansatzes in der Gruppensupervision aufzeigen und Schlussfolgerungen für die Ausgestaltung der professionellen Supervisionsarbeit ableiten.

Entstehungshintergrund

Das Buch erscheint in der Reihe „Supervision im Dialog“ des Kohlhammer Verlags. Die Reihe will unterschiedliche methodische Zugänge in der Supervision (psychodynamisch, systemisch, kognitiv-verhaltensorientiert und humanistisch) und ihre Anwendungsfelder präsentieren. Ziel ist es praxisnah und anwendungsorientiert Einsatzbereiche und Methoden der Supervision von jeweils zwei Autor*innen mit unterschiedlichen Positionen vorgestellt zu bekommen.

Autor*innen

Christina Bakhit und Hermann Staats stellen den Leser*innen ihre langjährige Erfahrung in der psychoanalytischen Psychotherapie, der Ausbildung von Psychoanalytiker*innen und Supervisor*innen, in Einzel- und Gruppensupervision zu Verfügung.

Christina Bakhit (Dr. phil.) ist Diplom Psychologin, Psychoanalytikerin und Gruppenanalytikerin in eigener Praxis, sowie Lehranalytikerin und Supervisorin für Einzel- und Gruppentherapie.

Hermann Staats (Dr. med.) arbeitet an der FH Potsdam als Sigmund-Freud-Professor für psychoanalytisch orientierte Entwicklungspsychologie und ist Paar- und Familientherapeut, Gruppenanalytiker und Supervisor. Von ihm liegen Publikationen u.a. zur analytischen Gruppenpsychotherapie und Supervision vor.

Aufbau und Inhalt

Das Buch gliedert sich in fünf Kapitel.

Nach einer Einleitung zur Bedeutung der Gruppe und ihrer Dynamiken insbesondere im Kontext der Supervision, zur Funktion von Supervision und einem ersten dialogischen Kommentar des Autors und der Autorin behandelt das erste Kapitel die Historie der unterschiedlichen gruppentherapeutischen Schulen. Es werden dabei die Balint-Gruppen, weitere gruppenanalytische Supervisionskonzepte und die Group Relations Theory vorgestellt und anhand ihrer institutionellen Kontexte, des jeweiligen Settings, der Wirkfaktoren in der Gruppendynamik und der Funktionsbeschreibung der Gruppensupervisor*innen vorgestellt. Zwischendrin tauschen die Autorin und der Autor ihre Sichtweisen z.B. auf den Charakter der Gruppendynamik aus.

Im Kapitel zwei geht es um die aktuelle Diskussion von Inhalten, Struktur und Rollen in der Gruppensupervision. Als Ausgangspunkt wird die Polarität zwischen Wissensvermittlung (z.B. in der psychoanalytische Ausbildungssupervision) und der Behandlung der psychoemotionalen Prozesse der Supervisanden im Kontext von Selbsterfahrung (Teach or Treat) gewählt. Darüber hinaus geht es um die Vertrauensbildung, die Phasen in der Ausbildungssupervision und ausführlicher um die Vorstellung und Diskussion eines Fallbeispiels – eingebracht von Christiane Bakhit. Auch hier folgt wie in den weiteren Kapiteln ein Dialog der Autorin und des Autors über relevante Prozessaspekte, hier über die psychische Verunsicherung und auftretenden Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene. In diesem umfangreichen Kapitel werden abschließend die Spezifik kollegialer Intervisionsgruppen, ihre Gruppendynamik, die Standards für erfolgreiche Intervisionsgruppen, die Lern- und Entwicklungsproesse und die Erfahrungen der Autorin mit Peergruppen in der Supervisionsfortbildung behandelt.

Kapitel drei liefert empirisch Befunde zur Wirksamkeit der Supervision in Gruppen im Präsenz- und Online-Format, wobei die Autorin/der Autor aufzeigen, dass anders als die umfangreiche frühere Forschung zur Gruppenarbeit nur wenige aktuelle Forschungsergebnisse zur Gruppensupervision vorliegen. Dies wird in Zusammenhang mit den umfangreichen methodischen Standards der empirischen Forschung in Zusammenhang gebracht und der Versuch unternommen Resultate aus der Einzelpsychotherapie und der Ausbildung in einem gruppenanalytischen Institut heranzuziehen.

Kapitel vier will den Leser*innen einen kurzen Überblick über gruppenanalytische Weiterbildungsmodelle in Deutschland geben und anhand von Aus- und Weiterbildungsinstituten der Deutschen Gesellschaft für Gruppenanalyse und Gruppenpsychotherapie vorstellen.

Die zusammenfassende Betrachtung der Bedeutung der Beziehungen, der institutionellen Rahmenbedingungen, der Informationsvermittlung und der Didaktik in der Gruppensupervision findet sich im Kapitel fünf. Hier nehmen Christina Bakhit und Hermann Staats wesentliche Aspekte in den Blick, die zum Verständnis von Gruppendynamik und dem gemeinsamen Lernen in Gruppen hilfreich sind.

Abschließend gibt es weitergehende Literaturempfehlungen.

Zielgruppe

Die Autorin und der Autor geben als Zielgruppe sowohl Studierende wie auch psychotherapeutische Kolleg*innen in der Ausbildung an. Letzteren kann das Buch auch dazu dienen sich über Qualitätsstandards für die Supervisionsarbeit bzw. für Intervisionsgruppen und das spezifische Format der Balint-Gruppen zu informieren. Darüber hinaus kann die Lektüre Gruppensupervisor*innen dazu anregen das eigene Tun auf dem Hintergrund größerer theoretischer Zusammenhänge zu reflektieren.

Diskussion

Das Buch führt die Leser*innen in Grundlagen der Supervision in Gruppen und die Arbeit von Intervisionsgruppen ein. Es werden historische Wurzeln und Konzepte für das psychoanalytisch geprägte Arbeiten in der (ausbildungsbezogenen) Gruppensupervision, in Balint-Gruppen und der Intervisionsgruppenarbeit vorgestellt. Von besonderem Interesse ist dabei die Gruppendynamik, das psychoemotionale Erleben der Supervisand*innen und die Prozesse zwischen Supervisor*in und Supervisand*in. Hier reflektieren Christina Bakhit und Hermann Staats an mehreren Stellen im Buch auch Ihre verschiedenen Blickwinkel und Erfahrungen in der Supervisionsarbeit. Von diesen Praxiserfahrungen der Autorin und des Autoren, der Debatte um die Spezifik der Gruppenprozesse und den Möglichkeiten und Grenzen des Gruppenlernens wünschte ich mir noch mehr. Auch trüge m.E. die Abgrenzung gegenüber anderen theoretischen Zugängen (z.B. humanistische und systemische Supervisionsansätze) zur Profilbildung bei.

Fazit

Das Buch arbeitet psychoanalytische und gruppendynamische Grundlagen im Kontext der Supervisionsarbeit auf. Es beschäftigt sich mit relevanten Fragen der Gruppendynamik, der Struktur, des Gruppenlernens beispielsweise in Ausbildungsgruppen von Psychotherapeut*innen und den Rollen im Kontext der Gruppensuperision. Mit den Balintgruppen wird ein wichtiges Konzept der psychoanalytischen Intervisionsgruppenarbeit vorgestellt, angereichert durch eine Fallarbeit und Erfahrungsberichte von Christina Bakhit und Hermann Staats.

Rezension von
Prof. (i.R.) Dr. Hans-Jürgen Balz
von 2002 bis 2023 Dozent für Psychologie (Schwerpunkte Diagnostik und Beratung) an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum. Supervisor, Coach und Weiterbildner im Institut für Lösungsfokussierte Kommunikation (ILK-Bielefeld).
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Es gibt 47 Rezensionen von Hans-Jürgen Balz.

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ISSN 2190-9245